Protokoll der Sitzung vom 20.07.2017

- Ich habe auch ein Zeitungsabonnement.

(Heiterkeit und Beifall CDU und FDP)

- Wunderbar. Aber nun wollen wir zur Sache sprechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Es ist ein zentrales Wahlkampfversprechen der CDU gewesen, flächendeckend wieder G 9 an den schleswig-holsteinischen Gymnasien einzuführen. Wir als JamaikaKoalition wollen und werden dieses Ziel erfüllen. Wir haben dazu ein klares Bekenntnis im Koalitionsvertrag. Das ist jetzt ja auch veröffentlicht worden und Bestandteil des 100-Tage-Programms der Landesregierung. Wir haben einen klaren Zeitplan dazu, und ich bin sehr dankbar, dass die Bildungsministerin diesen gestern auch vorgestellt hat.

(Martin Habersaat)

Die Bildungsministerin macht aus unserer Sicht Nägel mit Köpfen. Wir werden direkt nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Schulgesetzänderung in diesem Plenum diskutieren und dann genau das erfüllen, was Sie, Herr Habersaat, auch einfordern, nämlich einen Beteiligungsprozess starten.

Das eine ist, dass die Landesregierung das auch jetzt schon tut, also mit den Betroffenen spricht. Ich finde es zum anderen auch nicht verkehrt, dass eine Schulleiterversammlung zum Beispiel dafür genutzt wird, und ich halte es auch nicht für verkehrt, dass man Elternvertreter und Schülervertreter einlädt. Ich halte es auch nicht für verkehrt, was in der Vergangenheit gar nicht so sehr ein Schwerpunkt war, dass ein Landesschulbeirat in solche Diskussionen eingebunden wird.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- Ich bin ja selber schon einmal Mitglied des Landesschulbeirates gewesen, Frau Raudies.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Ich will an dieser Stelle sagen, dass Bildungsdialogveranstaltungen durchaus dazu führen, dass formale Gremien, die wir auch haben und für die es klare Regeln gibt, bei denen das Bildungsministerium aber nicht in der Lage ist, diese Regeln vielleicht auch zu verändern, im Anhörungsverfahren, für das die Regeln klar sind, auch genutzt werden. Ich finde, das ist auch ein sehr wichtiger Teil von Beteiligung, dass diejenigen, die eingebunden werden, dann am Ende auch nach bestimmten Regelungen zu Wort kommen. Das halte ich für wichtig und das tun wir auch mit unserem Beteiligungsverfahren, das wir für die Veränderung hin zu G 9 auch entsprechend umsetzen wollen.

(Beifall CDU und FDP)

Ich bin auch dankbar für den Hinweis auf die Schulträger. Selbstverständlich kann dies durch die Einführung von G 9 auch zu Veränderungen führen. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass wir einen 13. Jahrgang erst im Schuljahr 2025/2026 einführen werden. Wir können heute sehr viel darüber diskutieren, was wir vielleicht an Veränderungen brauchen werden. Aber in Wahrheit ist es so: Wahrscheinlich macht dies heute überhaupt keinen Sinn, weil ein Teil des Koalitionsvertrages ja auch, wie Sie wissen, ein Schulbausanierungsprogramm ist, mit dem wir uns zusammen mit den Kommunen insbesondere um den Schulbau kümmern wollen.

Es erstaunt mich, Herr Habersaat, dass Sie gerade deutlich gemacht haben, Ihre Initiative sei es, jetzt

darauf hinzuweisen, dass Lehrkräfteunterrichtsstunden im Rahmen dieser G-9-Geschichte frei würden. Wir haben im Wahlkampf immer und immer wieder betont, dass das ein Element sein kann, um die Unterrichtsversorgung für eine kurze Zeit zu verbessern. Ich erinnere mich an viele Diskussionen, die wir zusammen geführt haben, in denen Sie das negiert und gesagt haben, G 9 sei an solchen Stellen überhaupt nicht hilfreich. Deshalb muss ich etwas schmunzeln, wenn Sie das als einen ersten Punkt in Ihrem Antrag aufnehmen und uns den Vorwurf machen, dass wir das nicht vorher erkannt hätten.

(Beifall CDU)

Mehr Zeit für Bildung ist unser Ziel. Wir haben hier - auch das haben Sie richtig gesagt - auch einmal für G 8 gekämpft. Aber ich möchte sehr deutlich sagen, dass sich die Rahmenbedingungen verändert haben. Wir haben die Wehrpflicht abgeschafft, wir haben den Bologna-Prozess gehabt, der dazu führt, dass es eine Studienzeitverkürzung gibt, die dazu führt, dass viele Rahmenbedingungen, die wir damals mit G 8 verbessern wollten, heute gar nicht mehr notwendig sind. Wir haben erlebt, dass sich Unterricht an Schulen verdichtet, das viele junge Menschen dann auch in den Abendstunden Hausaufgaben erledigen und sich deshalb für ein ehrenamtliches Engagement nicht mehr so sehr einbringen können, weil sie keine Zeit mehr dafür haben. Das ist übrigens ein großes Problem im ländlichen Raum. Und das ist auch ein zweiseitiges Problem, weil sich junge Menschen auf der einen Seite nicht mehr ehrenamtlich engagieren können, weil sie die Zeit dafür nicht haben, ihnen auf der anderen Seite aber am Ende ein Jahr fehlt, um dieses zu tun.

