Da offenbar bei der SPD-Fraktion einiges durcheinander geraten ist und man schon vergessen hat, wie die Leitplanken aussehen sollen, wiederhole ich das gerne noch einmal:
Zweitens. Das Totalverbot des Online-Casinospiels im jetzigen Glücksspielstaatsvertrag wird aufgehoben.
Maßgeblich sind für uns die Ziele des Kinder- und Jugendschutzes, die Bekämpfung des Schwarzmarkts sowie die Bekämpfung der Spielsucht. Also
qualitative und nicht quantitative Kriterien sollen darüber entscheiden, ob ein Anbieter eine Konzession erhält oder eben nicht. Mit anderen Worten kann man sagen: Das ist tragfähig, europarechtskonform, transparent und an einem effektiven Jugend- und Spielerschutz orientiert.
Das sind die Ziele der schleswig-holsteinischen Glücksspielpolitik unter Beteiligung der Freien Demokraten. Ich freue mich, dass ich das heute noch einmal deutlich machen kann.
Nun zum Stichwort Transparenz. Was sind eigentlich die Ziele der sozialdemokratischen Glücksspielpolitik? Ich hätte erwartet, dass Sie uns das heute irgendwie skizzieren. Das ist Ihnen aber nicht so richtig gelungen. Es mag an mir liegen, aber ich habe das nicht ganz verstanden. Ich hoffe doch, dass auch die SPD am Jugend- und Spielerschutz interessiert ist, an der Bekämpfung der Spielsucht und an der Eindämmung des Schwarzmarkts.
Wenn Sie das wollen und wenn Sie das ernst meinen, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass ausnahmslos alle Fraktionen in diesem Haus außer Ihnen erkannt haben: Die Glücksspielregulierung, wie sie derzeit im Glücksspielstaatsvertrag festgelegt ist, ist an der Realität gescheitert, und sie ist grundlegend gescheitert und nicht mehr zu retten.
Wem es ernst ist mit den gerade genannten Zielen, der erkennt, dass der Systemwechsel zu einem liberalisierten, wirksam kontrollierten Glücksspielmarkt unausweichlich ist. Diese Erkenntnis eint ja nicht nur die Koalitionsfraktionen, sondern auch der SSW ist dabei. Es ist doch auffällig, Herr Dr. Stegner, dass alle beide Ihrer ehemaligen Koalitionspartner mittlerweile eine andere Politik verfolgen als Sie. Also: Ralf allein zu Haus. Ich muss Sie vielleicht darauf hinweisen, dass nicht SchleswigHolstein der Geisterfahrer ist, sondern dass Deutschland in Europa der Geisterfahrer ist, was die Glücksspielregulierung angeht.
Wir haben im Koalitionsvertrag deutlich gemacht, worum es geht, und wir haben auch deutlich gemacht, dass es die Orientierung an dem früheren Glücksspielgesetz von Schleswig-Holstein geben soll; denn diesen Weg wollen wir mit möglichst vielen anderen Bundesländern gehen. Man merkt doch bundesweit die Bewegung bei anderen Bundesländern. Das muss man doch auch einmal zur
Kenntnis nehmen. Insofern sind wir zuversichtlich, dass noch viele andere Länder auf diesen Weg einschwenken werden.
Eines muss ich vielleicht noch einmal sagen: Der Weg, den wir damals beim Glücksspielgesetz gegangen sind, war erfolgreich, europarechtskonform und wegweisend. Die SPD-Fraktion ist allein aus rein ideologischen Gründen immer noch der Meinung, dass das alles furchtbar sei.
Ich will noch einmal daran erinnern, Herr Dr. Stegner, dass Sie das Gesetz ja auch nicht so schnell aufgehoben haben. Die Lizenzen hat damals, glaube ich, ein SPD-Innenminister erteilt. Ich glaube, der Mann hieß Breitner oder so ähnlich.
Ja, ja, er hat sich an das Gesetz gehalten, und das macht diese Landesregierung auch. Ich weiß aber auch noch, wer wollte, dass er sich nicht an das Gesetz hält.
Die SPD agiert und argumentiert in der Glücksspielpolitik wie andere mit uns befreundete Fraktionen beim Cannabis. Ein Verbot soll auch dann noch das beste Mittel sein, wenn es sich nicht durchsetzen lässt. Das ist - vielleicht wenig überraschend nicht der Ansatz liberaler Politik. Wir wollen Schleswig-Holstein weder zum Kiffer- noch zum Zockerparadies machen, sondern wir wollen eine Regulierung mit Sinn und Verstand.
