Gleiches gilt auch für Kriterien in Bezug auf die Vorfälligkeit und Tilgung von Darlehen. Das gehört in einem solchen Prozess dazu.
Eine solche Krise konnte man sich nicht vorstellen, insofern bin ich positiv überrascht, wie agil wir als Land, Verwaltung und Politik darauf reagiert haben.
Vielleicht lassen Sie mich noch auf einige Punkte eingehen. Wir haben in dieser Krise auch erlebt, dass wir eine riesige Herausforderung bei den Gründerinnen und Gründern haben. Gerade in dieser Phase möchte ich mich dem Appell meiner Vorredner anschließen: Suchen Sie sich gerade die jungen Unternehmerinnen und Unternehmer im Land und schauen Sie, wie Sie sie unterstützen können.
Hierzu vielleicht eine persönliche Anekdote: Ich habe während der Krise viele Unternehmen besucht, und ein junges Unternehmerinnenteam - zwei junge Frauen - hat mich besonders überzeugt. Die haben sich zu Beginn der Coronakrise entschieden, sich mit einem Restaurant selbstständig zu machen. Mit den Lockerungen haben sie es geschafft, nun endlich die Türen zu öffnen und ihre Gäste zu begrüßen. Das sind genau die Geschichten, die wir jetzt brauchen. Belohnen wir den Mut dieser jungen Unternehmerinnen und Unternehmer, indem wir bei ihnen konsumieren!
Auch ich möchte kritische Töne in Richtung Bund schicken. In der Tat wurde am Ende nicht immer umgesetzt, was angekündigt worden war. Ich möchte insbesondere auf die kleinen und sehr kleinen Betriebe eingehen, auf die Selbstständigen und die Solo-Selbstständigen. Wir als Land, alle Bundesländer, alle Wirtschaftsminister und Finanzminister der Länder haben sehr intensiv darum geworben und sich gegenüber dem Bund dafür eingesetzt, dass dessen Zuschussprogramm dahin gehend erweitert wird, dass gerade die hart betroffenen SoloSelbstständigen künftig mehr Zuschüsse - oder überhaupt Zuschüsse - aus dem Zuschussprogramm des Bundes erhalten. Ich kann es bis heute nicht verstehen, dass die Bundesregierung, insbesondere das Finanzministerium, sich verwehrt hat.
Jetzt steht eine nächste Phase an. Wir werden morgen noch ausführlich über das Konjunkturprogramm, das wir als Jamaika-Koalition auf den Weg gebracht haben, reden. Aber auch jetzt lässt sich schon sehen, dass wir für manche Branchen weitere Hilfs- und Förderprogramme benötigen werden. Auch da machen wir sehr konkrete Vorschläge und haben ein 80-Millionen-€-Hilfsprogramm auf den Weg gebracht. Das ist auch aus wirtschaftspolitischer Sicht gut so, weil wir sagen: Wir stellen nicht nur Darlehenskapital zur Verfügung, sondern wir stellen genau das zur Verfügung, was die Betriebe und Unternehmungen im Land in den nächsten Monaten essenziell brauchen werden: Eigenkapital.
Diese Krise war ein Eigenkapitalfresser wie keine andere zuvor. Wenn wir wollen, dass die Unternehmen die nächsten Monate überleben und auch wieder Investitionen tätigen, um ihre Wirtschafts- und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, brauchen diese Unternehmen jetzt stilles Beteiligungskapital, vielleicht auch einmal offenes Beteiligungskapital.
