Zur Geschäftslage teile ich Ihnen mit, dass wir nun gleich den Tagesordnungspunkt 17, Tiertransporte begrenzen, beraten werden. Zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführungen ist vereinbart worden, dass wir dann die Punkte 15 und 61 miteinander tauschen, nämlich Antrag und Bericht zum Zukunftslabor.
(Hans-Jörn Arp [CDU]: Erst Tiertransporte, dann Zukunftslabor! Da tauschen wir! Dann morgen die anderen Punkte!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Tiertransporte haben wir auf unsere Initiative hin im zuständigen Agrar- und Umweltausschuss bereits im letzten Jahr behandelt. Dort wurde eine schriftliche sowie eine mündliche Anhörung durchgeführt. Das Ergebnis der Anhörung hat uns darin bestärkt, dass es richtig und wichtig war, das Thema Tiertransporte in den parlamentarischen Raum zu hieven.
Es ging seinerzeit um die Kreisveterinäre und Landräte, die rechtliche Klarheit im Umgang mit der Genehmigung von Tiertransporten gefordert hatten. Weiter ging es um den Transport ins Aus
land außerhalb der EU sowie die dortigen unzureichenden Kontroll- und Versorgungsstationen auf den Transportrouten. Zu guter Letzt geht es um Tierwohl und Tierschutz.
Ich muss ihnen sagen: Mein Eindruck ist: Wir sind kein Stück weiter als vor einem Jahr. Wir haben zwar für die Veterinäre eine rechtliche Klarheit für die Genehmigung erreichen können - das ist auch gut so -, aber ansonsten bleibt festzustellen, dass die Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss nichts bewirkt hat.
Die Kontroll- und Versorgungsstationen auf den Tiertransportrouten sollen überprüft werden. Die Bundesregierung wurde gebeten, sich für die Klärung, Absicherung und Zertifizierung der möglichen Transportrouten einzusetzen. - Hier haben wir seitdem nichts gehört. Da ist nichts passiert. Immer noch werden Tausende von Rindern aus Deutschland auf den Weg nach Nordafrika oder bis ins mittlere Asien bei Missachtung der geltenden Tierschutzregeln lebend verfrachtet. Aus diesem Grund haben wir als SSW wieder einen Antrag eingereicht, um die Tiertransporte endlich zu begrenzen.
Wir wollen, dass grundsätzlich die Schlachtung der Tiere am nächstgelegenen Schlachthof stattfinden soll. Wir wollen ein Exportverbot für lebende Tiere in Drittländer außerhalb der EU sowie stärkere Kontrollen der Tiertransporte.
Was für die einen oder anderen wie ein Wünschdir-was-Katalog anmutet, ist die klare politische Forderung, die wir als SSW aus den eingangs beschriebenen Anhörungen mitnehmen. Denn uns ist dort klargeworden, dass in diesem Bereich vieles im Argen liegt und die Umstände teilweise katastrophal sind, sodass wir endlich Lösungen brauchen, die rechtssicher und transparent sind. Daher unser Antrag, denn damit schaffen wir Klarheit und Rechtssicherheit.
Um das Problem umfassend zu lösen, brauchen wir bundes- und EU-einheitliche Regelungen. Deshalb geht uns auch der Änderungsantrag von Jamaika nicht weit genug. Die Forderung, eine Datenbank mit Informationen zu Transportrouten und Versorgungstationen in Nicht-EU-Länder anzulegen, macht deutlich, dass Jamaika nicht gewillt ist, von der bisherigen Praxis abzurücken, die Tiere weiterhin über Tage und Wochen nach außerhalb der EU zu transportieren.
Jamaika will die Transportzeiten nicht begrenzen, aber genau das ist unser Punkt. Wir wissen, dass wir uns in Schleswig-Holstein und in Deutschland politisch schwertun, wenn es um die Kennzeich
nung von Produkten oder wenn es um bestimmte Gütesiegel auf Produkten geht. Das bedeutet, das Tierwohl spielt bei uns in Deutschland immer noch eine untergeordnete Rolle.
