Die Ausführungen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beim Stallausbau haben sich im Grunde erledigt. Allerdings möchte ich noch darauf hinweisen, dass Sie in Ihrem Antrag zunächst von Umbaumaßnahmen „oberhalb des gesetzlichen Standards“ schreiben und anschließend die Formulierung „deutlich oberhalb der gesetzlichen Standards“ wählen. Auch daran wird wieder deutlich, dass wir endlich definieren müssen: Was ist Standard? Was ist mehr als Standard? Was ist tierwohlgerecht? Noch einmal: Wir brauchen die Strategie.
Was die Tierhaltung angeht, so erinnere ich auch an die Sitzung des Bundesrates: Der zuständige Minister hatte gemeinsam mit NRW einen Kompromiss zur Sauenhaltung im Kastenstand ausgehandelt. Einen Kompromiss! Ganz ehrlich, ich hätte mir mehr gewünscht. Aber selbst dieser Vorschlag wäre für die armen Schweine schon eine echte Verbesserung gewesen. Aber dann, kurz vor dem Beschluss, wurden die G-Länder vom Bundesvorsitzenden zurückgepfiffen. Und wieder weiß niemand, wie es weitergehen soll. Das ist eine Zumutung für unsere Landwirtschaft.
Die großen Fragen, wer das alles bezahlen soll und wer für faire Preise sorgt, hätten Sie hier für Schleswig-Holstein beantworten können. 300 Millionen € sind im Koalitionsausschuss genau für das Thema Tierwohl auf den Weg gebracht worden. Richtig ist: nicht für Schleswig-Holstein, sondern für die gesamte Bundesrepublik. Dennoch hätten Sie heute konkret sagen können, wie diese Mittel hier verwendet werden sollen. Geplant ist, diese Mittel 2020 und 2021 zu verbauen. Angesichts dessen ist es doch heute an der Zeit zu sagen, wie das funktionieren soll. Dazu ist von Ihnen nichts gekommen. Deshalb lautet meine Bitte: Lassen Sie uns im Ausschuss darüber reden! Es lohnt sich, dass wir in dieser Sache gemeinsam einen Schritt weiterkommen. - Danke.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag macht deutlich, worum es geht. Auf die Geschichte der Behandlung dieses Themas ist schon eingegangen worden. In der Tendenz ähneln sich die Anträge, die seit sechs Jahren in dieser Sache gestellt werden. Ich denke an dieser Stelle daran, wie lange es dauerte, bis wir in der Küstenkoalition den Antrag fertig formuliert hatten. Es ist aber wichtig, an dem Thema zäh dranzubleiben. Jeder Tropfen höhlt den Stein.
Die Entscheidung der Bundesregierung, im Baurecht etwas auf den Weg zu bringen, wird nicht ausreichen. Ich will nicht behaupten, dass die gestrige Entscheidung durch unseren Antrag zustande gekommen ist. Dennoch zeigt diese Entscheidung, wie wichtig es gewesen ist, dass wir beharrlich drangeblieben sind.
Der Wissenschaftliche Beitrat der Bundesregierung hat 2020 15 Gutachten zu der Frage vorgelegt, welche Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung gegangen werden können. Nicht nur wir Grüne, sondern auch die Tierschutzverbände wollen heraus aus dieser für Tierschützer und Landwirte quälenden, nervigen Diskussion. Die Tierhalterinnen und Tierhalter sollten mitgenommen werden. Wir wollen auf diesem Weg niemanden verlieren. Wir drängen darauf, dass die Umsetzung so erfolgt, dass alle Betriebe eine faire Chance bekommen, den Weg mitzugehen.
Dafür braucht es drei Dinge: Das Erste ist eine verbindliche, klare Kennzeichnung der Haltungsformen auf tierischen Produkten und Verarbeitungsprodukten. Das Beispiel mit dem Ei macht deutlich - Frau Künast hat die Kennzeichnung vor 20 Jahren eingeführt -: Es ist ein marktwirtschaftliches Instrument, das funktioniert.
Das Zweite ist ein Finanzierungsinstrument, möglichst mit Lenkungsfunktion. Die Zahlen sind bereits genannt worden. 3 bis 5 Milliarden € Kosten fallen jährlich an. Das kann nicht so einfach über klassisches Subventionieren laufen.
Das Dritte ist die Erleichterung der Genehmigung für den erforderlichen Stallumbau. Ich sage deutlich: Es geht um ein deutlich höheres Tierhaltungsniveau. Darin liegt auch die Schwäche des Gesetzentwurfs, den die Bundesregierung gestern be
schlossen hat; von einem deutlich höheren Niveau ist darin nichts zu lesen. Mit der Forderung nach einem deutlich höheren Niveau geben wir eine starke Orientierung. Das Einstiegsniveau ist demnach mindestens ein Tierhaltungslabel oberhalb der gesetzlichen Mindestanforderungen. Darunter kann es ja wohl nicht sein.
Zur Bundesregierung: Ja, es ist richtig, dass sie 2019 eine Kommission einberufen hat. Zunächst dachten wir alle: Oha! Ein alter schwarzer Minister - was soll denn dabei herauskommen?
