Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

schaften konnten und die Schuldenuhr plötzlich einmal rückwärtslief.

Diese Schulen werden wir zurückzahlen müssen, nicht irgendwann, wie Herr Nobis hier zu suggerieren versucht, sondern mit einer klaren Vorgabe: Schuldentilgung ab 2023 und in 20 Raten. Damit folgen wir übrigens dem Beispiel des Bundes und dem vieler anderer Bundesländer.

Es steht außer Frage, dass die Tilgung dieser Schulden das Land in den nächsten Jahren in seiner Handlungsfähigkeit einschränkt. Wir werden künftig also alle gut daran tun, bei jeder Aufgabe sorgfältig zu prüfen, ob sie wirklich erforderlich ist. So hat unser UKSH bereits einen zusätzlichen Mittelbedarf von 125 bis 150 Millionen € angemeldet. Das ist bereits mehrfach gesagt worden. Da ist es gut, dass beim Bundesgesundheitsministerium ein Expertenrat gebildet wurde, der bis zum 30. Juni 2020 den Krankenhausrettungsschirm auswertet. Wenn bei den Maximalversorgern nachgesteuert werden muss, sehe ich auch den Bund mit in der Pflicht.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gut, dass für die weiteren Investitionen Vorsorge getroffen ist. Allein im Sondervermögen IMPULS liegen nach dem positiven Haushaltsabschluss 2019 mehr als 1,4 Milliarden €. Da hat die Küstenkoalition damals doch eine wirklich gute Idee gehabt, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Finanzministerin, von Ihnen erwarte ich spätestens nach der Mai-Steuerschätzung einen aktuellen Stand zur Entwicklung des Landeshaushalts und für die mittelfristige Finanzplanung.

Es erfordert keine besonderen Fähigkeiten, um zu prophezeien, dass die Haushaltsberatungen für uns alle eine besondere Herausforderung und eine besondere Erfahrung werden. Niemand kann derzeit ernsthaft sagen, welche finanziellen Einbußen auf welche staatlichen Ebenen zukommen. Herr Vogt, auch wenn ich verstehen kann, dass es in Ihrer DNA liegt, pauschale Steuererhöhungen grundsätzlich abzulehnen - Steuersenkungen für die Wirtschaft können auch nicht die einzige Antwort sein, denn Steuersenkungen zahlen keine Kredite zurück.

(Jörg Nobis [AfD]: Aber wir sind ja schon Zahlweltmeister!)

- Herr Nobis, dieser Zwischenruf ist nicht einmal eine Antwort wert.

(Zurufe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind froh, dass einige unserer Vorschläge Eingang in den Nachtragshaushalt gefunden haben.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Meine Damen und Herren von der Koalition, ich freue mich, dass Sie unsere Ideen so toll finden, dass Sie sie jetzt sogar als Ihre verkaufen. Das freut uns ganz besonders, aber wir sind doch stolz auf unsere Urheberschaft.

(Beifall SPD)

Lars Harms hat das hier dankenswerterweise erwähnt; die Vokabel „inspirierend“ fand ich sehr hübsch.

(Zurufe)

Punkt 1: Beitragserstattung für Kindergärten, Horte und Schulbetreuung für einen weiteren, den dritten Monat. Sowohl die Kitas als auch die Betreuungsangebote an den Schulen werden mindestens bis zu den Sommerferien nicht für alle Kinder öffnen. Deshalb kann man den Eltern diese nicht erbrachten Leistungen nicht auch noch in Rechnung stellen. Familien tragen in dieser Zeit sowieso schon eine riesige Last. Wir haben es heute mehrfach gehört. Die Beitragserstattung hilft da zumindest ein Stück weiter.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle zwei Bemerkungen am Rande: Wir, die SPD, bleiben bei unserer Überzeugung, dass die Betreuung von Kindern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und die KitaGebühren deshalb endlich auch in Schleswig-Holstein abgeschafft werden müssen.

