Der Herr Minister hat die Redezeit um 10 Minuten erweitert. Diese Zeit steht jetzt auch allen Fraktionen zu.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, auf den Minister ist Verlass, wenn es um die Redezeit geht. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, dass es etwas länger dauern wird, weil ja auch tatsächlich viel zu berichten war.
Vorab möchte ich mich, so wie es auch der Herr Minister getan hat, bei allen zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sozialministerium,
aber auch beim Herrn Minister persönlich ganz herzlich bedanken - weniger für den heutigen Bericht. Vielmehr haben wir in den vergangenen Wochen oft miteinander telefoniert oder im Sozialausschuss zusammengesessen und haben so laufend berichtet bekommen. Das war gut und richtig so.
Gleich Anfang März, als es losging, haben wir gesagt: Selbstverständlich stehen wir parat und bringen uns konstruktiv ein, schauen auf die Problematik und versuchen zu helfen, wo wir es können.
Bedanken möchte ich mich also für den Arbeitseinsatz der Kolleginnen und Kollegen des Sozialministeriums und bei Herrn Badenhop. Wir wissen, dass Sie über Wochen rund um die Uhr und ohne freie Tage gearbeitet haben. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Vieles ist wirklich gut gelaufen, und wir freuen uns, wie gesagt, dass wir an der einen oder anderen Stelle helfen konnten.
Den Dank möchte ich aber auch auf die Gesundheitsämter und Kommunen ausweiten. Auch dort ist rund um die Uhr gearbeitet worden, auch dort hat man zu Anfang händeringend nach Personal gesucht, weil die Aufgaben so plötzlich kamen und nicht genug Leute da waren. Ihnen hätte die Landesregierung allerdings durch eine wesentlich bessere Kommunikation helfen können. Oft genug ist es so gewesen, dass das Kabinett am Freitagabend oder am Sonnabend getagt und Dinge auf den Weg gebracht hat, die montags umgesetzt werden sollten. Das ist für alle Beteiligten, sowohl für die Kreisverwaltungen, die das entsprechend formulieren mussten, als auch für jene, die es umsetzen mussten, eine enorme Herausforderung gewesen und hat an sehr vielen Stellen für Frust gesorgt.
Wir haben uns konstruktiv eingebracht, aber nicht alles, was wir vorgeschlagen haben, ist angenommen worden. So haben wir uns schon sehr früh über die Situation in den Altenheimen ausgetauscht. Tatsächlich hätten wir uns eine frühere Öffnung der Altenheime gewünscht. Wir haben mehrmals darüber diskutiert. In den Hospiz- und Palliativstationen war es von Anfang an möglich, ein bis zwei Bezugspersonen zu benennen, die ihre Angehörigen hätten besuchen können. Das Ergebnis ist: Es gab keinerlei Infektionen. Hätten wir das nicht vielleicht auch früher in den Altersheimen so machen können und sollen? Denn das, was dort passiert ist, hat zu viel Elend, Traurigkeit und Einsamkeit geführt.
haben, ihren Bewohnerinnen und Bewohnern einen tollen und guten Tag zu organisieren und die Einsamkeit ein bisschen wettzumachen. Auch das ist eine zusätzliche Belastung gewesen und keine Selbstverständlichkeit.
Unserer Meinung nach hätten auch die Kitas und Spielplätze früher wieder geöffnet werden können. Es gab für mich kein gutes und hinreichendes Argument, zu sagen, dass 22 erwachsene Männer einem Ball hinterherlaufen können, die Spielplätze aber nicht aufgemacht werden dürfen. Das fand ich etwas schwierig, aber da bin ich auch mit meiner Fraktion nicht einig.
Verkehrt fanden wir auch, dass die Einrichtungen der Langzeitpflege denen der Eingliederungshilfe gleichgestellt worden sind. Menschen mit Handicap sind nicht automatisch krank. Dort gab es ganz viele Probleme, dass Angehörige ihre behinderten Kinder nicht besuchen konnten. Das hat auf beiden Seiten zu unglaublich viel Elend geführt. Den älteren Bewohnern im Pflegeheim konnte man erzählen, warum es so ist, auch wenn man es bei Demenzerkrankten 20-mal pro Stunde wiederholen muss.
Bei den Menschen mit Behinderung zu erklären, warum Mama und Papa nicht kommen dürfen, war wirklich schwierig. Da hätte es individuellere Lösungen geben müssen. Der gesamte Bereich der Eingliederungshilfe fühlte sich oft allein gelassen.
