Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2245. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.
Ich teile dem Präsidium mit, dass der Abgeordnete Kay Richert ab 11 Uhr gemäß § 42 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages entschuldigt ist.
Mit dem Antrag zu b) wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich möchte zunächst darüber abstimmen lassen, ob ein Bericht zu dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen möchte, den
Somit erteile ich für die Landesregierung dem Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mein Haus befindet sich jetzt seit 17 Wochen im Krisenmodus. Wir gehen jetzt in die 18. Woche hinein. Gestatten Sie mir daher, auch wenn es vielleicht ein bisschen unüblich ist, meinen ganz herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses auszusprechen. Was diese Menschen in den vergangenen 17 Wochen für Schleswig-Holstein geleistet haben, ist alles andere als selbstverständlich. Ihr habt das großartig gemacht und uns als Hausspitze nie alleingelassen und mit dafür gesorgt, dass SchleswigHolstein bislang so durch die Krise gekommen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn der Ministerpräsident das schon verraten hat, möchte ich trotzdem auch darauf zu sprechen kommen. Wenn Sie auf die Seite des RKI gehen, können Sie sehen, dass die Tagesinzidenz für Schleswig-Holstein 0,4 Fälle pro 100.000 Einwohner beträgt. Es sind noch vier Menschen wegen einer COVID-19-Erkrankung in klinischer Behandlung, ein Mensch davon ist auf einer Intensivstation. Tagesaktuell haben 10 von 15 Kreisen in Schleswig-Holstein eine Sieben-Tage-Inzidenz von null. Wir haben ungefähr noch 130 aktive Infektionen in Schleswig-Holstein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zahlen bestätigen einen positiven Trend der vergangenen Wochen. Das messbare Infektionsgeschehen, die Viruszirkulation auf Bevölkerungsebene, ist in Schleswig-Holstein ausgesprochen gering. Das war am Anfang der Krise, darauf möchte ich auch eingehen, mitnichten so zu erwarten; denn wir hatten es mit Reiserückkehrerinnen und Reiserückkehrern aus den Skigebieten zu tun. Sie wissen, dass insbesondere die Hamburg- Randkreise am Anfang stark betroffen waren.
Mich macht es dankbar und demütig, in welcher Form insbesondere die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner alle im Verlauf der Krise dazu beigetragen haben, die Gesamtinfektionszahl
Wir haben dieses Ziel erreicht, weil die Bevölkerung mitgezogen hat, sich an Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln und Hygienevorschriften gehalten hat. Das war die Grundlage dafür, dass wir die zum Teil massiv einschränkenden, die freiheitsreduzierenden Maßnahmen in den vergangenen Wochen schrittweise lockern konnten, und - ich nenne es einmal so - den Prozess zu einer stufenweisen Rückkehr zu einer Normalität in der Krise einleiten konnten. Deswegen nochmals auch von dieser Stelle meinen herzlichen Dank an all die Menschen, die insbesondere in den kritischen Bereichen, etwa in der Pflege, der Tagespflege, der Kinderbetreuung, in den Krankenhäusern, im öffentlichen Gesundheitsdienst, im Katastrophenschutz, aber auch bei der täglichen Lebensmittelversorgung oder bei der Paketzustellung in dieser Krise für uns Herausragendes geleistet haben. Ihnen gilt mein aufrichtiger und herzlicher Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass es gelungen ist, den Stufenplan zum Übergang in den Regelbetrieb bei den Kitas so umsetzen zu können. Ich freue mich für die Eltern, ich freue mich besonders aber für die Kleinsten, dass für sie bereits ab Montag kommender Woche, also ab dem 22. Juni, der Regelbetrieb in den Kitas in unserem Land wieder möglich ist. Das ist wichtig. Das ist das notwendige Stück Verlässlichkeit, auf das viele Menschen gewartet haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere liebe Mitglieder des Sozialausschusses, ich möchte meinen herzlichen Dank ausdrücklich an das Parlament, und zwar sowohl an die regierungstragenden Fraktionen wie auch an den SSW und die Sozialdemokraten richten. In den wirklich harten und schwierigen Monaten März und April war das ein gutes Miteinander, für das ich ausdrücklich Danke sage.
