Protokoll der Sitzung vom 08.05.2020

Dafür dieser ganze Aufwand? Und die Empörung über unsere Ungerechtigkeit? - Aus dem Robin Hood ist nicht einmal ein Robin Hütchen geworden, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD und SSW)

Aber das ist ja auch klar. Sie haben sich im Gegensatz zu uns nicht getraut. Das war vielleicht ein Fehler, weil wir mit einer konstruktiveren Opposition gerechnet hatten. Herr Kumbartzky wollte ja die 5 Millionen € für Dithmarschen gar nicht haben. Das hat er hier ja erklärt. Wir haben versucht, unsere Gutachtenergebnisse tatsächlich ernsthaft umzusetzen. Jede der Evaluationen, die wir jährlich gemacht haben, hat größere Änderungen gebracht als Ihre Promilleänderungen, die Sie jetzt mit einem riesigen Aufwand machen.

(Beifall SPD und SSW)

Erzählen Sie mir bitte nicht, dass das ein Zufall ist, der aus einer Bedarfsanalyse entstanden ist. Sie haben einfach nichts anderes gewusst als zu sagen: Wir wollen uns nicht streiten, wir geben allen das Gleiche wie vorher, und wir hoffen dabei, dass das keiner merkt, weil die das selbst auch nicht eingestehen wollten.

Ich komme zum Abschluss - wir haben ja noch einen Dreiminutenbeitrag - zu der Frage, warum Corona alles ändert: Die Coronapandemie ist das Fukushima der Epidemiologie. Etwas, von dem wir vorher nicht gedacht haben, dass es passieren kann, ist eingetreten. Nein, es geht jetzt nicht um die direkten Folgekosten, sondern um die Vorbereitungen für das nächste Mal. In Schleswig-Holstein haben wir nach einer Jahrhundertsturmflut immer noch eine Schippe auf die Deiche draufgelegt, selbst wenn das für die Nach-Nach-Nachfahren war. Wer nicht will deichen, der muss weichen. Die Waschräume in den Schulen und die hygienischen Bedingungen waren schon vorher nicht toll, Gleiches gilt für die Räumlichkeiten. Wir müssen Vorratshaltung für das nächste Mal betreiben. Ich erinnere mich, dass wir das während des Kalten Kriegs in der Kaserne sehr wohl gemacht haben - für drei Viertel der Leute, die gar nicht da waren. Das ist unsere Aufgabe, die kommunale Daseinsversorgung findet bei den Kommunen statt. Ich sage nicht, dass wir das jetzt machen können.

(Beifall SPD)

(Dr. Kai Dolgner)

Herr Brockmann, das habe ich in meiner Pressemitteilung auch gar nicht gefordert. Ich habe gesagt: 2023 müssen wir alle noch einmal darüber reden, ob sich die Bedarfe, nicht einfach nur die Anpassungen, grundsätzlich geändert haben. Das ist eine Frage des politischen Willens und Wollens. Was sehen wir für Bedarfe? - Ich bin dafür, dass wir eine Schippe auf die Deiche drauflegen. Es darf uns nicht noch einmal passieren, dass wir bei Hygienekonzepten tatsächlich darüber reden müssen, ob es in den Schultoiletten warmes Wasser gibt. Es gibt noch ein paar ganz andere Beispiele dazu.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dolgner, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. - Zu nennen ist beispielsweise die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen. Wenn wir schon auf dem Stand von Estland gewesen wären, hätten wir viele Probleme nicht gehabt. Dort gibt es 98 % der Leistungen digital. Das wird einen riesigen Batzen Geld kosten. Die Kommunen werden dies brauchen, das Land wird dies brauchen, und das müssen wir neu aushandeln. Die Bedarfe von vor Corona können nicht die Bedarfe von nach Corona sein, weil wir dann nämlich sagen würden: Wir haben nichts gelernt.

(Anhaltender Beifall SPD und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Lasse Petersdotter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Alle haben hier schon einen kleinen Blick zurückgeworfen und gefragt: Wie war das eigentlich mit dem Gerichtsurteil? Ich will einmal die grüne Perspektive beschreiben. Da ist man jetzt in einer Koalition mit den Leuten, die damals gegen unser Gesetz geklagt haben, und mit diesen neuen Leuten muss man zusammen eine Reform erarbeiten. Ich sage einmal: Das ist nicht das Allereinfachste.

Dann hatten wir ein Gutachten, das mich ein bisschen an meine Hausarbeiten in der Uni erinnert hat, bei denen immer wieder neue endgültige Versionen

entstanden sind, mit der Dateiendung: „jetzt final“, „final endgültig“ und so weiter. Ich hatte einige Erinnerungen an mein eigenes Studium.

Auf den letzten Metern dieses Gesetzentwurfs, bevor wir diesen behandeln konnten, gab es dann noch eine weltweite Pandemie historischen Ausmaßes mit einer dazugehörigen massiven Wirtschaftskrise. Also, die Reform eines kommunalen Finanzausgleiches ist mit Sicherheit nie einfach, aber der Prozess jetzt gerade fand schon unter sehr besonderen Voraussetzungen statt und war sehr speziell. Da hat geholfen, dass wir in der Koalition eine gewisse Einigkeit dahin gehend haben, dass uns die Kommunen wichtig sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das ist etwas, was nicht so unfassbar kreativ ist, weil ich glaube, dass das etwas ist, was alle von sich behaupten und auch alle so meinen. Nichtdestotrotz waren wir uns in der Richtung sehr einig, dass wir eine gerechte Verteilung zwischen Land und Stadt und zwischen den unterschiedlichen Voraussetzungen haben müssen.