Das gilt auch bei der Beschaffung von Schutzmaterial. Das war für alle eine Herausforderung - nicht nur organisatorisch, sondern ganz besonders finanziell. Im Nachhinein müssen wir einmal gucken, was das bei den Trägern der Einrichtungen an zusätzlichen Kosten verursacht hat. Es hat uns jedenfalls gezeigt, dass man dem freien internationalen Markt nicht die ganze Verantwortung überlassen darf.
Das bringt uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dazu, staatliche und kommunale Daseinsvorsorge erneut zu diskutieren. Die Belastung der Beschäftigten in den Gesundheitsberufen, in der ambulanten und stationären Pflege, in der Eingliederungshilfe, im Rettungsdienst und anderen sozialen Berufen war und ist enorm. Auch die Familien, die plötzlich ihre Angehörigen allein versorgen mussten - sei es in der Pflege, oder das Kind mit Handicap -, sind an die Grenzen ihrer Belastungsfä
Das hat uns dazu bewegt, unseren Antrag zu stellen. Wir haben in den vergangenen Wochen viel von der Wertschätzung der Pflegekräfte und Menschen in anderen sozialen Berufen gehört. Das ist gut so, sie verdienen diese Bonuszahlung. Das ist alles prima. Das Ziel muss aber natürlich eine dauerhafte Erhöhung des Lohnniveaus sein und nicht eine Einmalzahlung, und dann ist wieder alles gut. - So darf es nicht kommen.
Sie verdienen aber unbedingt auch Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Viele Beschäftigte in den sozialen Bereichen können auf Körperkontakt während ihrer Tätigkeiten nicht verzichten und sind dadurch einem deutlich höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt. Gleichzeitig birgt eine unentdeckte Infektion Gefahr für die von ihnen zu betreuenden Menschen. Mir ist natürlich klar, dass ein negatives Testergebnis, das ich heute bekomme, selbstverständlich keine vollständige Sicherheit bringt.
Ein Antikörpertest gibt laut der Studie aus Lübeck auch keine Sicherheit: Ein Drittel der Infizierten wiesen keine Antikörper auf. Das war ein sehr erschreckendes Studienergebnis, wie ich finde. Trotzdem ist eine regelmäßige Testung all derer, deren Tätigkeit ohne Körperkontakt nicht möglich ist, sinnvoll.
Überproportional viele, nämlich 13.542 - Stand gestern - der mit COVID-19 Infizierten stammen aus den Arbeitsbereichen Krankenhaus, Arztpraxen, Dialysepraxen und Rettungsdienst. Davon sind 20 mittlerweile verstorben. Die Anzahl der Infizierten, die in den in § 36 des Infektionsschutzgesetzes aufgeführten Einrichtungen wie zum Beispiel Pflegeheimen, JVA und Asylheimen tätig sind, beträgt 9.691. Über 17.000 infizierte Personen leben in diesen Einrichtungen. Die Fallzahlen stehen im Einklang mit vielen Berichten über Ausbrüche in Pflegeeinrichtungen wie gestern in Burg, Sie haben es gesagt.
Die Anzahl der Infizierten, die in Kitas, Schulen und Horten tätig sind, ist dagegen relativ gering. Das ist logisch, weil diese Einrichtungen ja geschlossen waren. Nach unseren Berechnungen sind somit mindestens 12 % der bestätigten Infizierten in Pflegeeinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen tätig gewesen. Insgesamt treten 26 % aller bestätigten Coronainfektionen in den sozialen Ein
Die Dunkelziffer dürfte allerdings weitaus höher liegen, da nur für zwei Drittel aller vorliegenden Coronainfektionen entsprechend aufgeschlüsselte Daten vorliegen. Zahlen für Schleswig-Holstein kann ich Ihnen leider noch nicht liefern, weil das Sozialministerium meine Kleine Anfrage hierzu noch nicht beantwortet hat.
- Das ist auf dem Weg, das weiß ich. Wir haben uns ja auch darauf verständigt, dass die Antwortfrist in dieser Zeit nicht nur zwei Wochen, sondern vier Wochen beträgt. Das ist auch gut und richtig so. Aber die Antwort kommt dann ja irgendwann.