Herr Dr. Stegner, Sie kennen das ja auch: Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit des aktuellen Glücksspielstaatsvertrags, der von manch einer Landesregierung in der Republik noch immer eisern verteidigt wird, ist eindeutig und sollte nicht ignoriert werden. Der Kollege Andresen hat es eben sehr deutlich gesagt. Schauen wir doch einmal rüber zu unseren Nachbarländern, nach Dänemark. Dänemark würde ich jetzt nicht mit Nevada vergleichen wollen. In Ihrer Welt mag Dänemark vielleicht ein Schurkenstaat sein, in meiner Welt ist das nicht so.
Auch der Unterschied zwischen online und offline sollte Ihnen doch bekannt sein. Sie twittern doch morgens auch Ihre morgendlichen Gedanken in die Welt und hängen nicht zwischen Bordesholm und Kiel Plakate auf.
Wir haben in Deutschland - das wurde schon gesagt - inzwischen einen stark wachsenden milliardenschweren nicht regulierten Markt. In diesem Markt findet weder staatlich kontrollierter Jugendschutz noch Spielsuchtprävention statt. Trotz der Verbotspolitik des aktuellen Glücksspielstaatsvertrags wächst der nicht regulierte Markt rasant. Und der Staat sitzt daneben und sagt: „Ja, aber eigentlich ist das doch irgendwie alles verboten!“
Den rechtsfreien Raum, den Sie, Herr Dr. Stegner, in Ihrer Pressemitteilung Jamaika andichten wollen, gibt es wirklich. Er besteht seit vielen Jahren. Er wurde aber nicht von uns, sondern von den Verfechtern der gescheiterten Verbotspolitik befördert.
Herr Dr. Stegner, ich lese ja - manchmal unter Schmerzen, aber doch aufmerksam - Ihre TwitterArien, möchte ich mal sagen, morgens. Es ist schon bemerkenswert, was Sie da teilweise raushauen. So haben Sie uns in den letzten Tagen - ich gehe davon aus, dass wir gemeint waren - als „Marktradikale“ beschimpft. Zunächst möchte ich sagen, dass ich dies für meine Fraktion entschieden zurückweise. Ich widerspreche auch für mich, für meine Fraktion und für unsere Anhänger, dass wir in irgendeiner Form radikal seien. Wir sind vielleicht radikale Mitte, sind aber nicht marktradikal. Wir lassen uns auch nicht in eine Ecke von Links- oder Rechtsradikalen schieben. Das ist unter Demokraten ein wirklich unterirdischer Stil. Das möchte ich noch einmal ganz deutlich sagen.
Wenn Sie schon darüber nachdenken, ob es Marktradikale gibt oder nicht, dann muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn es einen Marktradikalen gibt in diesem Parlament, dann sind Sie das; denn Sie wollen den unregulierten Markt weiterhin haben.
In Zeiten des Internets und der EU funktioniert diese alte Verbotspolitik eben nicht mehr. Wenn man kein chinesisches Internet will oder die EU zurückdrehen will - ich glaube, Sie wollen beides nicht -, dann muss man sich dieser Herausforderung stellen.
Wir müssen die Spielerströme in einen legalen und kontrollierten Markt lenken und den Schwarzmarkt sinnvoll bekämpfen. Wir brauchen endlich eine Regulierung, die auch einer europarechtlichen Überprüfung standhalten kann. Die EU-Kommission hat bei dem gescheiterten zweiten Änderungsstaatsvertrag erhebliche Zweifel angemeldet. Erinnern wir uns doch daran, was die Kommission uns ins
Stammbuch geschrieben hat: Die Regulierung muss kohärent, also aus einem Guss und schlüssig sein. Das muss man hier aber bezweifeln, wenn einerseits Onlinewetten teilweise erlaubt werden, aber andere Onlinespiele pauschal ausgeschlossen werden. Das ist eben nicht aus einem Guss und nicht in sich schlüssig.
Genauso wenig ist es kohärent und systematisch nachvollziehbar, wenn sich ein Glücksspielstaatsvertrag zwar dem Spielerschutz und der Bekämpfung des Schwarzmarkts verschreibt, aber dann so offensichtlich dabei scheitert, wie das hier der Fall ist. Man könnte noch viel über die fiskalischen und volkswirtschaftlichen Aspekte der Glücksspielregulierung, über entgangene Einnahmen, wo Sie den Unternehmen die Gewinne einfach schenken wollen, oder auch die Arbeitsplätze, die in einem legalen Glücksspielmarkt geschaffen werden könnten, sagen. Aber diese Argumente treten hinter die anderen Erwägungen zurück.
Wir haben einen Weg beschrieben, wie wir Glücksspiel wirksam regulieren, Schwarzmarkt eindämmen und Spielerschutz kontrollieren wollen. Wer diese Ziele teilt, ist herzlich eingeladen, mit uns daran zu arbeiten. Rasmus Andresen hat diese Einladung auch ausgesprochen. Ich will es noch einmal ganz deutlich wiederholen: Wenn Sie wirklich daran interessiert sind, hier eine vernünftige Lösung zu erreichen, laden wir Sie herzlich ein, an der Diskussion teilzunehmen, wie man einen wirklich kontrollierten Markt hinbekommt.
