Wichtig bei Rüstungsexporten ist insbesondere, dass wir schauen, was das für unsere eigenen Werte bedeutet und ob wir Exporte in andere Länder mit diesen Werten vereinbaren können. Das kann eigentlich nur im Einzelfall beurteilt werden.
Wir haben ein gutes System, auch wenn es nach meiner Auffassung ab und zu versagt. Manchmal sind kluge Entscheidungen getroffen worden. Waffen in Krisengebiete zu liefern, kann durchaus sinnvoll sein, wenn sich eine Gruppierung wie die Kurden gegen Aggressoren, gegen Wahnsinnige verteidigen können.
- Nein, das hat den Konflikt nicht gelöst. Die Lösung kann aber auch nicht sein, dass sämtliche Kurden einfach niedergemetzelt werden.
Das kann auch nicht die Lösung sein. Vielleicht sollten wir weniger über Rüstungsexporte reden und mehr über Friedenspolitik
und darüber, wie wir Länder, die verrückt geworden sind, dazu bewegen können, wieder ganz normal zu werden. - Vielen Dank.
Erstens. Der Anlass für diese Debatte, lieber Kollege Harms und lieber Kollege Vogt, war ein Interview des Wirtschaftsministers dieses Landes zu der Frage, wie unsere Werte sind. Der Ort, an dem das Parlament darüber debattiert, was der Wirtschaftsminister richtig findet, ist hier. Wo sollen wir das sonst tun? Anderenfalls gäben wir alle nur Interviews.
Zweitens. Ich bin kein Pazifist. Ich bin sehr wohl der Meinung, dass die Völkergemeinschaft Völkern zur Hilfe kommen muss, dass die Völkergemeinschaft das entscheiden soll. Deutschland verdankt seine Demokratie übrigens auch dem Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland. Insofern bin ich kein Pazifist. Das Gremium dafür sind aber die Vereinten Nationen und nicht Interessen einzelner Staaten, in denen Öl fließt, und solche Kriterien.
Drittens. Was hilft es? Sie haben erzählt, was läuft, Herr Kollege Hamerich. Vieles davon läuft auf Druck der SPD: zum Beispiel mehr Berichtspflichten. Ich will hier deutlich sagen: Ich habe auch Minister meiner eigenen Partei schon dafür kritisiert, dass sie öffentlich erklärt haben, dass mehr eigentlich weniger ist. Ich halte das nicht für richtig. Ich sage meine Meinung auch dann, wenn es eigene Parteifreunde betrifft.
Viertens. Sie behaupten, Ihr Antrag sei weitergehend. Er bezieht sich nur auf den Ratsbeschluss. Dem Ratsbeschluss stimmen wir zu. Es handelt sich um den Minimalkonsens, den wir mindestens halten müssen. Ich werbe dafür, dass Deutschland darüber hinausgeht, in dem wir konkret sagen, dass wir Exporte in Kriegsgebiete und Diktaturen nicht wollen.
Die Türkei zeigt uns übrigens, dass auch NATOPartnerschaften ein Problem sein können. Das haben Sie selbst gesagt.
Ich will Ihnen ehrlich Folgendes sagen. Bei den Peschmerga habe ich im SPD-Präsidium dagegen gestimmt, dass wir das tun, und zwar nicht, weil ich denen nicht helfen wollte, sondern weil ich der Meinung war: Das haben die Amerikaner mit ihrem Krieg im Irak verursacht, sodass der Irak ihnen nicht helfen kann. Ihnen Waffen zu liefern, mit denen sie übrigens gar nicht umgehen können - die wollten die deutschen Waffen gar nicht haben; es ging um andere Waffen -, ist meines Erachtens die falsche Entscheidung gewesen. Waffen sind heute in der Hand der einen und morgen in der Hand der anderen. Die Opfer sind immer die Zivilbevölkerung, Kinder, Unschuldige. Deshalb trete ich gegen solche Waffenlieferungen ein.
Herr Kollege Dr. Stegner, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogt?
