Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

Ich beantrage deshalb die Überweisung unseres Antrages in den zuständigen Wirtschaftsausschuss und mitberatend in den Umwelt- und Agrarausschuss. Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall AfD)

(Jörg Nobis)

Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Heiner Rickers.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Nobis, ich muss hier einmal mit einigen Dingen aufräumen. Wenn Sie schon der Wissenschaft nicht glauben, dann nutzen Sie wenigstens Ihren Verstand und lassen Sie mich einmal anhand einiger Beispiele und Erfahrungswerte schildern, warum das, was Sie hier behaupten, garantiert nicht stimmen kann.

Wenn Sie im letzten Jahr erlebt haben, dass wir seit Beginn der Temperaturaufzeichnung vor 100 Jahren in Deutschland Hitzerekorde hatten, die dazu geführt haben, dass sogar Aminosäuren in den Bäumen, die dort über 200 Jahre gewachsen sind, denaturiert sind, also die Rinde gesprengt ist, die Bäume relativ schnell absterben, dann ist das doch ein Zeichen, dass wir fünf vor zwölf oder vielleicht auch schon 12 Uhr haben und uns alle Mühe geben müssen, nachhaltiger zu leben, damit das Morgen nicht komplett danebenläuft.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Da ist das Klima elementar. Wenn sich alle einig sind, dass das Pariser Klimaschutzabkommen 1,5 Grad bis 2100 und nicht mehr Temperaturerhöhung auf dieser Erde - eingehalten werden soll, dann sind wir gut beraten, uns alle erdenkliche Mühe zu geben, dieses Klimaziel einzuhalten, und das allein schon aus Eigeninteresse; denn sonst wird es kein lebenswertes Leben mehr auf dem Planeten geben.

Ich will noch eines sagen: Vor über 100 Jahren, Anfang 1900 - das soll gar nicht bewertend sein, sondern das ist nur eine Feststellung - hatten wir 1 Milliarde Menschen hier auf diesem Planeten. Als ich vor über 50 Jahren geboren wurde, hatten wir schon über 3 Milliarden Menschen auf dieser Erde, und heute haben wir 7,8 Milliarden Menschen auf dieser Erde. Es ist doch klar, da brauchen Sie kein Wissenschaftler zu sein, dass 7,8 Milliarden Menschen mehr Anspruch an den Planeten haben als 1 Milliarde. Das führt zu Belastungen, die, wenn wir nicht aufpassen und nachhaltiger werden, am Ende dieses System kippen und den Planeten zugrunde richten.

(Wortmeldung Jörg Nobis [AfD])

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Nobis?

Auf jeden Fall.

Vielen Dank. - Herr Rickers, ist Ihnen bewusst, dass Sie eben Wetter und Klima verwechselt haben, dass das der statistische Durchschnitt des Wettergeschehens der letzten 30 Jahre ist und wir vielleicht erst seit 150 Jahren überhaupt Wetteraufzeichnungen haben?

- Ja, das ist mir bewusst. Ich habe es auch nur als ein Beispiel unter vielen genannt, als ein Beispiel, das Sie auch hätten wahrnehmen können. Sie erinnern sich sicherlich auch an die zwei wetterbedingten Dürresommer; wir haben die 30-jährige Periode noch nicht abgeschlossen. Die liegt in der Zukunft. Wir haben noch 28 Jahre vor uns. Oder nehmen Sie das Jahr davor. Dann haben wir noch 27 Jahre vor uns. Diese Beispiele können Sie wirklich vor Ort spüren. Wenn Sie Ihr Wasserversorger anruft oder anschreibt und sagt: „Bitte gehen Sie auch in Schleswig-Holstein sparsam mit dem Wasser um, weil wir schon den zweiten Dürresommer erleben“, dann ist das ein Alarmzeichen. Das können Sie negieren. Das ist aber so, und wir nehmen das zur Kenntnis und wollen etwas dagegen unternehmen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Vielen Dank. - Glauben Sie denn, dass dieser erhebliche Einsatz von Steuermitteln - immerhin laut Fraunhofer Institut in den nächsten 30 Jahren über 1.000 Milliarden € - gerechtfertigt ist, und glauben Sie, dass das einen Effekt haben wird, dass wir dann hier keine Dürresommer mehr haben, dass wir das Klima retten können? Glauben Sie das persönlich?

- Ja, das glaube ich. Deshalb werde ich versuchen, in meiner Rede darauf einzugehen, und hoffe, in der

Rede Ihre Frage ein Stück weit beantworten zu können.

Wir sind uns also einig. Wir haben ein enormes Klimaproblem. Das werden wir nicht wieder einfangen können. Wir haben doch nicht umsonst auf die jungen Leute, die freitags hier vor der Tür standen und immer noch stehen, gehört. Was war deren vornehmliches Interesse und die Forderung an die Politik? Das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Das haben die uns auf die Fahne geschrieben. Wie wir das am Ende gestalten, können die uns heute auch nicht sagen. Aber das ist das Ziel, und dieses Ziel haben wir gemeinsam akzeptiert. Das wollen wir gemeinsam umsetzen - und nicht nur das.

