Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe in diesem Haus selten eine so deplatzierte polemische Rede gehört wie die der Frau Abgeordneten Raudies.

(Beifall CDU - Beate Raudies [SPD]: Danke für die Blumen!)

Wir lassen uns von Ihnen unsere mitarbeiterfreundliche Haltung nicht zerreden, die übrigens in dem Bericht zum öffentlichen Dienst von vor einigen Monaten deutlich geworden ist. Darin wird unter anderem festgestellt, dass es immer noch gute Bewerberzahlen für den öffentlichen Dienst gibt.

(Beifall FDP)

Herr Kollege Harms, über die Frage, ob das Weihnachtsgeld schrittweise wieder eingeführt wird, haben wir bisher noch keine Entscheidung getroffen. Es ist im Übrigen nicht so, dass überhaupt kein Weihnachtsgeld gezahlt wird.

Wenn Sie, Frau Raudies, sagen, wir sollten den Beamten ins Gesicht sagen, sie seien uns nichts wert, kann ich einfach nur sagen: unverschämt! Wenn Sie sagen, wir hätten nicht mehr als warme Worte übrig, kann ich nur noch einmal sagen: unverschämt! Wenn Sie sagen, wir könnten nicht gönnen, es sei schäbig, fällt mir auch dazu nur das Wort „unverschämt“ ein.

(Beifall CDU und FDP)

Solche Dinge, die Sie hier in den Raum stellen, lassen wir uns im Übrigen auch deswegen von Ihnen nicht sagen, weil es zu Ihren Regierungszeiten nicht immer so war, dass Sie immer alles eins zu eins umgesetzt haben. Erinnern Sie sich einmal an Ihre eigene Regierungszeit, dann werden Sie schnell merken, dass wir auch auf diesem Feld besser sind.

Dicke Backen in der Opposition, eine schwache Leistung in der Regierung: Das merken die Menschen immer. Deshalb sollten Sie ein bisschen

(Lars Harms)

selbstkritischer darüber nachdenken, warum Sie in den Umfragen nur bei 16 oder 17 % stehen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Meine Damen und Herren! Herr Kalinka, geht es auch eine Nummer kleiner? - Wir hatten gestern ein Gespräch mit der GdP. Mit einem Punkt sind wir aus diesen Gesprächen gegangen, das waren diese anteiligen 100 € für die Pensionärinnen und Pensionäre. Ich habe leider auf die Schnelle nicht herausfinden können, wie viele unserer über 30.000 Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger dem ehemaligen einfachen und mittleren Dienst angehören. Für die ist das auch Geld.

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW)

Bei dem, was die Menschen bei diesen Aussagen empfinden, die heute in den unterschiedlichsten Reden gefallen sind - diese kann man im Protokoll nachlesen -, weiß ich schon, was mir die Betroffenen in den nächsten Gesprächen sagen. Das war der Antrieb für uns, diesen Antrag zu stellen. Dass ich hier ein bisschen pointiert rede, das dürfen Sie mir als Opposition nun gerade nicht vorhalten. Vielleicht erkundigen Sie sich einmal beim Ministerpräsidenten, wie er das in der letzten Legislaturperiode gemacht hat.

Es ist müßig, darauf hinzuweisen, aber ich tue es immer wieder gern: Wenn Sie auf die Regierungszeit der Küstenkoalition verweisen, dann dürfen Sie Ihre Finanzministerin gern einmal fragen, wie da die finanziellen Bedingungen waren und wie auch die finanziellen Voraussetzungen für Tarifübernahmen waren. Ich habe ausdrücklich gesagt: Alle Parteien, fast alle Parteien, die hier im Haus vertreten sind und in allen Landesparlamenten und im Bundestag, haben mit den Tarifübernahmen von Angestelltenverträgen für Beamte das eine oder andere zu tun gehabt. Um es einmal so zu sagen: Da hat keiner ein ruhmreiches Blatt hinterlassen.

Insofern gehen wir morgen in die Ausschussberatungen. Wir werden am Freitag dieses Gesetz beschließen. Wie gesagt, vielleicht bin ich ja die Einzige, die die Ankündigung der Regierung zu der Besoldungsreform als den großen Wurf verstanden hat. Klammer auf: In Gesprächen mit den Gewerk

schaften wird mir immer wieder deutlich gemacht, dass man das dort auch so verstanden hat - Klammer zu. Ich warte aber wirklich ganz gespannt darauf, wie Sie mit dem Abstandsgebot und vielen anderen Dingen bei der künftigen Besoldungsstrukturreform umgehen. Dann streite ich mich gern mit Ihnen weiter.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 19/1433 sowie den Änderungsantrag Drucksache 19/1475 an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist einstimmig so beschlossen. Die zweite Lesung des Gesetzentwurfs wird am Freitag aufgerufen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung 12:43 bis 15:04 Uhr)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich begrüße Sie nach der Mittagspause und bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen. Krankgemeldet für den Nachmittag ist der Abgeordnete Christopher Vogt. Wir wünschen von hier aus gute Besserung.

(Beifall)

Der Abgeordnete Claussen hat nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung mitgeteilt, dass er auch heute Nachmittag nicht an der Sitzung teilnehmen kann.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Uploadfilter verbieten - Verträge mit Verwertungsgesellschaften schließen Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1403

Meinungs- und Informationsfreiheit gewährleisten - Uploadfilter verbieten Alternativantrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1474

EU-Urheberrechtsrichtlinie ohne Uploadfilter umsetzen Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1477

(Werner Kalinka)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon unsere letzte Debatte zum Thema Urheberrechtsreform Anfang März hat gezeigt, dass wir uns vom Grundsatz her einig sind: Wir müssen die Urheberrechte im Netz besser schützen als bisher. Urheber haben das Recht auf eine angemessene Vergütung, nicht zuletzt im Internet.

