Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bereits die Debatte zum Plastikmüll in der Schlei hat deutlich gemacht, dass das geltende Recht löchrig ist wie ein Schweizer Käse. Soll heißen: Die bestehende Bioabfall- und Düngeverordnung lässt zu, dass der Anteil an Fremdstoffen, also auch Plastik, im Abfall 0,5 % betragen darf.

Diesen Punkt haben wir als SSW kritisiert; denn es ist ganz einfach nicht zu erklären, dass der Bürger seinen Müll strikt trennen muss, während in anderen Bereichen Fremdstoffe bis zu einem gewissen Prozentsatz zulässig sind.

(Beifall SSW und SPD)

(Volker Schnurrbusch)

Wenn wir als Politik nicht gewillt sind, den Anteil an Fremdstoffen im Bioabfall auf null zu reduzieren, sind wir keinen Schritt weitergekommen, und es kann immer noch beigemengt werden. Damit möchte ich noch einmal deutlich machen, dass wir das Problem bezüglich unserer Plastikmüllproblematik zwar erkannt haben, insbesondere auch durch den Vorfall in der Schlei. Allein der politische Wille, ernsthaft etwas zu ändern, ist nicht wirklich zu erkennen.

Nun liegt uns ein Antrag der SPD vor, mit dem an dem größeren Rad in Bezug auf Plastikmüll gedreht werden soll. Auch hier haben wir das Problem längst erkannt. Wir kennen die Bilder von riesigen Plastikmüllinseln, die in den Meeren vor sich hindümpeln, von Tieren, die sich in Plastikteilen und Kunststoffnetzen verheddern, um dann elendig zu krepieren.

Aus diesem Wissen heraus haben sich in Schleswig-Holstein bereits vor Jahren Initiativen entwickelt, die dem Plastikmüll vor Ort den Kampf angesagt haben. Ich nenne hier beispielsweise das Projekt „Fishing for Litter“, das in Zusammenarbeit mit Fischern, dem NABU und regionalen Abfallentsorgern läuft. Dieses Engagement, sich derart für die Umwelt einzusetzen, ist äußerst lobenswert, und es gilt, das am Leben zu halten. Doch die Frustration bei den Teilnehmenden steigt, je mehr sie das Gefühl haben, dass ihr Kampf gegen den Plastikmüll ein Kampf gegen Windmühlen ist.

Wir haben als Politik eine Verantwortung und die Pflicht, diesen Menschen zu helfen. Hier rede ich nicht von finanzieller Projektunterstützung - ich meine, das sollte man auch machen -, vielmehr muss es darum gehen, dass wir den Menschen deutlich machen, dass wir als Politik nicht nur das Problem erkannt haben, sondern es auch wirklich angehen. Das fängt beim Plastikmüll im Bioabfall an das ist etwas, was wir selbst regeln können - und geht bis zum globalen Handeln mit Plastikmüll, was wir letztendlich auch selbst regeln können.

Wir wissen längst, dass mit Müll viel Geld verdient wird. Gleichwohl hat es mich sehr überrascht, als bekannt wurde, welche Mengen an Kunststoffabfall aus Deutschland exportiert werden. Der Export aus Deutschland soll nach Medienangaben im Jahr 2018 bei 1,04 Millionen t gelegen haben. Das heißt, dass rund 10 % des Plastikabfalls exportiert werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Plastikmüll aus Gewerbe und Industrie, wohingegen der Abfall aus dem dualen System überwiegend in Deutschland oder in der EU recycelt wird.

Das Problem des Müllexports wurde nun erkannt, und 187 Staaten haben jüngst die sogenannte Basler Konvention neu vereinbart und sich damit neue Regeln für die Entsorgung und den Export verschmutzter Plastikabfälle auferlegt. Damit wurde ein verbindliches internationales Umweltabkommen vereinbart. Dieser Schritt war eigentlich längst überfällig, aber es ist gut, dass er jetzt getan wurde. Wie sich diese Vereinbarung auswirken wird, wird sich noch zeigen. Daher braucht es entsprechende Kontrollen für den Export von Plastikmüll und vor allem auch Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen.

