Protokoll der Sitzung vom 15.11.2019

(Zuruf FDP: Soziale Marktwirtschaft!)

- Soziale Marktwirtschaft. Sie lehnt aber eigentlich staatsdirigistische Eingriffe in den Markt ab. Warum ist die FDP denn dann heute dafür, einen Einspeisevorrang für diesen grünen Wasserstoff zu beschließen?

- Wir sind dafür, den Einspeisevorrang zu beschließen, weil wir dieses Thema voranbringen wollen. Das ist doch auch logisch, wenn man den Wasserstoff voranbringen will und einen Energieeinspeisevorgang hat. Deswegen habe ich den Änderungsantrag auch so gesehen.

Dass Sie sich jetzt hier hinstellen und eine solche Frage stellen, zeigt einmal mehr, dass Sie erstens

wohl keine Lust auf dieses Thema und zweitens auch ziemlich wenig Ahnung von diesem Thema haben. Tut mir leid.

(Beifall FDP und CDU)

Erlauben Sie noch eine weitere Zwischenfrage?

Ich möchte darauf jetzt nicht mehr weiter eingehen und gern mit meiner Rede fortfahren.

Schleswig-Holstein, meine Damen und Herren, ist prädestiniert für das Thema Wasserstoff. Schleswig-Holstein hat viel Wind und viele Windkraftanlagen, die eben mehr Strom erzeugen als zurzeit in unsere Netze passen. Wir können selbst nach dem erfolgten Netzausbau noch genügend Energie gewinnen, um hier vor Ort damit Wasserstoff zu erzeugen. Der Wasserstoff kann damit ins Erdgasnetz eingespeist werden oder in die Tanks neuer Autos mit Brennstoffzellen. Wasserstoff ist relativ leicht zu erzeugen und vielseitig einsetzbar. Das ist eine enorme Chance, die sich uns für eine gelingende, für eine innovative Energiewende bietet.

(Beifall FDP)

Leider krankt der Wasserstoffausbau vor allem noch an den hohen Kosten bei der Elektrolyse. Das aber nicht etwa deshalb, weil es zu aufwendig wäre, nein, der Strom, vor allem auch der aus der Windkraft, ist in den letzten Jahren immer billiger geworden. Der Preis für die Elektrolyse ist aber hoch, weil die staatlichen Umlagen und Abgaben den Strom, den man zur Elektrolyse, zur Wasserstofferzeugung braucht, teuer machen.

Diese Rahmenbedingungen werden auf Bundesebene gesetzt. Hier steht die GroKo leider noch auf der Bremse - trotz vieler warmer Worte, die da kommen. Ich glaube, in dieses Thema muss wirklich einmal mehr Zug hinein; denn man darf nicht immer nur von Klimaschutz reden, sondern muss auch liefern und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit wir bei dem Thema auch mehr vorankommen.

Die Rahmenbedingungen, die wir brauchen, sind: Die EEG-Umlage muss weg; denn die EEG-Umlage macht den Strom für die Wasserstofferzeugung teurer. Stattdessen bedarf es einer CO2-Bepreisung über alle Sektoren hinweg, damit die Technologien im Wettbewerb auf einer fairen Grundlage gegeneinander antreten können.

(Oliver Kumbartzky)

(Beifall FDP)

Wir brauchen die richtigen Strukturen im Land, um der Nachfrage nach Wasserstoff, zum Beispiel im Verkehr, auch den Weg zu ebnen. Die norddeutsche Wasserstoffstrategie ist wirklich ein Impulsgeber für die Bundesstrategie, die ja auch auf den Weg gebracht werden soll. Wir setzen dabei auf die Landesregierung und darauf, dass unsere Stimme in Berlin klar und deutlich vernommen wird. Ich habe auch keinen Zweifel, dass das gelingt. Wir zeigen aber nicht nur nach Berlin und lehnen uns dann zurück, sondern auch wir als Land können vieles anstoßen und bewegen.

Viele engagierte Unternehmer wollen in SchleswigHolstein Wasserstoffprojekte umsetzen. Für diese Initiativen und diese innovativen Ideen setzen wir uns ein, soweit wir das als Landespolitiker können.

Wir bitten daher die Landesregierung mit unserem Antrag, aus der vorgelegten norddeutschen Wasserstoffstrategie einen konkreten Maßnahmenkatalog abzuleiten. Wir brauchen diese verstärkten Maßnahmen des Landes, um die grüne Wasserstoffwirtschaft in Schleswig-Holstein aufzubauen.

(Beifall FDP)

Wir können also noch viel tun. Wir werden viel tun. Ich verweise noch einmal auf das Reallabor Westküste, wo gezeigt wird, wie sich wirtschaftlich Wasserstoff erzeugen und verwerten lässt. Die Modellregion Westküste kann dabei als Innovationshub dienen, und von der Westküste aus ergeben sich für das ganze Land Perspektiven für eine grüne Wasserstoffwirtschaft. Nehmen wir also diese Chance für Innovation, diese Chance für Schleswig-Holstein wahr. Gehen wir voran. Wasserstoff kann wirklich das neue Öl werden. Denken wir Klimaschutz groß und über Grenzen hinaus. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag und danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Wir haben durchaus Lust auf Wasserstoff, Herr Kumbartzky.