Herr Kollege Dr. Stegner, damit das nicht falsch im Raum stehen bleibt: Der Antrag der Koalition bekräftigt und fordert die Einhaltung des Gemeinsamen Standpunkts aller Partnerländer der EU von 2008. Sie müssen weiterlesen und die Kriterien zur Kenntnis nehmen, die genannt werden:
„Bei der Genehmigung von Rüstungsexporten sind die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht durch das Empfängerland zu wahren. Außerdem sollten Ausfuhrgenehmigungen verweigert werden, wenn nachweisbar das Risiko besteht, dass die Rüstungsgüter zu internen Repressionen oder zu anderweitigen Verletzungen von Menschenrechten eingesetzt werden. Dies gilt auch, wenn die Rüstungsexporte Konflikte auslösen, verlängern oder verschärfen würden. Militärtechnologie oder die Militärgüter sollen zu keinen anderen Zwecken als für die legitime nationale Sicherheit und Verteidigung verwendet werden. Das schließt ein, dass der Endverbleib der Exportgüter im Empfängerland sichergestellt sein muss.“
Nach meiner Ansicht ist das deutlich klarer als die eher allgemeinen Forderungen nach dem Motto restriktiv und so weiter, die Sie aufgestellt haben. Hier ist klar benannt, was berücksichtigt werden muss. Ich verstehe nicht, dass Sie meinen, wir hätten uns von Ihrer Position auf etwas Geringeres zurückgezogen. Das kann ich bei der Lektüre der beiden Anträge nicht erkennen.
- Ich will Ihnen das gern erklären, Herr Kollege. Vielleicht klatschen Sie ein bisschen früh. - Ich will es Ihnen gern erklären, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie zitieren, was ich als Minimalkonsens und Standard für Europa akzeptiere. Die Wahrheit ist: In der Debatte ist uns, weil wir den Exportstopp nach Saudi-Arabien verlängern wollten, obwohl es diese Ratsentscheidung gibt, von CDU und FDP vorgehalten und kritisiert worden, das sei nicht europäisch. Die Kriterien werden zwar aufgestellt, werden aber in der Realität nicht beachtet. Saudi-Arabien ist am Krieg im Jemen beteiligt. Das richtet sich gegen die Zivilbevölkerung. Die Kritik aus FDP und CDU an unseren Forderungen, den Exportstopp zu verlängern, war, das sei nicht europäisch. Herr Buchholz hat das auch in diesem Kontext formuliert.
Deshalb frage ich Sie: Was nutzt es, sich auf einen europäischen Kontext zu beziehen und die hehren Worte zu verteidigen, wenn man praktisch nicht so handelt? Die Ausrichtung in unserem Antrag ist glasklar: keine Waffenlieferungen in Krisengebiete und Diktaturen! - Was daran ist unkonkret und unklar? Das ist eindeutig. Dem könnten Sie sich an
Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Petersdotter?
Vielen Dank, Herr Stegner. - Sie sagten gerade, was quasi Anlass dieser Debatte war. In Ihrem vorherigen Beitrag nannten Sie eine Position zur Europawahl, die ich sehr gut nachvollziehen kann.
Wir haben in diesem Jahr eine weitere Wahl, nämlich eine Oberbürgermeisterwahl in Kiel. Mich interessiert, welcher Auffassung Sie sind, welche Position ein Kieler Oberbürgermeister vertreten sollte und welche Position die Kieler SPD vertreten sollte. Ich frage das vor dem Hintergrund, wie Hans-Peter Bartels als ehemaliger Bundestagsabgeordneter, heute Wehrbeauftragter, zum Rüstungsstandort Kiel gestanden hat und wie sich Torsten Albig immer wieder zum Rüstungsstandort Kiel geäußert hat. Wie ist die Verortung? Was halten Sie für den richtigen Weg in Kiel?
- Lieber Herr Kollege Petersdotter, gerade nach der Rede des Kollegen Voß frage ich mich, warum die Grünen eigentlich nicht einer Forderung zustimmen können, die da heißt: keine Waffenlieferungen in Krisengebiete und Diktaturen. - Das ist die Frage, die ich mir eigentlich stelle.
