Protokoll der Sitzung vom 07.03.2019

Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft im Februar ein gemeinsames Vorgehen gefunden wird, sondern wir haben unmittelbar nach dieser Sitzung einen Erlass veröffentlicht, durch den wir die Transportgenehmigungen für Transporte von Schlacht-, Nutz- und Zuchttieren in bestimmte Staaten außerhalb der Europäischen Union für vier Wochen ausgesetzt haben, dies nicht etwa deshalb, weil wir wussten, welche Bedingungen dort herrschen, und weil klar war, dass es dort Probleme gibt, sondern weil wir sicherstellen wollten, dass kein Veterinär, keine Veterinärin befürchten muss, ohne unsere Rückendeckung eine Entscheidung treffen zu müssen und dabei möglicherweise strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt zu werden.

Die Rechtslage ist weiterhin unklar. Deswegen gibt es gerichtliche Verfahren, in denen das weiter geklärt wird, und deswegen werden wir als Land - wie es auch anderswo geschieht - Rechtsgutachten in Auftrag geben, damit rechtlich Klarheit geschaffen wird. Meines Erachtens ist es jedoch nicht zuallererst an uns, diese Rechtsklarheit zu schaffen, sondern diese Frage steht derzeit auf der gesamten Bundesebene ins Haus. Deswegen erwarte ich auch hier, dass die Bundesministerin für Landwirtschaft das zügig klärt. Ich habe gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen - zum Teil aus anderen Ländern - einen Brief an sie geschickt, in dem das eingefordert und zum Ausdruck gebracht wird, dass wir zeitnah eine Koordination des Vorgehens erwarten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dennys Bornhöft [FDP])

Nichtsdestotrotz haben wir die Aussetzung der Transporte damit verbunden, hier im Land in dem rechtlichen Rahmen, der uns gegeben ist, und im Rahmen unserer Möglichkeiten die Bedingungen für die Tiertransporte deutlich zu verbessern. In Gesprächen im Rahmen eines Runden Tisches, den wir eine Woche später einberufen haben, und bei einer Sitzung zwischen den Landräten und den betroffenen Exporteuren, die gestern stattgefunden hat, ging es darum, eine Einigung darüber zu erzielen, welche Schritte wir im Land - abseits der Möglichkeiten, die gesetzgeberisch auf Bundesebene und auf EU-Ebene vorhanden sind - gemeinsam gehen können.

Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, auf der Grundlage und im Rahmen des gestrigen Gesprächs eine Perspektive für eine bessere Kontrolle der Transportbedingungen und auch der Bedingungen in den Drittstaaten zu schaffen. Das MELUND wird jetzt auf der Grundlage umfassender Transparenz

der Exporteure - das ist aufgrund der neuen technologischen Entwicklungen möglich; es kann alles überwacht werden - in Zusammenarbeit mit den Kreisveterinären Empfehlungen erarbeiten, um Transportrouten festzustellen, bei denen die Aspekte des Tierschutzes grundsätzlich eingehalten werden. Darüber hinaus soll ein schneller Reaktionsmechanismus für den Fall weiterer Erkenntnisse über tierquälerische Zustände dafür sorgen, dass eine zügige Sperrung von bestimmten Routen, Transporteuren, Entladestationen oder auch ganzer Drittländer für Tiertransporte vorgenommen werden kann.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dolgner?

Ja, klar.

Bitte schön, Herr Dolgner.

Sie mögen mir auch als stellvertretendem Hauptausschussvorsitzenden des Kreises Rendsburg-Eckernförde verzeihen, wenn ich neugierig bin. Dass Sie, wenn ich die Berichterstattung richtig gelesen habe, innerhalb einer Woche sichere Transportrouten finden wollen und dann per Erlass Sicherheit für die Kreise schaffen, ist sicherlich ein löblicher Ansatz. Aber welche konkreten Tatsachen und Hinweise haben Sie denn, dass es solche sicheren Transportrouten überhaupt gibt, und was passiert, wenn Sie die nicht finden?

