Protokoll der Sitzung vom 22.09.2017

(Glocke Präsident)

Entschuldigung! Ich wollte nicht Sie unterbrechen, sondern nur darum bitten, dass insbesondere einige Herren aus der ersten Reihe ein bisschen ruhiger sind und sich auf die Rednerin konzentrieren.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Herr Kubicki möchte, dass wir ihn in guter Erinnerung behalten. Ich werde das ganz bestimmt tun.

Es ist eine Ohrfeige für die Sozialpolitik und insbesondere auch für die Bildungspolitik in Deutschland im 21. Jahrhundert.

Was müssen wir also tun? Wir brauchen eine - wir haben es „Bildungsbonus“ genannt, aber man kann es auch „Sozialindex“ oder „Sozialfaktor“ nennen neue Befassung mit unseren Schulen. Wir brauchen einen solchen Bildungsbonus, der die Schulen in die Lage versetzt, mit diesen besonderen Herausforderungen, die ich beschrieben habe, besser zurechtzukommen. Wir brauchen gute Konzepte und auch eine bessere Personalausstattung, allerdings nicht nur mit Lehrern, sondern - Herr Habersaat, Sie haben es zu Recht angesprochen - einen multiprofessionellen Mix. Wir müssen sehr genau hinschauen, welches die wirksamen Maßnahmen sind.

(Vereinzelter Beifall CDU, AfD und Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wir brauchen sicherlich Konzepte zur Schulentwicklung. Wir brauchen mehr Lehrkräftefortbildungen, und - dieses Thema wurde heute noch gar nicht angesprochen - wir brauchen auch eine bessere Elternarbeit. Denn nur Eltern, die wir starkmachen, sind auch in der Lage, Kinder bei ihrer Bildungsentwicklung besser zu unterstützen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD)

Sie haben die Hamburger Erfahrungen angesprochen. Diese sind ein Beleg dafür, dass lediglich mehr Ressourcen es nicht bringen, meine Damen und Herren. Wir müssen das Richtige tun. Wir müssen das Geld vernünftig einsetzen. Deshalb ist gerade der Blick nach Hamburg ein beredter Beleg dafür, dass wir besser sein müssen, wenn wir über ein neues Konzept hierzu sprechen.

Wir haben in Kiel super Experten für diese Frage. Wir haben die Wissenschaftler an der CAU, wir haben die Wissenschaftler am IPN, an einem der führenden deutschen Bildungsinstitute. Wir haben unser eigenes IQSH. Ich bin mir sicher, dass wir ein gutes Konzept auf den Weg bringen werden.

Lassen Sie mich zu den „Schulen am Wind“ etwas sagen. Die Wahrheit ist, dass mit den „Schulen am Wind“ schon längst gesprochen wird. Dabei muss ich Herrn Habersaat in Schutz nehmen: Natürlich ist auch unter der alten Landesregierung mit den „Schulen am Wind“ bereits gesprochen worden. Natürlich gibt es jetzt einen Runden Tisch mit der Stadt Kiel. Städte sind übrigens auch wichtig. Es geht nicht nur um die Schulen, sondern es geht auch um Jugendarbeit. Aber die „Schulen am Wind“ bekommen bereits 27,5 zusätzliche Planstellen, um mit diesen besonderen Herausforderungen klarzukommen. Die Tatsache ist: Das genügt offen

sichtlich nicht. Wenn es nicht genügt, müssen wir uns fragen: Was läuft da schief? Es geht offensichtlich nicht nur um mehr Ressourceneinsatz. Gerade das Beispiel der „Schulen am Wind“ zeigt, dass das zu kurz gegriffen ist.

Meine Damen und Herren von der AfD, so wichtig und gut ich es finde, dass Sie uns heute die Gelegenheit geben, über dieses Thema zu diskutieren Ihr Antrag ist einfach nicht gut. Das muss man einfach sagen. Weil der Antrag nicht gut ist, müssen wir mehr tun. Aber wir haben aus meiner Sicht heute eine gute Grundlage dafür geschaffen, das Thema in angemessener Form im Ausschuss zu beraten. Wir werden - das kann ich Ihnen versichern - in dieser Frage ein gutes Konzept auf den Weg bringen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die Landesregierung hat die Redezeit um knapp 2 Minuten überschritten. Möchte noch jemand von der zusätzlichen Redezeit Gebrauch machen? - Das sehe ich nicht; mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.