Deshalb müssen auch die großen Plattformen in die Pflicht genommen werden. Es ist ihre Aufgabe, geteilte und geschützte Inhalte zu lizensieren. Dies durchzusetzen, ist auf Basis der geltenden Richtlinie aus dem Jahr 2001 aber kaum möglich. Es ist also völlig richtig, die gesetzlichen Grundlagen an die heutige Zeit anzupassen. Aber für den besseren Schutz von Urheberrechten brauchen wir keine Uploadfilter, im Gegenteil. Wir müssen sie verhindern, weil sie völlig unverhältnismäßig sind und erhebliche Risiken für die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet mit sich bringen.

Noch einmal: Wenn Plattformen alle Inhalte, die Nutzer ins Netz stellen wollen, vorab durchleuchten müssen, schafft das gravierende Probleme. Das Internet, das wir heute kennen und schätzen, würde sich dadurch stark verändern.

Natürlich ist es nicht das Ziel der Reform, Meinungen zu unterdrücken. Deshalb halte ich den Verweis mancher Kritiker auf drohende chinesische oder russische Verhältnisse für unangemessen.

Es steht trotzdem enorm viel auf dem Spiel. Nicht nur die Kreativität und das Publikationsrecht der Nutzer, sondern auch satirische und kritische Inhalte sind durch automatisierte, anonyme Filter akut bedroht. Sie würden außerdem zur Selbstzensur führen, weil Nutzer schon im Vorfeld darauf achten würden, Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Für uns ist deshalb klar, dass auch in Zukunft Menschen über Urheberrechte, künstlerische Freiheit, Satire und Meinungsfreiheit befinden sollen, und eben nicht die künstliche Intelligenz.

Doch ganz offensichtlich überzeugen diese Argumente längst nicht jeden. Bekanntlich hat die europäische Ebene die entsprechende Richtlinie so beschlossen wie von uns befürchtet. Damit sind Uploadfilter und die damit verbundenen Gefahren noch konkreter geworden. Leider wurden die massiven

Proteste nicht zum Anlass genommen, um inhaltlich noch etwas an der Vorlage zu verändern. Auch wenn der umstrittene Artikel 17 der Richtlinie keine explizite Filterpflicht vorsieht, wird der Weg für die Anwendung zumindest klar geebnet.

Nach dem aktuellen Stand tritt damit auch das für uns wichtigste Ziel in den Hintergrund: Nicht das geistige Eigentum von Künstlerinnen und Künstlern wird geschützt, sondern die Interessen der Verwerter und Großkonzerne.

Deshalb bleiben wir dabei: Uploadfilter als Mittel der Urheberrechtssicherung sind der völlig falsche Weg. Und obwohl die Richtlinie beschlossen ist, ist es nach unserer Auffassung noch möglich, sie zu verhindern. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben jetzt zwei Jahre Zeit, diese in nationales Recht umzusetzen. Hier gibt es durchaus Spielräume, die dringend genutzt werden müssen.

Natürlich können wir auf existierende Filtersysteme zur Bekämpfung illegaler Inhalte wie etwa Kinderpornografie nicht verzichten. Die Anwendung von Uploadfiltern zur Ahndung urheberrechtlicher Verstöße muss allerdings klipp und klar untersagt werden, und zwar ohne irgendwelche Ausnahmen. Stattdessen müssen Betreiber von Internetplattformen dazu verpflichtet werden, vertragliche Vereinbarungen mit Verwertungsgesellschaften zu schließen.

Nach der letzten Debatte hierzu gehe ich davon aus, dass die Jamaika-Koalition nicht plötzlich ihre Haltung ändert; das zeigt auch der Antrag, der uns gerade vorgelegt wurde. In diesem wird unsere Forderung geteilt. Vor zwei Monaten haben hier alle Koalitionäre betont, wie unsinnig Uploadfilter und wie wichtig ein entsprechendes Signal in Richtung Berlin seien. Damit teilen Sie die Ansicht, die wir und die SPD vertreten. Dieses Signal ist heute, nach dem Beschluss auf europäischer Ebene, umso wichtiger; jetzt gilt es, Schlimmeres zu verhindern.

Aus Sicht des SSW sollten wir uns alle konsequent für ein freies, unzensiertes Internet einsetzen. Deshalb fordern wir eine Bundesratsinitiative, die die Nutzung von Uploadfiltern zur Ahndung urheberrechtlicher Verstöße untersagt und die Plattformbetreiber verpflichtet, vertragliche Vereinbarungen mit Verwertungsgesellschaften zu schließen. Niemand sagt, dass dieser Weg einfach ist; aber er ist deutlich besser als die Nutzung pauschaler, fehleranfälliger Filter.

Wir haben den vorliegenden Antrag von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP noch nicht genauer durcharbeiten können. Daher empfehle ich,

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

den Antrag der Koalitionsfraktionen und unseren Antrag in den Ausschuss zu überweisen, um dort noch einmal darüber zu diskutieren, ob wir einen gemeinsamen Antrag schaffen können, damit die Landesregierung schnell mit einem gemeinsamen Beschluss des Landtags hervortreten kann. Das wäre auch in der bundesweiten Debatte eine große Hilfe.

Deswegen meine Bitte: Überweisung der Anträge in den Ausschuss und einen gemeinsamen Antrag daraus basteln. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Mitglieder der Seniorenunion Quickborn. - Herzlich willkommen!