- Wer hat „doch“ gerufen? - Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Flemming Meyer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich will dies nicht in die Länge ziehen oder etwas wiederholen, was schon gesagt worden ist. In der Tat aber haben wir hier bei uns im Grenzland erlebt, wie wir zu einer unheimlich guten Minderheitenpolitik gekommen sind. Wir haben mehrmals festgestellt, dass vernünftige Minderheitenpolitik Friedenspolitik ist. Aber wenn wir in Europa unser Wissen und unser Können wirklich weiterbringen wollen, dann müssen wir uns Gedanken darüber machen: Was ist denn die Voraussetzung? Warum ist das bei uns so gut gelungen?
Ich glaube, eine ganz wichtige Sache ist, dass der Mensch verstehen muss: Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen Integration und Assimilation.
Wir sind heute ein voll integrierter Teil dieser Gesellschaft. Warum sind wir das geworden? - Die Befreiung von der Fünf-Prozent-Sperrgrenze war sehr wichtig. Die Leute haben vorausschauend gesehen: Wenn wir wirklich friedliche Verhältnisse in der Grenzregion haben wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Minderheit Möglichkeiten hat, politisch zu partizipieren. Das ist der sicherste Weg, damit sie ein integrierter Teil dieser Gesellschaft wird. Alle Assimilationsversuche sind nämlich zum Scheitern verurteilt, weil die Leute dann auf die Barrikaden gehen.
Ich denke, wir können in Europa wirklich etwas vorzeigen. Wir müssen uns dann aber auch Gedanken darüber machen: Warum ist es bei uns auf beiden Seiten der Grenze so gut gelungen? - Der Grund liegt darin, dass wir genau dies erkannt haben. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte die Debatte nicht unnötig verlängern. Aber ich will zumindest den Versuch wagen, das zu machen, was mir und uns Rückendeckung gibt, um das zu erreichen, was wir hier fordern: dass dieser Landtag ein gemeinsames Signal aussendet.
Ich finde, wir sollten verdammt stolz darauf sein, was wir hier für eine Minderheitenpolitik haben. Sie ist beispielgebend in Europa. Das als Signal zu senden wäre schon wünschenswert. Ich hätte mir gewünscht, dass das auch in manchem Debattenbeitrag im Mittelpunkt gestanden hätte; immerhin ist dieser Antrag gemeinsam eingereicht worden. Das hätte auf jeden Fall geholfen und mir noch mehr Rückenwind gegeben. Ich erwähne dies, weil gesagt wurde, ich solle das in meiner Funktion als Ministerpräsident jetzt alles durchsetzen. Ich will das trotz alledem gern tun.
Der Leitspruch der Europäischen Union lautet „In Vielfalt geeint“. Zu kaum einer europäischen Region passt dieses Motto besser als zu uns in Schleswig-Holstein. Angehörige der dänischen Minderheit, Friesen, Sinti und Roma sind hier in Vielfalt geeint - als Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Mit der deutschen Minderheit in
Nordschleswig pflegen wir enge Kontakte. Wir begreifen die Vielfalt unseres Landes als Bereicherung für unsere Kultur, unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft insgesamt.
Schleswig-Holsteinische Landesregierungen folgen diesem Verständnis seit Jahrzehnten. Es ist eine feste Konstante auch unserer Arbeit. Diese Haltung ist parteiübergreifender Konsens im Land. Deshalb sind Schutz und Rechte der Minderheiten bei uns in der Landesverfassung verankert. Deshalb gibt es für die Minderheiten im Land seit nunmehr über 30 Jahren einen eigenen Beauftragten. Minderheitenpolitik hat für Schleswig-Holstein einen sehr hohen Stellenwert.
