Protokoll der Sitzung vom 29.03.2019

Ich lasse dann abstimmen über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/1387. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

Zu d, Bericht der Landesregierung. Überweisen oder erledigt?

(Zuruf CDU: Überweisung!)

Ich lasse daher nun abstimmen zu Bericht der Landesregierung, Drucksache 19/1371. Es ist beantragt worden, diesen Bericht dem Europaausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist das einstimmig so angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Reaktivierung der Bahnstrecke Kiel-Schönberger Strand fortsetzen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1369

Verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen und Ursachen für Kostensteigerung ermitteln

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1386

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Als das Thema der Reaktivierung der Bahnstrecke Kiel-Schönberger

Strand intensiver in den Medien Anklang fand, wurde mir von einem Bürger, der dort sehr aktiv eintritt, ein Foto vom Schönberger Strand aus den 20er-Jahren zugesandt, das ein Bild zeigt, welche Menschenmassen dort damals die Bahn benutzt haben. Dass wir uns heute nicht mehr über diese Menschenmassen unterhalten, ist mir klar.

Nichtsdestotrotz hat mir das gezeigt, dass dieses Thema viele Menschen in der Region bewegt, was sich in der Medienberichterstattung wiederspiegelt. Ich begrüße noch einmal Peter Kokocinski, der sich auch ebenfalls dazu öffentlich erklärt hat und sich genauso wie die anderen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Region gemeinsam mit der Landrätin intensiver mit dem Thema befasst und sich an die Medien gewandt hat. Der Plöner Kreistag hat mit einer Zweidrittelmehrheit eine Resolution dazu verabschiedet. Alle eint die Angst, die Landesregierung könnte aus einem seit Jahren beschlossenen Projekt aussteigen.

Das aktuelle Problem ist eine prognostizierte Kostensteigerung. Seien wir doch einmal ehrlich: Ich kenne kein Infrastrukturprojekt der jüngeren Zeit, bei dem die Kosten stabil geblieben wären.

(Beifall Bernd Heinemann [SPD])

Gestern haben wir uns hier einvernehmlich über die S 4 ausgetauscht. Doch die prognostizierten Kosten bei der S 4 von ursprünglich angenommenen 350 Millionen € sind mittlerweile auf mehr als 1 Milliarde € angestiegen.

Wie ist das nun bei der Strecke Kiel-Schönberger Strand? Aktuell wird hier über 50 Millionen € gesprochen; ursprünglich waren es 35 Millionen €. Das ist eine Kostensteigerung von 42 %, die wirklich mehr als ärgerlich ist. Die Kostensteigerungen treffen aber derzeit alle öffentlichen und privaten Bauten. Die Bauhochkonjunktur fordert hier leider ihren Tribut. Zudem gibt es im Gegensatz zur ursprünglichen Planung zwei zusätzliche Bahnhalte und nun bei einem Teilstück einen sandigen Untergrund.

Aber wir müssen auch ehrlich sein. Wir können nicht überall den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV fordern und dann, wenn es darauf ankommt, nicht bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen.

Die Kollegin Eka von Kalben äußerte erst Anfang der Woche, dass die Grünen weiter am Ausbau der Strecke Kiel-Schönberger Strand festhalten wollten. Ich dachte erst: Schön, dass die Grünen nicht bei einem weiteren Projekt aussteigen und hier Haltung bewahren. Dann kam Ihr Antrag. Darin steht nun,

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

dass Sie erst eine weitere Wirtschaftlichkeitsüberprüfung benötigen. Hier verdrückt sich die Koalition nun komplett in die Büsche und zögert eine klare Aussage hinaus. Eine Bestätigung für das Projekt ist das nicht.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Nein, mit dieser erneuten Wirtschaftlichkeitsprüfung stellen Sie das Projekt infrage, und das darf es nicht sein.