Prinzipiell ist davon auszugehen, dass die betroffene Regelung positive ökologische Effekte in den Einfuhrländern haben wird, weil der Plastikmüll dort nicht mehr verbrannt und deponiert wird. In Deutschland könnte die Regulierung dazu führen, die Kreislaufwirtschaft zu stärken, und dadurch erhöht sich auch der Druck auf die Sortier- und Recyclingstrukturen, sie weiter auszubauen. Das bedeutet, dass wir das Ziel verfolgen, den Müll dort zu entsorgen oder zu recyceln, wo er produziert wird, und sich damit jeder seiner eigenen Verantwortung bewusst wird.

Aber das kann nur ein erster Schritt sein. Worauf es letztendlich ankommt, ist, dass wir die Plastikproduktion insgesamt senken. Wir müssen weg von Plastik hin zu mehr Recycling und vor allem zu mehr umweltfreundlichen Verpackungen und Produkten.

(Beifall SSW und SPD)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum letzten Satz.

Wenn es der Politik gelingt, hier effektive Maßnahmen in Gang zu setzen, dann werden wir in der Bevölkerung auch wieder glaubhaft wahrgenommen. Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch heute haben wir es wieder erlebt - ich kenne

(Flemming Meyer)

die Problematik aus eigener Regierungsbeteiligung -, man ist sich eigentlich nicht einig über den Weg, vielleicht auch nicht über das Ziel. Dann schauen wir einmal, was am Oppositionsantrag an Begrifflichkeiten zu interpretieren ist, um daraus eine Ablehnung zu begründen. Im Zweifelsfall erklärt man Exportgüter wie gebrauchte Autos oder Brillen zu Abfall.

Zur Information: Nur weil ein Gut abgeschrieben ist, ist es abfallrechtlich kein Abfall. Betriebswirtschafts- und Abfallrecht sind ein Unterschied. Auch gebrauchte Autos werden nicht in Gelben Säcken nach Afrika geschafft. Das nur einmal zur Information. Für den Export gebrauchter Autos gelten noch einige andere Vorschriften. Das einmal ganz nebenbei.

Wenn es Klärungsbedarf gibt, kann man das gern machen; denn unser Antrag - - Übrigens, auch das Thema Polizei ist Landeszuständigkeit, Frau Kollegin. Ich weiß nicht, warum gesagt wurde, dass bei den Kontrollen nicht das Land zuständig ist.

Unser Antrag zielt auf eine Bundesratsinitiative und arbeitet mit dem Überbegriff Plastikmüll. Was das ist und was es nicht ist, ist in der Abfallwirtschaft erfahrungsgemäß genau zu definieren.

Meine erste Einladung, die ich als frisch gewählter Kreistagsabgeordneter 1994 hatte, war zu einer Gewerbeabfallsortieranlage. Die ist damals noch unter einer CDU-FDP-Mehrheit im Kreis RendsburgEckernförde geplant worden. Nicht dass dies zum Vorwurf gereicht, die ist damals auch sehr fortschrittlich geplant worden. Das haben wir alle zusammen gemacht. Damals wurde so kalkuliert: Man hat so und so viel Gewerbemüll, denn man hat den ja vorher auch gehabt.

Nun war das Problem: Wir hatten eine ostdeutsche Deponie, die noch dringend verfüllt werden sollte und die natürlich andere Preise machen konnte als Gewerbeabfallsortieranlagen. Was mache ich also? Ich schmeiße ein Fahrrad auf den Berg, dann ist das nicht mehr Abfall zur Beseitigung, sondern Abfall zur Verwertung. Ich verschiebe das in damals noch nicht ganz geregelte Bereiche, nehme das Fahrrad runter und beseitige es dort auf einer Deponie für ein Drittel des Preises. Was war der Effekt? Der Effekt war, dass wir eigentlich eine gering dimensionierte Gewerbeabfallsortieranlage geplant hatten, die aber nicht ausgelastet worden ist. Auf einmal lagen die Gewerbeabfälle in Rendsburg-Eckernförde nur noch bei 10 % bis 15 % der vorangegangenen Mengen. Auf magische Art und Weise hatte dort

sozusagen ein kleines internes Betriebsrecycling stattgefunden.