Der Dank geht auch an meine Kolleginnen und Kollegen Gesundheitsminister und an den Bundesgesundheitsminister Spahn. Parteizugehörigkeit hat in den letzten Monaten überhaupt keine Rolle gespielt.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, wie schwer es mir persönlich gefallen ist, immer wieder im Bereich der Altenpflege mit so harten Restriktionen heranzugehen, um diese besonders vulnerablen Einrichtungen und vor allem ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen. Wir hatten ein striktes Betretungsverbot mit Ausnahmen. Ich freue mich sehr, dass wir das umkehren konnten, dass wir diesen Menschen wieder regelhaft Besuche ermöglichen können, dass wir zu einem Besuchsrecht zurückkehren konnten, das selbstverständlich unter strikten Auflagen erfolgt. Das kann gar nicht anders sein.
Aus dem Kreis Dithmarschen ist von Neuinfektionen in einem Altenpflegeheim berichtet worden. Daran sehen Sie, dass wir diese Pandemie mitnichten in irgendeiner Form überwunden haben, sondern dass wir nach wie vor alle miteinander zu größter Vorsicht und zur Rücksichtnahme verpflichtet sind, weil wir sonst nicht gut durch diese Pandemie kämen.
Ich sage aber auch: Nach Wochen der Angst, die ich bei einem Großteil der Bevölkerung spüren konnte und die sich in vielen Zuschriften, Telefonaten und Reaktionen gezeigt hat, bin ich froh, dass die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner - jedenfalls in ihrer Mehrzahl - wieder ein Stück aufatmen. Solange dieses Aufatmen und die Freude am Leben nicht in Sorglosigkeit umschwenkt, freut mich das ganz besonders; denn ich komme wahrscheinlich genauso wie Sie nicht gut klar, dass Menschen in Angst leben. Das ist nicht das Ziel von Politik, auch nicht von Politik in der Krise. Wir wollen vielmehr den Menschen gemeinsam helfen, gut durch diese Krise zu kommen.
Ich kann für die Landesregierung sagen, dass wir, soweit man das überhaupt feststellen kann, gut vorbereitet sind - Stand heute -, auch für den Fall, dass die Infektionszahlen möglicherweise im Herbst oder im Winter wieder steigen sollten. All das, was wir an Strukturen, an Versorgungsstrukturen aufgebaut haben, läuft nach wie vor mit. Das ist nicht einfach weg, weil die Infektionszahlen im Moment relativ günstig aussehen, sondern wir haben innerhalb weniger Wochen Strukturen wie ein ambulantes Monitoring geschaffen, wir haben die Intensiv
kapazitäten mit invasiver Beatmungsmöglichkeit innerhalb von zweieinhalb Monaten nahezu verdoppelt, nämlich um rund 90 % aufgestockt. Wir haben ein enges Überwachungs- und Monitoringsystem in unserem Land etabliert, um rechtzeitig eingreifen zu können, wenn wir feststellen, dass sich das Infektionsgeschehen wieder anders darstellt.
Im Übrigen bin ich ganz besonders dankbar, dass Dinge, die ganz offensichtlich in der Vergangenheit nie so schnell funktionieren konnten, umgesetzt wurden. Wer hätte jemals daran gedacht, dass sich niedergelassener Bereich und öffentlicher Gesundheitsdienst innerhalb weniger Tage auf ein ambulantes Monitoring verständigen, das die Krankenhäuser entlastet und die Patienten engmaschig zu Hause begleitet hat? - Das war kaum vorstellbar. Dafür bin ich sehr dankbar.
Aber, meine Damen und Herren, dies zeigt eben auch, wie außerordentlich wichtig der Beitrag des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zur Daseinsvorsorge ist. Deswegen gilt mein besonderer Dank auch den Kolleginnen und Kollegen im ÖGD für die Arbeit, die sie in den vergangenen Wochen geleistet haben.
Der Bund hat dankenswerterweise ein Programm in Höhe von 4 Milliarden € zur Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes aufgelegt. Darüber bin ich sehr froh und bin insbesondere unserer Finanzministerin ausgesprochen dankbar, dass wir schon vorher zur Verstärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Schleswig-Holstein, insbesondere zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen, 5 Millionen € in die Hand nehmen konnten. Das ist eine gute Investition für die Sicherheit unserer Bevölkerung hier in Schleswig-Holstein.