Ich freue mich, dass wir jetzt auf den Weg kommen. Wir haben uns als Jamaika-Koalition dieses klare Ziel gesetzt, G 9 einzuführen. Wir haben jetzt einen klaren Zeitplan. Wir werden an dieser Stelle im Plenum und im Ausschuss darüber diskutieren, und wir werden selbstverständlich auch mit allen Beteiligten diskutieren.

Ich bedanke mich recht herzlich dafür, dass Sie mir während meiner ersten Rede so aufmerksam zugehört haben.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Martin Habersaat [SPD])

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Ines Strehlau.

(Tobias Loose)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 76 % der Wählerinnen und Wähler haben in einer Wahlbefragung mehr Lernzeit am Gymnasium gefordert. Sie wollen G 9 an Gymnasien. Das ist eine eindeutige Mehrheit. Die Jamaika-Koalition nimmt diesen Wunsch ernst und wird die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren ermöglichen.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Wir Grüne haben eine andere Position, hatten eine andere Position: Die Schule sollte Ruhe zum Arbeiten haben, ohne neue Schulstrukturdebatten.

Mit der Rückkehrmöglichkeit zu G 9 liegen wir im Bundestrend, zumindest im Trend der westlichen Bundesländer. Hessen, Niedersachsen und Bayern haben es vorgemacht. CDU und FDP in NRW haben diese Option im Koalitionsvertrag beschlossen.

Seit Juni haben wir in unserem Koalitionsvertrag vereinbart, dass es ab dem Schuljahr 2019/2020 wieder G 9 an unseren Gymnasien geben kann. Nun warten vor allem viele Grundschuleltern darauf, dass möglichst schnell die Entscheidung fällt, ob das Gymnasium ihrer Wahl zu G 9 zurückkehrt oder bei G 8 oder G Y bleibt. Die Schulen und Familien wollen schnell Planungssicherheit. Das haben sie in Gesprächen mit uns eingefordert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Gleichzeitig brauchen die Schulen einen Vorlauf für ihre Entscheidungsfindung und anschließend für die Umsetzung. Das Bildungsministerium hat also auf der einen Seite die Aufgabe, zügig mit Lehrkräften, Schülerinnen, Eltern und Schulträgern über die Rahmenbedingungen über G 9 ins Gespräch zu kommen. Sie alle müssen gut informiert werden, um eine solide Basis für ihre Entscheidung zu bekommen. Auf der anderen Seite muss genauso zügig eine Schulgesetzänderung vorbereitet werden, auf deren Grundlage die Schulkonferenzen ihren Beschluss für den Weg zum Abitur fassen können. Beiden Wünschen gerecht zu werden, ist eine echte Herausforderung.

Vicepräsidentin Eickhoff-Weber:

Frau Abgeordnete Strehlau, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Ja.

Es gibt ja Gerüchte, die FDP hätte den Platz gewechselt, um von dem Mikro wegzukommen, was ja in der Vergangenheit nicht immer funktionierte.

(Zuruf FDP)

Der Kollege Kubicki war sonst immer der, der mit dem Mikrofon Probleme hatte.

Frau Präsidentin! Vielen Dank, Frau Kollegin, wir haben gestern sehr viel über Demokratie gehört, über Minderheiten und so weiter. Sie sprechen nun die ganze Zeit davon, dass sich die Schulen entscheiden sollen. Wenn es so gute Gründe für G 9 gibt und wenn die Bevölkerung das mit einer so großen Mehrheit will, warum braucht es dann eine 75-%-Entscheidung dagegen? Wenn das doch alles so überzeugend ist, dann könnten Sie doch eine ganz normale Mehrheit in der Schulkonferenz entscheiden lassen.

- Ich glaube, die Argumente kann Ihnen die CDUFraktion sehr gut darlegen.

(Heiterkeit und Beifall SPD, SSW und Ras- mus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Uns ist auch in dieser Wahlperiode der Dialog mit allen Beteiligten wichtig. Wir werden ihn in dieser Wahlperiode auch führen. Die Umstellung zu G 9 ist aber eine Entscheidung, die einen zügigen parlamentarischen und ministeriellen Entscheidungsprozess braucht. Es wird mit der Schulgesetzänderung hin zu G 9 keine Zwangsveränderung geben. Das stellen wir in unserem Antrag klar. Die Schulen haben das Wahlrecht, bei ihrem Modell zu bleiben.

