Protokoll der Sitzung vom 20.07.2017

Meine Damen und Herren, mit der flächendeckenden Rückkehr zu G 9 befreien wir die Gymnasien, aber vor allem die Schülerinnen und Schüler, von dem Druck, der durch die politisch schlecht vorbereitete Einführung von G 8 auf diesen lastete. Wir geben ihnen mehr Lernzeit, mehr Zeit für einen guten Entwicklungsprozess. Gleichzeitig schaffen wir Freiräume, Zeit, die für Sport, Musik, Soziales und kulturelles Engagement oder für andere individuelle Interessen genutzt werden kann, wobei uns die Wahlfreiheit wichtig ist. Es gibt aus liberaler Sicht keinen Grund, den Schulen eine Veränderung aufzuzwingen, die in den letzten zehn Jahren gut funktionierende Konzepte für G 8 entwickelt und umgesetzt haben und die heute mit einem deutlichen Votum der Eltern, Lehrer und Schülerschaft so akzeptiert und fortgeführt werden sollen. Politik sollte auf die Fachleute in der Schullandschaft hören, auf die Betroffenen. Gleiches Recht haben wir in der Vergangenheit für G 9 gefordert. Damit meine ich keinen sozialdemokratisch initiierten Bildungsdialog, bei dem das Ergebnis schon vorher feststeht,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Was ist das für ein Quatsch!)

sondern einen echten Beteiligungsprozess.

(Zurufe SPD)

Liebe Kollegen von der SPD, bewegen Sie sich doch endlich in der Bildungspolitik! Gleich welche Regierungskonstellation es in Schleswig-Holstein gegeben hätte, die Rückkehr zu G 9 wäre von Ihnen nicht verhinderbar gewesen.

Ich möchte mich auf einen Artikel im „Hamburger Abendblatt“ vom 17. Juni 2017 zur Rückkehr zu G 9 beziehen. Das Hamburger Abendblatt hatte nach der Stimmungslage im Kreis Stormarn - Kollege Habersaat sollte sich dort bestens auskennen im Hinblick auf die Rückkehr zu G 9 an Gymnasien gefragt. In Stormarn gibt es - zur Information für viele, die es nicht wissen - zurzeit kein G-9-Gymnasium. Das Ergebnis der Befragung war ziemlich eindeutig. Überall, wo bereits eine breite Meinungsbildung erfolgt war, sprechen sich Elternvertreter, Schulleiter und Lehrer für eine Rückkehr zu G 9 aus. Selbst der örtliche GEW-Vertreter empfiehlt die Rückkehr zu G 9.

(Ines Strehlau)

Interessant an dem Artikel war aber, dass der Kollege Habersaat gefragt wurde, was er denn davon hält. Die Antwort haben wir nicht bekommen. Vielleicht möchte er sie ja jetzt geben.

Sie gestatten also eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Habersaat?

Frau Kollegin Klahn, der Abgeordnete Habersaat ist da gefragt worden, was er denn glaubt, wie sich die Gymnasien in Stormarn entscheiden werden. Er hat, soweit ich mich erinnere, gesagt, er gehe davon aus, dass alle Gymnasien in Stormarn zu G 9 zurückkehren werden, weil - und das stand da vielleicht nicht in der Ausführlichkeit - diese Hürde von 75 % eine wahnsinnig hohe sei. Wenn ich an einer Schule ein Befürworter von G 8 wäre - und die gibt es ja, sie sind vielleicht nicht in der Mehrheit, aber es gibt sie, das müssen wir gemeinsam anerkennen -, warum sollte ich mich auf einen Kampf einlassen, wenn man schon weiß, dass die Hürde am Ende bei 75 % liegt? Wie gesagt, eine Verfassung kann man mit zwei Dritteln ändern. Vielleicht nutzen Sie die Gelegenheit, um uns noch einmal zu erklären, warum es eine Dreiviertelmehrheit sein muss.

(Beifall SPD und SSW)

- Lieber Kollege Habersaat, ich glaube, dass ich Ihnen das nicht erklären muss, weil das eine rein rhetorische Frage von Ihnen ist.

(Zurufe SPD - Beifall FDP und CDU)

Sie versuchen hier, den Untergang des Abendlandes zu skizzieren, indem wir die Rückkehr zu G 9 ermöglichen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist nur eine Frage!)

Registrieren Sie ganz schlicht und einfach, dass die Mehrheit der betroffenen Lehrer, Eltern, Schülerinnen und Schüler eine Rückkehr zu G 9 möchte.

(Zurufe SPD)

Sie hätten - da möchte ich einmal das aufgreifen, was Sie vorhin in Ihrem Beitrag gesagt haben - damals bei der Einstimmenmehrheit mit Ihrem per

sönlichen Abstimmungsverhalten für eine Kontinuität an den Schulen sorgen können.

(Zurufe Wolfgang Kubicki [FDP] und SPD)

Das ist jetzt eine Angelegenheit zwischen Frau Klahn und Herrn Habersaat!

