Protokoll der Sitzung vom 24.01.2020

(Unruhe)

- Herr Dr. Stegner, darf ich weiterreden, oder haben Sie etwas zu sagen? Dann gehen Sie ans Mikrofon!

Es war beeindruckend zu sehen, wie Gründer von Zero Emission Marine in Alameda an Schiffen arbeiten, die mit Brennstoffzellen ausgerüstet sind, sodass der Fährbetrieb über die Bay ohne jede Emission ablaufen kann. Ebenso beeindruckend war ein Start-up in der Uni-Stadt Berkeley, in der CO2 nur mithilfe von Wasser und Strom recycelt wurde, um Kraftstoffe und Chemikalien daraus zu gewinnen. Gegründet wurde dieses Start-up übrigens von zwei Forscherinnen, die in Stanford studiert haben und einen Kommilitonen ins Boot nahmen, um ihre Firma zu gründen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir auch in Deutschland genügend junge und durchaus auch ältere Innovatoren beherbergen. Die OECD hat gerade festgestellt, dass die Top-Berufswünsche - zumindest bei den Jungs - Manager, IT-Techniker und Ingenieur sind. Das lässt hoffen.

Um den Unternehmergeist, der durchaus auch hier existiert, zu stärken, kann eine frühzeitige Erziehung in dieser Richtung nur gut sein. Deswegen unterstützen wir den Antrag.

Hoffnungsvoll habe ich vernommen, dass ein Unternehmer aus Wedel, also aus unserem Land, bereit ist, einen Inkubator, also eine Art Brutkasten, für Start-ups zu unterstützen. Wenn sich Land, Kreis und Kommune hier einbringen, würde ich das sehr begrüßen.

Ich möchte bei der Gelegenheit auch noch einmal auf den Herrn Wirtschaftsminister eingehen, der meine Bemerkung zu den E-Scootern vielleicht falsch verstanden hat. Mir ging es darum, die Diskrepanz aufzuzeigen, die zwischen dem Hype um die Roller und dem gewünschten Effekt auf den Verkehr besteht. Die Unternehmer sollen da gern ihr Glück versuchen.

Erziehung zum Unternehmertum, Unternehmergeist fördern - das ist eine echte Zukunftsaufgabe, damit unsere besten Köpfe nicht ins Silicon Valley abwandern. Die Agentur Bloomberg hat Deutschland gerade auf Platz 1 der innovativsten Länder der Welt gesetzt, aber leider nur auf Platz 26, was die Innovationen an Hochschulen betrifft.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Peer Knöfler)

Da gibt es viel nachzuarbeiten. Der Beginn dazu sollte in der Schule liegen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Unterscheidung nicht so stehen lassen, die der Kollege Habersaat in seiner Rede vorgenommen hat, so nett es auch ist, sich an diesem Pult mit Humoristik zu versuchen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie tun das ständig, aber erfolglos, Herr Kollege! - Zurufe)

- Ich komme gleich noch zu Ihnen, Herr Stegner. Die Unterscheidung von Schülern in Häuptlinge und Indianer finde ich unangemessen.

(Beifall FDP und AfD)

Dass wir viele Indianer bräuchten, wir Indianer nicht förderten und man nur mit Abitur Häuptling werden könne, ist die falsche Denke.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD)

Genau das ist das Problem, das wir in der Bildungspolitik haben, dass das so dargestellt wird. Meines Erachtens müssen wir das tun, was unsere Landesregierung macht, indem den Leuten im Handwerk zum Beispiel mit der Meistergründungsprämie ermöglicht wird, selbstständig einen Betrieb zu übernehmen, ohne dafür einen Hochschulabschluss oder ein Abitur zu brauchen.

(Vereinzelter Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD)

Ich finde die Unterscheidung, die Sie hier eben getroffen haben, unredlich, Herr Habersaat.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Herr Dr. Stegner, da Sie so freundlich waren und dazwischengerufen haben, erlaube ich mir noch kurz eine Bemerkung zum Thema Unternehmertum und Sozialdemokraten. Während der Rede des Kollegen Habersaat kam die Eilmeldung, dass der ehemalige SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel jetzt Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank wird.

(Zurufe CDU: Hört, hört! - Jörg Nobis [AfD]: Rote Häuptlinge! - Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich glaube langsam, aber sicher, dass sozialdemokratische Abgeordnete glauben, dass der richtige Einstieg in die Wirtschaft nur funktioniert, wenn man im öffentlichen Dienst anfängt, dann in ein Parlament gewählt wird, innerhalb der Partei aufsteigt und dann eine Führungsposition übernimmt. Das ist nicht der normale Weg, aber möglicherweise für Sozialdemokraten. Herr Dr. Stegner, ich wünsche Ihnen viel Erfolg. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD - Zurufe SPD)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, zur Ruhe zu kommen.

Für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, das Wort.

