Protokoll der Sitzung vom 19.06.2020

Nun aber zu sagen, weil so wenig mitmachten, könne man es doch auch lassen, geht an der Sache vorbei. Ich weiß von Orten, in denen so etwas angeboten wird, und ich weiß auch, dass Kinder dadurch eine zusätzliche Chance bekommen.

Und ja, das könnte man dann lassen, weil es sich eh nicht lohnt, weil es so wenige sind. Man könnte aber doch auch in den Kommunen, die sich hervorgetan und gesagt haben: „Es reicht uns jetzt, wir wollen das nicht, wir machen das nicht mit, das ist eine Zumutung von Frau Prien, dafür werben und dazu auffordern, insoweit doch etwas zu machen und von den zur Verfügung stehenden Geldern etwas abzugreifen. Das würde doch Sinn ergeben, anstatt zu sagen, das ist zu wenig und deshalb machen wir das nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Werben Sie doch dafür!

(Zuruf SPD)

Ein Punkt noch, Herr Habersaat. Sie sagen, das sei der falsche Weg. Es gab ja auch die Überlegung, zum Beispiel die Sommerferien zu verkürzen und Ähnliches. Da möchte ich nicht den Lehrerinnen und Lehrern, die von dieser Krise völlig gestresst sind, sagen: Wir verlängern die Schulzeit, und ihr müsst auf Ferien verzichten. Ich glaube, das wäre nicht der Weg, den ich gehen wollte; denn ich weiß, dass viele Lehrerinnen und Lehrer am Rande ihrer Kräfte sind und deshalb auch berechtigterweise sagen, sie brauchten jetzt sechs Wochen Ferien.

Insofern interessiert mich durchaus, was denn Ihre Lösung für die abgehängten Kinder während der Ferienzeit ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Sie gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Martin Habersaat? - Ja.

Ein Teil unserer Lösung ist, die Mittel, die vom Lernsommer offenkundig übrigbleiben werden, den Schulen für die Startphase nach den Sommerferien zur Verfügung zu stellen; insofern haben wir wahrscheinlich keinen Dissens. Das ist schon einmal gut.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zum zweiten Teil - auch insofern stimmen Sie sicherlich mit mir überein -: Es wäre einfacher gewesen, das ist zumindest meine Beobachtung, an den Schulen eine konstruktive Stimmung nach dem Motto „Wir krempeln jetzt gemeinsam die Ärmel hoch und packen an!“ auch für die Sommerferien herzustellen, wenn die Kommunikation mit den Schulen in den Wochen davor nicht für so großen Frust gesorgt hätte, dass diese Diskussion an den meisten Schulen einfach nicht stattfinden und diese konstruktive Stimmung nicht entstehen konnte.

- Dazu kann ich nur noch einmal sagen: Ich habe großes Verständnis, wenn aus Verwaltungshandeln, meinetwegen auch aus Regierungshandeln oder Handeln der Politik allgemein, bei Bürgerinnen und Bürgern, auch und gerade bei Menschen, die mit Erziehung zu tun haben und einen sehr, sehr anstrengenden Job haben, Frust entsteht. Aber - auch das kann ich nur wiederholen - es geht mir hier um die Kinder! Es hat keinen Sinn, politischen Frust auf dem Rücken der Kinder auszulassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wenn man Lust hat, dort etwas zu tun, dann soll man es tun. Man kann ja auch mit Frau Prien ins Gespräch kommen und darauf hinweisen, dass die Kommunikation verbessert werden muss. Dann muss aber auch gesagt werden, an welcher Stelle konkret. Sie sollten daraus nicht ein Bashen machen; denn wir haben endlich die Chance, für diese Kinder im Sommer zumindest ein bisschen was zu tun. Werben Sie dafür, anstatt es kaputtzureden! Sie können gern Kritik an der Kommunikation äußern; das finde ich richtig und wichtig. Auch ich habe gehört, dass es diese Kritik gibt. Aber diesen Lernsommern kaputtzumachen finde ich einfach nur blöd.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ma- chen Sie selbst!)

(Eka von Kalben)

Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich dank der Zwischenfragen noch eine Restredezeit habe. Diese schenke ich aber gern uns allen für die Sommerferien.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe somit die Beratung. Erstens -

(Zurufe: Die Ministerin!)

Entschuldigung! Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, ich entschuldige mich, liebe Frau Midyatli. Das war eine unangemessene Geste. Ich habe mich wahnsinnig geärgert. Natürlich war das auch Ihre Absicht; das ist auch vollkommen in Ordnung, das ist Ihr gutes Recht.

Ich habe mich geärgert, weil Sie die Kommunikation meiner Behörde so pauschal verunglimpft haben. Ich muss mich hier auch vor meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor die Schulaufsicht, stellen, die unermüdlich - Tag und Nacht; das kann ich wirklich sagen -, über Wochen hinweg, entsprechende Schreiben an die Schulen gerichtet haben, um diese schwierige Situation mit den Schulen gemeinsam gut zu meistern. Ich finde es nicht richtig, an dieser Stelle aus politischem Kalkül eine solche Kritik zu äußern.