Als Jamaika-Koalition gehen wir da sehr pragmatisch und zielgerichtet rein. Ich freue mich, dass wir da so gut zusammenarbeiten. Ich bin dafür sehr dankbar und denke, dass wir morgen noch eine spannende Debatte zum Konjunkturprogramm haben werden. Wir sind auf einem guten Weg, und die Reaktion auf die Programme des Landes zeigt mir, dass wir vieles richtiggemacht haben. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Es fällt schon auf - besonders, wenn man sich einmal den gestrigen Tag und die Debatten vor Augen führt -, wie sachlich und fast schon harmonisch diese Debatte verläuft. Das zeigt, wie alle Beteiligten dem Ernst der Lage angemessen handeln. Persönliche Nickeligkeiten werden hintangestellt. Das macht mich sehr froh, denn es ist genau richtig und genau das, was die Menschen in unserem Land von uns erwarten können. Ich bedanke mich schon einmal dafür.
Die Coronakrise ist wohl die schwerste Krise der Nachkriegszeit. Neben den medizinisch-gesundheitlichen Herausforderungen, die wir ohne Zweifel haben, erleben wir eine handfeste Wirtschaftskrise. Wie tief die Bremsspuren, die diese Krise hinterlässt, sein werden, können wir wahrscheinlich noch gar nicht abschließend sehen. Umso wichtiger war es, dass wir als Staat sofort gehandelt haben, um unsere Betriebe zu unterstützen. Umso wichtiger ist es nun, dass wir diese Unterstützung planvoll fortführen.
Über die Soforthilfe I - das Programm des Bundes für kleine Betriebe bis zu zehn Mitarbeitern, Freiberufler und Solo-Selbstständige wurden knapp 395 Millionen € an Zuschüssen gezahlt. Jedes zweite der antragsberechtigten Unternehmen hat die Hilfe beantragt. Das zeigt, wie wichtig dies war. Gerade für Schleswig-Holstein mit seiner kleinteiligen Wirtschaftsstruktur war dies ein essenzielles Programm.
Die 55 Millionen € aus der Soforthilfe II - also unser eigenes Geld - hat die Unternehmen unterstützt, die zwischen 11 und 50 Mitarbeiter beschäftigen. Minister Buchholz hat es im Detail dargelegt. Mit dem Mittelstandsicherungsfonds - auch ein Darlehensprogramm - haben wir insbesondere die gastronomischen und touristischen Betriebe im Land unterstützt.
Insgesamt haben Bund und Land hier mehr als 600 Millionen € an Hilfen an schleswig-holsteinische Betriebe ausgegeben. Wir haben uns inzwischen ja an große Summen gewöhnt. Ich kann mich
erinnern, dass wir uns vor der Coronakrise darüber unterhalten haben, wie viel Geld in die Sanierung der Landesstraßen hineingeht: Das sind 90 Millionen € im Jahr. Da kann man erkennen, um was für riesige Dimensionen es sich hier handelt.
Zusätzlich gab es noch die Möglichkeit, kurzfristige Liquidität über Darlehensprogramme der KfW zu bekommen, und zwar zu sehr attraktiven Bedingungen.
Das alles sind schwindelerregende Zahlen. Da steckt die harte Arbeit vieler hinter, nicht zuletzt der Landesregierung und der IB.SH. Ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken, dass sie so beherzt und so schnell in dieser Krise gehandelt haben.
Dennoch konnten wir nicht allen helfen, und die Opfer, die die Betriebe, die Unternehmerinnen und Unternehmer bringen mussten, sind wirklich groß. Mit den Zuschüssen und Darlehen wurden nämlich nur die Betriebskosten bezuschusst. Teile der fixen Kosten - und vor allem der Unternehmerlohn, also das, wovon die Menschen tatsächlich leben - mussten aus privaten Rücklagen bestritten werden, oder es musste ein privates Darlehen aufgenommen werden. Das hat viele an die Grenzen ihrer Existenz gebracht.
Aber auch, wenn wir die Krise noch nicht hinter uns haben, wird es nun Zeit, sich um den Restart Gedanken zu machen. Schließlich ist es unsere Aufgabe, die Zukunft zu gestalten. Da müssen wir uns die Frage stellen: Wo sind ungelöste Probleme? Was brauchen die Betriebe, um wieder starten zu können? Wo müssen die Schwerpunkte einer zukunftswirksamen Wirtschaftspolitik liegen?
