Herr Kollege Stegner, der Kollege Dr. Tietze hat sich zu einer weiteren Frage oder Zwischenbemerkung gemeldet.
Herr Kollege Stegner, gestatten Sie eine abschließende Bemerkung? - Mir ging es darum, dass Sie gesagt haben, Sozialdemokraten seien gegen Rüstungsexporte. Das ist bei den Grünen auch so. Trotzdem haben in aktueller Zeit auch Sozialdemokraten in Regierungsverantwortung Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien mitgetragen. Darauf wollte ich hinweisen. Ich finde es wichtig und richtig, dass wir an dieser Stelle etwas differenzierter argumentieren.
- Lassen Sie mich ganz differenziert antworten, weil ich nämlich gerade zum Ausdruck gebracht habe, dass ich Entscheidungen, die ich falsch finde, unabhängig davon kritisiere, wer sie macht. Aber
lassen Sie mich Ihnen einen Vorschlag machen: Wir sind willens, in unseren Antrag aufzunehmen, dass wir dem Kodex der Vereinten Nationen als Mindeststandard für Europa zustimmen. Das ist der komplette Teil des Inhalts Ihres Antrags. Das können wir gern in unseren Antrag aufnehmen. Wir erhalten aber den Satz aufrecht: „Rüstungsexporte in Krisengebiete und Diktaturen sind auszuschließen.“ Ich wüsste gern, ob die Grünen und die Koalitionsfraktionen dann mitmachen, weil Sie ja behauptet haben, Ihr Antrag sei weitergehend. Wir übernehmen den ganzen Text, der sich auf den Kodex bezieht, wenn Sie mögen. Das können wir gern machen. Aber wir bleiben bei unserer Forderung: keine Waffenexporte in Krisengebiete und Diktaturen. Überlegen Sie sich einmal ganz differenziert, Herr Kollege Tietze, ob die grüne Fraktion das nicht mittragen könnte. Wir fordern Sie dazu auf.
Während der Kollege Tietze darüber sicherlich intensiv nachdenkt, hat sich jetzt der Kollege Vogt zu einer weiteren Bemerkung oder Frage gemeldet. Herr Kollege Stegner, gestatten Sie die?
Herr Kollege Dr. Stegner, zum einen möchte ich noch einmal klarstellen, dass sich auch die FDP - Michael Theurer - gegen die Exporte der angesprochenen Schiffe nach Saudi-Arabien ausgesprochen hat. Ich sage das, damit Ihre Behauptung nicht im Raum stehen bleibt.
Ich versuche es noch einmal - ich bin ja gnadenloser Optimist -, damit Sie vielleicht verstehen, dass Ihre Formulierung in Ihrem Antrag nicht schärfer, sondern allgemeiner ist. Ich will das auf den Gemeinsamen Standpunkt der Partnerländer der EU von 2008 beziehen: „… bekräftigt und fordert die Einhaltung …“. Sie sagen, daran solle sich orientiert werde. Ihr Antrag - es tut mir leid, wenn ich Sie damit quälen muss - ist leider auch mit Blick auf Krisen- und Kriegsgebiete unklarer, und er ist allgemeiner und offener gehalten. Der Antrag der Koalition ist schärfer. Ich verstehe, dass Ihnen das wehtut, möchte
Noch ein Punkt mit Blick auf Minister Buchholz, von dem Sie jetzt hoffen, dass er sozusagen Ihre Rüstungsexportpolitik gegenüber der eigenen Partei in Berlin durchsetzt: Er hat sich darauf bezogen, dass die Kriterien unklar sind und das ein Problem für Unternehmen ist. Wenn man dann sagt: „Okay, ihr dürft die Schiffe nicht ausliefern, bei denen ihr wirtschaftlich in Vorleistung gegangen seid und bei denen Arbeitsplätze dranhängen“, dann muss man die Boote - ich glaube, da sind wir uns am Ende sogar einig - auch abnehmen. Wenn man vorher nicht klargestellt hat, dass es nicht möglich ist, sie zu exportieren, und man das irgendwann im Verfahren sagt, weil einem auffällt: „Mensch, Saudi-Arabien ist ja ein ganz furchtbares Land, wie kann das sein? - eine Diktatur, die die Menschen enthauptet und so weiter, die die Menschenrechte nicht einhält“, und das für die SPD-Bundesregierung überraschend kommt, muss man die Unternehmen mit klaren Kriterien oder entsprechenden Maßnahmen entsprechend schützen. Ich glaube, da sind wir uns am Ende sogar einig. Man muss die Konflikte nicht künstlich größer machen, als sie sind.
