Wir wissen aus drei Kreisen in Schleswig-Holstein und auch aus der Stadt Kiel, dass von der Option der Bereichsausnahme Gebrauch gemacht werden sollte. Mit den Änderungen in § 5 gibt das Land nun diese Rechtssicherheit an die Kreise und kreisfreien Städte weiter, ohne allerdings - das ist für mich ein wichtiger Punkt - allen Kreisen die Anwendung aufzudrängen. Es bleibt kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, Kreise und kreisfreie Städte können frei wählen.
Früher erfolgte die Einbeziehung Dritter, konkret der Hilfsorganisationen, in den öffentlichen Rettungsdienst oft durch eine Direktbeauftragung mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrags. Rettungsdienstleistungen wurden in der Vergangenheit bundesweit fast nie ausgeschrieben, weil dieser Bereich als per se nicht vergabepflichtige Ausübung hoheitlicher Gewalt angesehen wurde. Eine Zäsur erfolgte mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2008 zur Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und damit des Vergaberechts auf den Rettungsdienst. Auch der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass der Rettungsdienst nicht als Teil der öffentlichen Gewalt anzusehen sei und daher nicht länger vergaberechtlich privilegiert werden könne. Danach bestand grundsätzlich eine Ausschreibungspflicht für die Einbindung Dritter in den öffentlichen Rettungsdienst. Dies hat sich nun durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs im letzten Jahr geändert. Auf Basis dieses Urteils haben wir die Gesetzesänderung vorgenommen.
Ich hoffe, dass wir hier auch im Ausschuss schnell weiterkommen und das Gesetz schnell umgesetzt werden kann. Meine Damen und Herren, ich bitte um Ausschussüberweisung und danke für die Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Das ist auch meine dritte Rede und der dritte Anlauf zur Bereichsausnahme im Rettungsdienstgesetz. Der Groschen ist endlich gefallen. Ich freue mich sehr, dass das beharrliche Nachbohren der SPD und der Hilfsorganisationen endlich auch bei CDU, Grünen und FDP durchgedrungen ist.
Das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-SamariterBund, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser Hilfsdienst sind kompetente und zuverlässige Partner an unserer Seite in Sachen Rettungsdienst und Katastrophenschutz. Die von uns schon länger geforderte Bereichsausnahme im Rettungsdienstgesetz stärkt die Hilfsorganisationen im Rettungsdienst.
Der Rettungsdienst ist ein sensibler Bereich der Daseinsvorsorge. Mit der Bereichsausnahme haben wir unseren Kommunen eine faire Chance gegeben, sich vor Billiganbietern auch international zu schützen. Denn billig allein wird uns in der Not nicht helfen.
Die Mitarbeit der Hilfsorganisationen im Rettungsdienst ist auch wichtig für die hohe Qualität im Katastrophenschutz, ja im wahrsten Sinne unsere Rettung. Wenn Kontinente brennen, wenn die Elbe und die Meere über die Ufer treten, wenn Orkane gleich in Serie auftreten oder wenn das Coronavirus uns Menschen ahnen lässt, was eine Pandemie ist oder sein kann, dann verstehen wir alle, was Katastrophenschutz meint und was Katastrophenschutz ist.
Aber sind wir auf all das wirklich gut vorbereitet? Ich weiß es nicht. Ja, im Prinzip sind wir gut vorbereitet. Wir müssen aber deutlich mehr tun für unsere Katastrophenschützer und damit für uns selbst. Retten muss man lernen, können und mit entsprechenden Profis und Ausbildern auch außerhalb von Katastrophen können dürfen.
Um ein anderes klassisches Beispiel zu bemühen: Eine Feuerwehr ist eine großartige professionelle Retterin, aber ohne die ehrenamtlichen Freiwilligen Feuerwehren hätten Kommunen keine Chance. Das wissen wir alle. Bei den Freiwilligen Feuerwehren haben wir gelernt, dass wir ohne das Ehrenamt keine Chance in der Katastrohe haben, nirgendwo in Deutschland. Das gilt auch für die Rettung unser al
ler Leben in der allergrößten Not. Ohne Malteser oder DRK, ohne ASB oder die Johanniter wären wir in der Not schnell am Ende. Darum brauchen wir für die Katastrophenhelfer auch in der Rettung ein angemessenes und sinnvolles Betätigungsfeld was der realen Not entspricht -, um auch dieses unverzichtbare Ehrenamt professionell begleiten und qualifizieren zu können.
Wir Sozialdemokraten sind nicht nachtragend. Wenn sich Ministerpräsident Günther und DRKPräsident Gorrissen nun einig sind, dass Katastrophenschutz eine Schlüsselkompetenz für unsere Gesellschaft ist und nicht den europäischen Ausschreibungsspielregeln unterfallen muss, dann ist das richtig. Das sehen wir genauso. Schließlich haben uns andere Bundesländer schon vor drei Jahren das war der Auftakt zu der Serie - vorgemacht, dass das geht, dass das richtig ist und dass man Bereichsausnahmen beschließen kann.
