Protokoll der Sitzung vom 25.09.2019

ausgaben über den Mehreinnahmen liegen, wenn wir richtigerweise die Ausgaben um die jetzt wegfallenden HSH-Finanzfondsmittel bereinigen. Ein Wille zum Sparen ist da überhaupt nicht erkennbar.

Frau Heinold, im März hieß es bei Ihnen noch: Jeden Euro zweimal umdrehen war gestern. - Heute heißt es, jeden Euro dreimal umzudrehen.

(Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie drehen die Mark immer noch um!)

Frau Heinold, Sie können den Euro in Ihrem Ministerium so häufig umdrehen, wie Sie möchten, aber auch Sie können jeden Euro nur einmal ausgeben.

(Beifall AfD - Beate Raudies [SPD]: Aber sie gibt Euro aus!)

Ich kann leider nicht erkennen, dass Sie irgendetwas unternehmen, um unser Land krisenfest für die kommende Rezession zu machen. Im Gegenteil: Ohne die HSH-Effekte übersteigen Ihre geplanten Mehrausgaben sogar noch die erwarteten Mehreinnahmen. Nur was machen Sie, wenn im kommenden Jahr die erwarteten Mehreinnahmen wie Eis in der Sonne dahinschmelzen? - Dann wird aus der geplanten Minitilgung von 36 Millionen € am Ende doch noch ein Schuldenzuwachs. Ihre hohen Einnahmeerwartungen treffen im kommenden Jahr auf die sich wie Öl auf der Wasseroberfläche ausbreitende Rezession.

Wenn noch nicht im nächsten Jahr, dann wird sich diese jamaikanische Ausgabenpolitik, die nicht vorhandene Haushaltsdisziplin dieser Landesregierung spätestens - spätestens! - ab dem übernächsten Jahr bitter rächen. Uns droht schlechtes Wetter, Frau Heinold! Zeit, die Segel zu reffen und nicht noch weitere zu setzen, während die dunkleren Sturmwolken bereits am Horizont aufziehen.

(Beifall AfD)

Diese Landesregierung ist auf das, was kommt, nicht vorbereitet. Schleswig-Holstein bleibt im Ländervergleich Vorreiter bei den Ausgabensteigerungen.

Liebe Steuerzahler, von einem verdienten Euro bleiben Ihnen 46,3 ct zur freien Verfügung. Das hat der Bund der Steuerzahler errechnet. In diesem Jahr zahlt ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt 53,7 % seines Einkommens als Steuern und Abgaben an den nimmersatten Staat. Damit fiel der diesjährige Steuerzahler-Gedenktag auf den 15. Juli 2019. Damit ist der deutsche Steuerzahler die beste Melkkuh schlechthin. In 34 von 36 OECD-Staaten

ist die Belastung der Arbeitnehmer geringer als bei uns. Aber damit nicht genug. Sie wollen mit einer Bepreisung von CO2 - mit der Einführung einer CO2-Steuer - die von Hunderttausenden Sozialleistungsmigranten verursachten Haushaltslöcher stopfen und damit die Armutsspirale im Land weiter befeuern.

(Beifall AfD)

Während Millionen Stromkunden bundesweit die Abschaltung droht, weil sie ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können, weil die Strompreise die höchsten der Welt sind, denken Sie von den Konsensparteien darüber nach, den Landstrom für Kreuzfahrtschiffe von der EEG-Umlage zu befreien.

(Christopher Vogt [FDP]: Und Sie sind die Aggro-Partei!)

Meine Damen und Herren, da fällt mir nur eines ein: Das ist zynisch. Oma Erna sitzt im Dunkeln und friert, weil sie sich zukünftig weder Strom noch Heizung leisten kann, und Sie wollen die Kreuzfahrtindustrie von der EEG-Umlage befreien.

(Ole-Christopher Plambeck [CDU]: Wo ist das?)

Dabei könnten doch die Kreuzfahrttouristen am ehesten einen kleinen Landstromobolus bezahlen. Das ist unsoziale Politik, meine Damen und Herren.

(Ole-Christopher Plambeck [CDU]: In wel- cher Welt leben Sie denn?)

Die ehemalige Partei der kleinen Leute, die alte Tante SPD, mischt bei diesen Vorschlägen immer kräftig mit. Sie wollen mit Ihrer CO2-Steuer - also unter anderem mit diesen umgerechnet 3 ct oder 4 ct, die auf das Benzin noch einmal oben draufkommen - den deutschen Steuermichel noch weiter melken. Dabei ist der Euter schon leer; nur Sie merken es nicht.

(Beate Raudies [SPD]: Der hat vor allen Din- gen keinen Euter!)

Genau deshalb fabulieren die Ersten in diesem Haus auch schon von der Abschaffung der Schuldenbremse - das konnten wir der Presse entnehmen. Sie wollen Hand an die Verfassung unseres Landes legen, um neue Schulden machen zu können. Ich hoffe, dass wenigstens Sie in dieser Frage letztlich standhaft bleiben, Frau Heinold.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Denn es wäre tatsächlich ein Treppenwitz sondergleichen, wenn Sie die Schuldenbremse ausgerech

(Jörg Nobis)

net dann abschaffen, wenn sie das erste Mal eine geringe Bremswirkung entfalten soll. Ein Jahr vor dem Inkrafttreten würden Sie dann die Bremsleitung kappen. So ein verantwortungsloses Gebaren werden wir sicherlich nicht mitmachen

(Beifall AfD)

auch nicht für den vermeintlichen Klimaschutz, Herr Petersdotter.

