Protokoll der Sitzung vom 07.03.2019

Es geht darum, dass weiblichen Rinder, die ein Kalb im Bauch tragen, exportiert wurden und nach wie vor exportiert werden sollen, und zwar in Län

der, in denen diese weiblichen Rinder dann zukünftig auch gemolken und der Zucht zugeführt werden, sodass sie wieder Kälber bekommen. Sie sollen sich vermehren, damit dort Rinderzucht und Milchviehhaltung betrieben beziehungsweise eine solche aufgebaut oder aufrechterhalten werden kann.

Das ist das Kernziel gewesen, und das ist in der aktuellen Diskussion - ich verweise auf die 21 Rinder, die gerade aus dem Kreis Steinburg in Richtung Marokko verkauft werden sollten - nach wie vor Kern der Debatte. Es sind keine Schlachtrinder; es geht nicht um schlechte Bilder aus Schlachthöfen mit Rindern aus Schleswig-Holstein. Es geht nicht um einen Schlächtertransport, sondern um hochwertige Nutz- und Zuchtrinder - weiblich, tragend -, also um Kühe.

Diese Kühe werden aus Schleswig-Holstein exportiert. Daran kann man an sich nichts Verwerfliches feststellen; denn das sind ausgezeichnete Rinder höchster Qualität. Bisher ist es immer so gewesen, dass, wenn ein Rinderzüchter seine Tiere über das genannte Unternehmen exportieren durfte, dies auch in Kreisen von Rinderzüchtern als eine Art Qualitätsmerkmal oder sogar als Auszeichnung galt. Wer Exportrinder verkaufen konnte, der hat etwas besser gemacht als andere Rinderhalter. Denn das sind ganz hervorragende Tiere gewesen, die mit einem Extrapreis - vielleicht auch weit gefahren für besondere Haltungsbedingungen - nämlich für gute Bedingungen - in ein Zielland exportiert wurden, um dort genutzt zu werden - um dort also gemolken zu werden oder auch, damit sie sich dort vermehren können.

Daran ist, wie gesagt, nichts Verwerfliches. Deswegen ist es schade, dass wir nun ein Stück weit zu einem Bashing der Beteiligten im System gekommen sind. Das versuche ich hier, ein Stück weit glatt zu ziehen; ich hoffe, dass mir das in einem ersten Schritt schon ein wenig gelungen ist.

(Beifall CDU und FDP)

Ich will auch noch einmal sagen, dass es sich nicht um ein Massenphänomen handelt, sondern wirklich nur um Ausnahmen. Denn aus Schleswig-Holstein sind in den letzten Jahren im Höchstfall 2.000 Tiere in Nicht-EU-Staaten, sogenannte Drittstaaten, exportiert worden; es waren tatsächlich höchstens 2.000 Tiere jährlich. Rund 1.000 davon kamen über den Kreis Rendsburg-Eckernförde aus dem in der Presse genannten Stall aus Dätgen; sie wurden dort gesammelt und dann exportiert. Daneben gab es 1.000 Tiere, die nicht direkt aus Schleswig-Holstein, sondern über andere Bundesländer exportiert

wurden, die also zunächst beispielsweise nach Niedersachsen oder nach Mecklenburg-Vorpommern kamen, um von dort dann weiter in Drittstaaten verbracht zu werden.

In den letzten Jahren waren das also vielleicht durchschnittlich 2.000 Tiere. In Schleswig-Holstein werden aber jährlich rund 500.000 Kälber geboren. Sie können sich ausrechnen, wie viel Prozent das tatsächlich sind, und Sie kommen auf einen Prozentsatz von 0,5, wenn überhaupt. Das ist also nicht viel.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Es ist also kein Massenphänomen, sondern eher eine Ausnahme, was nicht heißen soll, dass diese Tiere nicht zu unseren Standards, also höchsten Tierschutzansprüchen genügend, gefahren und letztendlich gehalten werden sollen. Über Jahrzehnte ist es dem genannten Unternehmen durchaus gelungen, über Handelsbeziehungen ein gewisses Vertrauen aufzubauen, die Transporte zu kontrollieren - das kann auch online mit GPS-Überwachung geschehen - und festzustellen, dass diese Tiere am Zielort nicht schlecht behandelt werden. Denn was will man am Zielort? Man will diese Qualitätstiere entsprechend nutzen. Man möchte sie melken oder Nachkommen von diesen Tieren bekommen. Sie sind hochpreisig, und deshalb ist dem Käufer daran gelegen, dass diese Tiere im besten Zustand den Zielort erreichen.

