Protokoll der Sitzung vom 14.02.2019

(Ministerin Karin Prien)

Landeshymne sagt es auch: „Schleswig-Holstein, meerumschlungen …“ - Herr Habersaat, ich hatte gehofft, dass Sie jetzt wieder einstimmen. Aber das ist ja nicht notwendig.

(Zurufe Martin Habersaat [SPD] und Beate Raudies [SPD])

Schleswig-Holstein ist aber nicht nur meerumschlungen, sondern auch gespickt mit wunderschönen Seenlandschaften und, ergänzend dazu, mit tollen Frei-, Spaß- und Schwimmbädern. Prosa Schluss!

Kurzum, Schleswig-Holstein ist ein vom Wasser geprägtes Land. Umso wichtiger ist es, sich so früh wie möglich in diesem Element sicher fortbewegen zu können.

Der Bericht der Landesregierung zur Schwimmausbildung in Schleswig-Holstein sagt aus, dass landesweit 82 % der Schulen an der Erhebung teilgenommen haben und von diesen 87 % Schwimmunterricht in mindestens einer Klassenstufe erteilen.

Prozentzahlen über 80 % hören sich generell gut an. Aber: Für das Schuljahr 2017/2018 waren laut Statistischem Amt 1.171 allgemeinbildende Schulen gemeldet. 82 % haben an der Abfrage teilgenommen. Die restlichen 18 % - 210 Schulen - haben zum Stichtag nicht geantwortet. Warum nicht? Naheliegend wäre, dass sie wahrscheinlich keine Erfahrungswerte angeben konnten, warum sie keinen Schwimmunterricht angeboten haben. Von den 87 %, die an der Abfrage teilgenommen haben, geben 13 % an, keinen Schwimmunterricht anzubieten; das sind noch einmal rund 125 Schulen. In Summe sind es 325 Schulen, an denen wahrscheinlich - eventuell? - kein Schwimmunterricht angeboten wird.

Wenn 87 % der Schulen angeben, in mindestens einer Klassenstufe Schwimmunterricht zu erteilen, dann erlauben Sie mir als Sportlehrer bitte die Bemerkung, dass wir bei den wenigsten Schulen über zwei, maximal drei Klassenstufen hinauskommen, in denen Schwimmunterricht wirklich angeboten und durchgeführt wird.

Somit relativieren sich die Zahlen von über 80 % in meinen Augen sehr schnell. Daher sehe ich sehr großen Handlungsbedarf, Schwimmunterricht im Rahmen des schulischen Sportunterrichts intensiver anzubieten.

Der Bericht der Landesregierung bietet dazu eine sehr gute Grundlage. Wir, die Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, befürwor

ten ausdrücklich, die in dem Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen.

(Beifall CDU, FDP und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Darüber hinaus sehen wir in den in unserem Antrag zusätzlich ausgearbeiteten Möglichkeiten weitere gute Chancen für einen schnelleren und sicheren Zugang zum Schwimmunterricht.

Die vorgeschlagenen und zum Teil schon angewandten Kooperationsmaßnahmen waren in Verbindung mit zusätzlich zur Verfügung stehendem Lehrpersonal in Form von Bademeistern, Fachlehrkräften oder anderen Personen mit einer Rettungsschwimmbefähigung eine sinnvolle Ergänzung, um Schwimmunterricht dauerhaft gewährleisten zu können.

Eine Möglichkeit, den Personenkreis mit Rettungsschwimmbefähigung zu erweitern und zu stärken, wäre die Errichtung eines Fonds, mit dessen Mitteln Ausbildungen oder Lehrgänge für eben diese Befähigung finanziell unterstützt und gefördert werden können.

Ein weiterer - in meinen Augen: sehr wichtiger Punkt ist, im Rahmen des Projektes „Zukunftsplan Sportland Schleswig-Holstein“ und im Rahmen der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs die Rahmenbedingungen für den Betrieb und die Errichtung von sport- und wettkampforientierten oder wettkampftauglichen Schwimmbädern unbedingt zu verbessern. Warum? 82 % der Ursachen für nicht erteilten Schwimmunterricht sind nicht durch die Schulen zu verantworten; so steht es im Bericht. Die hauptsächlich angegebenen Gründe sind: Es befindet sich keine Schwimmstätte in der Nähe, und/ oder der Transport zwischen Schule und Schwimmstätte kann entweder nicht finanziert oder nicht organisiert werden.

Wir müssen das Schwimmbadsterben stoppen und unsere Kommunen dabei unterstützen, in vorhandene, gegebenenfalls auch in neue Schwimmbäder zu investieren. Wir dürfen den Kommunen diesbezüglich nicht noch Steine in den Weg legen.

