Bevor gleich der Herr Abgeordnete Martin Habersaat das Wort hat, begrüßen Sie bitte mit mir gemeinsamen Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Plön sowie Damen und Herren aus Rickert bei Rendsburg. - Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Klahn, wenn ich darauf hinweise, dass Sie Schulen gegeneinander ausspielen, müssen Sie mir hinterher nicht vorwerfen, dass das nun ein Ausspielen der Schulen gegeneinander sei. Denn Sie beklagen ja selber, dass es falsch oder schwierig sei, dem einen etwas wegzunehmen und dem anderen etwas zu geben.
In Ihrem Koalitionsvertrag steht zum Beispiel, Sie wollen kleine Grundschulstandorte dadurch unterstützen, dass Sie ihnen mehr Lehrkräfte geben. Bei einer begrenzten Zahl von Grundschullehrkräften heißt das automatisch, dass den großen Grundschulstandorten Grundschullehrkräfte genommen werden. Das heißt konkret: In Kiel-Gaarden werden es weniger Grundschullehrkräfte sein und in Nordfriesland und Dithmarschen mehr. Das kann man richtig finden, hilft aber nicht den „Schulen am Wind“.
Über die Oberstufen haben wir doch im Bildungsausschuss diskutiert; Sie waren doch dabei. Sie wollen Gymnasien, wenn sie auf G 9 umstellen, zwei Stunden mehr pro Jahrgang in der Oberstufe zubilligen und den Gemeinschaftsschulen nicht. Das ist eine Ungleichbehandlung und ein Gegeneinander-Ausspielen von Schulen.
Ich habe mich deshalb noch vor der Ministerin zu Wort gemeldet, damit ich zwei Fragen in den Raum stellen kann. Frau Klahn, wenn Sie den Vorwurf erheben, unter der letzten Landesregierung hätten Lehrerinnen und Lehrer nicht offen sprechen dürfen, dann stelle ich jetzt hier an die Frau Ministerin zwei Fragen:
Erstens. Sind Sie damit einverstanden, dass wir künftig regelmäßig Schulleiterinnen und Schulleiter und Lehrerinnen und Lehrer in den Bildungsausschuss einladen, um uns von der Situation in den Schulen berichten zu lassen?
Zweitens. Sind Sie alle mit mir gemeinsam der Meinung, dass wir künftig Schulleiterinnen und Schulleiter und Lehrerinnen und Lehrer in Anhörungen regelhaft befragen sollten, wenn es um Gesetzesvorhaben geht?
Herr Kollege Nobis, es ist ja bezeichnend, dass Sie den Beruf des Sozialpädagogen in einer Debatte, in der es genau um die Bedeutung von Sozialpädagogen geht, dermaßen abfällig darstellen.
Ja, es gibt auch Lehrkräfte in der AfD - erschütternderweise - und auch Professoren, wie ich gesehen habe.
Manchmal weiß ich nicht, was ich schlimmer finde: ob die im Unterricht vor Schülerinnen und Schülern stehen oder ob die in den Landtagen sitzen.
Bei Ihrem Kollegen Höcke bin ich froh, dass er nicht mehr vor Schülerinnen und Schülern vom Tausendjährigen Reich spricht. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Es war mir noch einmal richtig wichtig, als Abgeordnete für die SSW-Truppe hier im Landeshaus zu sagen: Als wir in der Küstenkoalition waren,
Herr Kubicki, haben wir immer gesagt - daran werde ich festhalten -, dass wir für starke Gymnasien und für starke Gemeinschaftsschulen sind. Wir sind auch immer dafür gewesen, dass Eltern die Wahlfreiheit hatten, ob sie ihr Kind inklusiv beschulen oder auch in einem Förderzentrum lassen wollen. Daran halten wir immer noch fest.
Ich glaube, die letzte IQB-Studie hat gezeigt, dass unser Schulsystem, wie es jetzt in Schleswig-Holstein ist, seinen Erfolg zeigt. Unsere Schülerinnen und Schüler haben durchaus auch in Englisch und in Mathematik ein viel besseres Leistungsergebnis gezeigt. Ich glaube, fast alle in diesem Hohen Hause sind daran interessiert, dass wir die Kinder oder die jungen Menschen nicht wieder sortieren, sondern dass wir ihnen genau das geben, was sie verdient haben: gute Bildung für eine gute Zukunft.
