Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Bei allen berechtigten Diskussionen über den Trend des E-Sports sollten wir im Auge behalten, dass dieser Trend kein Phänomen für eine Randgruppe oder für Randgruppen ist. 34 Millionen Deutsche benutzen inzwischen Videospiele, und 4 Millionen Deutsche betreiben aktiv E-Sport in Vereinen. ESport ist Teil unserer Kultur geworden. Er ist damit aber zugleich auch ein Trendsetter für neue digitale Anwendungen. Das sollten wir ebenfalls beachten.

Mit unserer differenzierten und inzwischen breit anerkannten Förderrichtlinie möchten wir die Strukturen eines gesunden und kompetenten Aufwachsens im E-Sport schaffen. Wir möchten erreichen, dass sich die Spielerinnen und Spieler treffen, austauschen und gemeinsam trainieren können; unter Anleitung von Trainerinnen und Trainern, die wissen, welche Spiele für welche Altersgruppen geeignet sind. Wir wollen gerade nicht, dass sich Kinder oder Jugendliche isolieren und nächtelang spielen, bis ungesunde Zustände eintreten, sondern wir wollen erreichen, dass die Kompetenzen der E-Sportlerinnen und E-Sportler ausgebildet und trainiert werden und damit auch unsere Gesellschaft und die digitale Welt positiv beeinflussen.

Auch die E-Sportlerinnen und E-Sportler selbst wollen nicht länger allein spielen. Sie suchen den Austausch, sie suchen gerade auch den Austausch in Vereinen. Das ist eine der ganz wichtigen Aufgaben. Sie wünschen sich, qualifiziert trainiert zu wer

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

den. Sie suchen die direkte Kommunikation mit Gleichgesinnten, und sie wollen ihre Mitspielerinnen und Mitspieler auch real kennenlernen. Dabei möchten wir ihnen helfen, denn Sozialisation und Freundschaft finden nicht im Alleinsein statt. Sie finden nur durch Gemeinschaft und ausschließlich durch den Austausch statt. Dies gilt gerade für die Vereine in Schleswig-Holstein, die sich dieser Aufgabe inzwischen angenommen haben.

(Beifall CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Der vollständige Bericht liegt Ihnen vor. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, begrüßen Sie mit mir ebenfalls auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages Herrn Carsten Bauer vom Landessportverband. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem Bericht gibt es viele Aussagen über die Bedeutung und Sinnhaftigkeit von eSport und über die Notwendigkeit, hier gute Strukturen einzurichten. Das sind aber leider nicht die Kernsätze des Berichts. Die Kernsätze sind Folgende, und ich zitiere von Seite 4 des Berichts:

„Derzeit sind keine Haushaltsmittel für die Förderung von eSport und Gaming in den Jahren ab 2020 eingeplant.“

Und ich zitiere von Seite 10:

„Weder im Haushaltsentwurf 2020 noch in der Finanzplanung 2019 bis 2028 sind weitere Mittel für E-Sport eingeplant.“

Meine Damen und Herren, das ist die traurige Wahrheit. Die Vertreter der Koalition sabbeln viel, aber es wird nicht gehandelt, und der E-Sport wird im nächsten Jahr nicht finanziell unterstützt. „Anpacken statt Rumschnacken“ sieht wohl eher anders aus.

Da fordern die Vertreter der Koalition die Fachhochschule Westküste auf, ein Konzept für eine E

Sport-Akademie vorzulegen, und nach Vorlage des Konzepts passiert nichts. Die Heider wollen ein Bildungsinstitut werden, bei dem es auch und gerade um den verantwortungsvollen Umgang mit E-Sport geht und wo man die wirtschaftlichen Chancen der neuen Branche nutzen will, und die Landesregierung und ihre sie tragende Koalition machen nichts. Wer den E-Sport-Bericht liest, kann bei der Beschreibung der E-Sport-Akademie förmlich spüren, wie engagiert die Beteiligten dort zu Werke gehen wollen, wenn man sie denn lassen würde.

Es reicht eben nicht, wenn der Kollege Arp gebetsmühlenartig für den E-Sport wirbt, aber keiner in der CDU ihm folgt. Da scheint man einigen Sportfunktionären auf den Leim gegangen zu sein. ESport ist keine Konkurrenz für den klassischen Sport. E-Sport ist eine Ergänzung mit enormem wirtschaftlichem Potenzial.