Wir freuen uns nun und unterstützen den Gesetzentwurf, nach unseren Anläufen im Juli 2018, Januar 2019 und nun im Februar 2020 zum dritten Mal für Schleswig-Holstein. Uns sind die Namensgeber vollkommen egal, den Rettungsdienstträgern übrigens auch. Lassen Sie uns unsere ehrenamtlichen Rettungsorganisationen im Ausschuss noch einmal draufgucken; das sollten sie tun. Ich glaube, dass wir den richtigen Weg gefunden haben. Was lange währt, wird endlich gut. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, der Rettungsdienst ist immer für uns alle da.
Es geht um Leben und Tod, um Notfälle und um lebensbedrohliche Erkrankungen. Das haben meine Vorredner schon deutlich gemacht. Wenn es um Sekunden und Minuten geht und Haupt- und Ehrenamt gut zusammenarbeiten, haben wir einen gut funktionierenden Rettungsdienst in Schleswig-Holstein. Das sollte uns allen ein großes Anliegen sein. Denn wir können alle jederzeit selbst in die Situation kommen, dass wir dringend Hilfe brauchen.
Seit 2015 haben wir - auch darauf ist eben schon hingewiesen worden - wiederholt über das Rettungsdienstgesetz gesprochen und Novellen auf den
Weg gebracht. Wir Grüne - da muss es aufseiten des ehemaligen Koalitionspartners ein großes Missverständnis geben - haben von Anfang an einen klaren Kurs gehabt. Wir haben von Anfang an gesagt: Wenn die juristischen Stolpersteine aus dem Weg geräumt sind, dann wollen wir gern den parlamentarischen Weg freimachen und die Bereichsausnahme in Schleswig-Holstein ermöglichen. Ich freue mich, dass wir das heute gemeinsam mit unseren Jamaika-Partnern auf den Weg bringen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen nicht von Landesseite etwas vorschreiben, sondern die Tür öffnen für eine neue Möglichkeit für die Kommunen. Das finde ich ganz wichtig. Der Kollege Neve nickt. Wir haben in unseren Vorbereitungen besprochen, dass es gerade für die Kommunen, die Kreise und kreisfreien Städte, die in der unmittelbaren Verantwortung sind, richtig ist, dass sie die Möglichkeit haben, dass wir als Land es aber nicht vorschreiben, weil wir uns nicht in die kommunale Selbstverwaltung einmischen wollen. Wir wollen die Kreise dabei unterstützen, einen gut funktionierenden Rettungsdienst vor Ort vorzuhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken. Der Kollege Neve hat gerade ausführlich geschildert - den Teil erspare ich Ihnen und mir -, wie die juristischen Wege gewesen sind. Die Klägerin hat ihre Klage jetzt zurückgezogen, sodass wir den Weg freimachen können.
Ich bedanke mich bei allen Beteiligten. Ich möchte mich auch ausdrücklich bei der Staatssekretärin a. D. der Küstenkoalition, Anette Langner, bedanken, die hartnäckig immer wieder Gespräche gesucht, Informationen an uns herangetragen und einen Beitrag dazu geleistet hat, dass wir diesen Gesetzentwurf heute vorlegen.
Ich freue mich auf die weiteren Beratungen mit den Kolleginnen und Kollegen im Sozialausschuss. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rechtskreis rund um das Rettungsdienstwesen ist sehr komplex und umfasst Regelungen sowohl auf Landes- und Bundes-, als auch auf europäischer Ebene. So kommt es, dass durch EU-Rechtsprechung letztendlich die Bundesländer gefragt sind, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um bei dem Vergabeverfahren die heimischen Hilfsorganisationen unterstützen zu können und gleichzeitig die erfolgreiche Arbeit der Kreise und kreisfreien Städte weiterlaufen lassen zu können.
In Ostholstein oder Rendsburg-Eckernförde ist für diese wichtige Arbeit beispielsweise der Rettungsdienst Holstein AöR zuständig, in Kiel die Feuerwehr zusammen mit dem Arbeiter-Samariter-Bund und vielen mehr. Es gibt viele Möglichkeiten, den Rettungsdienst vor Ort auszugestalten. Oberste Priorität hat hierbei immer die schnelle und professionelle Hilfe vor Ort. Diesen hohen Ansprüchen genügen wir in Schleswig-Holstein. Darauf kann man stolz sein, vor allem muss man den Beschäftigten im Rettungsdienst vor Ort ausdrücklich hierfür dankbar sein.
Nun gibt es mit der Frage der Bereichsausnahme eine juristisch interessante, aber auch praktisch relevante Frage, welche nun durch den EuGH beantwortet wurde. Da kann man froh sein, dass Ihr Groschen, Herr Heinemann, nicht nur gefallen ist, sondern es sogar geschafft hat, bis nach Luxemburg in das Gebäude des EuGH zu rollen.
