Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

(Lars Harms)

terinnen und Mitarbeitern an diesen Hauruck-Aktionen, insbesondere bei der Investitionsbank und in den Ministerien, gilt unser allerherzlichster Dank.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gleichzeitig bleiben aber die Appelle an die Ehrlichkeit aktuell. Subventionsbetrug bei den CoronaNothilfeprogrammen ist kein Kavaliersdelikt. Nur wenn wirklich sämtliche Rücklagen aufgebraucht sind und man keinerlei andere Finanzierungsmöglichkeiten findet, dann steht man in der ersten Reihe der Bedürftigen, und dann ist eine Antragstellung gerechtfertigt.

Zum Schluss bleibt uns noch der allgemeine Ausblick: Den faktischen Lockdown und die Bereitstellung immer weiterer Hilfsgelder können wir nicht über Monate hinweg durchziehen, das ist uns allen klar. Deshalb ist es wichtig, die vorsichtige Wiedereröffnung des gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Lebens vorzubereiten und rechtzeitig zu kommunizieren, damit sich die Menschen darauf einstellen können. Denkbar wären hier aus unserer Sicht konkrete Phasenmodelle, wie wir sie inzwischen ja auch aus anderen Ländern kennen. Die letzten Beschlüsse und Verlautbarungen gingen teilweise in die richtige Richtung. Je früher die Menschen wieder Geld verdienen und ihrer Arbeit nachgehen können, desto besser. Die Menschen in Schleswig-Holstein haben in den letzten Wochen wirklich vorbildlich mitgearbeitet. Daher sind schrittweise Lockerungen nun verdient, gerechtfertigt und notwendig. Je besser wir das hinkriegen, auch je schneller, selbstverständlich mit aller Vorsicht, desto leichter wird es uns fallen, die Krise bewältigen zu können. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christopher Vogt [FDP])

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Ole Plambeck.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zuruf: Mach doch mal das Mikrofon an! - Mikro wär´ gut!)

In Zeiten von Corona kann eine Rede zum Nachtragshaushalt, insbesondere, wenn es sich um den zweiten innerhalb sehr kurzer Zeit handelt, nicht so

beginnen wie jede andere Haushaltsrede. Wir haben im Moment eine Situation, die so kaum einer von uns bisher erlebt hat. Ich möchte mich daher zunächst bei der Landesregierung, beim Kabinett, vor allem aber bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung für das sehr gute Krisenmanagement bedanken.

(Beifall CDU, FDP und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mein Dank gilt natürlich auch meinen Kollegen in meiner Fraktion, denen der FDP-Fraktion und der Fraktion der Grünen, aber auch von SPD und SSW, die in dieser Situation sehr konstruktiv mitgearbeitet haben.

Wir alle tragen Verantwortung, und wir werden dieser Verantwortung gerecht. Landesregierung und Parlament sind und bleiben handlungsfähig. Dabei ist es mir wichtig zu betonen, dass wir Abgeordneten ebenfalls viel dazu beitragen, dass es in Schleswig-Holstein gut funktioniert. Gerade wir Landtagsabgeordneten stehen im ständigen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit Unternehmen und mit Behörden. Wir sorgen dafür, dass Probleme erkannt, angesprochen und zusammen mit der Landesregierung behoben werden.

Wer also meint, dass die Legislative in Krisenzeiten wie diesen keine Rolle spielt, der täuscht sich meiner Meinung nach ganz gewaltig. Ein Beleg dafür ist zudem dieser Nachtragshaushalt, der eine klare parlamentarische Handschrift trägt. Ich selbst bin ein großer Verfechter der schwarzen Null und halte sie finanzpolitisch für absolut richtig.

(Beifall CDU, FDP und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Klar ist aber auch, dass in besonderen Situationen auch besondere Maßnahmen erforderlich sind. Wir werden also die Mittel bereitstellen, die nötig sind, um das Coronavirus einzudämmen, Menschen zu schützen, wieder gesund zu machen und Betriebe, aber auch die Kultur bestmöglich zu unterstützen.

Zu diesem Zweck werden wir das Haushaltsgesetz dahin gehend ändern, dass der Kreditrahmen des Landes ein weiteres Mal um 500 Millionen € erhöht wird. Damit stellen wir insgesamt 1 Milliarde € bereit. Das bringt den Spielraum, um vorerst alle notwendigen Maßnahmen zu finanzieren. Frau Heinold hat es vorhin schon gesagt: Mehr als 835 Millionen € davon sind bereits verplant. Dazu zählen unter anderem die 300 Millionen € für den Mittelstandssicherungsfonds, in dessen Rahmen wir Unternehmen der Beherbergung und Gastronomie mit

(Lars Harms)

einem ganz speziellen Darlehensangebot unterstützen: bis zu zwölf Jahre Laufzeit, fünf Jahre Zinsfreiheit und zwei Jahre ohne Tilgung. Das sind wirkliche Topkonditionen. Gerade für größere Betriebe sind unkomplizierte Darlehensangebote neben dem Kurzarbeitergeld des Bundes eines der besten Hilfsmittel.