(Beifall SPD)

Auch am 7. März haben wir hier über das Thema Schienenpersonennahverkehr diskutiert. Der Minister äußerte sich hier wie folgt - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums -:

„Uns eint der Wunsch, mit dem Schienenpersonennahverkehr mehr Menschen auf die Schiene zu bekommen. Dafür sollten wir alles versuchen, was sinnvollerweise zu machen ist.“

(Beifall SPD und CDU)

Alle Kollegen, die jetzt hier auch klatschten, argumentierten ebenfalls für einen Ausbau des SPNV im ganzen Land. Jetzt können Sie Ihren Worten endlich Taten folgen lassen. Stattdessen schwebt nun über dem Projekt Kiel-Schönberger Strand das Damoklesschwert. Dieses Signal ist verheerend.

In der Region um Kiel gibt es derzeit kein so wichtiges Nahverkehrsprojekt wie die Reaktivierung der Strecke Kiel-Schönberger Strand. Dieses Nahverkehrsprojekt bietet für Kiel und den Kreis Plön eine vermutlich einmalige Chance. Für die Strecke KielSchönberger Strand ergibt sich fast eine Halbierung der Fahrzeit. Man geht bei allen Prognosen von vierstelligen Fahrgastzahlen aus, die dann mit der Bahn fahren.

Schönberger Strand hat noch deutliches Potenzial für zusätzlichen Tourismus an einem der schönsten Ostseestrände unseres Landes. In Kiel haben 35.000 Studierende ein Semesterticket, mit dem sie dann kostenfrei fahren könnten.

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

Fünf Gemeinden ohne derzeitigen Bahnanschluss würden deutlich stärker an die Landeshauptstadt angebunden werden. In Kiel herrscht Wohnungsknappheit; auf dem Land sieht das anders aus. Kiel ist akut von Fahrverboten bedroht. Täglich pendeln 17.000 Autos nach Kiel. Die Bahnverbindung KielSchönberger Strand bietet hier viele kluge Lösungsansätze. Die Vorteile überwiegen deutlich. Und Sie

glauben es kaum: Das gibt es nicht umsonst. Nein, dafür müssen Sie auch Geld in die Hand nehmen.

(Beifall Bernd Heinemann [SPD])

Denn innovative Projekte kosten im Nahverkehr immer Geld, sichern aber auch den Klimaschutz.

Wir stehen weiterhin zu der Strecke Kiel-Schönberger Strand. Und dieses Bekenntnis fordern wir heute auch von der Landesregierung. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Lukas Kilian.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, Sie fordern heute einen Blankoscheck für die Reaktivierung der Bahnstrecke Kiel-Schönberger Strand. In Ihrem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, die - ich zitiere -:

„bereits begonnene Maßnahme trotz der Kostensteigerungen im bisher geplanten Umfang zügig weiter umzusetzen“.

Man könnte auch sagen: Zieht es durch, egal, was es kostet.

Kurios in diesem Zusammenhang sind die Behauptungen des Kieler SPD-Oberbürgermeisters Kämpfer in den „Kieler Nachrichten“ vom 13. März 2019. Dort wischt Ulf Kämpfer die Kostensteigerungen mit der Bemerkung weg - ich zitiere -:

„Schon ein Windhauch reicht aus, um den Wirtschaftsminister zum Wanken zu bringen.“

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Schön, dass Sie klatschen. - Dass SPD-Politiker Kostensteigerungen von 42 % mit einem Windhauch vergleichen, zeigt, dass Sozialdemokraten nicht einmal den Hauch einer Ahnung von solider Finanzpolitik haben.

(Beifall CDU und FDP)

Was machen wir also? Wir wollen erst einmal feststellen, warum es zu den Kostensteigerungen kam. Lag es daran, dass man Forderungen nach Planfeststellungsverfahren aus der Region von Anfang an wegschob und die Reaktivierung ohne solide Überprüfung begann? Wie belastbar sind die Zahlen jetzt? Welches sind die Gründe für eine 42-prozentige Kostensteigerung? Ist das Ende der Fahnen

(Kai Vogel)

stange jetzt kostentechnisch erreicht, oder sind die bisherigen Kostensteigerungen Schüsse in die Luft? Müssen wir mit weiteren Kostensteigerungen rechnen?

Wir brauchen hier erst einmal belastbare Fakten, um eine Entscheidung zu treffen.

(Beifall CDU und FDP - Werner Kalinka [CDU]: So sieht es aus!)