(Beifall SPD)

Ohne Kita-Gebühren hätten wir dieses Problem jetzt gar nicht.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Ohne Corona auch nicht! - Weitere Zurufe)

Auch Eltern von Schulkindern, die Beiträge für Betreuungsangebote zahlen, bekommen ihre Beiträge zurückerstattet. Aber darüber hat die Landesregierung Eltern und Träger viel zu lange im Ungewissen gelassen. Gut, dass diesmal klar ist, dass alle gemeint sind.

Punkt 2: Verbesserungen beim digitalen Lernen. Eines ist in dieser Zeit sehr deutlich geworden - auch da bin ich nicht die Erste, die das heute ausspricht -:

(Beate Raudies)

Die Digitalisierung der Schulen einschließlich der Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit leistungsfähigen Geräten muss schneller gehen. Mir haben Grundschullehrerinnen von Familien mit zwei Kindern berichtet, bei denen es ein digitales Endgerät gibt, nämlich das Smartphone der Mama, und das ist aus dem Haus, wenn Mama morgens ins Pflegeheim putzen geht. Da ist da dann nichts mit digitalem Unterricht. Das macht deutlich, wie unterschiedlich die Voraussetzungen in den einzelnen Haushalten in unserem Land sind, und es macht deutlich, dass der Zugang zu digitalen Endgeräten ein Baustein zur umfassenden Teilhabe an Bildung ist.

Wir freuen uns sehr, dass jetzt 15 Millionen € zur Förderung des digitalen Lernens zur Verfügung stehen. In den Gesprächen mit der Koalition haben wir vereinbart, dass es um zusätzliches Landesgeld geht und nicht um die zusätzlichen Bundesmittel, die hoffentlich bald kommen werden. Es ist dringend erforderlich, dass wir da von beiden Seiten ein bisschen Geld in die Hand nehmen.

(Beifall SPD)

15 Millionen € sind eine Menge Geld. Hierunter fällt natürlich auch die Entwicklung von Lernplattformen. Für uns vorrangig ist aber die Unterstützung der Schulträger bei der Bereitstellung digitaler Endgeräte. Das Ziel ist, dass alle bedürftigen Schülerinnen und Schüler ein digitales Endgerät zur Verfügung gestellt bekommen.

(Beifall SPD, Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Herr Koch, wenn Sie auf die Formulierung abstellen: Der Ministerpräsident hat versprochen, allen Schülerinnen und Schülern in Schleswig-Holstein bis 2022 ein Tablet zur Verfügung zu stellen, also müssten wir da wohl noch eine Schippe drauflegen.

Schade, dass sich die Koalitionsfraktionen nicht dazu durchringen konnten, die Kommunen vom Eigenanteil beim DigitalPakt zu entlasten. Gut, dass wir uns darauf verständigt haben, diese Frage im Rahmen der Gespräche über die Kostenteilung nach der Pandemie einzubeziehen.

Punkt 3: weitere Unterstützung für Kulturschaffende. Kultur, die auf Publikum im analogen Raum angewiesen ist, wird am längsten und am umfassendsten von der Krise betroffen sein. Selbst unter Schutzmaßnahmen wird eine Rückkehr in das normale Kulturleben wohl nur eingeschränkt möglich sein. Auch die Begrenzung auf 50 Personen, von

denen heute Morgen die Rede war, ist nicht überall eine Hilfe. Zumindest die Kolleginnen und Kollegen aus dem Kreis Pinneberg kennen vielleicht das Theaterschiff Batavia; da ist auch mit einer Zahl von 50 Personen nicht viel geholfen, weil man es in dieser Location kaum hinkriegen kann, Publikum hineinzukriegen.

(Martin Habersaat [SPD]: Die machen im Sommer immer ganz toll Open-Air-Kino!)

- Ja, Open Air ist kein Problem, aber im Schiffsbauch ist das schwierig. Wir werden sehen. Kultur ist kreativ. Die finden bestimmt Lösungen.