- auch in der Zeit der Küstenkoalition - und gesagt habe: „Lars, wir müssen noch mehr Lehrerstellen haben“, dann hat er mir gesagt: „Jette, wir sind ein armes Land“. Ich glaube, die Steuereinnahmen und das, was wir als Küstenkoalition Jamaika hinterlassen haben, zeigen: Wir haben unsere Hausaufgaben gut gemacht. Jetzt ist Jamaika dran, nicht aber dafür, die Steuermehreinnahmen nach links und rechts zu verpulvern, sondern um dafür Sorge zu tragen, dass für alle jungen Menschen hier in SchleswigHolstein auch weiterhin Geld für eine gute Bildung ausgegeben wird. Daran halte ich fest.
Für die Landesregierung hat nun das Wort Frau Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Anfang der Debatte hatte ich das Gefühl, wir sind relativ nahe beieinander, sehr sachlich darüber zu sprechen: Was können wir eigentlich für Schülerinnen und Schüler und für Schulen in herausfordernden Stadtteilen, in sozialen Problemlagen tun? Ich glaube auch, dass das ein Thema ist, bei dem es sich wirklich lohnt, in der Sache zu diskutieren und nicht gleich wieder in bildungspolitische Grundsatzdebatten abzugleiten, die wirklich keinem Schüler in Kiel und auch sonst in Schleswig-Holstein nutzen.
Wenn ich Ihnen allen richtig zugehört habe, dann sind wir uns doch einig. Wir wollen gerechte Chancen für jedes Kind in Schleswig-Holstein, und zwar unabhängig von der Herkunft, vom Geschlecht, von der Begabung, von Förderbedarfen. Wir wollen für Kinder mit und ohne Deutschkenntnisse, für Kinder mit und ohne Eltern gerechte Bildungschancen schaffen.
Das ist Grundlage der Politik dieser Landesregierung und steht auch so im Koalitionsvertrag. Ich freue mich darüber, dass Sie dem auch so zustimmen können, Herr Habersaat.
Einig sind wir uns wohl auch darüber, dass es dann, wenn wir eine Debatte über soziale Gerechtigkeit führen, in allererster Linie um Bildungsgerechtigkeit geht. In diesem Sinne ist die Debatte, die wir heute führen, eine wirklich entscheidende Debatte.
Natürlich ist es die Frage, wo man zusätzliche Ressourcen am besten einsetzt. Die Jamaika-Koalition und die Landesregierung sind der tiefen Überzeugung, dass zusätzliche Ressourcen am besten ganz früh eingesetzt sind, nämlich in der frühkindlichen Bildung und in den Grundschulen.
Natürlich, Herr Kollege Habersaat, geht es bei der Sicherstellung von kleinen Grundschulstandorten um zusätzliche Stellen, so wie es auch um zusätzliche Stellen in den Grundschulen geht. Da wird natürlich nicht der einen Schule etwas weggenommen, um die andere erhalten zu können.
diesen unterschiedlichen Herausforderungen an schwierigen Standorten gerecht werden? Wir haben in Schleswig-Holstein alles; wir haben Bullerbü, wir haben Berlin-Neukölln - Frau Strehlau hat sich mit der Rütli-Schule im Einzelnen befasst -, wir haben Schulen in ländlicher Idylle und intakter Sozialstruktur, und wir haben Schulen in besonders herausfordernden Lagen.
Dabei spielen soziale Faktoren eben nicht nur vor dem Migrationshintergrund eine Rolle. Vielmehr geht es auch um die Frage von Arbeitslosigkeit, um die Quote des Transferleistungsbezugs, um den Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund und mit mangelnden Deutschkenntnissen. Das ist das schwierige Problem. Es geht aber auch um Wohnverhältnisse, es geht um Stadtteilentwicklung. Es geht um die Frage: Wie funktioniert eigentlich die Jugendhilfe? Das alles ist durchaus ein komplexes Thema. Deshalb müssen wir, so komplex, wie es ist, dieses Thema auch angehen.
Der Chancenspiegel der Universitäten Dortmund und Jena und der Bertelsmann-Stiftung haben noch einmal sehr eindringlich darauf hingewiesen, wie unterschiedlich eigentlich Startchancen von Kindern sind, je nachdem, aus welchem Stadtteil sie kommen. „Der Spiegel“ hat getitelt mit der Überschrift „Falscher Wohnort? - Pech gehabt!“. Das ist nun mal ein bisschen so in Deutschland, und das ist wirklich eine Ohrfeige für die Sozialpolitik in Deutschland im 21. Jahrhundert.