(Beifall CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir, die Landesregierung, haben am 8. Mai 2020 einen Vierphasenplan zur Wiedereröffnung der Schulen vorgelegt. Wir haben den Schulen zugesagt, immer mindestens eine Woche vor Inkrafttreten der neuen Phase die entsprechenden Informationen weiterzugeben. Diese Zusage haben wir immer eingehalten.

Dann hat sich die Situation in Schleswig-Holstein sehr verändert. Wir haben zwischenzeitlich miteinander erfahren müssen, dass die Kollateralschäden von Schulschließungen mit Blick auf die Bildungsgerechtigkeit massiv sind und dass Kinder und Jugendliche in einem Ausmaß unter Misshandlungen leiden, das kaum noch vertretbar ist. Deshalb war es

richtig, die Schulschließungen früher zu beenden, als andere es sich getraut haben. Die Erfahrungen der letzten zwei Wochen zeigen, dass es genau die richtige Entscheidung gewesen ist.

Und ja, wir haben den Schulen viel abverlangt; ich weiß das. Aber wir haben eben auch den Familien, den Eltern und den Kindern, viel abverlangt. Deshalb war es genau richtig, so zu handeln.

(Beifall CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin nicht so überheblich, dass ich etwa behaupten würde, ich machte in dieser Krise alles richtig. Toll, wenn Sie glauben, das von sich behaupten zu können. Ich glaube, das kann man nicht. Wir müssen uns in einer solchen Krise das eine oder andere verzeihen - ja, das ist so.

Wenn die Kommunikation an der einen oder anderen Stelle geschickter hätte sein können, dann gebe ich das gern zu; ich räume das gern ein. Aber ich glaube, das Entscheidende ist, dass wir unsere Schulen hier in Schleswig-Holstein gut durch die Krise gesteuert haben und dass wir unseren Kindern und Jugendlichen mehr Unterricht haben anbieten können, als manch anderes Bundesland es geschafft hat. Darauf sind wir in Schleswig-Holstein stolz. Wir sind eine solidarische Schulgemeinschaft.

Das, was Sie beschrieben haben - Frust an den Schulen -, entspricht nicht unserer Wahrnehmung. Wir pflegen eine außerordentlich gute Zusammenarbeit in diesem Land. Das gilt auch für den Lernsommer. Ich bin mir sicher: Wenn es uns gelingt, auch nur 20 % der Kinder und Jugendlichen, und zwar den richtigen, im Lernsommer ein besseres Angebot zum Aufholen der Lernrückstände zu machen, dann ist das ein Riesenerfolg. Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht erinnern, dass in den letzten Jahrzehnten hier in Schleswig-Holstein eine solche Maßnahme während der Ferien stattgefunden hätte. Ich freue mich, dass wir uns hier gemeinsam auf den Weg gemacht haben.

Das ist übrigens auch die Empfehlung der Bildungsforscher, die uns in der Kultusministerkonferenz beraten, spezielle, additive Angebote in den Ferien zu machen. Wir schaffen diese Angebote. Wenn auch Sie uns dabei unterstützen, dann wird das ganz sicher ein großer Erfolg für unsere Schülerinnen und Schüler im Land werden.

(Anhaltender Beifall CDU, FDP und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

Die Ministerin hat eine Redezeit von dreieinhalb Minuten in Anspruch genommen. Diese Redezeit steht jetzt allen anderen Fraktionen zur Verfügung. - Ich sehe nicht, dass davon Gebraucht gemacht wird. Ich drehe mich noch einmal richtig herum, damit ich wirklich nichts übersehe. - Gut.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Erstens. Abstimmung zu a), Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/2223. Es ist beantragt worden, in der Sache abzustimmen.

(Zurufe SPD: Nein, Überweisung!)

- Ihr wollt überweisen? - Okay.

Es ist beantragt, den Antrag Drucksache 19/2223 dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein gegen die Stimmen der AfD überwiesen worden.

Abstimmung zu b), Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2224, und Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2272. Ich habe hierzu keinen Ausschussüberweisungsantrag vorliegen. Richtig? - Gut, also Abstimmung in der Sache.

Ich lasse zunächst über den Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache 19/2224, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Stimmenthaltungen sehe ich nicht. Damit ist der Antrag mit -

(Lars Harms [SSW]: Doch, wir enthalten uns!)

- Das ist fürchterlich mit diesen Pflöcken hier im Weg. - Enthaltung der Abgeordneten des SSW und Zustimmung der SPD-Fraktion; die übrigen Fraktionen und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein haben mit Nein gestimmt. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2272, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

Abstimmung zu c), Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2238, und Alternativantrag der Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2266.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2238, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, AfD und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein gegen die Stimmen SPD und SSW abgelehnt worden.

Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2266, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein gegen die Stimmen der AfD-Fraktion bei Enthaltung der SPD-Fraktion angenommen worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2245. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.