Das Ergebnis der Borchert-Kommission zeigt, das muss ich wirklich sagen, dass die Einsetzung dieser Kommission eine kluge Entscheidung war. Die Kollegen haben bereits zu Recht gesagt, dass die Kommission ein richtig gutes, richtig starkes Ergebnis vorgelegt hat. Die Kommission fordert die Formulierung von Zielen, ein hohes Tierwohlniveau mit Umweltwirkung, die Ermittlung der Kosten und für die Verbraucherinnen und Verbraucher - die Darstellung, ob artgerechte, nachhaltige Tierhaltung dahintersteht.
Das Bau- und Immissionsrecht - unser Minister wird es bestätigen - ist allein in den vergangenen zwei Jahren sechsmal Thema auf Agrarministerinnen- und Agrarministerkonferenzen gewesen. Daran wird deutlich, wie hoch der Handlungsbedarf ist. Es hat wirklich lange gedauert hat, bis insoweit überhaupt etwas auf den Weg gebracht worden ist.
Klar ist - das haben die Kollegen auch schon angesprochen -, dass beihilferechtlich das eine oder andere noch geprüft werden muss. Aber dazu können wir die in 14 Tagen beginnende deutsche EU-Ratspräsidentschaft nutzen; morgen steht dieses Thema noch einmal auf der Tagesordnung. Deutschland hat dann die Chance zu zeigen, dass es nicht bremst, nicht hinterherdackelt, sondern vorangeht. Ich glaube, darauf müssen wir auch in diesem Punkt setzen.
Zu den anderen Punkten haben wir von den Kollegen bereits Ausführungen gehört. Wir brauchen ein Finanzierungsinstrument mit Lenkungsfunktion. Wir brauchen eine zeitliche Perspektive, in der das alles umgesetzt wird. Es ist klar, dass der Zeitraum bis 2040 für uns Grüne ein bisschen zu lang ist. Wenigstens hat man sich überhaupt erst einmal auf den Weg gemacht.
Ich werde aber unruhig, wenn es darum geht, das Ergebnis umzusetzen. Die Bundesregierung braucht insoweit anscheinend Nachhilfe. Seit dem 10. Februar, also seit über vier Monaten, liegt das Ergeb
Plötzlich, vor 14 Tagen, kamen wie Kai aus der Kiste 300 Millionen € quasi als Schaufensterfinanzierung für die Stallhaltung und für das Tierwohl. Das begrüßen wir natürlich grundsätzlich, denn somit haben wir in Schleswig-Holstein gleich einen hohen Millionenbetrag für die Kofinanzierung zur Verfügung gestellt. Das könnte ein Einstieg in ein eigenes Finanzierungsinstrument für die Tierhaltung sein, aber da muss noch ein bisschen mehr Butter bei die Fische. Hier muss ein Konzept kommen, und das auch bundesweit, damit daraus kein Strohfeuer wird.
Bei dem Thema Strohfeuer muss man auch den Kollegen Söder zitieren, der sehr deutlich davor gewarnt hat, dass jetzt nicht das eine oder andere Strohfeuer bei Konjunkturprogrammen veranstaltet wird, hinter denen sich versteckt wird, die aber keine wirklichen nachhaltigen Wirkung haben. Das Risiko sehe ich auch hier, wenn es nicht wirklich in eine umfassende Strategie, die letztlich den Tierhalterinnen und Tierhaltern eine verlässliche Perspektive gibt, eingebettet ist.
Wir aus Schleswig-Holstein haben vorgelegt, haben die Kofinanzierung dafür zur Verfügung gestellt, aber wir brauchen jetzt endlich in all den Punkten, die wir heute besprochen haben, eine klare Perspektive, einen klaren Pfad der Bundesregierung. Ich glaube - das war nicht gestern, sondern das war vorgestern -, dass der Ethikrat der Bundesrepublik Deutschland wieder deutlich gemacht hat, dass wir in der Tierhaltung einen sehr hohen Handlungsbedarf haben. Daher sollten wir nicht beweinen, dass wir das Thema heute wieder behandeln, sondern es so sehen, dass wir bei dem Thema vorangehen und es nach vorne bringen können. Dafür sind die Zeiten aus meiner Sicht richtig gut. - Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, Frau Eickhoff-Weber, Sie haben ja, wie Ihre Kollegin Sandra Redmann, auch aus alten Protokollen zitiert und eine Zeitleiste aufgebaut. Das finde ich ja alles in Ordnung, irgendwie muss man ja die Redezeit herumkriegen, wenn man keine eigenen
Aspekte hat. Ich meine das aber ganz im Ernst. Vielleicht sollten Sie diese Zeit, die Sie dafür nutzen, in den Protokollen zu lesen, lieber dafür verwenden, mit Ihrer Ministerin Svenja Schulze zu reden. Denn was die in Sachen Landwirtschaft vom Stapel lässt, hält man echt im Kopf nicht aus.