(Zurufe SPD)

- Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, jetzt der Ministerin zuzuhören.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Den nächsten Bahnvorstand nehmen wir uns dann auch mal vor! - Anhaltende Unruhe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich fange einmal ein bisschen lauter an und starte mit einem Versöhnungsangebot: In drei Wochen ist Valentinstag.

(Vereinzelter Beifall und Zurufe)

Manche werden schon jetzt nervös. Deshalb habe ich einen Tipp für Sie. Es gibt tolle Alternativen zu Blumensträußen und so etwas, nämlich - jetzt komme ich zum Thema - handgemachte Naturkosmetik aus biologisch angebauten Inhaltsstoffen, made in Schleswig-Holstein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kaufen können Sie diese Produkte bei einer Schülerfirma der Gemeinschaftsschule Mildstedt. Das ist eines von vielen spannenden Projekten, mit denen wir den Gründergeist an unsere Schulen bringen, und das mit wachsendem Erfolg.

Schülerfirmen und andere Angebote der Entrepreneurship und des Intrapreneurship zeigen den Jugendlichen Wege in die berufliche Selbständigkeit, aber natürlich werden nicht alle Schülerinnen und Schüler später Unternehmerinnen und Unternehmer werden. Das sollen sie auch nicht. Vielmehr geht es darum - jetzt wird es ernst -, den Jugendlichen zu zeigen, wie sie eigene Ideen umsetzen und mit eigener Kraft aktiv werden können.

Entrepreneurship Education fordert Kreativität, verantwortliches Handeln und soziale Kompetenz.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Das sind übrigens genau die Erziehungsziele, die wir in unserem Schulgesetz gemeinsam verankert haben.

Lernen, das Spaß macht und praxisorientiert ist, zu lernen, dass man Unternehmerinnen oder Unternehmer sein kann und es werden kann, dass man es schaffen kann - damit leistet Entrepreneurship Education weit mehr als nur die Stärkung des Unternehmungsgeistes an den Schulen. Sie leistet einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu selbstständigen, eigenverantwortlichen und mündigen Bürgerinnen und Bürgern.

Entrepreneurship Education ist eine der Schlüsselkompetenzen, die Jugendliche heute erlernen müssen. Die Europäische Kommission interpretiert Entrepreneurshipkompetenz als eine von acht Schlüsselkompetenzen für das lebenslange Lernen, die sie gemeinsam mit allen EU-Ländern stärken möchte. Dazu hat die EU eine Reihe von Leitlinien zur Förderung des unternehmerischen Denkens in Bildung, Ausbildung und Studium aufgestellt. Übrigens: Auch im Aktionsrahmen der UNESCO zu Bildung 2030 lässt sich Entrepreneurship Education dem Themenfeld hochwertige Bildung zurechnen, und das zu Recht.

Meine Damen und Herren, wir brauchen junge Menschen mit unternehmerischer Kreativität und Innovationsfähigkeit, mit Leistungsmotivation und einem rationalen Umgang mit Risiko- und Verantwortungsbewusstsein. Das brauchen wir in Schleswig-Holstein, Deutschland und Europa.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Deshalb ist es der Landesregierung ein zentrales Anliegen, dass jedes Kind in Schleswig-Holstein einmal eine Schülerfirma gegründet oder mitge

gründet hat oder zumindest die Gelegenheit hatte, in einer Schülerfirma oder einem anderen Vorhaben der Entrepreneurship Education mitzuwirken.

Ich war leider nicht in San Francisco, aber ich war vor einigen Monaten in Israel, der Start-up-Nation par excellence. Wir haben unter anderem mit Hochschulen darüber gesprochen, wie sie es eigentlich schaffen, diese Kultur des Entrepreneurship bei den Jugendlichen zu wecken. Denn Offenheit für Technologie und der Willen, selber zu gestalten, sind bei jungen Israelis stärker verbreitet als bei uns. Wir haben uns dort angeschaut, wie man das macht. Wir haben es uns übrigens auch in Estland und - ich muss es leider sagen, Frau Waldinger-Thiering - in Skandinavien angeguckt, auch in Dänemark, denn auch die Dänen sind bei diesen Themen richtig gut.

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Ja!)

Auch da schauen wir hin, um zu lernen, und übernehmen gute Konzepte. Deshalb werden wir unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse unser Landeskonzept Entrepreneurship Education zum Schuljahr 2020/2021 entwickeln. Wir wollen die vielen guten Ansätze und Erfahrungen, die es übrigens in Schleswig-Holstein schon gibt - da brauchen Sie, Herr Habersaat, Ihr Licht gar nicht unter den Scheffel zu stellen; auch unter der Vorgängerlandesregierung hat man sich schon um das Thema gekümmert - und die wir im In- und Ausland dazu haben gewinnen können, nutzen, um ein richtig gutes Konzept auf den Weg zu bringen.

Wir haben gute Kooperationspartner in diesem Bereich. Die Joachim Herz Stiftung wird uns dabei intensiv unterstützen. Das IQSH bereitet dazu entsprechende moderne und innovative Fortbildungsveranstaltungen vor.