(Beifall AfD)

Denn Wasserstoff ist die Antriebsart der Zukunft. So hieß es auf den großen Automessen in der Welt schon in den 80er-Jahren. Auch heute heißt es, Wasserstoff ist die Antriebsart der Zukunft, und unter Fachleuten ist man sich ziemlich einig, dass Wasserstoff immer die Antriebsart der Zukunft bleiben wird. Das gilt sicher nicht für den Pkw-Markt, wo Wasserstoff auf absehbare Zeit nicht markttauglich werden wird.

Aber es gibt durchaus interessante Anwendungsgebiete, zum Beispiel die Ausrüstung von Schiffen, Schienenfahrzeugen oder Lkw mit Brennstoffzellen. Wasserstoff ist auch für Fluggesellschaften interessant. In der Raffinerie Heide, die wir gemeinsam mit dem Wirtschaftsausschuss besucht haben, wird im Rahmen eines Pilotprojektes mithilfe von Wasserstoff Kerosin hergestellt, das der Lufthansa zu einem grünen Fußabdruck verhelfen soll. Technisch ist dieser Prozess sehr aufwendig. Bei unserem Besuch wurde auch klar, dass die Betriebswirte und Chemiker dort einräumen mussten, dass der so gewonnene Treibstoff keinesfalls zu einem wettbewerbsfähigen Preis angeboten werden kann. Wasserstoff wird also ein Nischenprodukt bleiben, und das muss man bei aller Begeisterung für diesen sauberen Energieträger immer im Hinterkopf behalten.

Warum kann Wasserstoff trotzdem interessant für Schleswig-Holstein sein? - Nun, weil wir in Schleswig-Holstein zu viel Strom erzeugen. Einer der negativen Effekte der sogenannten Energiewende ist der Überschuss von durch Windkraft erzeugtem Strom, der dann nicht genutzt wird, sondern abgeriegelt werden muss. Letztes Jahr wurden hier über 2.800 GWh Strom aus Wind, Sonne und Biomasse abgeriegelt. Das waren 11 % der Stromerzeugung. Die daraus resultierenden Entschädigungen betrugen rund 294 Millionen €. Das ist nicht gerade wenig, also wirtschaftlich unsinnig. Daher ist die Spaltung von Wasserstoff und Sauerstoff mittels Elektrolyse, für die man dann diesen Strom benutzt, durchaus sinnvoll. So kann dieser Überschuss von Windstrom und Solarstrom halbwegs sinnvoll eingesetzt werden. Der Verlust ist allerdings sehr hoch, weil bei der Herstellung von Wasserstoff für Brennstoffzellen oder synthetischen Gasen oft wenig verbleibt. Bei Gas bleibt gerade einmal ein Wirkungsgrad von 18 % übrig. Daher kann Wasserstoff keine echte Alternative zu fossilen Brennstoffen sein.

Trotzdem ist es richtig, die Technologie weiter zu erforschen und voranzutreiben. Ja, die Landesregierung sollte alle Wege prüfen und bewerten, unter welchen Bedingungen Wasserstoff ökonomisch sinnvoll eingesetzt werden kann. Die in dem Antrag

(Oliver Kumbartzky)

vorgestellten Maßnahmen gehören zu einer umfassenden Strategie und sind zu begrüßen - unter einer Bedingung: Sie müssen nicht nur technisch möglich, sondern auch technisch markttauglich sein. Ein neues EEG - und ich hoffe, darüber sind wir uns alle einig - wollen wir nicht. Es würde nur die Fehler, die bisher gemacht wurden, noch einmal wiederholen.

Deshalb können wir den vorliegenden Antrag gern mittragen, bis auf einen Punkt. Wir halten nichts von einem Einspeisevorrang für erneuerbare Gase; denn dieser Vorrang ebnet aus unserer Sicht den Weg für teure Gase, die dann entweder vom Verbraucher bezahlt oder staatlich subventioniert werden müssen. Die Landesregierung soll also gern prüfen, was machbar ist; denn einen sauberen Energieträger, der praktisch unbegrenzt vorhanden ist, wollen wir, glaube ich, alle. Was sie ganz eindeutig nicht soll, ist, eine Nischentechnologie künstlich mit Subventionen am Leben zu erhalten, weil sie endlich den abgeriegelten Windstrom loswird.