Eine neue Studie besagt, dass 19 % der deutschen Bevölkerung schon ein Live-Spiel aus dem E-Sport am heimischen PC oder im Fernsehen verfolgt haben. Für eine eher der Jugend zugeschriebene Beschäftigung ist das eine gewaltige Zahl.

Anfangs haben wir alle gesagt, dass wir wollen, dass Schleswig-Holstein zum E-Sport-Land Nummer 1 werden soll. Inzwischen sagt das nur noch die Opposition. Die regierungstragenden Fraktionen ducken sich weg, weil der Ministerpräsident noch in der Findungsphase ist, ob er E-Sport gut finden soll oder eben auch nicht. Dabei ändert es auch nichts, dass die in diesem Jahr zum ersten Mal bereitgestellten finanziellen Mittel voraussichtlich ausgegeben werden.

Herr Abgeordneter, ich möchte das Hohe Haus um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bitten. Es ist sehr laut hier.

Das ist nun wirklich eine Erwartung, die wir alle haben können, dass dann, wenn ein Parlament für ein politisches Ziel Geld zur Verfügung stellt, dieses dann auch dafür verwendet wird. Dass die Sportvereine und E-Sport-Vereine das Geld abrufen, zeigt, dass der Bedarf besteht. Das Problem ist doch nicht, dass das Geld in diesem Jahr abgerufen wurde, sondern dass in Zukunft nichts mehr zur Verfügung gestellt werden soll.

Die Stadt Kiel zeigt, wie es geht. Die Stadt hat für das Landeszentrum E-Sport und Digitalisierung vorerst eine Unterstützung für drei Jahre signal

(Minister Hans-Joachim Grote)

isiert. Wieso ist das nicht auch für das Land Schleswig-Holstein möglich?

Das Landeszentrum will mit der E-Sport-Akademie in Heide kooperieren, und wir hätten endlich eine Förderinstitution, die Hochleistungssport in diesem Bereich ermöglichen würde. Talente haben wir. Eine Förderung dieser Talente haben wir nicht. Das ist ein Armutszeugnis dieser Landesregierung und der Koalitionsfraktionen.

Es ist ja schön, dass die FDP-Landtagsfraktion einen parlamentarischen Abend zum E-Sport veranstaltet.

(Beifall FDP)

Sicherlich hat man da auch gute Worte für den ESport gefunden, und sicherlich haben die Vertreter des E-Sports auch alle Bedenken und Vorurteile ausgeräumt. Nur am Ende reicht es eben nicht, nur mal darüber geredet zu haben. Am Ende muss dann auch etwas getan werden.

Der E-Sport hat zweistellige Wachstumsraten. Er hat in Deutschland inzwischen einen Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro. Die Wirtschaftsberatungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers schätzt die jährlichen Wachstumsraten in diesem Bereich auf 21 %, wohlgemerkt: jährlich. Wo gibt es das, außer vielleicht im Drogenhandel, dass man solche Steigerungsraten hat, meine Damen und Herren? Hier können wir legal etwas machen; hier können wir legal etwas für unser Land entwickeln. Das, finde ich, sollten wir alle forcieren. Da sollten eigentlich auch die Landesregierung und die Koalition bereit sein, wirklich einmal etwas Geld zu investieren. Man wäre doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn man es nicht tun würde, wenn man diesen Wirtschaftszweig zum Wohle des Landes und zum Wohle der Menschen nicht wirklich fördern würde.

Deswegen, meine Damen und Herren, ganz klar, nehme ich Ihr Motto nun auch wirklich beim Wort: Hören Sie auf zu schnacken und packen Sie es endlich an. Wir brauchen das in diesem Land. Nun machen Sie es auch mal richtig.

(Beifall SSW - Zuruf Dennys Bornhöft [FDP])

Nun - hoffentlich auch bei etwas mehr Aufmerksamkeit - hat das Wort für die CDU-Fraktion die Abgeordnete Barbara Ostmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Zunächst bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Grote, und bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihren Bericht und ganz ausdrücklich bei dem Kollegen Herrn Harms für den entsprechenden Antrag.