Mit 150 Millionen € haben wir darüber hinaus ein Zuschussprogramm für Unternehmen mit zwischen zehn und 50 Beschäftigten aufgelegt und damit eine Förderlücke geschlossen.

Das Soforthilfeprogramm des Bundes für Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern ist übrigens eingeschlagen wie eine Bombe. In kürzester Zeit sind über 50.000 Anträge bei der Investitionsbank eingegangen. Was dort in der Abarbeitung geleistet wurde, hat wirklich Hochachtung verdient, auch wenn es manchmal ruckelt. Herzlichen Dank!

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Aber auch andere Branchen wie zum Beispiel die der Schaustellerinnen und Schausteller haben wir jetzt mit dem Nachtragshaushalt und dem Änderungsantrag im Blick. Dies dokumentiert der Nachtragshaushalt.

Natürlich gibt es nicht nur die Wirtschaft. Mit insgesamt über 80 Millionen € unterstützen wir den Kultur-, den Bildungs- und den Sozialbereich, Einrichtungen des Natur- und Umweltschutzes, Einrichtungen der Minderheiten, Digitalisierungsprojekte und den Sport.

Meine Damen und Herren, wir hatten uns zunächst darauf verständigt, die Kommunen über einen Zeitraum von zwei Monaten bei der Kompensation von Einnahmeausfällen durch Elternbeiträge für die Nichtbetreuung in den Kitas und Schulen mit Landesmitteln zu unterstützen. Mittlerweile ist klar, dass die Kitas und auch die schulische Ganztagsbetreuung etwas länger geschlossen bleiben und nur im Rahmen eines Stufenplans geöffnet werden. Deswegen haben wir uns richtigerweise parlamentarisch darauf verständigt, die Mittel für einen weiteren Monat bereitzustellen und im Rahmen des Mittelansatzes beitragsgenau mit den Trägern abzurechnen. Damit haben wir eine Lösung bis zum Ende des Kita- beziehungsweise des Schuljahres gefunden und unterstützen die Eltern und die Kommunen mit insgesamt 105 Millionen €. Das ist eine große Summe, aber ich glaube, sie hilft an der richtigen Stelle.

Da die Schulen für den Präsenzunterricht weitestgehend geschlossen sind, sind digitale Alternativlösungen gefragt, die von allen Schülerinnen und Schülern genutzt werden können. In so einer Situation sehen wir ganz klar, wo unsere Stärken, aber auch unsere Schwächen liegen. Wir müssen unbedingt die digitale Teilhabe verbessern und die Schulen bei der Umsetzung des digitalen Unterrichts unterstützen. In Verbindung mit künstlicher Intelligenz ist hier viel möglich. Um dieses Potenzial auch wirklich zu nutzen, stellen wir 15 Millionen € bereit.

Weitere 5 Millionen € investieren wir in zusätzliche Lernangebote in den Sommerferien. Über diese freiwilligen Angebote wollen wir es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, sich persönlich weiterzuentwickeln im Bereich fachlicher, aber auch überfachlicher Kompetenzen, Methodenkompetenzen und Sozialkompetenzen. Ich glaube, das ist ein sehr gutes Angebot, das wir zusätzlich machen können.

Ein Highlight im Schuljahr sind neben den Ferien, so ging es mir jedenfalls immer, in der Regel die Klassenfahrten und Ausflüge. Diese mussten zuletzt aufgrund der aktuellen Lage leider abgesagt werden. Viele Veranstalter verlangen dann noch Stornokosten von den Eltern und den volljährigen Schülern. Deshalb ist es richtig, um Härtefälle auszugleichen, 3 Millionen € für diesen Bereich zur Verfügung zu stellen.

Obwohl uns das Coronavirus nun schon eine Weile begleitet, ist es in vielerlei Hinsicht noch eine große Unbekannte. Hier wollen wir ansetzen und weiter untersuchen, wie man dem Coronavirus am besten begegnen kann. Mit Hilfe von 2 Millionen € sollen neue Projekte der Forschung und Lehre angeschoben werden. Zudem stellen wir 400.000 € für Obduktionen am UKSH bereit, um genauere Rückschlüsse ziehen zu können, damit die Behandlungsansätze besser werden.