Der erhöhte Zuschuss, den wir zur Verfügung stellen, soll dazu dienen, eine mehrmalige Antragstellung der Kulturschaffenden beim Kulturhilfefonds des Landeskulturverbands zu ermöglichen. Frau Finanzministerin, danke, dass ich so viel Redezeit habe. Ich nutze einmal die Gelegenheit, mich beim Landeskulturverband für seine kreative Idee zu bedanken.

(Beifall)

Keine fünf Tage nach Beginn der Krise und des Lockdowns war da schon diese Idee geboren. Das fand ich ein super Beispiel dafür, wie kreativ viele Menschen in unserem Land mit der Situation umgehen und sich Ideen entwickelt haben.

Jetzt gibt es die nächste Runde; der Landeskulturverband hat zu digitalen Angeboten eingeladen, ein neuer Kulturdialog, Frau Kultusministerin - sie ist nicht da. Digital auf neuen Wegen - ich bin gespannt, was dabei herauskommt. - Jetzt geht es ein bisschen mit mir durch, Entschuldigung.

Die Maßnahmen, die wir jetzt finanzieren, können nur zur Überbrückung dienen, den Gesamtschaden auf lange Sicht aber nicht abwenden. Langfristig braucht es für die Kultur andere Maßnahmen. Frau Ministerin Prien tut gut daran, sich mit ihren Fachkolleginnen und Fachkollegen baldmöglichst auf entsprechende Schritte zu verständigen.

Ganz zu schweigen von den vielen Laien in Chören, Orchestern, Tanz- und Theatergruppen, ohne deren Mitwirkung das kulturelle Leben in Schleswig-Holstein viel ärmer wäre. Sie brauchen vielleicht weniger Geld, aber zumindest eine Perspektive und eine gute Aussicht.

(Beifall SPD und Anette Röttger [CDU])

Meine Damen und Herren, wir haben immer gesagt, dass wir als SPD-Fraktion alles Notwendige tun werden, um die Krise gemeinsam zu bewältigen. Besondere Zeiten bedürfen besonderer Herange

(Beate Raudies)

hensweisen. Auch deshalb stimmen wir dem Nachtragshaushalt zu und stellen die Zweidrittelmehrheit in diesem Hause sicher. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dennys Bornhöft [FDP])

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Lasse Petersdotter das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Dieser Haushalt ist mit Sicherheit kein Haushalt der Gestaltung, sondern ein Haushalt der Krise. Wenn man in den Haushalt reinguckt und sich die einzelnen Titel anschaut, wird das deutlich: Es geht um die Beschaffung von Schutzausrüstung, um die Beschaffung von Beatmungsgeräten, um die Zentralisierung und um den Ausbau von Obduktionskapazitäten, um die Umgestaltung von RehaEinrichtungen, die plötzlich komplett andere Aufgaben bekommen haben. Wir sehen: Es ist eine andere Herangehensweise, als wir das bei anderen Nachtragshaushalten haben oder beim regulären Haushalt gehabt hätten. Trotz der weitreichenden Konsequenzen, die die Pandemie hat, ist immer wieder festzuhalten, dass es sich im Kern um eine Gesundheitskrise handelt.

In diesem Zusammenhang möchte ich gern zwei Worte zum Pflegebonus, der mir sehr wichtig ist, verlieren. Sehr früh in der Krise, schon Anfang März, haben mich Beschreibungen erreicht, in denen es darum ging, dass sich Leute in Pflegeeinrichtungen Gedanken gemacht haben, was die Krise für sie bedeutet. Das war eine Phase der Krise, in der man kaum etwas wusste. Man hatte erste Erfahrungen aus Wuhan, es gab grobe Beschreibungen der Situation in anderen Ländern, es gab erste Ideen, was in Italien gerade los ist.

Die erste Reaktion, die ich da gehört habe, war: Na ja, wir werden wahrscheinlich in die Pflegeeinrichtung ziehen und da für zwei Wochen oder je nachdem, wie lange das geht, übernachten, leben, damit dann, wenn es einen Lockdown gibt, wenn es erste Infektionen gibt, wenn sich die Pflegeeinrichtung in Quarantäne befindet, weiter gepflegt werden kann; es führt ja kein Weg daran vorbei.