Ich bin verwundert über Ihre Blauäugigkeit, wie wir hier zukünftig Probleme lösen können. Wir wollen aus Deutschland, aus Europa, auch mit unserem Klimaschutzkonzept und -paket, das wir in der Bundesrepublik vorstellen und verabschieden werden, versuchen, Beispielcharakter für die ganze Welt mit erfolgreichen Projekten der nachhaltigen Wärme, Mobilität und Energieversorgung allgemein zu kreieren, umzusetzen und am Ende auch noch wirtschaftlich machbar und effizient auf den Markt zu bringen. Sollte uns das gelingen - dafür gibt es auch heute schon gute Beispiele -, dann haben wir einen großen Anteil daran, dass wir die Welt nachhaltiger, auch was das Klima, die Klimaveränderung angeht, mitgestalten können.

Ich will noch auf eines hinweisen: Sie haben auch das nicht bedacht. Es gibt Szenarien, die sogenannten Kippmomente, die der Gesellschaft wirklich Schaden zufügen würden, Kippmomente im Zusammenhang mit einer Klimaveränderung auf dieser Welt. Stellen Sie sich vor, das Polareis, egal ob in der Arktis oder Antarktis, wird so weit schmelzen, dass der Effekt der weißen Fläche, die Strahlung zu absorbieren, zukünftig nicht mehr gegeben ist, sondern die dunkle Fläche diese Wärme noch aufnimmt. Dann gibt es ein riesiges Problem, weil sich die Erwärmung potenziert und wir nicht mehr dagegen ansteuern können. Wenn sich Permafrostböden im nördlichen Bereich unserer Hemisphäre tatsächlich auflösen und alles das, was an Klimagas über zum Teil Millionen Jahre gespeichert wurde, in die Atmosphäre gelangt, wird auch da ein Kippmoment eintreten und die Entwicklung so weit beschleunigen, dass wir dem nicht mehr entgegenwirken können. Wenn der Golfstrom zum Versiegen kommt oder der Monsunstrom in Indien nicht mehr funktioniert und die dort keinen Regen mehr abbekommen, werden wir die Probleme weltweit nicht

mehr in den Griff bekommen. Da sind wir gut beraten, uns aus Deutschland mit unserem Ingenieurswissen, mit Innovation, mit Forschung und Technik mit Lösungen zu beteiligen.

Da will ich einmal ein Lob aussprechen, nicht nur für die Rede des Ministers, sondern auch für das, was wir bisher in Schleswig-Holstein geleistet haben. Wir haben Großes geleistet und Voraussetzungen geschaffen, Beispielcharakter für die ganze Welt vorzugeben, was Technologie und Fortschritt auch im Bereich des Klimaschutzes angeht, hier umzusetzen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Im Einzelnen will ich das Klimapaket gar nicht aufmachen. Aber ich will es ausdrücklich loben, weil es das beinhaltet, was am Ende auch politisch den Einfluss ausmacht. Es muss Lenkungswirkung entfalten. Wenn Sie ein Ziel verfolgen, können Sie Lenkungswirkung nur dadurch entfalten, dass Sie entweder starre Grenzen aufzeigen, also das Gesetz auch in Härte Leitplanken aufzeigt und das dann umgesetzt wird, oder indem Sie Anreize schaffen. Genau das ist doch der Ansatz des Klimapaketes, CO2-Bepreisung einführen - das ist doch phänomenal, es ist das erste Mal, dass wir so ein Beispiel machen -, andere Dinge, die klimaneutral laufen, wie Elektromobilität oder Wasserstoff, bezuschussen, ein Stück weit das EEG so modernisieren, dass wir zukünftig in Schleswig-Holstein auch den Abspaltstrom nutzen können, und, und, und. Insofern sind wir da auf einem sehr guten Weg.

Lassen Sie mich vielleicht zwei Sätze zu den anderen Anträgen sagen. Zum Heizöl, aber auch zur Ölförderung im Wattenmeer im Nationalpark wird mein Kollege Lukas Kilian sprechen. Aus umweltpolitischer Sicht - ich bin der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion - habe ich mich natürlich dazu geäußert. Nationalpark ist Nationalpark. Da gibt es Rechte und Gesetz.

Dea fördert ihr Öl hier sauberer als auf allen anderen Plattformen auf dieser Welt. Insofern herzlichen Glückwunsch an die Dea dort. Die machen alles richtig. Aber es ist der Nationalpark, und da wird nach Recht und Gesetz entscheiden. Herr Minister, da haben Sie Recht. Das ist nicht unbedingt in unserer Hand. Wir können es politisch bewerten. Das tun wir. Aus umweltpolitischer Sicht würde ich sagen: Lieber das Öl aufsparen. Das werden wir noch einmal brauchen. Lasst uns erst einmal auf Erneuerbare Energien setzen. - Aber aus wirtschaftspoliti

(Heiner Rickers)

scher Sicht wird es dazu vielleicht eine gegenläufige Meinung meines Kollegen Lukas Kilian geben.