Ein weiteres Feld, das nicht nur mir als Minister, sondern auch vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in meinem Haus, aber auch in den Krankenhäusern, in den Pflegeheimen, in den ambulanten Pflegediensten schlaflose Nächte bereitet hat, war die Situation in Bezug auf persönliche Schutzausrüstung. Die Mitglieder des Sozialausschusses erinnern sich daran: Von Anfang März bis in den April hinein war der Weltmarkt leergefegt, und man wurde von unseriösen, halbkriminellen und kriminellen Angeboten nur so überschüttet. Gott sei Dank besteht heute wieder eine andere Situation. Ich sage Ihnen: Diese Situation damals war für alle Beteilig
ten ausgesprochen schwierig. Aus dieser unglaublich schwierigen Situation heraus bin ich meinen Leuten außerordentlich dankbar dafür, dass innerhalb kürzester Zeit - im Übrigen mit Unterstützung der GMSH - ein Beschaffungswesen etabliert werden konnte, sodass eine Notreserve des Landes aufgebaut wurde, die übrigens inzwischen weitgehend befüllt ist. Das war wichtig, aber es war gerade am Anfang unendlich schwierig.
Lassen Sie mich ganz zum Schluss etwas zur Teststrategie des Landes sagen. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben es heute Morgen im Zusammenhang mit dem Ausbruch in Dithmarschen wieder erlebt. Es ist selbstverständlich so: Sowie in einer Einrichtung, beispielsweise der Altenpflege, auch nur ein einziger Mensch positiv getestet wird, wird jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter, jede Bewohnerin und jeder Bewohner getestet. Das ist Standard. Das muss auch so sein. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob es sich um eine Kita, eine Schule, ein Altenpflegeheim oder - darüber haben wir uns gestern ausgetauscht - einen fleischzerlegenden Betrieb handelt.
Zusätzlich haben wir - ich bin gespannt auf die Ergebnisse - schon vor Wochen gerade im Altenpflegebereich ein Testprojekt auf den Weg gebracht, bei dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig am ersten, achten und 15. Tag getestet werden, um die gesamte Inkubationsspanne in den Blick zu nehmen und um aus diesen Erkenntnissen gerade in diesem hochsensiblen Bereich weitere Teststrategien ableiten zu können.
Ich will mir zwei Schlussbemerkungen gönnen, auch wenn ich, wie Sie sich vorstellen können, gnadenlos überziehe. Damit haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, aber in Wahrheit schon gerechnet.
Ich habe eine Bitte an die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner und an alle Gäste, die zu uns kommen und sich in diesem wunderbaren Sommer - das Wetter wird schon wieder - bei uns hoffentlich wohlfühlen: Wir leben mitten in der Pandemie. Wir leben mit dem Virus. Ich bitte darum, dass das rücksichtsvolle Miteinander, so wie wir es erleben durften, weitergeht, dass sie Freude haben, aber nicht sorglos werden, dass sie nicht das, woran wir uns in den vergangenen Wochen alle gewöhnt haben, am Ortsschild ihres Urlaubsortes sozusagen abgeben, sondern auch dort Vernunft und Vorsicht walten lassen.
Meine Damen und Herren, angesichts der Konferenz der europäischen Staats- und Regierungschefs zu den Rettungspaketen noch Folgendes: Wir werden uns, wenn diese Krise vorbei ist, mit der Frage auseinandersetzen müssen, warum Europa bei der Versorgung - jedenfalls aus meiner Sicht - katastrophal versagt hat. Warum standen bei uns zum Teil Intensivkapazitäten leer, während Frankreich, Italien und Spanien die notwendige Hilfe nicht bekommen konnten?
Ich wünsche mir für den weiteren europäischen Prozess, dass Europa die Chance, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen, tatsächlich nutzt. Aber bei der Versorgung hat es wirklich nicht funktioniert. Ich freue mich, dass auch Schleswig-Holsteiner einen Beitrag zur Versorgung von Menschen aus Frankreich leisten konnte. Das haben viele andere Bundesländer auch getan. Aber ein koordiniertes, gemeinsames, abgestimmtes Verfahren, ein europäisches Verfahren, wäre nötig gewesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, außer, dass wir wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen, brauchen wir eine europäische Versorgungsstrategie für Arzneimittel und für Arzneimittelgrundstoffe, damit Europa unabhängiger von Weltmärkten und von Produzenten wird. Es kann doch nicht sein, dass unsere lebensrettende Arzneimittelversorgung von einer Fabrik in einem Land, dessen Arbeitsbedingungen wir hier stets ankreiden, abhängt. Hier hat Europa eine große Chance, zusammenzustehen und etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen. - Herzlichen Dank für Ihre Geduld.