Beantragt wurde, zwei Anträge in den Ausschuss zu überweisen. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, den Antrag, Drucksache 19/158, an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das gegen die Stimmen der AfD mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Ein Armuts- zeugnis!)

Ich lasse dann darüber abstimmen, den Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/187 (neu), dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist das gegen die Stimmen der AfD bei Zustimmung der anderen Fraktionen so angenommen. Der Antrag ist damit dem Bildungsausschuss überwiesen.

Kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse jetzt über den Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 19/158, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU,

(Ministerin Karin Prien)

SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich lasse schließlich über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/208, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW gegen die Stimmen der AfD angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf:

Den Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in seiner jetzigen Form ablehnen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/165

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Hans-Jörn Arp von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum diskutieren wir heute in diesem Haus über den Glücksspielstaatsvertrag?

(Zuruf Thomas Rother [SPD])

- Herr Kollege, ich habe befürchtet, dass Sie das nicht wissen. Deshalb will ich Ihnen das erklären. Das ist relativ einfach. Im Oktober, also im nächsten Monat, findet die Ministerpräsidentenkonferenz statt. Wir haben in diesem Haus mit den Fraktionen der Jamaika-Koalition und dem SSW eine klare Haltung zu diesem Glücksspielstaatsvertrag, den wir in der vorliegenden Form ablehnen.

Herr Dr. Stegner, dass er überhaupt hier zur Debatte steht, ist ein Teil Ihres Verdienstes. Das war damals schon falsch. Das Glücksspielgesetz, das wir hatten, war erfolgreich, modern und bot die Möglichkeit der Kontrolle. Mit guten Beamten wurde das hier in Schleswig-Holstein vorbildlich bearbeitet. Sie haben dann dafür gesorgt, dass das Land damals dem Glücksspielstaatsvertrag, der heute gilt, beigetreten ist.

Der jetzt geltende Glücksspielstaatsvertrag ist nicht mit Europarecht vereinbar. Er unterstützt unsere Ziele nicht. Unsere Ziele sind ganz einfach: Wir

wollen den Spielerschutz sichern. Wir wollen auf alle Fälle dafür sorgen, dass Geldströme kontrolliert werden. Wir wollen den Jugendschutz weiterhin viel besser kontrollieren, als dies jetzt der Fall ist. Ich sage das auch in vollem Bewusstsein der Anwesenheit der Vertreter des Lottoblocks hier: Wir wollen den Lottoblock stärken. Wir wollen ihn attraktiver machen und nicht wie bisher immer unattraktiver. Auch dabei haben Sie uns an Ihrer Seite. Ich freue mich, Ihnen das an dieser Stelle in aller Deutlichkeit sagen zu können.

(Beifall CDU, FDP und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Voraussetzung ist für uns auch, dass er mit Europarecht vereinbar sein muss. Der Kollege Wolfgang Kubicki und ich haben das einmal durchgemacht. Wir haben einen Vertrag notifiziert, der breite Anerkennung gefunden hat, nicht nur in SchleswigHolstein, nicht nur bei vielen Anbietern in Deutschland, sondern er hat inzwischen Nachahmer in Dänemark, in Italien, in Spanien und in Frankreich gefunden. Wir können sagen: Wir in Schleswig-Holstein waren dafür Vorbild.

Diesen Weg wollen wir gehen. Jeden, der mit uns gemeinsam diesen Weg gehen will, laden wir herzlich ein. Er muss - meine Damen und Herren, auch das ist wichtig - wirtschaftsfähig sein. Was von den anderen hierzu vorgelegt wird, ist nicht mit den Anforderungen der Wirtschaft vereinbar. Zum Beispiel gehören heutzutage zu Sportwetten auch die Livewetten. Man kann die Anzahl der Lizenzen nicht begrenzen. Man muss zur Realität kommen und erkennen, dass Pokerspiele heute ebenso wie Kasinospiele täglich im Internet stattfinden, die überhaupt nicht kontrolliert werden.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir sagen nicht nur Nein und stärken damit dem Ministerpräsidenten den Rücken. Denn er kann sagen: Ich habe eine starke Basis zu Hause in meinem Parlament. Das verschafft ihm sehr großen Respekt bei den anderen Ministerpräsidenten, da das in den meisten Häusern gar nicht so intensiv wie hier diskutiert wird. Er hat natürlich ein klares Votum. Denn er kann sagen: Ich weiß, dass ich eine Unterstützung in meinem Parlament habe. Aber ich habe auch einen Auftrag.

