Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

Plastikmüll darf nur exportiert werden, wenn er sauber sortiert und vor Ort recycelbar und verwert

bar ist. Das ist ein wichtiger Fortschritt, den es nun von dieser Basler Konvention in EU-Recht umzusetzen gilt. Der zentrale Ort, an dem diese Frage geregelt werden muss, ist die europäische Abfallrahmenrichtlinie, die diese Maßgaben gemeinsam vorgibt. Bis Anfang 2021 müssen wir diese Zielvorgaben in allen EU-Ländern, nicht nur in Deutschland, umsetzen, und das ist ein richtiger Schritt, auf den auch wir als Landesregierung drängen werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU und FDP)

Wir haben uns als Umweltminister von Bund und Ländern auch vorgenommen, mehr Plastikmüll hierzulande zu recyceln. Die Recyclingquoten müssen erhöht werden. Natürlich gilt dies auch für die dennoch stattfindenden Exporte, die wir natürlich nicht als ein Mitgliedsland allein einschränken können, weil es eben eine Europäische Union gibt, die die Fragen von Ausfuhren und Importen regelt. Dort kann man sich natürlich weiter darüber unterhalten, aber es wäre gut, wenn wir bei den stattfindenden Exporten eine bessere Kontrolle hinbekämen. Das finde ich absolut richtig, da stimme ich Ihnen zu. Das Problem ist tatsächlich, dass hier die Strukturen häufig nicht ausreichen und dass selbst der Zoll bei den nicht gefährlichen Abfällen nur wenig Möglichkeiten hat, Kontrollen durchzuführen.

Der Ansatz, gemeinsam mit den Zielländern und auch den dortigen Behörden ein System aufzubauen, bei dem wir besser verfolgen könne, welche Exporte stattfinden, ist richtig, und er wird so auch vom Bund verfolgt. Ich bin der Meinung, wir sollten das aktiv unterstützen, um an der Stelle für die Zukunft eine gute Kontrolle zu erreichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Klar ist: Wir müssen nicht nur die Recyclingquoten bei der Entsorgung des Abfalls erhöhen, sondern wir müssen sie auch bei der Verwendung von Stoffen erhöhen. Wir brauchen Recyclingstoffe, die auch verwendet werden. Wir brauchen Quoten, die wir diskutieren müssen, damit es auch eine Verwertung des Recyclingbestands gibt.

Klar ist auch - auch hier sind wir tätig -: Nur wenn Produktion und Verbrauch von Plastik deutlich reduziert werden, werden wir die Vermüllung der Meere und vieler Länder in Afrika und Südostasien vermeiden können. Das tun wir, wie es angesprochen wurde, auf EU-Ebene mit dem Verbot von Einwegplastik, und das tun wir auch hier im Land, wie ich es zuletzt angesprochen habe, zum Beispiel bei der Überprüfung unserer eigenen Beschaffung

mit Blick auf die Verwendung von Mehrweg- und Recyclingstoffen. Daran werden wir weiter arbeiten, und dies werden wir im Rahmen der weiteren Beratungen zusammen besprechen. - Vielen Dank für die Debatte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1440 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1476 federführend an den Europaausschuss und mitberatend an den -

(Zurufe)

- Federführend? - Federführend an den Umweltund Agrarausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss?

(Zuruf: Europaausschuss!)

- Europaausschuss? - Was denn nun? Nur an den Umwelt- und Agrarausschuss?

(Zuruf: Wir sind das Original!)

- Ihr seid das Original, okay. Also, fangen wir noch einmal an: Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1440 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1476 an den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Straßenbegleitgrün aufwerten - Blühstreifen am Fahrbahnrand anlegen Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1439

Blühendes Schleswig-Holstein Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1479

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich eröffne somit die Aussprache. Das Wort hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! - Ich glaube, es sind im

mer noch dieselben. - Wir haben gestern intensiv über den Sinn und Unsinn von Tempolimits gesprochen. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich auch kein Freund davon, aber, Herr Kumbartzky, es kann auch Vorteile haben, denn auf der A 21 gilt im Moment ein Tempolimit von 80 km/h, weil sich da der Asphalt ablöst. Ich habe mir bei dieser Gelegenheit die Straßenränder angeschaut und mir darüber Gedanken gemacht; so kam der Antrag zustande.

(Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, da kommt man auf gute Ideen. Insofern: Tempo 80 ist da eine tolle Idee. - Zu unserem Antrag: Naturschutz und Naturnutzung gehen für die AfD Hand in Hand, auch wenn man es nicht glauben mag. Mit unserem Antrag, das Straßenbegleitgrün mit insektenfreundlichen Pflanzen aufzuwerten und damit gleichzeitig als Lebensraum für Insekten zu nutzen, machen wir das heute deutlich.

An den Fahrbahnrändern und auf den extensiven Flächen können wir, ohne den Landwirten Flächen zu rauben, mit einer geeigneten Bepflanzung einem Rückgang der Insektenzahl wirksam entgegentreten.

Bisher haben sich die Umweltverbände und das Ministerium auf die Landwirtschaft, den Klimawandel oder den Flächenverbrauch durch Siedlung oder Verkehrswege als Verursacher des Insektenschwunde eingeschossen. Verschwiegen wird dabei gern der Anteil, den die sogenannte Energiewende hat. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat in einer - das sage ich ausdrücklich - Modellanalyse ermittelt, dass in den wärmeren Monaten - also eigentlich jetzt; aber im Moment scheint der Klimawandel zu pausieren - täglich circa 5,3 Milliarden Tiere durch Windräder getötet werden. Die Rotorblätter der Windkraftanlagen durchschneiden die Luft mit Blattspitzenhöchstgeschwindigkeiten von mehreren hundert Stundenkilometern.

Diese Analyse des DLR - nicht unsere Analyse kommt zu dem Schluss, dass mindestens 1.200 t Tiere pro Jahr Opfer von Windrädern werden. Die Frage, ob diese 5 Milliarden tote Insekten durch Windräder viel oder wenig sind, stellt sich für uns nicht. Entscheidend ist: Der Verlust ist relevant für die Stabilität der Insektenpopulation.

Das zeigt einmal mehr, dass die Energiewende auch Schattenseiten mit sich bringt. Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig und noch nicht erforscht.

(Minister Jan Philipp Albrecht)

Heute geht es uns darum: Was können wir tun? Was ist bisher geschehen? Bisher offenbar nicht genug, um Insekten wirksam zu schützen.

Es gibt bei uns im Land einzelne Nischen, die insektenfreundlich gestaltet sind. Aber diese sind nicht miteinander verbunden. Unsere Straßen ziehen allerdings durch das Land und bilden ein Netzwerk. Genau dieses Netzwerk kann die verschiedenen Nischen, die es im Land schon gibt, miteinander verbinden.

Insekten nutzen alte Pfade, die zunehmend von Windkraftanlagen durchkreuzt werden. Sie brauchen daher alternative vernetzte Habitate, um in ausreichender Zahl zu überleben.

Ich freue mich über das bisher positive Echo in der Presse auf unsere Idee und auch über die Verwunderung darüber, dass sich ausgerechnet die AfD Gedanken über den Naturschutz macht. Ich darf Ihnen versichern, dass Natur-, Tier- und Heimatschutz zutiefst konservative Themen sind, konservativ im Sinne von Erhaltung im Wortsinne und damit bei uns genau an der richtigen Adresse.

Dass ein Um- oder Weiterdenken bei der Randbegrünung nicht einfach ist, mag sein. Aber es gibt Potenzial, und es ist machbar; das räumt der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr für die Rastplätze oder die Regenrückhaltebecken durchaus ein.

Der LBV hat bereits Pilotprojekte in Auftrag gegeben; das darf man nicht verschweigen. Wir meinen aber, Pilotprojekte allein reichen nicht. Daher fordern wir, dass in Zukunft bei den Ausschreibungen für den Landschaftsbau verbindliche Vorgaben für die Begrünung gemacht werden.

Natürlich müssen die Grünflächen auch gemäht werden, um den Verkehrssicherungspflichten nachzukommen. Hier könnte allein durch den Einsatz anderer Maschinen etwas erreicht werden. Das sagt auch der LBV, Stichwort Balkenmäher.