Die Ministerin hat gestern den Fahrplan für G 9 veröffentlicht. Dort sind diese Punkte enthalten. Das Ministerium wird viele Gespräche in unterschiedlichen Runden mit allen Beteiligten führen und Verfahren und Umsetzungsschritte diskutieren. Die politische Entscheidung zur Rückkehr zu G 9 ist gefallen. Über das Ob brauchen wir keinen Dialog zu führen, zumal es eine Wahlmöglichkeit gibt. Über das Wie werden wir uns in schriftlicher und mündlicher Anhörung und auch in bilateralen Gesprächen mit Schülern, Lehrern und Eltern austauschen. Die Kritik der SPD, wir würden ohne Dialog durchregieren, ist also Quatsch.

Für uns Grüne ist es wichtig, klarzustellen, dass die Schüler und Schülerinnen beim G 9 Bildungsgang in der Sekundarstufe I tatsächlich entlastet werden, die Wochenstundenzahl also wie bei den bestehen

den G 9 Gymnasialzweigen bleibt. So kommt das versprochene Mehr an Zeit, zum Beispiel für außerschulische Aktivitäten auch bei den Schülern und Schülerinnen an. Die bis zum Aufwachsen des 13. Jahrgangs frei werdenden Stunden werden zur Stärkung des Bildungsbereichs eingesetzt. Baustellen gibt es da viele. 100 % Unterrichtsversorgung, Bildungsbonus für Schulen mit besonderen Herausforderungen und Inklusion sind für uns Grüne wichtige Punkte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Uns ist bewusst, dass die Rückkehr zu G 9 an Gymnasien die Konkurrenzsituation zu Gemeinschaftsschulen vergrößern kann. Deshalb werden wir als Koalition den Gemeinschaftsschulen Unterstützung geben, damit sie weiterhin eine starke Säule im Schulsystem bleiben. Dazu brauchen sie Ressourcen und Freiräume, je nach Standort eine eigene Profilierung zu entwickeln, vielleicht mit Schwerpunkt Digitalem, Kultur oder Technik. Wir werden darüber mit den Gemeinschaftsschulen diskutieren. Uns Grünen ist wichtig, dass Bildungsgerechtigkeit weiter ganz oben auf der Agenda steht. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Bevor ich das Wort der Abgeordneten der FDPFraktion, Anita Klahn, erteile, begrüße ich auf der Tribüne sehr herzlich den ehemaligen Abgeordneten Heiko Hoffmann. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg möchte ich mich bei den Verhandlungspartnern von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Ministerin Prien bedanken, dass wir bei diesem Thema in respektvoller Diskussion einen Koalitionsvertrag geschaffen haben, der die Grundlage für eine gute Weiterentwicklung unseres Bildungssystems ist - ich betone: des gesamten Bildungssystems mit Gymnasien, Gemeinschaftsschulen, Beruflichen Schulen, Förderzentren, Schulen in freier Trägerschaft und natürlich den Grundschulen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe SPD)

Es ist kein Geheimnis, dass zwischen den Koalitionspartnern gerade im Bildungsbereich in einigen Bereichen wirklich große unterschiedliche Vorstellungen bestanden, aber auch noch bestehen. Was ich besonders gut finde, ist, dass alle Partner aufeinander zugegangen sind; denn das ist notwendig, um unser Land verantwortungsvoll zu regieren.

Meine Damen und Herren, mit der flächendeckenden Rückkehr zu G 9 befreien wir die Gymnasien, aber vor allem die Schülerinnen und Schüler, von dem Druck, der durch die politisch schlecht vorbereitete Einführung von G 8 auf diesen lastete. Wir geben ihnen mehr Lernzeit, mehr Zeit für einen guten Entwicklungsprozess. Gleichzeitig schaffen wir Freiräume, Zeit, die für Sport, Musik, Soziales und kulturelles Engagement oder für andere individuelle Interessen genutzt werden kann, wobei uns die Wahlfreiheit wichtig ist. Es gibt aus liberaler Sicht keinen Grund, den Schulen eine Veränderung aufzuzwingen, die in den letzten zehn Jahren gut funktionierende Konzepte für G 8 entwickelt und umgesetzt haben und die heute mit einem deutlichen Votum der Eltern, Lehrer und Schülerschaft so akzeptiert und fortgeführt werden sollen. Politik sollte auf die Fachleute in der Schullandschaft hören, auf die Betroffenen. Gleiches Recht haben wir in der Vergangenheit für G 9 gefordert. Damit meine ich keinen sozialdemokratisch initiierten Bildungsdialog, bei dem das Ergebnis schon vorher feststeht,