Wer diese Erfahrung in der Abfallwirtschaft gemacht hat, der wird sich einem Antrag nicht verschließen können, die Dinge schärfer zu kontrollieren und schärfer zu regeln. Das ist jetzt kein Generalmisstrauen, sondern das sind schlicht und ergreifend die Erfahrungswerte der Findigkeit. Das ist ja die große Stärke des Kapitalismus.

(Zurufe)

- Natürlich, das ist das Renditestreben. Das bezweifelt keiner der Theoretiker. Dieses Renditestreben führt in der Abfallwirtschaft zu den Konsequenzen, die man sehen kann. Auch nach der derzeitigen Rechtslage dürfte man sehr viele Dinge, die man in Dritte-Welt-Ländern sehen kann, dort gar nicht sehen. Ja, auch wir haben von unserer Abfallwirtschaftsgesellschaft Menschen nach China geschickt.

In den letzten Sekunden meiner Redezeit noch zur AfD: Das chinesische Importverbot hat nichts damit zu tun, dass man dort jetzt auf einen Brennstoff verzichten kann. China ist weit voraus im Zubau von Photovoltaik und von Windenergie. In ganz China wird in einem Jahr mehr zugebaut als in der gesamten EU.

(Zurufe)

- Nein, gucken Sie in die Planung! Der Kohlezubau in China geht jetzt zurück.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Stellen Sie mir eine Zwischenfrage, wenn Sie das interessiert. Ich habe die Zahlen da. Wir können über die Gigawattzahlen in einer anderen Debatte sprechen.

Die Chinesen sind tatsächlich, was die erneuerbaren Energien angeht, zumindest in ihrer Planung und in ihrem Willen weiter als wir. Also sollten wir das nicht immer als Ausrede dafür benutzen, dass wir selbst nicht vorankommen.

(Beifall SPD und SSW)

(Dr. Kai Dolgner)

Das war es, Herr Abgeordneter, danke schön. - Begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf unserer Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Schule am Burgfeld aus Bad Segeberg. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Plastikabfälle und Plastikmüll ist eines, das uns auf allen Ebenen beschäftigen muss.

(Unruhe)

Es ist, wenn ich Ihre Aufmerksamkeit einmal auf mich lenken darf, eine Herausforderung, der wir uns auf allen Ebenen annehmen.

(Heiterkeit)

Deswegen noch einmal der Verweis darauf, dass wir im September den Jamaika-Antrag zur Reduzierung der Plastikeinträge im Bioabfall im Bundesrat durchbekommen haben und auf Veränderungen in diese Richtung auf Bundesebene drängen. Deswegen ist es gut, dass wir uns angesichts der zahlreichen Einträge von Plastikmüll durch Exporte in Drittländer auch damit beschäftigen.

100.000 t Plastikmüll gingen im letzten Jahr aus Deutschland allein nach Malaysia. Indonesien, Thailand und Vietnam wurden schon genannt. Dies sind die Zielländer, um die wir uns durchaus sorgen müssen, wenn es darum geht, dass dort Plastikmüll entsorgt und eben nicht recycelt wird.

Wir müssen unseren Beitrag dazu reflektieren. Deswegen ist es gut, dass am Donnerstagabend die Umweltminister der Länder erneut der Bundesumweltministerin den Rücken gestärkt haben und dass am darauffolgenden Abend im Rahmen der Verhandlungen zur Basler Konvention der Durchbruch mit den 187 Staaten erreicht wurde, die sich hier auf die notwendigen Verschärfungen eingelassen haben. Das war nicht so deutlich zu erwarten, und das ist ein wichtiger Erfolg, den wir nun umsetzen müssen.

Plastikmüll darf nur exportiert werden, wenn er sauber sortiert und vor Ort recycelbar und verwert