(Beifall CDU und FDP)

Allein das führt in dem System dazu, dass es eine Selbstkontrolle gibt. Das ist relativ einfach zu beschreiben. Wer ein hochpreisiges Tier kauft und möchte, dass es unversehrt bei dem Käufer ankommt, der tut doch alles dafür, dass die Transportbedingungen so sind, dass dieses Tier in bester Qualität angeliefert wird. Sonst wird nämlich reklamiert und nicht bezahlt.

(Beifall CDU und FDP)

Also gibt es ein Stück weit diese Selbstkontrolle. Nun ist die Frage, wie wir mit dem Thema umgehen, wenn wir öffentlich schlechte Bilder vornehmlich aus Schlachthöfen sehen. Die Frage ist nicht unberechtigt - und da komme ich ein Stück weit zurück auf die Debatte vom gestrigen Tag: Religionsfreiheit, Verschleierungsverbot - wie gehen wir mit all diesen Dingen um? Schauen wir einmal auf die Liste der Staaten, die gegebenenfalls zukünftig ausgeschlossen werden können oder bei denen es politisches Ziel sein könnte, sie zukünftig auszuschließen - nicht vom Transport, sondern als Zielort für

unsere Zucht- und Nutzrinder. Wir können den Eindruck erwecken - und davor warne ich unbedingt -, dass wir das nicht aus religiösen Gründen ein Stück weit schüren und behaupten würden, dort werden diese Tiere nicht art- und tierschutzgerecht behandelt.

Fragen Sie einmal Fachkundige aus diesen Ländern, fragen Sie Leute, die aus der Türkei stammen, und fragen Sie diese direkt, ob sie damit einverstanden sind, dass wir aus Schleswig-Holstein beurteilen können, ob die Tiere dort unten tierschutzkonform gehalten und - wenn sie nicht mehr genutzt werden - am Ende tierschutzkonform geschlachtet werden. Da werden Sie unterschiedliche Antworten bekommen. Aber Sie können sicher sein, dass in einem großen Staat wie der Türkei mit immerhin 80 Millionen Einwohnern nicht alles falsch gemacht wird, was das angeht.

Wenn Sie auf das Thema Religionsfreiheit und Religionsausübung kommen, werden Sie mir hoffentlich recht geben, dass wir uns nicht anmaßen sollten zu entscheiden, ob die Tiere, die wir dorthin liefern, die gut gehalten und genutzt werden, tatsächlich nach dortigen religiösen Vorstellungen geschächtet werden dürfen oder nicht. Wir sollten keinen Keil hineintreiben, sondern dafür sorgen, dass die Debatte wieder ein Stück weit sachlicher wird, dass wir dafür sorgen, Rechtssicherheit für alle Beteiligten herzustellen. Deshalb hoffe ich, dass wir in der Ausschussberatung so weit kommen, Lösungen zu finden, und bedanke mich herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Kirsten Eickhoff-Weber.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Minister, Sie haben einen Bericht gegeben. Das Erhellende, das wir uns davon versprochen haben, hat es nicht gegeben. Seit Jahren sehen wir immer wieder schreckliche Bilder von Tiertransporten in Deutschland, in der EU und besonders bei den Langstreckentransporten in Drittländer. Wir reden über das gesamte Thema der Tiertransporte und nicht nur über einen kleinen Ausschnitt. Immer wieder gibt es erschütternde Berichte über grausame Tiermisshandlungen im Zusammenhang mit der Schlachtung - das wissen Sie -, auch in Schleswig-Holstein, in Deutschland, in Europa und in Drittländern.