Das ist der Anspruch, der gemeinsam von den betroffenen Kreisen, den Exporteuren und auch von uns als Land formuliert worden ist, nämlich dass wir gemeinsam Wege finden, wie wir Empfehlungen für die Veterinäre aussprechen können und welche Routen nicht etwa sicher, aber eben frei von jeglichen Hinweisen sind, dass dort tierquälerische Zustände herrschen. Das ist eine wichtige Handreichung für die Veterinäre und Veterinärinnen, die diese Arbeit selber nicht leisten können.

(Minister Jan Philipp Albrecht)

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dolgner?

Natürlich.

Was passiert denn, wenn es diese Routen nicht gibt? Was ist dann die Lösung für den Interessenausgleich? Haben Sie da einen Plan B, oder bewundern Sie dann das Problem und überlassen die Lösung den Veterinären?

- Anders als alle anderen Bundesländer haben wir zumindest diesen Schritt getan und den Versuch gestartet, die Bedingungen deutlich zu verbessern. Die allermeisten Bundesländer lassen die Transporte so genehmigen, wie sie derzeit laufen. Ich denke, es ist es allemal wert, den Versuch zu starten. Schauen Sie doch erst einmal, ob es uns gelingt, diese Routen festzulegen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Kai Dolgner [SPD] möchte eine weitere Zwischenfrage stellen)

Herr Kollege, das Verfahren ist so, dass man eine Nachfrage stellen und sich danach zu einem Kurzbeitrag melden kann. Bei dem Verfahren würde ich gern bleiben.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Okay!)

Herr Minister, Sie haben wieder das Wort.

Wir als Land arbeiten tatsächlich daran, durch rechtliche Klarstellungen, aber auch durch solche gemeinsamen Vereinbarungen Sicherheit für die Veterinärinnen und Veterinäre im Land zu schaffen. Diese Sicherheit müsste eigentlich der Bund schaffen. Deswegen werden wir aufgrund weiterer Prüfungen durchaus Klarheit in dieser Richtung einfordern.

Zentrales Anliegen ist jetzt, das Wohl der Tiere endlich auf die Agenda zu bringen. Das ist das Entscheidende. Deshalb ist es auch richtig, dass das Europäische Parlament kürzlich genau dazu eine entsprechende Entschließung verabschiedet hat. Es wäre absolut richtig, wenn Bund und Länder gemeinsam - da erwarte ich auch das Handeln der Bundesministerin - diese Initiative aufgreifen und

aus Deutschland heraus daran arbeiten würden, dass die Regeln aus der EU-Transportverordnung angepasst werden und die Bedingungen in den Drittstaaten konkret mit in Betracht gezogen werden können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden auch weitere Initiativen in Richtung Bundesregierung ergreifen. Klar ist für uns aber: Im Land Schleswig-Holstein arbeiten wir gemeinsam mit allen Beteiligten daran, dass die Bedingungen für unsere Tiere auch bei den Transporten gut sind. Wir können davon ausgehen, dass auch in Zukunft keine Transporte von Schleswig-Holstein ausgehen werden, die unter tierquälerischen Bedingungen stattfinden oder solche Länder als Ziel haben, in denen derartige Zustände herrschen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgen- stein [fraktionslos])

Vielen Dank. Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um dreieinhalb Minuten überschritten. Das heißt, diese Redezeit steht jetzt den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen zusätzlich zu den fünf Minuten zur Verfügung. Der Erste, der davon Gebrauch machen kann, ist der Abgeordnete Flemming Meyer für die Abgeordneten des SSW.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Jeder Transport von lebenden Wirbeltieren unterliegt strengen Reglungen, und zwar sowohl nationalen als auch internationalen Regelungen. Für Mitgliedstaaten der EU gilt: Für einen Transportweg von mehr als 65 km benötigen Transportunternehmen eine Zulassung der zuständigen Behörden. Die Zulassung erhält nur, wer nachweisen kann, dass er ausreichendes und qualifiziertes Personal sowie die notwendige Ausrüstung dabei hat. Für Langstrecken, also bei einer Dauer von mehr als acht Stunden, gelten zusätzliche Kriterien, sowohl Befähigungsnachweise für Fahrer und Betreuer als auch bestimmte Zulassungsnachweise für die Transportmittel. Bei Transporten durch mehrere EU-Mitgliedstaaten, die über acht Stunden hinausgehen, gelten darüber hinaus zusätzliche und strengere Regelungen. Das heißt, wir haben hier eine ganze Reihe verschiedener Zulassungskriterien, je nachdem, wie lange und wohin die Tiere transportiert werden.