Herr Kollege Vogt, erstens sind wir uns einig - das habe ich übrigens in meiner ersten Rede vorhin schon gesagt -, dass Unternehmen Berechenbarkeit brauchen, dass es solche Geschäfte im Zweifelsfall nicht gibt. Entdeckt man die Zweifel erst im Laufe des Verfahrens, kann man die Unternehmen auch schützen. Ich habe ein Beispiel dafür genannt.
Zweitens haben Sie immer noch nicht verstanden, dass wir diesen Kodex akzeptieren. Wir stimmen dem zu, Ihrem ganzen Text, dass das der Mindeststandard für Europa ist. Das akzeptiere ich. Es ist aber - das ist der Teil, den Herr Buchholz kritisiert hat - nicht uneuropäisch zu sagen, wir akzeptieren das als Mindeststandard, aber Deutschland geht darüber hinaus und sagt für sich: Wir gehen mit gutem Beispiel voran. Wenn es in Europa nicht gemeinsam erreicht werden kann, dann wollen wir wenigstens, dass Deutschland sich nicht beteiligt. Auf Druck der SPD ist übrigens das Moratorium, das Rüstungslieferungen nach Saudi Arabien an
geht, vor Kurzem verlängert worden. Ich kann Ihnen Stellungnahmen zum Beispiel vom Kollegen Wadephul - in Klammern: CDU - gern zukommen lassen, und es gibt vergleichbare Stellungnahmen auch aus der FDP
- ich suche Ihnen das gern heraus und schicke Ihnen das rüber -, die sagen, Deutschland solle sich eben nicht von einer europäischen Position abheben, auch nicht positiv in dem Sinn, dass wir darüber hinausgehen. Wir haben darüber im Koalitionsausschuss hart verhandelt, und das wurde von FDP und CDU im Deutschem Bundestag kritisiert. Deswegen sage ich noch einmal: Wir übernehmen den Teil komplett. Ich frage Sie, warum Sie einen Satz nicht übernehmen können, von dem Sie behaupten, das sei weich. Ich finde den ganz hart: keine Waffenlieferungen in Krisengebiete und Diktaturen. - Das frage ich Sie. Das frage ich alle Fraktionen hier. Wenn Sie dem hier am Ende heute nicht zustimmen, dann erzählen Sie nicht, dass Sie weitergehende Anträge beschließen, als wir sie vorlegen. Das ist dann nicht wahr.
Ich entnehme Ihrem bisherigen Verhalten, dass Sie auch das bejahen und der Kollege Petersdotter das Wort hat.
Ich finde, man kann über das Thema Frieden gar nicht leidenschaftlich genug debattieren, deswegen lasse ich das gern zu.
Vielen Dank. - Die Einschätzung teile ich. Ich sehe den großen Konflikt, den wir jetzt hier besprechen, gar nicht, weil Sie uns Grünen im Wesentlichen vorwerfen - das kann ich in der rhetorischen Zuspitzung verstehen -, wir könnten der Formulierung nicht zustimmen, man dürfe keine Rüstungsgüter in Kriegs- und Krisengebiete liefern.