Sie wussten es sogar schon ein Jahr vorher. Es ist eben eine lange Strecke, die so ein Groschen bis Luxemburg rollt. Gut Ding will Weile haben. Jetzt wird es umgesetzt.
Die Entscheidung des EuGH lässt sich auf wenige Punkte zusammenfassen: Handelt es sich bei dem Rettungsdienst um eine Aufgabe der Gefahrenabwehr? Diese Frage hat der EuGH bejaht. Es ist auch entschieden, ob der Krankentransport zur Gefahrenabwehr gehört. Jetzt können wir hier guten Gewissens und rechtssicher voranschreiten. Hierzu hatten wir uns im letzten Jahr klar positioniert. Ich meine, es waren so ziemlich alle Fraktionen, die gesagt haben: Sobald der EuGH hier Rechtssicherheit geschaffen hat, sind wir die Letzten, die sich dagegen
Von besonderer Bedeutung ist für uns, dass sich die Helfer und Träger vor Ort nicht auf unnötige Verkomplizierung und Bürokratiehürden einstellen müssen, sondern wir mit dem vorliegenden Vorschlag eine möglichst einfache, aber effektive Lösung schaffen, um das Vergabeverfahren auch in Zukunft simpel und fair zu gestalten. Bisher gibt es in den Ländern ganz unterschiedliche Auswahlverfahren und Regelungen. Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und auch Nordrhein-Westfalen haben das sogenannte Submissionsmodell. Das erweist sich als richtig. Die hier aufgestellten Regelungen des Systems sind zielführend. Dieses Modell, bei dem Kreise und kreisfreie Städte Träger und damit verantwortlich für den Rettungsdienst sind, hat sich bewährt. Wir werden das so beibehalten.
Mit der heutigen Gesetzesänderung, welche die Möglichkeit der Beauftragung nach § 5 des Rettungsdienstgesetzes zur operativen Erfüllung der rettungsdienstlichen Leistung konkretisiert, werden wir als Jamaika-Koalition Rechtssicherheit schaffen, wie es Herr Heinemann angesprochen hat. Wir werden dem Rettungsdienstträger EU- und bundeskonform die Möglichkeit geben, ohne weitere Ausschreibung die Vergabe von Leistungen vorzunehmen. Ich möchte betonen: Wir zwingen sie nicht dazu. Kreise und kreisfreie Städte kriegen die Möglichkeit, sie müssen es aber nicht. Sie können weiterhin eine EU-weite Ausschreibung machen, sodass der Markt prinzipiell für alle offen ist. Das ist uns besonders wichtig.
Wir setzen damit weiter auf Bewährtes und festigen die bewährten Strukturen im Land. Auch in Zukunft bedarf es eines transparenten Auswahlverfahrens. Das Wettbewerbsprinzip gilt. Auch Nicht-Diskriminierung beziehungsweise Gleichbehandlung bleiben Aspekte, die berücksichtigt werden. Insoweit schaffen wir es, effizient und zielgenau notwendige Regelungen umzusetzen.
Es ist Zeit, dass wir hier pragmatisch vorangehen und für die Sicherheit der Bevölkerung hier im Parlament geradestehen. Ich freue mich auf die weitere Beratung im Ausschuss. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! In der Tat stehen wir hier nicht zum ersten Mal zum Thema Rettungsdienstgesetz und Bereichsausnahme. Wir haben einen Teil der damaligen Debatte wiederholt, es geht natürlich um die Frage, wieweit die Bereichsausnahme nun eine Regelung gefunden hat. Seit dem vergangenen Jahr wissen wir das. Das war genau der Hintergrund, warum wir die verfrühte Debatte im Januar kritisiert hatten.
Es geht um die Frage, ob bei Ausschreibungen gemeinnützige Organisation bevorzugt behandelt werden sollen. Die bisherige Fassung des Rettungsdienstgesetzes beinhaltet, dass Rettungsdienstträger Dritte beauftragen können, die operativen Tätigkeiten des Rettungsdienstes zu erfüllen. Neben den Eigenbetrieben wie beispielsweise der Berufsfeuerwehr können gemeinnützige Träger die Aufgaben des Rettungsdienstes wahrnehmen. Dies sind zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Malteser, die Johanniter oder auch freie und private Organisationen, um die es in dieser Streitfrage letztlich ging.
Im letzten März hat der EuGH also über die Vergabe von Rettungsdienstleistungen in Deutschland entschieden und die sogenannte Bereichsausnahme konkretisiert. Das Urteil erlaubt nun den Auftraggebern, die Bereichsausnahme bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen anzuwenden. Die Auftraggeber können Aufträge zur Notfallrettung nun direkt an gemeinnützige Organisationen im Sinne des Europarechts in Deutschland vergeben, ohne diese europaweit ausschreiben zu müssen.