Zum Tierwohl gehört nach Auffassung des SSW ganz klar auch der Transport. Je kürzer wir die Tiere solchen Stresssituationen aussetzen, desto besser ist das für das Tier. Daher geht unsere grundsätzliche Forderung ganz klar dahin, dass der nächstgelegene Schlachthof das abschließende Ziel der Reise sein soll. Kein Landwirt soll mit dieser grundsätzlichen Forderung in die Arme bestimmter Schlachtereien getrieben werden. Das ist nicht unser Bestreben. Vielmehr ist das verfolgtes Ziel, das sich aus unserer Forderung ergibt, der Ausbau der Schlachtund Veredlungsbetriebe im Land. Wir brauchen viel mehr regionale Verarbeitungs- und Veredlungskapazitäten.
Wir schauen uns die Tiertransporte an und betrachten sie hauptsächlich unter dem Aspekt des Tierschutzes. Das ist richtig so. Aber es ist auch wichtig, welche wirtschaftlichen Chancen damit verbunden sind. Neben dem Tierwohl wollen wir die lokale und regionale Ebene stärken. Damit verringern wir die Distanz zwischen dem Landwirt und dem Konsumenten. Das sorgt für Wertschöpfung, verringert die Kosten und stärkt das Tierwohl.
Gerade in dieser Zeit macht die Krise deutlich, wie wichtig es ist, einen stabilen inneren Markt zu haben. Hierzu zählt natürlich auch das fleischverarbeitende Gewerbe. Je stärker der lokale und regionale Markt ist, desto besser. Der Lebendtransport von Tieren, der mit jedem Kilometer das Tierwohl verschlechtert, darf nicht länger ein Geschäftsmodell sein, das wir zulassen. Darum plädieren wir für klare und schärfere Regelungen, vor allem für strenge zeitliche Begrenzungen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Je später der Nachmittag, desto geringer die Disziplin mit dem Mundschutz. Damit meine ich nicht den Herrn Redner, sondern diejenigen, die hier sonst durch die Gänge laufen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist fast ein Jahr her, dass wir in ei
ner umfassenden mündlichen Anhörung am 8. Mai 2019 uns über Tiertransporte in sogenannte Drittstaaten informiert haben. Da ging es vordringlich um die Exporte von weiblichen Zuchtrindern und um sonst nichts. Festgestellt worden ist, dass Routen, die vorgegeben waren, so vielleicht gar nicht existieren und es durchaus festgestellte Mängel gibt. Wir sind uns alle einig hier in diesem Haus, dass wir die gemeinsam abstellen wollen.
Lars Harms, dass sich nichts getan hat, ist nicht so. Im Nachgang sind Routen überprüft worden, und die Handelsunternehmen bekommen heute nur eine Transportgenehmigung, wenn die Routen zu denen gehören, die überprüft sind, zugelassen und digitalisiert überprüft werden. Das Ganze bezieht sich aber nur auf einen relativ kleinen Kreis von transportierten Tieren.
Damit komme ich zum Kern Ihres Antrags, der insofern, was die Tiertransport-Verordnung der EU angeht, gar nicht schlecht ist. Ähnlich denken wir auch. Aber jetzt komme ich zum Kern. Der betrifft insbesondere die Landwirtschaft hier in SchleswigHolstein. Ich behaupte einmal, es wäre ein Todesstoß für unsere tierhaltenden Betriebe, wenn sie auf einem Inlandstransport nur noch vier Stunden transportieren dürften, egal ob Schlacht- oder Nutzvieh, Zuchtvieh, Sportvieh. Dazu komme ich im Einzelnen noch. Wenn der nächstgelegene Schlachthof verpflichtend angelaufen werden müsste, wäre jeglicher Wettbewerb ausgeschaltet.
Ich will gar nicht auf die Beispiele eingehen, die Sie immer bemühen - Massentierhaltung, Massenschlachtung, Großbetriebe und prekäre Beschäftigungsverhältnisse -, sondern ich will Ihnen anhand einiger Beispiele aufzeigen, was sich in SchleswigHolstein Gutes getan hat, was sich verändert hat.