Ich sehe allerdings nicht, dass wir das in unserem Antrag anders sehen, insbesondere nicht in dem Passus, den ich noch einmal vorlese:
„Außerdem sollten Ausfuhrgenehmigungen verweigert werden, wenn nachweisbar das Risiko besteht, dass die Rüstungsgüter zu internen Repressionen oder zu anderweitigen Verletzungen von Menschenrechten eingesetzt werden. Dies gilt auch, wenn die Rüstungsexporte Konflikte auslösen, verlängern oder verschärften würden.“
Das ist im Prinzip genau die gleiche, aber viel akkuratere Beschreibung, als beschreibe man nur eine Region, in der es durchaus immer wieder Komplikationen gibt. Ich sehe da gar nicht diesen großen Konflikt. Sie sagen, die Grünen seien gar keine Friedenspartei und die SPD, die unter Herrn Gabriel die höchsten Rüstungsexporte genehmigt hat, sei die große Friedenspartei. Ich weiß gar nicht, warum Sie diese Spannung aufbauen.
(Lachen Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt der Richtige!)
Ich kann nur sagen: Sie haben einen sehr langen Satz vorgelesen. Ich finde den Satz: „Rüstungsexporte in Krisengebiete und Diktaturen sind auszuschließen“ klare deutsche Sprache. Das versteht jeder Bürger. Ihr Satz ist sehr lang und enthält viel Wenn und Aber. Man sieht im Übrigen, dass er im Konkreten nicht umgesetzt wird. Wenn wir ihn umsetzen wollen, Herr Kollege Petersdotter, werden wir kritisiert, zum Beispiel aus der Union, zum Beispiel aus der FDP.
Ich gebe zu: Die Kritik kam nicht von den Grünen, aber lassen Sie mich einmal eine Vermutung äußern: Dieser schöne einfache, klare deutsche Satz kommt deswegen nicht in die Resolution, weil die Grünen sich in der Koalition mit FDP und CDU nicht durchsetzen können. So simpel ist das, Herr Kollege.
(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Also wirklich, das ist so einfach! Das ist so etwas von peinlich! Herr Stegner, das ist unter allem Niveau! - Weitere Zurufe)
Jetzt haben nicht die Kollegin Fritzen oder andere grüne Kollegen das Wort, sondern, wenn Sie das gestatten, Herr Kollege Dr. Stegner, der Kollege Harms.
Das ist nett, Herr Stegner. Vielen Dank. - Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich glaube, dass wir versuchen müssen, es konkret zu machen. Der Satz ist schön, den könnten wir so glaube ich - vom Herzen her alle unterschreiben. Aber manchmal sind konkrete Dinge etwas komplizierter. Ich will Ihnen zwei Staaten nennen, bei denen ich sagen würde, dass man durchaus offen sein könnte, Rüstungsexporte zuzulassen.
Es handelt sich um ein Land aus der Krisenregion Naher Osten, nämlich Israel. Wären Sie bereit, Rüstungsgüter dorthin zu liefern?
Ein zweites Beispiel betrifft Südkorea. Im Norden von Korea gibt es einen nach meiner Auffassung immer noch irren Diktator, mit dem sich Südkorea nach wie vor im Kriegszustand befindet. Wären Sie offen dafür, wenn es eine entsprechende Nachfrage gäbe, auch den Südkoreanern Rüstungsgüter zu liefern?
Das sind zwei konkrete Länder in Krisengebieten, die nach dem Wortlaut Ihres Antrags Sie sagen ja mit Recht, das sei sehr sauber, einfach und leicht verständlich formuliert ausgeschlossen wären. Wollen Sie Israel und Südkorea von Rüstungslieferungen aus Deutschland ausschließen?
Ich habe vorhin in meiner Rede ausdrücklich gesagt - das war gleich zu Beginn; das war noch etwas früh, wie ich zugebe -, dass es eine Ausnahme gibt, nämlich in der Tat den Staat Israel.