(Beifall CDU und FDP)

Er gibt uns die Möglichkeit, diesen in die weiteren Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss einzubeziehen. In der Tat hat nicht nur die Landesregierung den Koalitionsvertrag als Handlungsmaxime verstanden. Auf der Basis eines gemeinsamen Antrags der regierungstragenden Fraktionen und des SSW hat sich auch der Innen- und Rechtsausschuss des Themas angenommen und eine ressortübergreifende Anhörung durchgeführt und dabei die Bedeutung des E-Sports und dessen landespolitische Einbindung über alle Bereiche beleuchtet.

Genau in dieser Hinsicht ist der Titel E-Sport, elektronischer Sport, irreführend. Beim E-Sport geht es nämlich nicht in erster Linie und ausschließlich um die Frage: Ist es Sport oder nicht? Vielmehr handelt es sich dabei um ein Querschnittsthema mit Berührungspunkten zu vielen unterschiedlichen Bereichen.

Wie dem Bericht zu entnehmen ist, sind bereits konkrete Maßnahmen erfolgt, lieber Kollege Herr Harms, und von der Landesregierung äußerst positiv begleitet worden. So wurden über die Richtlinie zur Förderung des E-Sports Haushaltsmittel in Höhe von 500.000 € bereitgestellt, mit denen die Vereinsarbeit - dies ist dargestellt worden - wie auch die Durchführung von E-Sport-Veranstaltungen unterstützt werden können. Auch für das LEZ ist eine Anschubfinanzierung bereitgestellt worden. Das, lieber Kollege Herr Harms, zeigt: Lesen hilft. Damit hat das Land Schleswig-Holstein heute schon mehr getan, als es der Koalitionsvertrag vorsieht. In diesem wird die Etablierung moderner Veranstaltungsformate, wie beispielsweise E-Sport-Events, als Prüfauftrag formuliert. Ich kann hier überhaupt nicht erkennen, dass diese Landesregierung irgendwo zögerlich unterwegs gewesen wäre.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für mich wirft der vorliegende Bericht auch einige Fragen auf. Wir sollten uns klar darüber verständigen, ob wir nur den E-Sport, also das wettkampforientierte Computer- und Videospielen, fördern wollen oder auch das Gaming, das einfache Spielen

(Lars Harms)

und Konsumieren von Videospielen, und wenn, dann mit welchen Konzepten und aus welchen Töpfen.

Ich bedauere sehr, dass die Landesregierung - zuhören, Hans-Jörn! - bis heute trotz zahlreicher Gespräche keine Positionierung zum Konzept oder zur Frage der Förderfähigkeit einer E-Sport-Akademie an der FH Westküste treffen konnte. Gerade die wissenschaftliche, breite und neutrale Begleitung von Chancen und Risiken im E-Sport/Gaming sind in meinen Augen bei einer Fachhochschule genau richtig verortet.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir haben auch zu klären, wie wir dieses, wenn wir weiter darüber beraten, parlamentarisch unterstützen können.

Weiter widmet sich der Bericht der Landesregierung über mehrere Seiten dem Planungsstand zur Errichtung des deutschlandweit ersten Landeszentrums für E-Sport und Digitalisierung in SchleswigHolstein. Und ja, das kann ein Leuchtturm für unser Bundesland werden.

(Beifall CDU, FDP und SSW)

Die Frage, wie dieses Zentrum zukünftig ohne Beteiligung des Landes finanziert werden soll, scheint ungeklärt. Aber aufgepasst: Das Land hat eine Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt. Es war von vornherein klar, dass es sich um eine Anschubfinanzierung handelt. Die Mittel stehen zur Verfügung. Hier ist nichts vom ESBD und von der Stadt Kiel geliefert worden. Das Land aber hat geliefert. Ich sehe auch nicht, dass die Mittel - die stehen im Haushalt - nicht weiterhin zur Verfügung stehen. Deswegen kann ich Ihre Vorwürfe nicht verstehen. Die Anschubfinanzierung war da. Mehr war nicht vereinbart, und das war noch mehr, als im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Es stellt sich allerdings schon die Frage, ob der ESBD als Träger geeignet ist, die erforderlichen Anreize zur kritischen Auseinandersetzung mit Videospielen zu setzen und die gebotene objektive Hilfestellung bei der Vermittlung von Medienkompetenz, Suchtprävention und Bewegungs- und Ausgleichsangeboten zu leisten. Ein Konzept liegt dem Parlament jedenfalls bisher nicht vor.