Protokoll der Sitzung vom 11.12.2019

werde darauf drängen, dass wir das tun, und werde mich im Sinne der Beschlussfassung heute auch auf Bundesebene genau für diese Punkte, die wir hier heute angesprochen haben, einsetzen. - Herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um 2 Minuten und 30 Sekunden überschritten. Diese Redezeit steht jetzt auch allen Fraktionen zusätzlich zu. Ich sehe aber nicht, dass davon Gebrauch gemacht wird.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1728 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1892 dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Unruhe)

- Wer ist gegen eine Ausschussüberweisung? Dann ist die Ausschussüberweisung gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/1892, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Damit ist der Alternativantrag gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, der Abgeordneten von SaynWittgenstein und der AfD-Fraktion mit den Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und CDU bei Enthaltung der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Ich lasse dann über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/1728, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Stärkung der politischen Bildung in der Schule

Antrag der Abgeordneten des SSW und der Fraktion der SPD Drucksache 19/1739 (neu)

(Minister Jan Philipp Albrecht)

b) Mündlicher Bericht über das Jahr der politischen Bildung

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1784

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag zu b) wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. - Das ist einstimmig so gewollt.

Für die Berichterstattung erteile ich dann für die Landesregierung der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, das Wort.

(Zurufe: Die ist nicht da! - Tobias von der Heide [CDU]: Sie kommt schon! - Ministerin Karin Prien: Entschuldigung! - Christopher Vogt [FDP]: Nicht die falsche Rede mitneh- men! - Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Es tut mir leid, ich entschuldige mich in aller Form für meine späte Anwesenheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben unsere Demokratie viel zu lange als Selbstverständlichkeit hingenommen. Wir haben zu wenig deutlich gemacht, dass unser freiheitliches System immer aufs Neue von uns Bürgerinnen und Bürgern verteidigt werden muss und dass diese Verteidigung der Demokratie in den Schulen gelernt werden muss. Wir wollen und wir müssen uns noch stärker als bisher darum bemühen, unsere Schülerinnen und Schüler zu mündigen, kritischen und für die Demokratie streitenden Bürgerinnen und Bürger zu bilden. Dafür setzen wir als Landesregierung an zwei Punkten an.

Wir wollen den WiPo-Unterricht stärken. In der Vergangenheit war der Unterricht in Wirtschaft und Politik über die Kontingentstundentafel abgesichert, aber auf den ersten Blick nicht überall als solcher erkennbar. Hier wollen wir nun für Klarheit sorgen.

In der Sekundarstufe I soll jedes Kind in Schleswig-Holstein eine solide politische Bildung bekommen. Das gilt auch und gerade an den Gemeinschaftsschulen. Wir werden WiPo auch an den Gemeinschaftsschulen zukünftig dem gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld zuordnen, um klarzustellen, dass wir an beiden Schulen gleichermaßen geltende Fachanordnungen haben. Ich halte

es für sehr erstrebenswert, Wirtschaft und Politik in allen Schularten in der Sekundarstufe I in vier Jahreswochenstunden zu unterrichten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Die Schulen im Land sollen sich dabei darauf verlassen können, dass wir auch die nötigen Ressourcen bereitstellen, damit alle Schulen Wirtschaft und Politik in der Sekundarstufe I als Pflichtfach anbieten können.

Durch die neue Oberstufenreform, deren Anhörung wir derzeit auswerten, wollen wir WiPo in der Einführungsphase auch nach dem jetzigen Entwurf bereits stärken. In der Q-1-Phase gibt es nur eine Veränderung im gesellschaftswissenschaftlichen Profil. Diese kann aber von den Schulen kompensiert werden. Nur im letzten Halbjahr in der Q-2-Phase könnten die Schülerinnen und Schüler zukünftig WiPo abwählen, um mehr Zeit für die Prüfungsvorbereitung zu haben. Da sprechen wir im Ergebnis über rund sechs Wochen, die wir an WiPo-Unterricht oder eben an einem anderen gesellschaftspolitischen Fach einsparen würden. Darüber werden wir nach Vorlage der Ergebnisse der Anhörung im Ausschuss noch sprechen.

Wir wollen darüber hinaus sicherstellen, dass im Fach Wirtschaft und Politik auch tatsächlich beides in angemessenem Umfang unterrichtet wird und dass der politikwissenschaftliche Unterricht lebensnah und altersangemessen unterrichtet wird. Aber die Stärkung des WiPo-Unterrichts allein greift viel zu kurz. Es geht nicht um einzelne Fächer und Wochenstunden, sondern darum, Demokratiebildung allgemein stärker an unseren Schulen zu verankern. Demokratiebildung findet - das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen - nicht nur im WiPo-Unterricht statt. Sie ist eine Querschnittsaufgabe, die zum Beispiel auch in der Deutschstunde, im Kunstunterricht, im Erdkundeunterricht und in vielen anderen Fächern, aber auch auf dem Schulhof eine wichtige Rolle spielt.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Demokratiebildung kann und muss in vielfältiger Form in den schulischen Alltag integriert werden. Deshalb gehört dieses Thema auch in die Ausbildung aller Lehrkräfte, nicht nur der Politiklehrkräfte.

Für die Gemeinschaftsschulen haben wir deshalb bereits in diesem Jahr damit begonnen und sogenannte Demokratiebausteine in die Lehrkräfteaus

(Vizepräsidentin Aminata Touré)

bildung eingeführt. Wir können dabei an vielen Initiativen der Schulen ansetzen und müssen das Bewusstsein bei Schulleitungen und Lehrkräften stärken, die vielfältigen Möglichkeiten der Demokratiebildung zu nutzen und in den schulischen Alltag zu integrieren.

