Am Ende dieser Entwicklung stehen dann gemeinsame Kandidaten mit der AfD. Deshalb müssen die Haltelinien gleich am Anfang gezogen werden.
(Heiterkeit - Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Jörg No- bis [AfD]: Sie können es ruhig sagen! Die Sonne scheint! Wir haben es nicht beantragt! - Zuruf: Ein Schleswig-Holstein-Problem! - Erneut Heiterkeit)
Ich wollte noch darauf hinweisen, dass wir in dieser gemeinsamen klaren Abgrenzung gegenüber der AfD, die wir hier fraktionsübergreifend praktizieren, im Übrigen dadurch bestätigt werden, dass die Umfragewerte für die AfD nirgendwo niedriger sind als hier bei uns in Schleswig-Holstein.
Dazu trägt die AfD in Schleswig-Holstein mit ihrer eigenen Partei bei angesichts des desolaten Zustands, in dem sich die AfD hier mit ihren parteiinternen Querelen befindet. Dennoch, finde ich, ist dies ein sehr gutes Beispiel dafür, wie sehr es auf den Zusammenhalt der Demokraten in der Abgrenzung gegenüber Extremisten ankommt. Denn nur gemeinsam werden Demokraten in dieser Frage erfolgreich sein.
Meine Damen und Herren, ich will deshalb an dieser Stelle auch einige Worte in Richtung von Linken, SPD und Grünen in Thüringen verlieren. Denn eine abgewählte Landesregierung kann anschließend nicht einfach so weitermachen, als sei nichts geschehen. Wer den Zusammenhalt der Demokraten gegenüber der AfD propagiert, darf auch nicht ohne eigene Mehrheit in eine Ministerpräsidentenwahl hineingehen und im Vorfeld schon Ministerposten an Parteifreunde verteilen.
Wir als Union müssen uns an dieser Stelle selbstkritisch fragen, ob wir nicht schon im Vorfeld selbst alle denkbaren Auswege ausgeschlossen haben. Aber immerhin haben wir über Duldung, über Stimmenthaltung, über Projektregierung diskutiert. Und ich frage mich: Wo war denn das Entgegenkommen von der anderen Seite?
Immerhin liegt die Thüringer Landtagswahl mittlerweile fast vier Monate zurück. Von einer Bereitschaft Ramelows, auf das Ministeramt zu verzichten, oder von einer Bereitschaft zu einer unabhängigen Expertenregierung, die dennoch mit den Stimmen von CDU und FDP hätte gewählt werden können, habe ich während dieser ganzen Zeit nichts gehört.
Wer, wie Ramelow, in den letzten zwei Wochen fordert, die CDU müsse nun im nächsten Wahlgang für ihn stimmen,
baut damit auch keine Brücken. Das grenzt eher an Erpressung als an ein Suchen nach gemeinsamen Lösungen.
Erst in den letzten beiden Tagen konnte man den Eindruck gewinnen, dass jetzt tatsächlich nach einer gemeinsamen Lösung gesucht wird. Ich muss sagen: Die bisherigen Vorschläge von den verschiedenen Seiten sind nach wie vor stark von taktischen und politischem Kalkül geprägt. Aber immerhin geht das jetzt in die richtige Richtung.
Klar ist doch: Vor der nächsten Ministerpräsidentenwahl braucht es eine Verständigung, die für eine Mehrheit im Thüringer Landtag sorgt. Und dafür dürfen wir uns als Demokraten nicht von Populisten und Extremisten gegeneinander ausspielen lassen, sondern dafür müssen wir gemeinsam eine Lösung finden.
Auch nach dem Eklat von Thüringen: FDP und CDU sind keine Nazi-Freunde. Wer sich solch einer Sprache bedient und damit Demokraten verunglimpft, hat selbst jeden Anstand verloren. Dagegen müssen wir uns als Demokraten gemeinsam zur Wehr setzen.
Wir sollten auch achtsam mit unserer eigenen Sprache umgehen; denn nichts ist schlimmer, als wenn wir uns unter Demokraten gegenseitig beschimpfen
Ich bin deshalb sehr froh darüber, dass wir in der gemeinsamen Erklärung der fünf antragstellenden Fraktionen für diese Aktuelle Stunde formuliert haben, dass wir sowohl solidarisch mit den Opfern rechter Hetze sind als auch mit denjenigen, die jetzt infolge der Ereignisse in Thüringen Opfer linker Gewalt geworden sind. Denn Linksradikale, die die AfD mit Gewalt bekämpfen und dabei auch demokratische Parteien ins Visier nehmen, stehen genauso außerhalb unseres demokratischen Spektrums wie die AfD selbst. Auch dagegen müssen wir uns als Demokraten gemeinsam wehren.
Meine Damen und Herren, was wir stattdessen brauchen, ist ein Miteinander der Demokraten, ein gegenseitiges Aufeinanderzugehen, ein gemeinsames Suchen nach Lösungen.
Wir brauchen also genau das, was wir hier als Jamaika-Koalition tagtäglich hier in Schleswig-Holstein machen. Das ist nicht einfach. Das macht auch viel Arbeit, und das macht auch nicht immer nur Spaß. Aber es ist das Beste, das wir für unsere Gesellschaft tun können. Das wiederum ist ein richtig tolles Gefühl, dass wir hier in Schleswig-Holstein Vorbild sind, dass wir zeigen, wie es anders geht und wie man es besser machen kann.
Deshalb gilt mein Dank zu allererst unseren Koalitionspartnern von Grünen und FDP. Aber ich will auch die Oppositionsfraktionen von SPD und SSW ausdrücklich erwähnen. Für das gute demokratische Miteinander, dass wir in diesem Hause pflegen, sage ich auch Ihnen herzlichen Dank.
Ich finde es schon bemerkenswert, dass eine solche Aktuelle Stunde von fünf Fraktionen gemeinsam beantragt wird. Das halte ich für ein gutes Zeichen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir folgenden Hinweis: Wenn wir hier wirklich in freier Rede sprechen, wie unsere Geschäftsordnung das auch vorsieht, dann kann es hin und wieder, wie vorhin, im Ablauf zu dem einen oder anderen Sachverhalt kommen. Ich finde, wir sollten das gegenseitig respektieren. Die freie Rede ist sozusagen die Krone der parlamentarischen Debatte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Tagen haben sich viele zu Wort gemeldet, die davor warnten, die Ereignisse in Thüringen zu hoch zu hängen. Berlin sei nicht Weimar. Die Wahl von Herrn Kemmerich sei doch ein Ausrutscher. Die AfD sei eine demokratische Partei, die dort ein Viertel der Wählerschaft repräsentiere.
Ich kann hier gern Richard von Weizsäcker, den ehemaligen Bundespräsidenten, zitieren, der einmal gesagt hat:
Das ist ein kluger Satz, der sich lohnt, ihn in Erinnerung zu behalten; denn die Geschichte lehrt: Demokratien gehen selten mit einem lauten Knall unter, sondern sie sterben schleichend, weil sie nicht wehrhaft genug sind und weil sie Dinge ignorieren, denen sie sich widmen sollten.
Zwei Dinge sind für die Sozialdemokraten glasklar: Erstens. Man kooperiert nicht mit Rechtsradikalen, niemals und nirgendwo!
Zweitens. Bei allem notwendigen Wettstreit zwischen den demokratischen Parteien: Es vereint uns mehr, als uns trennt. Was uns eint, ist die entschiedene Ablehnung der Demokratiefeinde von rechts. Ich kann weiten Teilen Ihrer Rede zustimmen, Herr Kollege Koch, und bedanke mich dafür an dieser Stelle.