(Heiner Rickers)

Seit Jahren diskutieren wir in den Parlamenten über die Missstände, und wir versichern uns immer wieder: Wir sind alle für Tierschutz. Wir wollen das nicht. Wir müssen da einen Riegel vorschieben. Sicher, einiges wurde erreicht, und ein Großteil der Transporte - Heiner Rickers hat es gesagt - findet nach den Regeln der Tiertransportverordnung statt. Auch in den Schlachthöfen hat sich eine Menge getan. Dennoch ist die Reihe der eklatanten Tierschutzverstöße viel zu lang. Es wird zu wenig kontrolliert. Es werden zu wenige Konsequenzen gezogen, und noch immer gibt es großes Leid für Nutztiere. Tiertransporte und Schlachten - das sind Themen, da schauen wir schon viel zu lange weg.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD)

Das ist unangenehm. Das ist nicht schön. Selbstkontrolle erspart uns, den Bürgerinnen und Bürgern, den Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Blick in dieses schwierige Gewerbe. Aber Selbstkontrolle hilft nicht weiter.

Ganz ehrlich: Es ist beeindruckend, dass sich Amtsveterinäre und Amtsveterinärinnen mit der Rückendeckung ihrer Landräte in Bayern und in Schleswig-Holstein, voran Rendsburg-Eckernförde und Steinburg, jetzt so deutlich positionieren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Davor habe ich großen Respekt; denn es braucht genau diese Zeichen vor Ort, diese Zeichen für den Tierschutz, damit sich endlich etwas bewegt.

Der Presse mussten wir entnehmen, Herr Minister, dass sich der Landrat von Steinburg bereits Ende 2017 beim zuständigen Ministerium um Klärung im Zusammenhang mit Tierschutzaspekten bei Langstreckentransporten und Missständen in den Zielländern bemüht hat. Es gab keine Reaktion. Er hat keine Antwort bekommen.

Jetzt so zu tun, als würden Sie auf einmal das große Thema für sich entdecken, trifft die Sache einfach nicht. Bereits 2017 ist in der EU auf Antrag des Agrarausschusses das gesamte Thema Tiertransporte auf den Tisch gekommen. Wir wissen, dass die Agrarministerkonferenzen schon lange darüber diskutieren. Da hätte man wirklich einmal einfordern müssen und nicht warten, bis die Diskussion an diesem Punkt angekommen ist.

Im Januar verschickte das MELUND kommentarlos den Artikel von Maisack und Rabitsch zur Genehmigung langer grenzüberschreitender Transporte.

Der Jurist und der Veterinär kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Amtstierärzte nach dem Tierschutzgesetz strafbar machen, wenn sie Nutztiere auf einen Transport schicken, von dem sie nicht wissen, ob die Tierschutzbestimmungen auf der gesamten Route eingehalten werden und ob diese Tiere im Zielland unter Qualen geschlachtet werden.

Die Europäische Tierschutzverordnung sieht vor, dass alle Missstände, alle Probleme, alle Stationen gemeldet werden müssen. Nur kommen diese Meldungen nur sehr unzureichend. Wir wissen nicht, auf welchen Routen was passiert. Aus Dokumentationen und Berichten wissen wir aber von den schrecklichen Bedingungen, die zum Teil herrschen. Die Amtstierärzte, die Amtsveterinäre müssen also davon ausgehen, dass es gerade auf den Langstreckentransporten problematische Situationen gibt.

Es kann nicht sein, dass ein Ministerium einen Artikel verschickt und nicht von sich aus als oberste Aufsichtsbehörde tätig wird. Es gibt doch eine Dienstpflicht, die Sie auffordert, sich vor die nachgeordneten Vollzugsbehörden zu stellen, wenn es ernst wird, die Fragen mit Ihnen gemeinsam zu klären. Aber da ist nichts passiert, bis es endlich an die Presse kam.