Wenn Generationengerechtigkeit für Sie nicht nur eine Floskel ist, muss es Ihr Bestreben sein, die hohe Pro-Kopf-Verschuldung dieses Landes langfristig zu senken. Ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der Frage der Generationengerechtigkeit, mithin der Nachhaltigkeit der Landesfinanzen, sind die stetig steigenden Personalkosten. Im vergangenen Jahr hat das Land rund 4,2 Milliarden € für Personal ausgegeben. Das entspricht ungefähr einem Drittel der Gesamtausgaben. In den letzten acht Jahren sind die Personalkosten des Landes um fast 30 % gestiegen. Diese Steigerung beinhaltet zum einen natürlich gerechtfertigte Tariferhöhungen für die Landesbediensteten. Das sind notwendige und für die Attraktivität Schleswig-Holsteins als Arbeitgeber wichtige Ausgaben, denn die Zukunftsfähigkeit unseres Landes hängt maßgeblich von einer wettbewerbsfähigen Verwaltung mit motivierten Mitarbeitern ab. Dafür ist nicht nur Geld notwendig, aber eben auch.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Personalausgaben seit 2016 deutlich überdurchschnittlich angestiegen sind, und zwar ganz konkret durch zusätzliche Stellen, die „im Wesentlichen aufgrund der Integration und Versorgung von Flüchtlingen“ geschaffen wurden.

(Lars Harms [SSW]: Das sind Polizisten!)

- Ja, Herr Harms, der allgemeinen Unruhe entnehme ich, dass Sie das aus einer unverdächtigen Quelle nachlesen wollen und mir da vielleicht keinen Glauben schenken.

(Zurufe)

Diese richtige Feststellung findet sich eins zu eins in den Bemerkungen 2019 des Landesrechnungshofs, wer es nachlesen möchte: Seite 175.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Der böse Rech- nungshof!)

Zum anderen müssen wir uns mit den immer weiter ansteigenden Versorgungsbezügen beschäftigen. Mittlerweile machen diese rund 30 % der gesamten Personalausgaben aus - Tendenz: stetig steigend. Es gilt deshalb, zukünftige Verpflichtungen gegenüber

unseren Pensionären realistisch abzubilden und echte Vorsorge zu treffen. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass wir uns auch in 20 Jahren noch eine Verwaltung leisten können, die unserem Land gerecht wird.

Dabei muss das Ziel nachhaltigen Regierungshandelns erstens sein, zukünftig die Personalausgaben auf ein sinnvolles Maß zu beschränken, und zweitens müssen wir Vorsorge bilden und die tatsächlichen Verpflichtungen realistisch abbilden. Sie tun weder das eine noch das andere, Frau Heinold. Sie legen zukünftig 100 € je Landesbeamten und Monat zurück. Das ist wirklich nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Von einer Abbildung der zukünftigen Versorgungsverpflichtungen kann schon gar keine Rede sein.

Jedes Unternehmen muss Pensionsrückstellungen bilden, wenn es entsprechende Zusagen macht, oder etwa die zukünftigen Zahlungen vertraglich absichern. In einer Bilanz stünde eine Rückstellung auf der Passivseite. In einer Bilanz des Landes Schleswig-Holsteins würde Ihnen mit Blick auf diese Zahlen angst und bange.

Zu der expliziten Verschuldung, also insbesondere der im Kernhaushalt inklusive der HSH-Verbindlichkeiten in Höhe von rund 30,9 Milliarden €, kommt bei kaufmännisch vorsichtiger Betrachtung je nach Schätzung und Ermittlungsverfahren eine ähnlich hohe Summe für Pensionsrückstellungen obendrauf.

(Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogt?

Herr Vogt hat noch Redezeit übrig; da kann er gern auf meine Rede reagieren. Ich lasse keine Zwischenfrage zu. - Danke.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist traurig!)

Mindestens 34 Milliarden € dürften die Pensionslasten mittlerweile erreicht haben - 34 Milliarden €. Die gehören nämlich als implizite Schulden mit zur Staatsverschuldung. Sie kommen damit insgesamt auf 65 Milliarden €, wobei Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen oder auch Leasingverträgen sowie weitere Eventualverbindlichkeiten aus Bürgschaften noch nicht einmal berücksichtigt sind.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

(Jörg Nobis)

Das bedeutet: Die wahre Pro-Kopf-Verschuldung ist mehr als doppelt so hoch, als uns die Schuldenuhr hier im Landeshaus weismachen möchte. Deshalb, Frau Heinold: Seien Sie ehrlich! Schenken Sie den Bürgern reinen Wein ein! Ihr Haushaltsentwurf hingegen ist eine doppelte Null: null Tilgung und null Wille zum Sparen.

Das Land Schleswig-Holstein hat bis heute den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen für ausreisepflichtige Asylbewerber größtenteils unterlassen.

(Zurufe: Ah!)

Die geplante Abschiebehaftanstalt wird am generellen Kurs dieser Landesregierung auch nichts ändern - leider, muss ich sagen. Denn wenn dieses Vollzugsdefizit gestoppt würde, könnten erhebliche Finanzmittel, welche derzeit den illegalen Aufenthalt aufrechterhalten, gesenkt oder sogar komplett gestrichen werden. Da sind wir wieder bei dem, was ich eben schon gesagt habe: Sie können jeden einzelnen Euro zwar hundertfach umdrehen, aber eben nur einmal ausgeben.

Meine Damen und Herren, wir können in einem Rechtsstaat erwarten, dass abgelehnte Asylbewerber nach Abschluss eines rechtsstaatlichen Verfahrens, nach dem letztinstanzlich durch ein Gericht festgestellt wird, dass es keinen Asylgrund gibt, das Land dann auch verlassen, und zwar entweder freiwillig oder aber durch konsequenten Vollzug von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Das wäre rechtsstaatlich, nichts anderes.