(Beifall AfD)

Daher haben wir diese wichtige Änderung in unseren Änderungsantrag einfließen lassen. Forschung und Entwicklung ja, davon kann das Land nur profitieren, auch vom Know-how her, aber Markteingriffe eindeutig nein. Wer zum Beispiel ein Tankstellennetz aufbauen will, das für die Akzeptanz und Verbreitung dieses neuen Energieträgers wichtig wäre, soll das bitte schön privatwirtschaftlich tun. Weder der E-Mobilität noch den erneuerbaren Energien allein gehört aus unserer Sicht die Zukunft, sondern dem Energiemix. Wenn bezahlbarer Wasserstoff dazugehören würde, wäre das ein großer Gewinn für uns alle. Wir tragen daher den Jamaika-Antrag mit - mit der einen Änderung, die Ihnen seit heute Morgen vorliegt. Dann können wir dem gern zustimmen. Den Alternativantrag der SPD würden wir ablehnen, weil wir ein Zentrum nicht als unbedingt erforderlich sehen. Wenn wir im Ausschuss darüber reden, dann immer gern. Aber in der Sache stehen wir bei dem Jamaika-Antrag plus unserem Änderungsantrag. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für den SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Möglichkeiten, die in der Was

serstofftechnologie und deren Nutzung stecken, sind sehr umfangreich. Sie reichen vom Fahrzeugantrieb über Stromspeicher bis hin zur Wärmenutzung. Damit ist die Wasserstofftechnologie ein wertvoller Bestandteil der Energiewende. Doch so weit sind wir noch nicht. Dieser Allrounder steckt immer noch in den Kinderschuhen.

Die Wasserstofftechnologie und die damit verbundenen Möglichkeiten sind keine neue Erfindung. Diese Technologie und ihre Anwendung gibt es bereits seit vielen Jahren in den verschiedensten Bereichen. Die Herstellung von Wasserstoff ist aber mit einem hohen Energieaufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Das hat sich noch nicht geändert; denn Wasserstoff muss aus Primärenergien hergestellt werden. Heute wird Wasserstoff größtenteils immer noch aus fossilen Energieträgern hergestellt. Das kann und darf langfristig nicht das Ziel sein; denn damit ist nichts gewonnen. Wasserstoff muss aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Erst dann ist es eine saubere Lösung.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber der Weg dorthin ist noch lang. Daher muss gerade in die Forschung und Entwicklung für die Produktion von Wasserstoff viel investiert werden. Wir haben in Schleswig-Holstein mit unseren erneuerbaren Energien, insbesondere durch die Windkraft, gute Voraussetzungen, um überschüssige Energie für die Herstellung von Wasserstoff zu nutzen, und das ist das A und O für die Produktion von grünem Wasserstoff. Wir haben einen Standortvorteil, und mit diesem Pfund müssen wir doch wirklich wuchern.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wenn wir aber über eine nationale und eine norddeutsche Wasserstoffstrategie sprechen, dann wundert es mich doch schon, was vorgestern aus dem Bundeswirtschaftsministerium vorgelegt wurde. Es geht um die geplante Abstandsregelung für Windkraftanlagen. Demnach würden Windkraftanlagen nicht mehr im Umkreis von 1.000 m von Siedlungen gebaut werden. Würde dieser Vorschlag umgesetzt werden, würde das dazu führen, dass es zu einer Halbierung der möglichen Flächen für Windenergie käme. Das wiederum hätte doch eine massive negative wirtschaftliche Folge für die Windbranche und ihre Arbeitsplätze. Darüber hinaus würden auch die Ziele der Windenergie gefährdet.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ja!)

(Volker Schnurrbusch)

Man kann doch nicht ernsthaft über nationale Wasserstoffstrategien reden, wenn man auf der anderen Seite der Stromproduktion aus der Windenergie das Genick bricht.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bundesregierung entgegnet der Kritik, dass Kommunen und Länder jederzeit von den festgelegten Mindestabständen abweichen und geringere Abstände festlegen könnten. Ich frage mich daher, warum dieses Fass überhaupt aufgemacht wurde. Nun wissen wir also, dass Schleswig-Holstein nicht von der Berliner Regelung betroffen ist, beziehungsweise dass sie keine Anwendung finden muss. Unter dem Strich bringt uns das aber jetzt nicht viel weiter; denn Jamaika hat es ganz ehrlich immer noch nicht geschafft, in Schleswig-Holstein den Ausbau der Windenergie zu regeln. Wenn wir heute über eine Wasserstoffstrategie für Schleswig-Holstein und Norddeutschland reden, dann bekomme ich den Eindruck, dass Jamaika mit der Wasserstoffstrategie aufs Gaspedal drückt, aber beim Ausbau der Windenergie mit dem Fuß auf der Bremse steht. So kommen wir doch nicht voran.

(Beifall SSW und SPD)

Nichtsdestotrotz ist es richtig und wichtig, dass wir im Bereich der Wasserstofftechnologie mehr machen. Wir müssen die Forschung, die Produktion und den Ausbau strategisch planen und voranbringen. Wir fangen hier nicht bei null an; denn wir haben in Schleswig-Holstein schon viele Akteure vor Ort, die in diesem Bereich tätig sind. Ich denke zum Beispiel an Projekte im Kreis Nordfriesland, die dort bereits etwas vorangebracht haben, was wirklich fortschrittlich und zukunftsweisend ist.

(Beifall Lars Harms [SSW] und Oliver Kum- bartzky [FDP])

Durch die Stärkung der regionalen Betreiber ermöglichen wir auch eine Wertschöpfung bei uns in der Region. Klar ist auch -