Am Anfang meiner Rede habe ich mich bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und bei der Landesregierung für die Arbeit bedankt. Jetzt möchte ich meinen Dank an alle Bürgerinnen und Bürger und an alle Unternehmen richten, die mithelfen, dass wir das alles so gut hinbekommen. Einen besonderen Job machen in dieser Zeit sicherlich die Pflegekräfte. Um die Leistung der Pflegekräfte wenigstens etwas zu würdigen, gibt es bald diesen Pflegebonus, und das ist ein richtiges Zeichen. Mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, ist die Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung. Diese ist enorm wichtig. Die vergangenen

(Ole-Christopher Plambeck)

Wochen haben gezeigt, dass es nicht ganz einfach ist, sich damit zu versorgen. Deshalb ist es auch richtig, dass wir auch auf heimische Produktion setzen. Dafür haben wir entsprechend Mittel bereitgestellt.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir bringen viel auf den Weg. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir in so kurzer Zeit so viel Geld bewegen. 1 Milliarde € ist für Schleswig-Holstein verdammt viel Geld. Wir müssen immer im Hinterkopf behalten, dass wir eines der Bundesländer mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung sind. Wir halten uns dennoch im Rahmen unserer Verfassung an die Regelungen der Schuldenbremse. Sie lässt nämlich krisenbedingte Kreditaufnahmen zu, aber nur verknüpft mit einem Tilgungsplan. Ab dem Jahr 2023 das wird das Jahr sein, in dem wir genau wissen, wo wir wahrscheinlich finanziell stehen werden werden wir über 20 Jahre bis zu 1 Milliarde € zurückzahlen. Ich glaube, das ist richtig. Wer sich mit kurz-, mittel- und langfristiger Finanzplanung beschäftigt, der wird sehen, dass es gut ist, dass wir dies auf so viele Jahre verteilen, um uns Spielraum für zukünftige Herausforderungen zu sichern.

In der Vergangenheit haben wir schon gut gewirtschaftet. Mit dem Sondervermögen sind wir solide aufgestellt. Wir wissen aber schon jetzt, was die Steuerprognose sagen wird, nämlich, dass der Spielraum zukünftig wesentlich enger wird. Deswegen sehe ich jeden Tag, was die Landesregierung und das Finanzministerium machen: Diese gucken, wo Einsparpotenziale genutzt werden können. Das ist auch ihre laufende Aufgabe. Deshalb braucht es auch keinen Antrag. Das ist eine Selbstverständlichkeit. In diesem Sinne: Lassen Sie uns gemeinsam, und zwar in gemeinsamer Geschlossenheit auch im Sinne des Landeshaushaltes - alles dazu beitragen, dass wir die Coronakrise gut in den Griff bekommen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP, SSW, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es sind außergewöhnliche Zeiten für Regierung und Opposition. Unser Fraktionsvorsitzender Ralf Stegner hat mehrfach auf die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit in den vergangenen Wochen hin

gewiesen. Dem will ich mich mit dem Dank dafür anschließen, dass wir alle Anliegen bei der Landesregierung gleich loswerden konnten. Das ist nicht selbstverständlich.

Angesichts der Rede von Herrn Koch heute Morgen scheint es mir aber doch erforderlich zu sein, noch einmal einige Anmerkungen zu unserer Rolle zu machen. Als Opposition haben wir jetzt drei Aufgaben.

Erstens. Gemeinsame Verantwortung für die notwendigen Maßnahmen. Dieser Verantwortung kommen wir heute mit unserer Zustimmung zum Nachtragshaushalt und zur Kreditermächtigung nach.

Zweitens. Kritik am Regierungshandeln, wo es geboten ist, wie etwa bei den überzogenen Polizeikontrollen am Hamburger Rand, bei der Sonntagsöffnung oder schulpolitischen Experimentiervorschlägen.

Drittens. Einsatz für diejenigen, die unsere Unterstützung am dringendsten brauchen, weil sie unter den gegenwärtigen Beschränkungen am meisten zu leiden haben oder weil sie am meisten für alle schuften müssen.

Wir nutzen selbstverständlich unsere Einflussmöglichkeiten, um für diese Menschen etwas zu erreichen.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht das normale Gegeneinander von Regierung und Opposition, aber es sind ja auch keine normalen Zeiten. Herr Koch, es mag sein, dass Sie das verwirrt hat. Aber es sagt einiges, wie Sie heute wieder versuchen, die Rolle der Opposition kleinzureden, während wir in den vergangenen Wochen kein Problem damit hatten, der Regierung grundsätzlich einen guten Job zu bescheinigen.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nebenbei gesagt: Dies ist auch ganz schön gewagt angesichts dieses Tagesordnungspunkts.

Meine Damen und Herren, mit dem heutigen Beschluss erlauben wir der Landesregierung, die zulässige Kreditaufnahme für das Jahr 2020 um bis zu 1 Milliarde € zu überschreiten. Das ist eine Menge Geld. Ich kann mich - wie wahrscheinlich auch die Finanzministerin - noch gut daran erinnern, wie stolz wir in der vergangenen Legislaturperiode waren, als wir wenige Millionen Euro Tilgung erwirt

(Ole-Christopher Plambeck)

schaften konnten und die Schuldenuhr plötzlich einmal rückwärtslief.