Tierwohl sollte keine Grenzen kennen, meine Damen und Herren. Tierwohl muss europäisch gedacht werden und baurechtlich endlich einfacher ermöglicht werden. Dafür braucht es mehr Wumms auf Bundes- und EU-Ebene, und deswegen stellen wir diesen Antrag. Ich werbe dafür, dass wir ihn heute in der Sache abstimmen, um eben diesen Wumms auf die Straße zu bringen.
Wir müssen die Tierhaltung in Deutschland zukunftsfähig machen. Dafür brauchen wir unsere Landwirte, und unsere Landwirte brauchen endlich einmal Planungssicherheit, wirksame Förderinstrumente und Erleichterungen bei Baugenehmigungen für tierwohlgerechte Ställe. Nur so bekommen unsere Landwirte eine wirtschaftlich tragfähige Perspektive. Unsere im Antrag formulierten Forderungen an die Bundesebene gehen genau deswegen in diese Richtung.
Das staatliche Tierwohllabel, wie es Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner plant, darf an den Grenzen zu unseren europäischen Nachbarn eben keinen Halt machen. Wir wollen europaweit einheitliche Standards bei der Tierhaltung. Beim Tierwohl muss europäisch gedacht werden, auch damit Wettbewerbsnachteile für unsere hiesigen Landwirte endlich vermieden werden, meine Damen und Herren.
Es bedarf unserer Meinung nach auf europäischer Ebene unverzüglich eines Konzeptes für die Einführung eines bindenden, mehrstufigen Tierwohl- und Herkunftskennzeichens für alle tierischen Erzeugnisse über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Grundlage für diese Haltungsstufen innerhalb des Tierwohlkennzeichens müssen, wie gesagt, einheitliche EU-Standards sein.
Meine Damen und Herren, Deutschland verschärft in vielen Bereichen die Regelungen der Tierhaltung und hält dazu noch die Betriebe im Ungewissen, ob
die Vorschriften überhaupt noch in den nächsten Jahren gelten. Das treibt zum einen die Kosten nach oben, macht aber vor allem das gesamte Thema unkalkulierbar mit dem Ergebnis, dass künftig mehr Fleisch aus dem Ausland importiert werden würde und die Bauern hier keine Perspektive mehr sehen. So weit darf es nicht kommen. Wir wollen dabei helfen, dass die Landwirte mit den enormen Investitionskosten für ihre Stallumbauten nicht alleingelassen werden.
Ich möchte noch etwas zur Borchert-Kommission sagen. Ich teile den großen Applaus für diese Kommission nicht. Ich finde nicht alle Punkte gut. Wir sehen da durchaus einige kritisch. Wenn jetzt zum Beispiel einige fordern, dass der Fleischkonsum durch höhere Preise sanktioniert werden soll, denken sie damit leider nur von der Tapete bis zur Wand. Denn, wenn lediglich in Deutschland geschlachtetes Fleisch verteuert werden soll, befördert dies nur wieder die Tendenz, dass Verbraucher noch häufiger zu im Ausland produziertem Fleisch von im Ausland geschlachteten Tieren greifen. Das kann nicht im Sinne des Tierwohls sein. Dadurch würden noch mehr deutsche Nutztierhalter gezwungen werden, ihren Betrieb aufzugeben, obwohl sie in aller Regel nach viel höheren Standards Tiere halten und schlachten lassen, als dies bei unseren Nachbarn der Fall ist.
Eine Steuererhöhung oder Einführung einer neuen Fleischsteuer wäre unserer Meinung nach der falsche Weg. Steuereinnahmen würden erst einmal im allgemeinen Haushalt versickern, und die Verteilung der Einnahmen aus dieser Abgabe wäre mit Geldverlusten durch Bürokratie verbunden. Wir müssen aber sicherstellen, dass das Geld effektiv und möglichst ohne Verluste beim Landwirt ankommt. Deswegen sind Förderprogramme für Stallumbauten ein richtiger und wichtiger Weg. Wir werden deshalb auch im Haushalt Mittel dafür bereitstellen, um an künftigen Stallbau-Förderprogrammen des Bundes teilnehmen zu können.
Meine Damen und Herren, es reicht aber nicht aus, nur über Geld zu reden. Was bringen die ganzen Vorschriften, wenn die Landwirte ihre Ställe nicht umbauen dürfen, weil sie keine Genehmigungen bekommen? Es gibt dort auch widersprüchliche Dinge, was man so liest und hört. Deswegen ist es wichtig, dass solche Bauten erleichtert werden und der Bund das Bundesimmissionsschutzgesetz und die dazugehörenden Verordnungen entsprechend anpasst.
Nur mit diesen Punkten - europarechtlich einheitliche Standards, wirksame Finanzierungsinstrumente und die Erleichterung von tierwohlgerechten Stallumbauten - kann die Tierhaltung in Deutschland eine Zukunft haben. Deswegen werbe ich noch einmal für diesen Antrag.
Natürlich - da gebe ich Ihnen Recht, Frau EickhoffWeber - muss diese ewige Hängepartie im Bundesrat zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ein Ende haben. Das ist klar. Die Beteiligten sind dazu aufgerufen, schnell zu rechtssicheren, machbaren Regelungen und Übergangsfristen zu kommen. Vielen Dank.