(Lachen Beate Raudies [SPD])

Der Auftrag heißt nicht nur „Nein“, sondern der Auftrag muss auch heißen: Wir setzen uns mit allen zusammen, die gutwillig sind, um ein neues Glücksspielgesetz für Deutschland auf den Weg zu bringen. Das überlassen wir zukünftig nicht mehr

(Vizepräsident Oliver Kumbartzky)

den Beamten in den Staatskanzleien, die ich sehr schätze, sondern ich sage Ihnen: Wir müssen uns mit den Anbietern an einen Tisch setzen. Wir müssen die Vertreter des Lottoblocks ebenso wie deren Konkurrenten mitnehmen, denn am Ende sind sie da - egal ob wir sie haben wollen oder nicht, sie sind faktisch da. Das gilt auch für die anderen Anbieter in der Branche. Alle setzen sich an einen Tisch und diskutieren zusammen mit den Politikern.

Innerhalb eines Jahres zeigen wir Ihnen gemeinsam mit denen auf der Basis unseres alten Gesetzes einen Weg auf, den wir gehen können. Herr Ministerpräsident, wir sagen also nicht Nein, sondern wir sagen „Ja“. Aber lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg gehen. Wir reichen allen dazu unsere Hand und hoffen, dass am Ende - das haben wir immer wieder gesagt - auch hier bei uns ein guter Weg beschritten wird. Die Feuerwehr wartet darauf. Die Kulturverbände warten darauf, darunter auch der friesische Kulturverband. Auch die Sportverbände warten darauf.

Wir haben gerade vor wenigen Tagen mit dem Landessportverband zusammengesessen. Alle erwarten, dass wir über diesen Weg nicht nur mehr Einnahmen erzielen, sondern den Markt sicherer und kontrollierbarer machen und insbesondere im Bereich des Jugendschutzes viel mehr leisten, als das bisher der Fall ist. Ich lade Sie ein. - Herr Ministerpräsident, Sie haben unsere Unterstützung auf diesem Weg. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, AfD und Lars Harms [SSW])

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner [SPD].

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wusste ja nicht, dass es in der Jamaika-Koalition bereits leichte Friktionen gab, die dazu geführt haben, dass Sie Ihre Meinung unbedingt dem Parlament mitteilen muss. Ich dachte, der Ministerpräsident ist Teil der CDU-Fraktion. Jetzt habe ich den Sinn dieses Antrags überhaupt erst verstanden. Ich hatte vorher schon Probleme damit.

Über den richtigen Weg, mit dem Thema Glücksspiel umzugehen, haben wir uns schon öfter auseinandergesetzt. Die Ablehnung des zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags und die Bildung einer

Koalition der Glücksspielwilligen steht schon in Ihrem Koalitionsvertrag. Ich dachte, der Ministerpräsident hat das gelesen.

Natürlich kann man Ihre Auffassung zur Regulierung des Glücksspiels vertreten, man kann aber auch die gegenteilige Auffassung des weitreichenden Verbotes vertreten, wie es die Mehrheit der Bundesländer eben tut. Um ein Verbot europarechtssicher zu gestalten - das wissen die, die sich länger mit diesem Thema befassen - muss es halt kohärent sein, das heißt - stark verkürzt -, im nationalen Markt gleichmäßig durchgesetzt werden können. Sie wollen aber die Kohärenz bewusst zerstören, um einen europarechtlichen Hebel gegen die Verbote in den anderen Ländern zu haben.

(Beifall SPD - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Nein, das ist es nicht. Immer, wenn Sie das sagen, Herr Kubicki - das habe ich Ihnen schon einmal gesagt -, weiß ich, dass ich auf dem richtigen Pfad bin.