Ich will Ihre Frage beantworten. Ich habe in meiner Rede vorhin selbst thematisiert, dass mir klar ist, dass man sich um die Beschäftigten kümmern muss. Ich habe Ihnen ein konkretes Beispiel genannt. Ich habe mit Herrn Lürssen geredet, als es um die Polizeiboote in der Werft in Wolgast ging. Daran hängt deren Existenz. Diese Boote kann auch die deutsche Marine brauchen. Die muss man nicht
Die SPD vertritt schon lange die Position, dass die Werften hier auf Dauer nicht vom Militärschiffbau und vom Bau von Yachten für Superreiche werden leben können, sondern dass man sich diversifizieren und Konversion betreiben und Vorkehrungen für das treffen muss, was wir innerhalb unseres Bündnisses machen. Dass es einen Konflikt gibt, bestreitet niemand. Sie halten dem entgegen, dass es einen Oberbürgermeister und Beschäftigte gibt.
Auch Ulf Kämpfer ist nicht dafür, dass wir Waffen in Krisengebiete und Diktaturen liefern. Die Sozialdemokratie ist es insgesamt nicht, wir haben es nämlich in unserem Programm für die Europawahl einstimmig beschlossen, sehr verehrter Kollege Petersdotter. Ich wünsche mir, dass Worte und Taten einander entsprechen. Mehr habe ich nicht verlangt. Erklären Sie mir bitte nach der wunderbaren Rede von Herrn Voß, warum Sie so einer Aussage wie „keine Waffenlieferungen in Krisengebiete und Diktaturen“ nicht zustimmen können. Das müssten Sie mir einmal erklären. Das habe ich nicht verstanden.
Jetzt sortieren wir uns gerade einmal. Der Kollege Petersdotter scheint fertig zu sein. Jetzt hat sich der Kollege Dr. Tietze gemeldet. Auch da frage ich, ob Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Kollegen Tietze gestatten.
In der Hoffnung, dass der wortgewaltige Kollege Tietze mir das erklären kann, will ich das gern zulassen.
Herr Kollege Dr. Stegner, vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. Am 12. April 2019 hat der Bundessicherheitsrat Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien beschlossen. Da geht es um eine Ulmer Firma, Kamag, Satteltiefladerfertigung, also Rüstungsexport nach Saudi-Arabien. Wären Sie so freundlich, dem Haus zu erklären, wer Mitglied im Bundessicherheitsrat ist?
- Da Sie das selbst wissen, muss ich das nicht erklären, sondern es reicht, dass ich Ihnen sage, dass ich Dinge auch dann kritisiere, wenn Parteifreunde da
ran beteiligt sind. Das mag mich von anderen unterscheiden, aber ich mache meine Position nicht davon abhängig, ob Parteifreunde beteiligt sind. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Die Polemik parteipolitischer Art - gerade wegen der Tradition der Grünen als Friedenspartei - nützt gar nichts. Wir können sehen, was im Jemen passiert, wenn wir Saudi-Arabien Waffen liefern. Das ist der Punkt, um den es geht. Wir kämpfen dafür, dass sich solche Dinge ändern. Wir üben Druck aus, dass im Deutschen Bundestag Transparenz herrscht.
Im Übrigen sind die Exportrichtlinien, die wir unter Rot-Grün im Deutschen Bundestag vereinbart haben, die, von denen ich mir wünsche, dass man sich strikt daran hält. Das ist in der Tat meine Forderung. Ich gehöre nicht zu denen, die ihre Fahne in den Wind hängen und es nicht kritisieren, wenn Parteifreunde etwas falsch machen. Ich tue das hier auch. Hier geht es um eine Positionierung dieses Landtags, was wir richtig finden, Herr Kollege Tietze. Da frage ich Sie auch, warum es die Grünen nicht richtig finden zu formulieren: Wir wollen „keine Waffenexporte in Krisengebiete und Diktaturen“. Die Frage bleibt immer noch unbeantwortet. Dem könnten Sie zustimmen.