Warum geschieht das bisher nicht? Bisher ist es offensichtlich noch niemand angegangen, und es kostet Geld.

Damit es jetzt nicht bei einzelnen Pilotprojekten bleibt, muss eine vernünftige Evaluierung erfolgen. Darüber wollen wir gern mit Ihnen gemeinsam in den zuständigen Ausschüssen beraten. Daher beantrage ich die Überweisung unseres Antrags und auch des Alternativantrags in den Umwelt- und Agrarausschuss sowie den Wirtschaftsausschuss und bitte um Ihre Zustimmung. Vielleicht fällt es Ihnen heute leicht, unserem Antrag zuzustimmen, auch wenn er von der AfD kommt; denn hier geht es

nicht um die Weltanschauung, sondern um die Natur. - Danke.

(Beifall AfD)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Heiner Rickers das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen! Straßenbegleitgrün an den vornehmlich vom Land gepflegten und genutzten, an den von Bund und Land gebauten Straßen anzubringen, ist an sich kein schlechter Ansatz. Die Diskussion der letzten Monate wie auch die aktuelle zeigen, wie es um die Artenvielfalt insbesondere bei Insekten bestellt ist.

Herr Minister, die Umweltministerkonferenz in Hamburg hat zumindest darauf hingewiesen, dass viele Maßnahmen am Ende vielleicht das Ziel erreichbar erscheinen lassen. Denken Sie an die privat genutzten Gärten, die heute nicht mehr Artenvielfalt begünstigen, sondern durch Versiegelung genau das Gegenteil bewirken; denken Sie auch an unsere Straßen und Wege.

Eingangs will ich dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr ausdrücklich meinen Dank aussprechen, und zwar nicht nur dafür, dass er die Verkehrssicherung sicherstellt, dass er Lichtraumprofile schneidet - das war bisher seine Hauptaufgabe -, sondern auch dafür, dass seine Mitarbeiter dafür sorgen, dass der Verkehr reibungslos läuft, gefahrlos und im Fall eines Staus nicht behindert wird, sondern im Gegenteil. Das Herstellen der Sicherheit habe ich erwähnt. Dabei denkt er daran, dass so etwas wie Straßenbegleitgrün vernünftig angelegt und gepflegt wird. Genau das ist der Kern der Debatte.

Herr Schnurrbusch, ich verstehe nicht genau, wie Sie auf das Thema Windmühlen kommen. Sie unterstellen, dass die Flügel der Windmühlen die Insekten schreddern. Ich denke zunächst daran, dass die Autos bei entsprechender Geschwindigkeit den gleichen Effekt erzielen und sich dann gar keine Insekten in der Nähe von schnell fahrenden Autos aufhalten dürften.

(Beate Raudies [SPD]: Dann müssten Sie auch für das Tempolimit sein!)

- Tempolimit oder keine Insekten an Schnellstraßen wären natürlich eine zu treffende Entscheidung; das kann es natürlich nicht sein. - Klar ist, dass wir als öffentlicher Träger dieser ganzen Einrichtungen, die wir genannt haben, einen Vorbildcharakter haben

(Volker Schnurrbusch)

und verpflichtet sind, alles daranzusetzen, in allen Bereichen, in denen es uns möglich ist und vielleicht auch verhältnismäßig umsetzbar ist, für Artenvielfalt und Insektenvielfalt zu sorgen. Da sind wir uns einig. Wir haben in der Vergangenheit bereits einiges getan.

Denken Sie an die Initiative „Blühendes SchleswigHolstein“; jedes Jahr werden 150.000 € in den Haushalt eingestellt. Sie sind sofort vergriffen, weil Flächen, die in öffentlicher Hand sind, mit Blühmischungen besät werden und somit für Arten- und Insektenvielfalt gesorgt wird. Das ist ein hervorragendes Programm. Es gibt allerdings auch Agrarumweltmaßnahmen, die darauf abzielen, dass sich auch dort Insekten ansiedeln. Im Jagdrecht gibt es eine Veränderung: Wer zukünftig Wildschaden ersetzt haben will, der muss eine Blühschneise schaffen, eine Jagdschneise mit diesen Blühmischungen besäen.