So weit ist scheinbar alles für den EU-Binnenmarkt geregelt. Zusätzlich gilt, dass für Nutz- und Zuchtti

ere in bestimmten Staaten außerhalb der EU besondere Genehmigungen zu erteilen und Vorlaufzertifikate auszustellen sind. Auch hier gibt es also Vorschriften, die einzuhalten sind. Aber diese Vorschriften sind nur so gut, wie sie auch befolgt werden; wichtig ist dabei auch die Frage, wie diese kontrolliert und wie Verstöße gegebenenfalls sanktioniert werden.

Damit sind wir nun wirklich beim Problem: Der Stein ist durch Medienberichte ins Rollen gebracht worden - und durch den Aufsatz in einer Fachzeitschrift für Amtstierärzte. Darin wird beschrieben, wie Nutz- und Zuchttiere teilweise unter qualvollen Bedingungen ins EU-Ausland transportiert und letztendlich mit tierquälerischen Praktiken geschlachtet werden. Solche Zustände sind nicht nur kritikwürdig; sie sind nicht akzeptabel.

(Beifall Lars Harms [SSW], vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Annabell Krämer [FDP])

Gerade darum steht die Frage im Raum, inwieweit sich Tierärzte mit der Erteilung einer solchen Transportgenehmigung strafbar machen. Mehrere Kreise in Schleswig-Holstein haben nach und nach die Erteilung der notwendigen Vorlaufatteste für Rindertransporte eingestellt - wie wir gehört haben, waren es vier an der Zahl.

Es gibt juristische Zweifel, ob sich die Veterinäre der Beihilfe zur Tierquälerei schuldig machen, wenn sie Transporte ins EU-Ausland genehmigen, und zwar in solche Staaten, in denen die Schlachtung nicht den EU-Standards entspricht oder in denen gegen Tierschutzaspekte verstoßen wird. Ich muss sagen: Ich habe sehr großen Respekt vor der Entscheidung der handelnden Kreistierärzte. Meiner Meinung nach handeln sie aus tierschutzfachlicher Sicht absolut richtig.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Annabell Krämer [FDP])

Das nützt aber nichts, solange die Gesetze und Verordnungen so sind, wie sie sind. Auch der Erlass des Ministeriums, der zur Rückendeckung der Tierärzte gedacht war, wurde mittlerweile vom Gericht gekippt und damit leider zum zahnlosen Tiger degradiert. Gelöst wurde das Problem durch die Entscheidung in Schleswig aber nicht; dies wurde nur nach Niedersachen verschoben. Das ist bedauerlich; denn unsere Tierärzte fühlen sich in dieser Sache immer noch allein auf weiter Flur - zumal ihnen jetzt die rechtliche Rückendeckung für ihr Handeln fehlt. Hier brauchen die Kreistierärzte endlich Klarheit. Ich sage noch einmal: Hut ab vor der Courage

des Kreises Steinburg, der bis auf Weiteres keine Tiertransporte von Nutz- und Zuchttieren in bestimmte Staaten außerhalb der EU genehmigen wird

(Beifall Lars Harms [SSW], vereinzelt SPD und FDP)

und auch keine Vorlaufzertifikate ausstellt. Doch wie lange kann der Landrat diese Position noch aufrechterhalten?

Je mehr ich mich mit diesem Thema befasse, desto deutlicher wird für mich, dass wir es hier mit einem Problem zu tun haben, bei dem unsere Gesetze einfach nicht mehr richtig greifen. Sie laufen ins Leere - auf Kosten der Tiere. Nur weil sich etwas außerhalb unserer Rechtsgewalt befindet, dürfen wir doch nicht die Augen davor verschließen. Daher fordern wir, dass es in dieser Sache eine bundeseinheitliche Lösung geben muss. Bis dahin setzen wir uns weiter für Ausfuhrstopps in tierschutzrechtlich problematische Staaten ein.