Dass dies und die Wichtigkeit der Kommunen auch in der Vergangenheit im Fokus war und im Vordergrund stand, zeigt einen Blick auf die Ausgleichsmassen. In diesem Jahr lag die Ausgleichsmasse bei etwa 2 Milliarden €. Noch 2011 lag die Ausgleichsmasse bei etwa 1 Milliarde €. Damit hat sich diese seit 2011 fast verdoppelt, das muss man einmal berücksichtigen.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das war der Erfolg vieler Landesregierungen, obwohl die Einnahmen des Landes in dieser Zeit nur um 52 % gestiegen sind. Dies ist also eine Relation, die es gilt, auch einmal in den Vordergrund zu stellen, wenn wir kommunale Landesverbände haben, die sagen: Aber der Staatshaushalt ist doch so gewachsen. Wieso kriegen die Kommunen so wenig? - Die Kommunen haben eine Menge vom Wachstum des Staatshaushalts profitiert.

Trotzdem reicht es nicht. Das reicht weder für das Land noch für die Kommunen. Beide Ebenen sind unterfinanziert. All das ist einigermaßen bekannt.

Was ist also jetzt neu? - Die Bedarfsermittlung wurde auf neue wissenschaftliche Füße gestellt. Der Kollege Dolgner ist ja darauf eingegangen. Dazu muss man aber auch sagen, dass diese Hinweise auf Korrelation und Kausalität - so glaube ich - nicht die endgültigen Notwendigkeiten waren, sondern es

(Dr. Kai Dolgner)

ging um eine bessere Nachvollziehbarkeit und Erklärbarkeit. Da kann man schon sagen, das haben Sie ausgespart. Die Analyse der geringen Erklärbarkeit durch die Ausgabenfokussierung wurde im Gutachten sehr ausführlich dargelegt, und ich finde, sie ist auch in großem Maße nachvollziehbar dargelegt worden. Die mathematische Herangehensweise könnte zumindest eine begründbarere Grundlage vor Gericht sein.

(Wortmeldung Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Das war mir klar.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Das „vor Gericht“ hat sich alleine dadurch erledigt, dass Sie die Ergebnisse ja gar nicht benutzen. For the sake of the argument trotzdem die Fragestellung: Haben Sie verstanden, dass auch eine 100-prozentige statistische Korrelation ohne eine fachwissenschaftliche Überprüfung gar nichts darüber aussagt, ob das so ist? Wenn durch das Bestimmtheitsmaß 84 % der Werte erklärt werden, dann bedeutet das nur, dass dies zu 84 % mathematisch passt. Wenn ich übrigens die Parameter erhöhe, dann passt das immer. Das nennt sich eine Überanpassung. Außer im Kita-Bereich - da haben Sie es - haben Sie an keiner einzigen Stelle eine fachwissenschaftliche Überprüfung. Noch einmal: Die Korrelation, dass parlamentarische Verfahren zum FAG zum Rücktritt des Innenministers in Schleswig-Holstein führen, liegt bei 1.

(Zuruf SPD)

- Das brauchen Sie nicht fachwissenschaftlich zu überprüfen. Deshalb noch einmal: Haben Sie mein Argument an dieser Stelle überhaupt verstanden?

- Mit Blick auf die Innenminister müsste man schon noch anführen, dass es einen längeren Zeitraum zu betrachten gilt. Für die letzten zwei Legislaturperioden mag das so gelten.

- 40 Jahre!

Wir wissen aber auch, dass Regressionsanalysen gerade dazu da sind, sich einer Realität anzunähern.

Wissenschaft ist immer nur dazu da, sich an Realitäten anzunähern und nie dazu, absolute Wahrheiten darzustellen. Das wird auch ein kommunaler Finanzausgleich niemals können. Vor allen Dingen wird das nicht eine reine Ausgabenbetrachtung können, denn die Ausgabenbetrachtung zeigt nur das, was man bereit ist, auszugeben, was der Markt gerade hergibt oder was auch immer. Das muss aber nicht die finale Realität sein, von der ich mir nie anhängen könnte, dass ich sie rein wissenschaftlich beschreiben könnte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Erlauben Sie eine weitere Zwischenbemerkung oder Frage?

(Christopher Vogt [FDP]: Reden wir immer noch über den KFA, oder worüber reden wir gerade?)

- Jetzt kommt Platon.

Es ist klar, dass Sie ablenken müssen. Abgesehen davon, dass der Betrachtungszeitraum für meine Aussage zur Frage des Rücktritts von Innenministern eineinhalbmal so lang ist wie Ihr gesamtes Leben, nämlich 45 Jahre - da würde man sofort sagen: Da hat er aber viel ausgewertet -,

(Zuruf)

- verstehen Sie bloß nicht! - stelle ich an dieser Stelle noch einmal die Frage, was denn für weitere Informationen abgesehen von den Ausgabenwerten als Zahlenwerte in die Regressionsanalyse eingegangen sind, wenn Sie meinen, die Ausgaben würden nichts über die Bedarfe aussagen können.

Bei der Regressionsanalyse, also dem Fünfsternepunkt -

- Vier Sterne!

Nehmen wir zum Beispiel Klassenräume und so weiter. Solche Parameter wie Klassengröße und Klassenräume und wie viele Klassenräume da sind, wie groß die Klassenräume sind - all dies wird auch noch berücksichtigt. Das liegt jenseits der Ausgaben.

(Lasse Petersdotter)

- Das war die Fünfsterneanalyse, die ist normativ!