Die Jamaika-Koalition ist überzeugt: Eine starke und sichtbare Minderheitenpolitik kann auch in anderen Regionen Europas das Miteinander der Menschen verbessern. Aus diesem Grund werden wir uns gern dafür einsetzen, die Zuständigkeit für nationale Minderheiten sowie den Schutz der kulturellen und sprachlichen Vielfalt innerhalb der Europäischen Kommission sichtbar und dauerhaft zu verankern und dafür den Zuständigkeitsbereich eines bestehenden Kommissars um den Bereich Minderheiten zu erweitern; die guten Erfahrungen mit dem Minderheitenbeauftragten in Schleswig-Holstein bestärken uns in diesem Entschluss. Wir versprechen uns davon besseren Schutz für Angehörige nationaler und sprachlicher Minderheiten. Der Schutz der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in der Europäischen Union würde ebenfalls von einer solchen Zuständigkeit profitieren.
Ein zuständiger Kommissar könnte sich für die Einhaltung der in der Grundrechtecharta zugesagten Minderheitenrechte einsetzen und verabredete Standards für den Umgang mit Minderheiten in den Mitgliedstaaten entsprechend überwachen. Mit diesen Argumenten fordert zum Beispiel Polen seit Jahren einen Kommissar für Minderheiten. Hinzu kommt jetzt noch, dass die neue EU-Kommission auf die europäische Bürgerinitiative Minority SafePack wird antworten müssen. Sie muss auf darin enthaltene Vorhaben, etwa in den Bereichen Sprache, Bildung und Kultur, Regionalpolitik, Partizipation, Gleichheit oder Mediendienste, eingehen und dazu Stellung beziehen. Ein zuständiger EU-Kommissar wäre auch für diese Arbeit sicher hilfreich für uns ein weiterer Grund, ihn zu fordern.
Ich will dabei klarstellen: Wir wollen nicht, dass die Kommission nach der Europawahl noch größer wird, sondern das Gegenteil. Wir fordern eine kleinere Kommission. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Dieses Ziel steht einer Zuständigkeit der
Kommission für Minderheiten überhaupt nicht entgegen; denn die Minderheiteninteressen können gut in einen bestehenden Zuständigkeitsbereich aufgenommen werden. Denkbar wäre etwa, Minderheiten, Gleichstellung und Nichtdiskriminierung zusammenzufassen.
Meine Damen und Herren, sicher ist jedenfalls: Die Vorteile einer aufgewerteten Minderheitenpolitik der EU liegen auf der Hand. Wer wüsste das besser als wir in Schleswig-Holstein? Man könnte es auch als unsere Verantwortung bezeichnen, dass wir mit unserer Erfahrung und unserem Wissen für eine Minderheitenzuständigkeit auf höchster Ebene werben. Denn Konflikte zwischen Mehrheit und Minderheiten bedrohen den Zusammenhalt Europas. Beispiele dafür gibt es leider genug; denken Sie nur an Katalonien. Gute Minderheitenpolitik kann solche Konflikte frühzeitig entschärfen und damit Europa stärken - was wiederum in unserem ureigenen Interesse ist. Deshalb brauchen wir einen für Minderheiten zuständigen Kommissar. Dafür treten wir ein, um das europäische Motto „In Vielfalt geeint“ ein Stück mehr zur Realität zu machen.
Wichtig ist mir darüber hinaus, auch die Minderheiten zu unterstützen, die außerhalb der Europäischen Union in Europa leben. Hier sollte Deutschland darauf hinwirken, Maßnahmen beispielsweise über den Europarat zu erreichen. Dafür werden wir auch im Rahmen unserer Bundesratspräsidentschaft werben und damit gleichzeitig die Vorreiterrolle unseres Landes im Umgang mit Minderheiten einmal mehr unterstreichen. - Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, über den Antrag Drucksache 19/1288 (neu) - 3. Fassung in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Drucksache 19/1288 (neu) - 3. Fassung mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Abgeordneten des SSW, der FDP-Fraktion, der CDU-Fraktion und der Abgeordneten von SaynWittgenstein bei Enthaltung der AfD-Fraktion angenommen.
Ich eröffne somit die Aussprache. Das Wort hat für die Abgeordneten des SSW der Abgeordnete Flemming Meyer.