Dies gilt nach unserer Auffassung sowohl für Nutzals auch für Zuchtrinder. Denn inwieweit unsere Schwarz-Bunten für die heißen Regionen geeignet sind und ob sie unter den dortigen klimatischen Bedingungen überlebens- und vermehrungsfähig sind, ist äußerst fraglich. Auch in diesen Fragen geht es um den Tierschutz.

Generell hat sich der SSW bereits seit Langem dafür ausgesprochen, dass die Transportzeiten für lebende Tiere zu verkürzen sind. Wir vertreten weiterhin die Auffassung, dass Transportzeiten von acht Stunden viel zu lang sind. Aber uns ist auch klar, dass es ein langer und schwieriger Weg ist, bis dies wirklich geändert wird. Das von uns verfolgte Ziel ist ein möglichst guter Tierschutz; ein erster Schritt dahin wären kürzere Transportzeiten. Eine Verkürzung der Transportzeiten hätte zudem den Vorteil, dass vor Ort wieder Schlachtkapazitäten benötigt werden. Wir sehen dabei also auch die Möglichkeit, durch die Veredelung vor Ort regional neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Aber in erster Linie geht es hier um den Tierschutz; dieser steht für uns im Vordergrund. - Jo tak.

(Beifall Lars Harms [SSW], vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Heiner Rickers.

(Flemming Meyer)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Albrecht und mein lieber Kollege Flemming Meyer - da läuft er -, ich bin Ihnen dankbar für die klare Aussage, dass wir uns im Ziel einig sind. Wir alle wollen möglichst gute Tierschutzstandards umgesetzt wissen, vor allem wenn es darum geht, dass wir unsere Tiere aus Schleswig-Holstein in andere Länder verkaufen oder verbringen, wenn wir mit ihnen Handel treiben oder sie vielleicht auch verschenken. Am Ende ist es wichtig, dass unsere Standards dort gelebt werden in der Hoffnung, dass dies dann auch so passiert. Wir sind also dankbar, dass Sie, Herr Minister, heute hier Ihren Bericht gegeben haben.

Trotzdem gibt es der Praxis einige Dinge, die vielleicht ganz anders laufen, als es im Moment durch die Presseberichterstattung vermittelt wird. Auch bei meinen beiden Vorrednern ist ein solcher Anschein möglicherweise erweckt worden. Es geht um die Umsetzung des Tierschutzes als höchstes Gut und um Rechtssicherheit für alle, die in diesem System Tiere produzieren, die mit ihnen handeln, sie exportieren, die Tiere transportieren oder sie letztendlich in diesen Zielorten annehmen und dort dann auch halten. Wenn diese Tiere dort keiner weiteren Nutzung mehr zugeführt werden können und geschlachtet werden, dann müssen ebenfalls die Standards umgesetzt werden; da sind wir uns alle einig.

Aber in der Presseberichterstattung der letzten Wochen ist manches von dem, was in Schleswig-Holstein betrieben wird, nicht richtig dargestellt worden. Ich will versuchen, dies ein Stück weit aufzuklären, und ich möchte gern auch dazu beitragen, dass ein gewisses „Bauern-Bashing“, das in der Presseberichterstattung betrieben wird, sowie auch ein Bashing von Exporteuren, vornehmlich des Unternehmens Rinderzucht Schleswig-Holstein, ein Stück weit entkräftet werden kann.

Wir alle haben Anspruch auf Rechtssicherheit; wir alle haben aber auch Anspruch auf eine objektive Berichterstattung. Tatsächlich ist es so, dass es aus Schleswig-Holstein in den letzten - gefühlt - 25 Jahren fast keinen Schlachtviehexport in Drittländer gegeben hat. Es handelte sich vielmehr immer nur um Zucht- und Nutzvieh. Beschränkt hat sich das darauf zielt auch diese Debatte ab - zudem vornehmlich auf Rinder, insbesondere auf weibliche Rinder.

Es geht darum, dass weiblichen Rinder, die ein Kalb im Bauch tragen, exportiert wurden und nach wie vor exportiert werden sollen, und zwar in Län