Die Unsicherheit in diesen Berufen wächst. Viele reduzieren tatsächlich ihre Wege. Ich kenne viele Kollegen aus der Pflege, die sagen: Ich treffe mich nur mit ganz wenigen Menschen, gehe kaum einkaufen und mache auch ansonsten eigentlich nichts. Sie haben schlichtweg Angst, den Virus zu ihrem Arbeitsplatz zu tragen. Das kann irgendwie auch nicht angehen.
Die Landesregierung scheint diese Fakten und Sorgen der Beschäftigten zu ignorieren. Anders kann ich mir nicht erklären, warum Sie - entsprechend der Pressemitteilung in der letzten Woche - nur in zwei Pflegeheimen im Land aus wissenschaftlichen Gründen regelmäßig und ohne Anlass testen wollen. Um das Risiko einer zweiten Infektionswelle zu minimieren, gehört es selbstverständlich dazu, dass Infektionen vor allem bei asymptomatischen Krankheitsverläufen rechtzeitig festgestellt und Infektionsketten dadurch schnellstmöglich unterbrochen werden können.
Ein weiterer wichtiger Beitrag wäre es, die Beschäftigten in den sozialen Berufen nicht in Unkenntnis über ihren eigenen Gesundheitszustand zu lassen. Schwerpunkttests für die Gastronomie zu reservieren, aber in den sozialen Berufen nach dem Prinzip Hoffnung zu verfahren, kann zu einer wahrlich gefährlichen Prioritätensetzung werden. Diese regelmäßigen Tests von Personen, die ihre Tätigkeit ohne Körperkontakt nicht ausführen können, ist für uns Sozialdemokraten Wertschätzung, Arbeits- und Gesundheitsschutz zugleich.
Das ist unterscheidet uns von der Jamaika-Koalition. Deswegen beantragen wir, unseren Antrag in den Sozialausschuss zu überweisen. Wir würden gern - auch mit den Betroffenen - noch einmal ausführlich darüber sprechen. Das ist, wie gesagt, nicht nur Wertschätzung, sondern für das ganze Land wichtig. - Ich bedanke mich ganz herzlich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erst einmal ein herzliches Dankeschön, Herr Minister, für den Bericht. Dieser Bericht zeigt, dass wir hier in Schleswig-Holstein auf einem guten Weg sind und im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr frühzeitig die richtigen Maßnahmen ergriffen haben. Dafür bedanke ich mich besonders beim Gesundheitsminister und seinem ganzen Hause, die da wirklich Außerordentliches geleistet haben. Mein Dank gilt auch der gesamten Landesregierung mit unserem Ministerpräsidenten an der Spitze. Alle waren daran beteiligt, es war Teamwork in einem hervorragenden Team. - Danke schön!
Herr Minister, alle Maßnahmen, die von Ihrem Haus auf den Weg gebracht wurden, waren wichtig, richtig und zielgerichtet. Es wird in Schleswig-Holstein überdurchschnittlich viel getestet. Hier sei zum Beispiel ein Hinweis auf Hessen erlaubt, wenn man die Zahlen vergleicht. Auch im Vergleich zu anderen Bundesländern wird in Schleswig-Holstein umfassend und zielgerichtet getestet.
Eine wahllose und permanente Testung der im Antrag aufgeführten Berufsgruppen - die Berufsgruppen sind ja sehr weitgehend - halte ich nicht für zielführend, zumal auch die Abgrenzung des Personenkreises schwierig wird.
Wo will ich abgrenzen? - Die Schule gehört dazu. Gehört der Hausmeister dazu? Gehören die Personen dazu, die in der Grünpflege tätig sind? - Die Abgrenzung ist schon einmal nicht einfach. Unterstellen wir einmal, wenn wir diese Personengruppe insgesamt betrachten, dass das 200.000 Menschen oder mehr sind. 200.000 Menschen mal 50 € pro Test: Dann wir bei 10 Millionen € pro Monat. Wenn das das ganze Jahr monatlich durchgeführt
wird, sind wir bei 120 Millionen € im Jahr. Gut, bei diesen Mengen gibt es sicherlich Mengenrabatt, sodass wir vielleicht auf die Hälfte kommen. Das ist auch möglich. Aber trotzdem ist und bleibt es ein sehr hoher Betrag.
Wenn ich dann in dem Antrag lese, es zahlten ja andere - die Krankenkasse, der Arbeitgeber, der Staat -, muss ich sagen: Es ist doch egal, ob Krankenkassen, die Krankenhäuser, Schulen, Kitas oder der Staat das bezahlen, es ist und bleibt das Geld der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.