Ein Problem, das aus dem Corona-Shutdown folgt, ist zum Beispiel eine Unsicherheit bei der betrieblichen Ausbildung. Natürlich haben die Betriebe weiterhin ihre Zukunft im Blick, zu der natürlich auch der Nachwuchs an Arbeitskräften gehört. Viele Betriebe sind sich aber zurzeit einfach nicht sicher, ob sie die Kosten einer Ausbildung zuverlässig über die gesamte Lehrzeit bestreiten können. Dies macht sich in der Zahl der ausgeschriebenen Lehrstellen bemerkbar.
Dazu kommt: Viele Jugendliche sind beruflich nicht orientiert, weil die Schulen geschlossen waren und Messen, Beratungs- und Berufsorientierungsangebote schlicht nicht stattgefunden haben. Die haben sich deswegen vielleicht gar nicht um einen Ausbil
dungsplatz beworben. Zudem fanden natürlich auch - ganz praktisch - Vorstellungsgespräche aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht statt. Alle diese Effekte führen dazu, dass die Zahl der geschlossenen Ausbildungsverträge um etwa 8 % zurückgegangen ist.
Der Arbeitskräftemangel wird nach der Coronakrise genauso da sein, wie er vor der Coronakrise da war. Es ist daher wichtig, dass der Nachwuchs weiterhin ausgebildet wird. Ich appelliere daher an alle Unternehmen: Bilden Sie weiterhin aus! Die Ausbildungsprämie von 2.000 € bis 3.000 € für Betriebe unter 250 Mitarbeitern kann da eine Hilfe sein.
Weitere ungelöste Probleme gibt es bei den Betrieben, die aufgrund irgendwelcher Umstände von dem bisherigen Hilfsprogramm gar nicht erfasst wurden oder wo diese Programme nicht ausreichen. Hier wird es Überbrückungshilfen des Bundes geben, aber auch wir werden einen Härtefallfonds einrichten. Minister Buchholz hat das schon dargestellt.
Was brauchen die Betriebe aber noch, um wieder starten zu können? - Verlässlichkeit und einen regulatorischen Rahmen, der Luft zum Wirtschaften lässt. Hier haben wir durchaus Verbesserungspotenzial. So gehört zur Verlässlichkeit auch ein funktionierendes Planungsrecht. Die Betriebe im Land müssen sich darauf verlassen können, dass Straßen und Brücken gebaut werden, dass Schienenanbindungen erstellt werden und dass die Versorgung mit Strom und Breitbandinternet funktioniert. Das Einzige, worauf man sich beim aktuellen Planungsrecht verlassen kann, ist leider die Unberechenbarkeit in der Zeitplanung und mit ziemlicher Sicherheit auch eine Explosion der Kosten. Wir brauchen deswegen ein Planungsrecht mit Stichtagsregelungen und einer präklusiven Einbindung aller am Verfahren Beteiligten. Ich finde, die Zeit ist eindeutig reif dafür.
Außerdem brauchen wir eine zügige und zeitnahe Reform regulatorischer Instrumente und gesetzlicher Vorgaben als Grundlage einer zukunftswirksamen Wirtschaftsentwicklung. Dazu gehören natürlich die Anpassung beziehungsweise Abschaffung von bremsenden Regelungen - das EEG-Gesetz wird hier immer angeführt. Aber auch die simple Entbürokratisierung des betrieblichen Alltags würde sehr viel helfen, zum Beispiel die zentrale Abfrage von statistischen Daten über eine Plattform,
auf die alle Behörden zugreifen können. Das wäre einfach und schnell umzusetzen, würde die Betriebe aber massiv in ihrem Arbeitsalltag entlasten.
Dann fragen wir uns noch: Wo müssen denn die Schwerpunkte einer zukunftswirksamen Wirtschaftspolitik sein? - Hier geht es um Konjunkturprogramme, um bestehende Förderprogramme und um die Frage, inwieweit eine verantwortungsvolle Wirtschaftsförderung das Wohl der Menschen in den Fokus nehmen muss oder das Spielfeld politischer Umgestaltung sein darf.