Deshalb hatten wir das Jahr 2019 zum Jahr der politischen Bildung ausgerufen. Gemeinsam mit den Schulen und unseren außerschulischen Partnern, dem Landesdemokratiezentrum, dem Landesbeauftragten für politische Bildung, haben wir vielfältige Aktionen und Angebote entwickelt. Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten meinen herzlichen Dank für die Durchführung des Jahres der politischen Bildung aussprechen. Ich bin wirklich sehr angetan, wie viele gute Ideen aus dieser Zusammenarbeit entstanden sind. Das gilt im Übrigen auch für unsere Projekte, die wir zum Teil auch mit Ihrer Hilfe an den Schulen neu eingeführt haben. Hier ist das dialogP-Projekt zu nennen, das viele Abgeordnete wahrgenommen haben. Das war ein Projekt, bei dem in den Wahlkreisen - und zwar außerhalb der Wahlkampfzeit - mit Jugendlichen an deren Themenwünschen gearbeitet wurde.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt AfD)

Dabei wurde nach Vorbereitung durch die Jugendlichen auf Augenhöhe mit den Jugendlichen diskutiert. Die Resonanz, die ich über die Schulen von Schülerinnen und Schülern erfahren habe, war sehr positiv. Ich selbst habe mir das vor einigen Tagen an der Klaus-Groth-Schule angeschaut. Ich kann sagen, auch dort war der Austausch mit den Schülerinnen und Schülern zu ihren Themen außerordentlich bereichernd. Deshalb darf ich Sie bitten, und ich würde mich freuen, wenn Sie die Gelegenheit nutzen, auch im nächsten Jahr diese Möglichkeiten weiter zu nutzen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt AfD)

Wir werden das Projekt im nächsten Jahr fortsetzen.

Wir haben viele andere Formate, die wir auch fortsetzen werden: Juniorwahl KIDS ist ein tolles Programm, das wir an den Grundschulen durchführen. Dort lernen Kinder schon im Alter von acht, neun Jahren Lust an Demokratie, Lust am Wählen. Das Material, das wir dazu angeschafft haben, ist nicht nur geeignet für die Europawahl, sondern auch darüber hinaus. Auch das werden wir weiterführen.

Meine Damen und Herren, sehr gespannt können wir weiter auf das Demokratiewerk sein, unser neues Schülerlabor zum Thema Demokratie, das wir gemeinsam mit der Christian-Albrechts-Universität entwickelt haben und das wir bereits zum Tag der Deutschen Einheit in unserem Landeszelt vorgestellt haben. Das geht jetzt in die detaillierte Umsetzung. Auch das ist ein wirklich wichtiges Projekt an der Schnittstelle Hochschule, Schule, Wissenschaft und Praxis. Auch darauf freue ich mich ganz besonders.

Meine Damen und Herren, ich darf zusammenfassen: Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler zu Demokraten, zu mündigen Bürgern erziehen. Wir wollen sie zu Toleranz und Empathie erziehen. Das tun wir mit Demokratiebildung, das tun wir auch mit politischer Bildung im Fach WiPo an unseren Schulen. Ich glaube, wir tun es letztlich aber am allerbesten dadurch, dass wir Vorbild sind für unsere Schülerinnen und Schüler.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgen- stein [fraktionslos])

Die Ministerin hat die vereinbarte Redezeit um zwei Minuten überschritten. Diese Zeit steht jetzt auch allen Fraktionen zu. Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering.

Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir unseren Antrag gestellt haben, ist ja nun schon ein paar Wochen her, aber um das noch einmal zu erklären: Es gab mehrere Anlässe dafür. Da haben wir zuallererst den Jungen Rat der Stadt Kiel, der unserer Ministerin sogar einen von 35 Organisationen gestützten offenen Brief für den WiPo-Unterricht überreicht hat. Dann ist da natürlich der Dauerbrenner Oberstufenreform und mit ihr die zwiespältigen Signale des Ministeriums im ausgerufenen Jahr der politischen Bildung. Und schließlich, ganz aktuell, ist da unser Landesbeauftragter für politische Bildung, der Alarm geschlagen hat.

Ich finde: Ja, es lohnt sich wirklich, unseren engagierten jungen Leuten zuzuhören. Der Junge Rat setzt sich seit Jahren sehr bestimmt und eigentlich unüberhörbar für einen verpflichtenden WiPo-Un

(Ministerin Karin Prien)

terricht ab der 7. Klasse an allen weiterführenden Schulen ein.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und FDP)

Und ich muss sagen, es gehört schon einiges an Selbstbewusstsein und Überzeugung dazu, sich öffentlich gegen Entscheidungen der Landespolitik zur Wehr zu setzen. Ich weiß nicht, ob ich mich das in dem Alter getraut hätte. Also wirklich, Hut ab! Deswegen sollten wir auch nicht ignorieren, welche verärgerten Signale vonseiten der Jugendvertretungen und Organisationen kommen. Sie haben sich wirklich mehr als enttäuscht gezeigt. Wir beim SSW - und das kann ich wohl auch von der SPD ehrlich sagen - stehen jedenfalls nicht nur in Wort, sondern auch in Tat an der Seite der Schülerinnen und Schüler.

(Beifall SSW und SPD)

Darum setzen wir mit unserem Antrag auch nicht ausschließlich auf die Oberstufe. Wir sind der Meinung, dass Wirtschaft und Politik in den Kontingentstundentafeln der Sekundarstufe I an Gymnasien und an Gemeinschaftsschulen mit einem verpflichtenden Mindestkontingent von sechs Jahreswochenstunden unterrichtet werden sollte. Es darf nicht dem Zufall überlassen werden, ob unsere Schülerinnen und Schüler, wenn sie nach der 10. Klasse die Schule verlassen, in WiPo unterrichtet worden sind.