- Okay. Es ist vorgesehen, einen Bericht in der 20. Tagung des Landtags abzugeben. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig so beschlossen. Dann erteile ich jetzt dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Meine Damen und Herren! Wir alle erinnern uns an die Bilder von Schlachthöfen in Drittstaaten, die zum Teil Grausamkeiten zum Vorschein gebracht haben. Niemand will diese Bilder vertreten oder gar dafür verantwortlich sein, auch nicht bei uns im Land. Die Transportbedingungen in diesen Ländern stehen ebenfalls immer wieder in der Kritik. Das ist nicht zum ersten Mal so; das haben wir in den letzten Jahren leider immer wieder so vernommen.
Ich will es noch einmal betonen: Wohl niemand bei uns im Land möchte dies unterstützen. Diese Feststellung bezieht übrigens nicht nur die Verbraucher
innen und Verbraucher ein, die das nicht wollen, sondern auch diejenigen, die in den Behörden die Entscheidung treffen, ob Transporte stattfinden, sowie die Landwirtinnen und Landwirte im Land und die Exporteure, die diese Transporte mit organisieren. Niemand möchte, dass ein Beitrag geleistet wird, dass solche Bilder auftreten.
Deswegen ist es richtig, an dieser Stelle anzusetzen und alles zu tun, was in unseren Möglichkeiten steht, einen Beitrag zu solchen Bildern zu unterbinden. Wir wollen sicherstellen, dass der Export der Tiere aus Schleswig-Holstein unter den Tierschutzbedingungen, die uns von der EU und unseren eigenen Gesetzen im Land vorgegeben sind, stattfindet, dass Hinweise auf Verstöße ernst genommen werden und entsprechend darauf reagiert wird.
Das Problem ist nicht neu. Es besteht vor allem dort, wo es unklare oder unzureichende Regelungen gibt, wo es mangelnde Kontrolle oder mangelnde Kontrollmöglichkeiten gibt, insbesondere in den bekannten Drittstaaten. Dieses Problem ist schon länger bekannt.
Deswegen hat Schleswig-Holstein auf der Agrarministerkonferenz Anfang 2018 einen Antrag eingebracht, der einstimmig verabschiedet wurde. Seit April 2018 ist der Bund aufgefordert, genau diese Fragen deutlich zu beantworten, bessere Bedingungen für Tiertransporte einzufordern, die rechtlichen Unklarheiten aufzuklären und vor allen Dingen in Richtung der Europäischen Union dafür zu sorgen, dass entsprechende Nachbesserungen erfolgen.
Leider ist auf dieser Ebene seither nichts geschehen. Stattdessen wird diese Problematik, gerade was solche Bilder angeht, auf dem Rücken der Veterinäre in unserem Land ausgetragen. Diese sehen sich jetzt nicht nur dem Zwang ausgesetzt, die Entscheidungen zu treffen und selber zu vertreten, sondern nach Rechtsgutachten, die kürzlich ergangen sind, stehen sie möglicherweise beamtenrechtlich oder gar strafrechtlich mit in der Verantwortung, weil sie die Genehmigungen für solche Transporte erlassen.
Da es bei der Erteilung der Genehmigungen durch den Amtstierarzt solche Unklarheiten gegeben hat, haben vier Kreise in Schleswig-Holstein Anfang des Jahres entschieden, solche Transportgenehmigungen einschließlich der Vorlaufatteste zu versagen. Da wir die Veterinärinnen und Veterinäre an der Stelle nicht alleinlassen, haben wir uns als Land nicht nur auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass im
Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft im Februar ein gemeinsames Vorgehen gefunden wird, sondern wir haben unmittelbar nach dieser Sitzung einen Erlass veröffentlicht, durch den wir die Transportgenehmigungen für Transporte von Schlacht-, Nutz- und Zuchttieren in bestimmte Staaten außerhalb der Europäischen Union für vier Wochen ausgesetzt haben, dies nicht etwa deshalb, weil wir wussten, welche Bedingungen dort herrschen, und weil klar war, dass es dort Probleme gibt, sondern weil wir sicherstellen wollten, dass kein Veterinär, keine Veterinärin befürchten muss, ohne unsere Rückendeckung eine Entscheidung treffen zu müssen und dabei möglicherweise strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt zu werden.