Wir haben 75 % Selbstversorgung zum Beispiel beim Verzehr von Eiern. Ein Ei wird aber nur produziert, wenn ein Huhn auch Eier legt. Es muss als Küken aus Niedersachsen nach Schleswig-Holstein gefahren werden. Das dauert länger als vier Stunden. Es muss irgendwann im Kreislauf auch wieder zurückgeführt werden. Es wird nicht in SchleswigHolstein geschlachtet, weil sich das nicht lohnt, sondern geht wieder nach Niedersachsen. Die VierStunden-Begrenzung würde in dem Bereich heißen, auch Hühnerfreilandmodelle, Ökohühnerhaltung, Bodenhaltung und so weiter, all die Bereiche, die Sie heute kennen, wären in Schleswig-Holstein ausgeschlossen.
Kapazität dafür nicht haben und b) dafür auch nicht den Markt, gehen in die Ballungszentren, vornehmlich ins Ruhrgebiet. Sie werden in Schleswig-Holstein produziert, und wenn Sie sie hier aufladen, können Sie sicher sein, dass nach einer Stunde Aufladungszeit und zwei Stunden mit 60 km/h bis zum Elbetunnel nach Hamburg vier Stunden bis zur Schlachtung garantiert nicht eingehalten werden können. Die Schafhaltung in Schleswig-Holstein wäre damit gefährdet.
Pferde, die hier gezüchtet werden, oder Pferde, die vielleicht in Belgien und Holland gezüchtet werden und in Schleswig-Holstein aufgezogen werden, weil es hier so schöne frische Luft, Wiesen und Weiden in den Marschen gibt, dürften nicht transportiert werden. Da wären die vier Stunden überschritten, vielleicht auch die acht. Das ist ja ein internationaler Transport aus der Schweiz. Das kommt nicht infrage. Pferdehaltung und Zucht sind bei uns das Aushängeschild im Pferde- und Reiterland Schleswig-Holstein. Das wäre gefährdet. Insofern ist auch das abzulehnen.
Jetzt komme ich zu den Kernbereichen, Rinder und Schweine. Stellen Sie sich einmal vor, in Nordfriesland würden Schlachtschweine verladen werden. Es dauert allein schon zwei Stunden, bis ein Lkw mit 185 Schlachtschweinen transportfähig ist. Wenn er dann dort losfährt, braucht er mindestens drei Stunden bis zum Tunnel, dann vielleicht auch noch drei Stunden bis zur Schlachtstätte, die vornehmlich in Niedersachsen liegt, obwohl wir Kapazitäten in Schleswig-Holstein haben. Das bedeutet also ein Transport von über vier Stunden, also keine Schweinehaltung in Schleswig-Holstein mehr.
Schauen Sie zu Ihren vertrauten Nachbarn nach Dänemark. Die exportieren 5 Millionen Ferkel. Sollten wir die als Transitland in Schleswig-Holstein nicht mehr durchlassen? - Das ist eine spannende Frage, die Sie aber mit den Dänen diskutieren müssen. Das würde für unsere Schweinehalter garantiert einen richtigen Preisaufschlag bringen, wenn die hier nicht mehr durchfahren würden. Sie werden in Spanien und Polen produziert und später auch dort geschlachtet.
Und Rinder? - Auch das sehen Sie aktuell nur an dem Beispiel der 14-tägigen Schließung des Schlachthofs Vion in Bad Bramstedt mit einer mittleren Kapazität. Wenn der dichtmacht, haben wir sogar Kapazitätsprobleme in Schleswig-Holstein. Die Tiere müssen gefahren werden, oder sie müssen irgendwo zu Hause bleiben. Auch das wäre ein Garaus für die Rinderhaltung.
Jetzt komme ich noch mit einem Positivbeispiel. Schauen Sie doch einmal in die Köge, auf die Inseln und Halligen, wie viel Vieh dort heute glücklicherweise wieder auf den Weiden gemästet wird. Es kommt vornehmlich irgendwo aus dem ostdeutschen Bereich. Es handelt sich um große Muttertierherden, die dort extensiv hervorragend gehalten werden können, weil es dort ein anderes Klima gibt und die Böden durchlässig sind. Sie werden hierher zur Mast gefahren. Auch das wäre dann vorbei.
Lars Harms, ich glaube, das wollen Sie nicht. Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab und bitten um Zustimmung zu dem unsrigen. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich danke dem Kollegen Heiner Rickers für die umfangreiche Aufzählung, denn letztendlich macht sie deutlich, dass es nötig ist, dass wir über diese Systeme der Transporte und der Schlachtungen nachdenken.