(Beifall CDU und FDP)

Dazu möchte ich Ihnen ein kleines Beispiel aus meinem Wahlkreis nennen: Die Sonneninsel Fehmarn würde ihr Freizeitbad, das sich in einem denkmalgeschützten Gebäude befindet, gern energetisch verändern beziehungsweise sanieren, darf aber aufgrund des Denkmalschutzes keine rückrüstbare Solaranlage auf dem Dach aufstellen. Muss es so sein, dass in solchen Fällen der Denkmalschutz dem

(Peer Knöfler)

Staatsziel Umwelt- beziehungsweise Klimaschutz höhergestellt ist?

(Beate Raudies [SPD]: Ist er nicht!)

Flächendeckend Schwimmbäder im ganzen Land unterstützen ja nicht nur unsere Schulen, sondern auch viele Vereine, die unter anderem für eine sehr gute Schwimmausbildung unserer Kinder sorgen, zusätzlich den Leistungs- und Spitzensport fördern und unsere landesweit benötigten Rettungsschwimmer ausbilden.

(Beifall CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, Schwimmen ist - und so sollte es unbedingt bleiben - ein Volkssport. Um Kindern diesen Volkssport wieder näherzubringen, muss Schwimmunterricht von allen Schulen erteilt werden, und das, ohne die Lehrer an die Grenzen ihrer organisatorischen Fähigkeiten zu bringen und ohne den elterlichen Geldbeutel oder den der Kommunen finanziell zu überlasten.

Wenn wir von allen Schulen sprechen, dann müssen wir wirklich alle Schulen meinen. Gerade die Schulen - und vor allem die Kinder - in den Gemeinden im ländlichen Raum dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Und: Ländlichen Raum haben wir mindestens genauso viel wie Wasser im Land.

Ich muss die tolle Redezeit, die heute erweitert worden ist, nicht komplett ausschöpfen, will aber noch ein weiteres Beispiel nennen: Kommunen tun sich zusammen und lösen genau diese Probleme in eigener Hand. Wenn sich ein Schwimmbad in einer gewissen Entfernung befindet, wird ein Bus gechartert, den die Gemeinden bezahlen; die Eltern bezahlen pro Schwimmbadbesuch 1 €. Die Kinder mehrerer Orte werden von dem Bus eingesammelt und in das Schwimmbad gebracht. Dort lernen sie in Zusammenarbeit mit den Schwimmmeistern schwimmen und erhalten das entsprechende Abzeichen. Hinterher sind sie gut gerüstet, um in der Ostsee nicht Opfer von Badeunfällen zu werden.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Kay Richert [FDP]: Gutes Bei- spiel!)

Das Neueste, was ich mitbekommen habe, ist, dass es inzwischen sogar Bürgerbegehren dagegen gibt, dass Schwimmbäder verfallen beziehungsweise geschlossen werden. Heute habe ich gehört, dass es um ein Schwimmbad in Dahme geht. Man muss dabei sicherlich auch beachten, um was für Schwimmbäder es geht: Handelt es sich um touristisch geprägte Schwimmbäder, in denen Wassergewöhnung oder Badetherapie durchgeführt wird,

oder sind es Wettkampfschwimmbäder, in denen auch Schwimmunterricht durchgeführt werden beziehungsweise den Kinder das Schwimmen nahegebracht werden kann? - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Schwimmunterricht ist nicht nur wichtig, sondern vielfach auch lebenswichtig. Auch wenn Schwimmunterricht in der Schule nur eine notwendige Grundlage schaffen kann, ist jede Schwimmstunde sinnvoll investiert, weil sie Leben retten kann.

Die Lektüre des Berichts der Landesregierung vermittelt uns interessante Fakten. So erfahren wir, dass Schleswig-Holstein nicht nur über 1.100 km Küstenlänge, sondern auch über 32.000 km Flusslandschaft verfügt. Auch wissen wir nun endlich, dass die durchschnittliche Entfernung zwischen Schule und nächstgelegener Schwimmstätte bei 5.890 m liegt. Und wer von uns hätte gedacht, dass die Fähigkeit, zu schwimmen, das Risiko verringert, zu ertrinken?

Ich habe übrigens mittlerweile jede Hoffnung aufgegeben, dass unsere Verwaltung es lernt, dass hübsche bunte Torten- und Säulendiagramme ihre Wirkung verfehlen, wenn die Drucksachenfassung in schwarz-weiß ist.

Die Umfrage bei den Schulen hat ergeben, dass 13 % der Schulen keinen Schwimmunterricht erteilen, darunter 15 % der Grundschulen und 9 % der Gymnasien und Gemeinschaftsschulen. Der Grund dafür liegt durchweg darin, dass für den Schwimmunterricht keine Schwimmbäder zur Verfügung stehen.