Die anderen Bundesländer hatten übrigens wenig Probleme damit, von den Steuer- und Werbeeinnahmen der ganzen Angelegenheit zu profitieren. Das Geld haben sie gern genommen, auch wenn sie das alles irgendwie ekelhaft fanden. Das Geld haben sie trotzdem gern eingenommen. Jetzt gilt es, auch gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Aber eines werden wir bestimmt nicht tun: zu der krachend gescheiterten Verbotspolitik der Sozialdemokratie zurückkehren. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
ging bereits beim ersten Staatsvertrag in diesem Thema einen Sonderweg, und der hat sich damals schon als gut erwiesen. Alle Bundesländer - bis auf Schleswig-Holstein - unterzeichneten 2011 den ersten Staatsvertrag. Stattdessen beschloss man bei uns eine eigene rechtliche Regelung: Private Anbieter von Sportwetten und Online-Casinos konnten Lizenzen mit begrenzten Laufzeiten erwerben. Es war dann letztlich die Küstenkoalition aus SPD, Grünen und SSW, die im Januar 2013 dem ersten Staatsvertrag beitrat und damit die unserer Ansicht nach gute landesspezifische Sonderregelung beendete.
Dem zweiten Staatsvertrag trat Schleswig-Holstein aus gutem Grund nicht bei, denn dieser Vertrag stellte bestenfalls einen Minimalkonsens dar, und er unterliegt zudem erheblichen rechtlichen Bedenken. In seinem Urteil von Oktober 2017 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass ein Online-Glücksspielverbot grundsätzlich wirksam sein kann. - Das Gericht legte dar, dass der Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen gelenkt und der Schwarzmarkt für Glücksspiel im Internet bekämpft werden soll. Das ist zunächst einmal zu begrüßen, denn grundsätzlich kann jedes Land der Europäischen Union den eigenen Glücksspielmarkt auch zum Beispiel aufgrund der Spielsuchtproblematik regulieren. Suchtprävention und Schutz der Spieler sind in Schleswig-Holstein wichtige Anliegen, das klang hier bereits mehrfach an. Das trifft auch für unsere Fraktion zu.
Das Urteil lässt jedoch Ausführungen zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vermissen. Dieser setzt hier voraus, dass es für die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kein milderes Mittel gibt. Mit dem Modell der Schleswig-Holstein-Lizenz ist aber gerade ein solches milderes Mittel gegeben. Im Bereich der Sportwetten urteilte der EuGH 2016 und sagt dazu, dass man einem Anbieter das Fehlen einer Konzession nicht entgegenhalten dürfe. In dem Fall wurde nicht festgestellt, ob der Anbieter überhaupt daran teilgenommen hat. Die Richter sahen darin Intransparenz und Diskriminierung, das Verfahren sei daher nicht unionsrechtskonform.
Die EU hat Deutschland bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass der erste Staatsvertrag auch in diesem Punkt nicht EU-konform ist. Es wurden 20 Lizenzen in diesem Bereich vergeben, doch viele andere Betreiber gingen leer aus und wurden somit benachteiligt. Online-Glücksspiel bleibt in Deutschland damit weiterhin eine rechtliche Grauzone, die für alle Beteiligten durch das Europäische Recht auch auf Dienstleistungsfreiheit entsteht. Bei der aktuellen Gesetzeslage in Deutschland ist dem
Schwarzmarkt damit eine rosige Zukunft garantiert. Die Totalverbote vieler Angebote zwingen Verbraucher regelrecht dazu, auf illegale und nicht regulierte Alternativen auszuweichen. Das kann nicht in unserem Interesse sein.
Der zweite Vertrag - wir hörten auch das bereits ist schon jetzt als gescheitert zu betrachten. Nicht ohne Grund sind ihm abermals nicht alle Länder beigetreten. Der Widerstand indessen wächst. Auch diesem fehlt eine grundlegende EU-rechtskonforme und umfassende gesetzliche Regulierung mit Bestimmungen zum Spieler- und Jugendschutz ohne quantitative Begrenzung der Lizenzen. Zudem müssen Regularien auch zur Geldwäsche und Überwachung von Zufallsgeneratoren enthalten sein.
Der schleswig-holsteinische Weg ist hier weiterhin auch aus unserer Sicht der bessere Weg - er ist sicher nicht der perfekte Weg -, und er sollte daher weiter optimiert und fortgesetzt werden. SchleswigHolstein kann hier zum Vorreiter für eine bundeseinheitliche Regelung werden. Daran werden wir uns beteiligen, und diesen Weg werden wir unterstützen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.