Ich habe alles gesagt. Wir sind gut beraten, die Klimapolitik aktiv anzugehen. Die CDU wird Sie alle dabei unterstützen. Wir haben die Probleme erkannt. Es ist fünf vor zwölf bis 12 Uhr. Ich fordere sie alle auf, diesem Weg zu folgen. Schleswig-Holstein geht mit gutem Beispiel voran. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Um drei Minuten vor zwölf hat das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Interessant: drei Minuten vor zwölf. Viele sagen, es ist fünf vor zwölf. Ich glaube, es ist sehr viel später. Es ist auch später als drei Minuten vor zwölf, wenn wir über das Thema Klima und Klimawandel reden. Ich bin froh, dass - außer den Abgeordneten der AfD in diesem Haus niemand mehr daran zweifelt, dass es höchste Zeit ist, etwas zu tun.

Meine Damen und Herren, die Reparatur des Klimawandels wird uns um ein Vielfaches teurer kommen als alles das, was wir jetzt an möglicher Vorsorge betreiben. Insofern: Die Zahlen, die Sie hier genannt haben, Herr Nobis, sind da, das ist teuer, das ist auch eine riesige Herausforderung an uns als Gesellschaft. Aber es ist trotzdem so, dass alles Nichtstun und Wegschauen unendlich viel teurer wird beziehungsweise zum Teil auch nicht mehr finanziell reparabel ist.

Diese Situation wird immer schwieriger - Sie haben es mit den Kipppunkten genannt -, wenn irgendwann der Kipppunkt da ist, sodass wir es nicht mehr retten können. Deshalb halten wir an den Pariser Klimazielen fest, denn: Eine Unumkehrbarkeit ist das, wovor wir wirklich Angst haben und Angst haben müssen.

(Beifall Heiner Rickers [CDU])

Meine Herren von der AfD, auch wenn ich mir vorgenommen habe, dazu nicht Stellung zu nehmen, möchte ich trotzdem einen Punkt aufgreifen, weil er häufig von Menschen jenseits Ihrer Partei genannt wird: „Wir sind doch viel zu klein als Land. Das nützt doch gar nichts, wenn wir hier in Deutschland, wenn wir hier in Europa die Ziele einhalten, wenn die Big Player, die vermeintlich größeren Ver

braucher in der Welt, sich nicht daran halten, weil sie mehr Bevölkerung haben.“

Dazu möchte ich drei Dinge sagen. Erstens sind diese vermeintlich größeren Länder, zum Beispiel China oder andere, sehr wohl auch auf dem Weg, sich zu entkarbonisieren. Es ist nicht mehr so, dass Europa überall der Vorreiter ist, sondern andere Länder sind auch auf dem Weg.

Zweitens haben wir eine Vorbildfunktion. Es ist so etwas wie eine Graswurzelbewegung, das eine Land fängt an, das andere Land kommt mit, von Europa in andere Länder.

Drittens, meine Damen und Herren, geht es auch um technologischen Fortschritt. Wir müssen mithalten, wir müssen mitentwickeln, wir müssen die Vorreiterinnen und Vorreiter bei klimafreundlichen Techniken sein. Das nützt uns und dann auch der gesamten Welt und dient der Rettung des Weltklimas. Deshalb: Ja, unser Beitrag kann dabei helfen, das Klima zu retten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Heiner Rickers [CDU] - Jörg Nobis [AfD] steht am Mikrofon)

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir müssen den Klimaschutz so ernst nehmen, dass wir ihn in allen Entscheidungen berücksichtigen müssen. Was würde es nützen -

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Nobis?

Vielen Dank, Frau von Kalben. - Habe ich das richtig verstanden? Sie möchten die deutsche Regelungswut, das ist etwas eigenes Deutsches, auf andere Länder überstülpen? Sie sollen das dann auch machen? Ich habe das in meiner Rede Klimanationalismus genannt. Möchten Sie das für andere Länder auch? Wir haben in Deutschland ein schönes Pfandflaschensystem. Selbst Frankreich hat da nicht mitgemacht, obwohl es gut funktioniert. Also nicht einmal unser Nachbar, auch ein Industriestaat, macht das Pfandflaschensystem mit. Wollen wir allen Ländern unser System überstülpen, oder wie habe ich das zu verstehen?

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

(Heiner Rickers)

- Ich habe grundsätzlich eine andere politische Wortwahl als Sie. Ich würde weder von Bürokratiemonstern, noch vom Überstülpen, noch von Klimanationalismus sprechen. Das sind nicht meine Dinge, mit denen ich Politik mache. Wenn wir moderne Technologien entwickeln, können diese sehr wohl auch in anderen Ländern genutzt und auch von anderen Ländern gekauft werden. Auf diese Art und Weise können wir sehr viel Gutes tun für den Klimaschutz in der Welt.