In wenigen Fällen schlägt auch hier der Fachkräftemangel zu, weil Lehrkräfte mit spezieller Befähigung für den Schwimmunterricht nicht zur Verfügung stehen beziehungsweise weil sie zu alt sind, um gegebenenfalls rettend eingreifen zu können. Dann ist es natürlich das kleinere Übel, auf Schwimmunterricht zu verzichten, bis geeignete Lehrkräfte zur Verfügung stehen, ergänzt durch zusätzliche Personen, die rettend eingreifen können. Denn jeder weiß: Wenn etwas schiefgehen kann,

(Peer Knöfler)

dann geht es gerade im Schulunterricht mit Sicherheit schief.

Das Kernproblem liegt aber in der Erreichbarkeit von Schwimmbändern für den Unterricht. Im Landesdurchschnitt ist dabei die Versorgung mit Schwimmbädern mit 1 auf knapp 10.000 Einwohner nicht einmal schlecht. Wenn aber der Anfahrtsbeziehungsweise der Fußweg so viel Zeit in Anspruch nimmt, dass die Sportstunde überwiegend auf dem Weg verbracht wird, hat es wenig Sinn, wenn der eigentliche Schwimmunterricht nur 15 bis 20 Minuten dauert. Mindestens Doppelstunden müssten dann die Regel sein, was viele Schulen vor Probleme stellt.

Der Bericht nennt eine Reihe von Maßnahmen, die als Anregung zu verstehen sind. Doch bei einigen Vorschlägen habe ich erhebliche Zweifel, ob diese von Personen erarbeitet wurden, die die Realität in der Schule kennen.

Die Zeiten für den Schwimmunterricht werden von der Schwimmhalle beziehungsweise der Kommunalverwaltung vorgegeben, meist genau dann, wenn es vom Stundenplan her eigentlich überhaupt nicht passt, dort eine Doppelstunde Sportunterricht einzulegen. Wenn sich schon kaum Zeitfenster für den Schwimmunterricht für die eigene Schule finden, kommt es einem größeren Lottogewinn gleich, wenn dann eine Schule, mit der man nach Vorstellung des Ministeriums kooperieren soll, zeitgleich altersähnlichen Schülerinnen und Schülern in der Schwimmhalle das Schwimmen beibringt.

Der Verweis auf die Zusammenarbeit mit außerschulischen Trägern ist nett gemeint. Doch bis auf die Universitätsstandorte finden Sie woanders kaum genügend Personen, zum Beispiel von der DLRG, die an Vormittagen Zeit für ein solches Vorhaben haben. Denn Sie müssen auch im Krankheitsfall immer gewappnet sein, sodass der Schwimmunterricht weiter stattfinden kann.

Ich habe die Schwimmorganisation in Pinneberg, der Stadt, aus der ich komme, gefragt, ob sie in der Lage sei, den Schwimmunterricht der Schulen am Vormittag abzudecken. Ausnahmslos haben mir alle gesagt: „Nein, das ist bedauerlicherweise nicht möglich.“ Insofern, muss ich sagen, finde ich es schade, dass so ein Vorschlag unterbreitet wird; denn damit lässt man die Kommunen im Regen stehen, die nicht in der Lage sind, auf genügend Ehrenamtliche zurückzugreifen, weil Sie vermeintlich nicht in der Lage sind, den Schwimmunterricht zu organisieren.

Der Vorschlag, eine Projekt- beziehungsweise Vorhabenwoche für das Erlernen des Schwimmens zu nutzen, hilft keiner Schule: Die Schwimmhalle ist in dieser Zeit ja besetzt, da in dieser Zeit andere Schulen dort regulären Schwimmunterricht haben. Ich kann mich an keine Klassenfahrt erinnern, bei der die Lehrkräfte noch Zeit gefunden hätten, nebenbei Schwimmunterricht zu erteilen.

Den Antrag der Koalitionsfraktionen finde ich nicht ganz geglückt. Wir haben es in der Vergangenheit immer abgelehnt, den Unterricht von ausgebildeten Lehrern durch externe Kräfte zu ersetzen. Schwimmmeister oder sonstige Personen, die im Notfall schnell und wirksam eingreifen können, sollten den Sportlehrer in jedem Fall unterstützen, sollten ihn aber nie ersetzen.

(Beifall SPD und SSW)

Wozu die Koalitionsfraktionen insgesamt 150.000 € bereitstellen wollen, wenn sie selbst keine Ahnung haben, was die Regierung mit diesem Geld machen soll, erschließt sich mir nicht.

Wir sollten den Bericht der Landesregierung in den Bildungsausschuss überweisen. Bei der Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen werden wir uns enthalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben das Wort.