Wir hatten eine Wahlfreiheit. Herr Habersaat, Sie sind mehrfach gefragt worden, warum Sie das nicht gemacht haben. Sie sind gefragt worden, wie Ihre persönliche Haltung zu G 8 und G 9 ist. Ich erinnere an eine Veranstaltung beim Philologenverband, wo Sie sich hingestellt und gesagt haben: Eigentlich war ich ja für G 9, aber nun war es halt so. - Herr Habersaat, ist das ehrlich?

(Zurufe SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Keine Argumente! - Unruhe)

Ich möchte das hier im Plenum nicht weiterführen. Das können wir gern -

(Anhaltende Unruhe)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anita Klahn.

(Anhaltende Unruhe - Glocke der Präsiden- tin)

Frau Klahn, würden Sie jetzt bitte fortfahren.

Wenn ich die Aufmerksamkeit des Plenums wiederbekomme, gern.

Meine Damen und Herren, für meine Fraktion ist die Frage schon lange Zeit klar. Wir haben die Schulgesetznovelle 2007 abgelehnt, als G 8 von der Großen Koalition für alle zwangsweise eingeführt wurde.

(Zurufe SPD)

Unsere Position war immer, den Gymnasien die Wahlfreiheit zwischen G 8, G 9 oder G Y zu geben, und diese Möglichkeit haben wir ihnen 2011 eingeräumt. Wir haben uns dabei immer ein flächendeckendes G-9-Angebot an Gymnasien vorgestellt, zumal wir immer betont haben, wer die Schulzeit verkürzen wollte, konnte es schon immer.

Letzten Endes geht es doch darum, was für die Schüler und Schülerinnen das Beste ist, mit wel

(Anita Klahn)

chem Konzept jede Schülerin und jeder Schüler das individuell beste Ergebnis erreicht. Für viele, nicht für alle, aber für den größeren Teil der Schülerinnen und Schüler ist G 9 dabei das passende Angebot. Natürlich werden wir Gespräche mit den Schulträgern führen. Aber Schulbauinvestitionen werden ehrlicherweise eher durch die höher prognostizierte Schülerzahl notwendig als allein durch die Rückkehr zu G 9. Außerdem haben wir zusätzliche Investitionsmittel für Schulbaumaßnahmen eingeplant.

Und noch ein letztes Wort zur SPD. Ich weiß, dass es immer schwierig ist, auf die politische Konkurrenz zu hören. Vielleicht hören Sie auf Ihren Ministerpräsidenten Weil, der sich bereits im Jahr 2004 für G 9 an Gymnasien eingesetzt hatte, oder auch auf Ihren Kanzlerkandidaten Martin Schulz, der sich im Mai 2017 auch zu einer Rückkehr zu G 9 ausgesprochen hat.

Meine Damen und Herren, ich beantrage Abstimmung in der Sache und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD hat die Abgeordnete Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Warum die SPD einen derart trivialen Antrag vorlegt, ist mir unbegreiflich.

(Beifall AfD)

Aber auch der Antrag der Regierungsfraktionen besteht im Wesentlichen aus frommen Absichtserklärungen. Die Rede der Kollegin von den Grünen offenbart doch bereits Risse in der Regierungskoalition.

(Beifall AfD)

In der Sache ist die AfD schon lange viel weiter gewesen. Sie will die Eigenverantwortung der Schulen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips fördern. Die Schulen sollen frei darin sein, ob und wie sie den Gymnasialzug ausgestalten wollen. Es sind doch reine Selbstverständlichkeiten im fachlichen wie im menschlichen Umgang miteinander, die mit den Anträgen gefordert werden. Warum zum Beispiel ein Bildungsdialog gesetzlich fixiert werden muss, erschließt sich mir ebenso wenig wie die Fra

ge, warum bereits jetzt langfristig greifende Regelungen getroffen werden sollen, Regelungen, die, wenn sie in neun Jahren überhaupt greifen würden, bereits von der Realität ad absurdum geführt sein können.

Meine Damen und Herren, müssen wir wirklich über jeden Nagel in der Schulbank hier im Landtag beraten? Muss jede Linealgröße vom Landtag beschlossen werden? - Ich meine: Nein. Die kostbare Zeit des Hohen Hauses sollten wir für wichtige Debatten um die Zukunft unseres Landes nutzen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern Nachmittag konnten wir hier alle sehen, wie wir Abgeordnete zwischen den einzelnen Tagesordnungspunkten unsere Smartphones beziehungsweise iPads aufklappten, um zu lesen, dass das Bildungsministerium bereits eine Pressemitteilung mit dem Titel herausgehauen hatte: „Unser Fahrplan für G 9 steht“. Heute Morgen konnten wir die „Kieler Nachrichten“ aufschlagen, und ich muss sagen: Na dann, Jette, nimm deine Rede und pack sie wieder weg.

(Zuruf AfD: Genau!)