Wir von der FDP meinen, Konjunkturprogramme müssen zukunftswirksam gestaltet sein. Kaufprämien sind zum Beispiel nicht zukunftswirksam.
Das Ergebnis eines Konjunkturprogramms muss echte Wertschöpfung sein, es muss den Menschen nach einem Konjunkturprogramm spürbar bessergehen als vor dem Konjunkturprogramm. Bevor wir über die Ausrichtung von Konjunkturprogrammen befinden, müssen wir uns deshalb leitende Fragen stellen: Welche Grundlagen müssen denn geschaffen werden, um es Menschen und Unternehmen möglich zu machen, erfolgreich zu wirtschaften? Welche Bereiche müssen besonders vorangebracht werden, weil wir als Gesellschaft ein besonderes Interesse daran haben? Und welche Bereiche müssen besonders vorangebracht werden, weil sie auch in andere Bereiche positive Effekte ausstrahlen?
Das Konjunkturpapier der Jamaika-Koalition beantwortet diese Fragen in vier Punkten. Erstens müssen natürlich die finanziellen Grundlagen geschaffen werden, denn wir wollen so stark wir möglich von dem Bundesprogramm profitieren. Wenn es nötig ist, werden wir deshalb mit Landesmitteln flankieren, unterstützen oder ergänzen.
Wir müssen zweitens unsere Kommunen unterstützen, denn hier werden doch die maßgeblichen Dienstleistungen für Menschen und Unternehmen bereitgestellt, eine wichtige Basis unseres Lebens.
Drittens müssen wir in Innovationen, Technologien, Digitalisierung und Klimaschutz investieren, weil wir die Zukunftsfähigkeit unseres Landes stärken wollen. Dazu gehören natürlich Vorhaben in den Bereichen Energie und Mobilität, aber auch die Digitalisierung. Mit einer zügigen Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen und dem Rechtswesen könnten wir schon einen erheblichen Beitrag zur Modernisierung unseres Wirtschaftslebens leisten.
Viertens ist die Unterstützung unserer schleswigholsteinischen Wirtschaft zu nennen, indem Bundes- und EU-Programme kofinanziert und eigene Mittel aufgewendet werden.
Eine weitere Möglichkeit der Unterstützung ist es, öffentliche Aufträge vorzuziehen, zum Beispiel im Schiffbau. Da gab es von der SPD einen guten Vorschlag, aus dem wir mit ein paar Ergänzungen einen gemeinsamen Antrag machen konnten. Ich bedanke mich recht herzlich bei Ihnen dafür, Herr Kollege Hölck. - Wenn das schon so gemacht wird, dann nehmen Sie das bitte als Bestätigung und als Rückenwind für bereits getätigtes Handeln, Herr Minister.
Darüber hinaus gibt es eine aktuelle Diskussion darüber, ob die globalisierten Lieferketten nationalisiert werden sollten, ob also die Produktion von Teilen und Fertigprodukten nach Deutschland oder generell in die EU zurückverlagert werden sollte. Ich sage: Wir sollten uns dieser Diskussion stellen und ganz nüchtern anhand von Fakten entscheiden, ob hier Chancen für Schleswig-Holstein liegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Coronakrise ist nicht vorbei. Gerade wirtschaftlich stehen wir erst am Anfang von Konsolidierung und Wiederaufbau. Es ist deswegen wichtig, dass wir bedacht, aber beherzt die Aufgaben anpacken, die uns diese Zeit stellt. Lassen Sie mich das sagen: Ich finde es gut und richtig, dass auch die Opposition in das Management eingebunden war. Wenigstens am Anfang klappte das ja total gut. Das zeigt Größe, und das finde übrigens nicht nur ich gut, das findet auch die Bevölkerung gut.