Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin einer der Abgeordneten, die eigentlich gar nicht in diesem Haus sein sollten. Auf Listenplatz 31 gesetzt, war meine einzige Möglichkeit, direkt zu gewinnen.
Wenn ich mir vor Augen halte, dass mir das bei einer gesetzlichen Regelung nicht möglich wäre, dann - dafür haben Sie vielleicht Verständnis - lehne ich diese ab.
Meine Damen und Herren, durch ein Überhangmandat der CDU ist sogar eine Frau - nach meiner Kenntnis - ins Landesparlament gekommen.
Aber es muss immer noch so sein, dass der Respekt vor dem Wähler der Maßstab ist und dass die Wähler entscheiden, wer ins Parlament gewählt wird.
Lars Harms hat die Realität im SSW aufgezeigt: 50 % Frauen bei euch, aber im Landtag habt ihr nur ein Drittel Frauen. Warum? Weil Lars Harms und Flemming Meyer zwei tolle Kollegen sind, die tüchtig sind, und deswegen zunächst einmal natürlich nicht gerne freiwillig verzichten. Das ist doch ganz logisch. So ist die Lage.
Ich will einen weiteren Punkt hinzufügen: Ich bin zum ersten Mal 1978 CDU-Kreisvorsitzender geworden, vor 41 Jahren. Wir haben in 41 Jahren bei uns in Plön in der CDU nicht einmal ein Problem mit Frauen gehabt. Wenn wir mehr Frauen haben, ist das herzlich willkommen, und wenn wir nicht so viele haben, muss man das auch respektieren. Diese Wahlfreiheit sollten Sie allen Parteien als Selbstverständlichkeit geben und nicht gar als Zugeständnis.
Meine Damen und Herren, die Bundesvorsitzenden von CDU und SPD sind Frauen. Wir haben seit 16, 17 Jahren eine Kanzlerin, eine Frau.
Lassen Sie mich noch einen Gesichtspunkt hinzufügen: Ein Parlament muss das Spiegelbild der Gesellschaft sein.
Auch dazu hat Lars Harms etwas sehr Kluges ausgeführt: Wir müssen alle Altersgruppen der Bevölkerung berücksichtigen.
Wir brauchen uns über mangelnde Akzeptanz gar nicht zu wundern, wenn wir meinen, wir könnten vorweg festlegen, wer in ein Parlament kommt. Dann brauchen wir uns überhaupt nicht wundern, dass Frust bei denen aufkommt, die dann überhaupt gar keine Chance mehr hätten.
Wer es wirklich ernst meint mit der Möglichkeit, jedem die Chance zu geben, in ein Parlament zu kommen,
seine Meinung zu sagen und sich einzubringen, der muss zumindest Respekt vor den Leuten haben, die kandidieren, und wenn sie gewählt werden, dies auch akzeptieren, und Respekt vor den Wählern in dieser Frage haben. Anders geht das überhaupt nicht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, man muss jetzt schon fast ein bisschen aufpassen, dass das Ganze, was hier passiert, nicht einen Slapstick-Charakter bekommt.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz deutlich, dass ich lange Zeit meines Lebens eigentlich gar keine Quotenfreundin war - in Anführungsstrichen.
Als ich bei der Polizei begann, 1988, waren wir in meiner Lehrgruppe vier Frauen und 21 Männer. Ehrlich gesagt: Es hat mich nicht gestört. Aber fast 30 Jahre bei der Polizei haben mir gezeigt, welch positive Veränderungen es bringt, wenn sich irgendwann das Verhältnis von Männern und Frauen in der Anzahl der diensttuenden Kolleginnen und Kollegen angleicht. Heute ist das der Fall.
Lieber Herr Koch, Sie haben recht, dass Unterrepräsentanz keine Diskriminierung ist. Ich habe mich hier jetzt noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich finde, dass diese Debatte eines ganz deutlich gezeigt hat: Die Frage der Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten und in der Gesellschaft insgesamt, ihre Sichtbarkeit, ist eine Frage von Haltung und nicht von Recht. Ich habe aus Ihren Reihen gehört, man dürfe die Verfassung nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, man habe große Zweifel, dass dieses Ziel überhaupt erreichbar sei. - Herr Loose hat das Plenum ja leider schon verlassen.
Ich hätte ihm an dieser Stelle gerne versichert, dass man auch als Frau einen Wahlkreis direkt gewinnen kann. Das ist also keine Frage von Listenrepräsentanz.
Ich finde, die Art und Weise, in der die Debatte hier geführt wird, macht eines deutlich: Die Haltungsfrage, die die CDU ganz offensichtlich mit der Frauenfrage verbindet, zeigt sich an dem Verhalten von Herrn Lehnert, wenn Frau Touré spricht, meine Damen und Herren.
Wenn man sich demonstrativ bei dem Redebeitrag von Frau Touré umdreht und erst dann wieder das Parlament anguckt, wenn Herr Vogt ans Rednerpult tritt,
und wenn das zweimal passiert, nämlich auch, als Frau Touré sich noch einmal zu Wort gemeldet hat, dann spricht das Bände.
(Werner Kalinka [CDU]: Das ist ganz unver- schämt! Das ist diskriminierend, was Sie ma- chen! - Zuruf CDU: Da sieht man, wozu eine Quote führt! - Martin Habersaat [SPD]: Das war der Zwischenruf, auf den wir gewartet haben!)
Ich möchte, dass jetzt derjenige spricht, der den nächsten Kurzbeitrag hält, beziehungsweise diejenige, die den nächsten Kurzbeitrag hält. Das ist die Abgeordnete Marlies Fritzen.
(Werner Kalinka [CDU]: Selbst im Parlament wird man beurteilt, ob man nach vorne guckt oder nach hinten! Peinlich! Gucken Sie mal in Ihren eigenen Reihen, wie die gucken!)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ich glaube, dass es nicht darum geht, dass wir uns gegenseitig fragen oder zuschreiben, wer persönlich frauenfeindlich ist. Ich glaube, wir sollten uns darüber unterhalten, dass es eine strukturelle Frauenfeindlichkeit gibt.