Wir fordern daher in unserem Antrag, die zuständige Abteilung personell so auszustatten, dass die Pflichterfüllung einer obersten Behörde sachgerecht und vollumfänglich sichergestellt wird.

(Beifall SPD)

Wir dürfen die Aufgaben nicht ans Ehrenamt wegdrücken. Ich habe großen Respekt vor dem ehrenamtlich berufenen Vertrauensmann Tierschutz in der Landwirtschaft

(Zuruf CDU - Zuruf SPD: Hören Sie doch erstmal zu!)

für Nutztiere. - Ich bin jetzt dran, okay? - Ich habe großen Respekt vor dem ehrenamtlich berufenen Professor Schallenberger. Der macht echt einen superguten Job. Aber er kann die gesetzlichen Aufgaben nicht übernehmen. Er kann keine Verordnungen und Erlasse auf den Weg bringen, genauso wenig wie die Tierschutzbeauftragte, der Tierschutzbeirat oder der Runde Tisch für Tierschutz in der Nutztierhaltung. All diese Dinge brauchen eine professionelle Unterstützung durch gutes Personal im Ministerium.

(Werner Kalinka [CDU]: Das ist schon harter Tobak!)

(Kirsten Eickhoff-Weber)

Nach erheblichem Drängen wurde am 25. Februar 2019 ein Exportverbot verfügt, das am 25. März 2019 ausläuft. Jetzt rufen Sie nach der Bundesministerin. Sorry, das ist ein unverantwortliches Ablenkungsmanöver. Seit 2017 ist das konkrete Problem in Ihrem Haus bekannt.

(Ole-Christopher Plambeck [CDU]: Was ha- ben Sie bis 2017 gemacht?)

Nichts ist passiert, und jetzt geben Sie den Durchlauferhitzer.

Aus der Presse haben wir erfahren, dass am Runden Tisch gestern Perspektiven für bessere Kontrollen der Transportbedingungen geschaffen wurden und dass der Informationsfluss besser werden soll. Das, was ich von den Ergebnissen des Runden Tisches mitbekommen habe, sind die Dinge, die in der Europäischen Tiertransportverordnung bereits geregelt sind. Ich bin echt sprachlos,

(Lachen CDU - Werner Kalinka [CDU]: Das wäre auch besser gewesen! - Zuruf CDU: Das wäre schön!)

was für Ergebnisse dieser Runde Tisch gestern gebracht hat.

Wichtig ist, dass wir auf allen europäischen Ebenen weiter nicht nur über Tiertransporte diskutieren, sondern eben auch entscheiden. Der Einsatz lohnt sich. Entsprechend einem Bundesratsbeschluss von Dezember 2009 verhandelt das BMEL keine Veterinärzertifikate mehr zur Ausfuhr von Mast- und Schlachttieren beziehungsweise hat bestehende entzogen. Es gibt also keine Schlachttierexporte aus Deutschland mehr in außereuropäische Drittstaaten. Damit hat sich der Antrag der AfD von selbst beerdigt. Wir müssen darüber gar nicht mehr reden.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Allerdings brauchen wir Regelungen im Umgang mit den Zuchttieren, damit ein verkappter Schlachttierexport, der ja an vielen Stellen vermutet wird, entweder aufgedeckt oder verhindert wird. Die Bundesregierung setzt sich für eine EU-weite Begrenzung von Schlachttierexporten auf acht Stunden ein. Das muss auch für die Zuchttierexporte gelten. Im Landwirtschaftsausschuss des Bundestages hat im letzten Jahr eine öffentliche Anhörung stattgefunden. Da gab es Ergebnisse. Die Agrarministerkonferenz hat Forderungen aufgestellt. Das Europaparlament hat am Valentinstag, am 14. Februar 2019, eine konsequente Umsetzung der bestehenden EU-Regeln und eine Überarbeitung gefordert. Der Minister in Schleswig-Holstein hat Dinge

gefordert. Ich glaube, das haben wir alles in unserem Antrag zusammengefasst.