Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

- Das ist ja interessant; das ist eine wirkliche Motivation, weiter im Landtag zu bleiben.

Eine andere Fragestellung ist die der sicheren Schülerbeförderung. Das ist auch ein Lieblingsthema des Kollegen Habersaat.

Meine Damen und Herren, wenn wir eine Maskenpflicht in den Bewegungsräumen der Schule und auf dem Weg vom Bus zur Schule haben, dann müssen wir auch in den Bussen eine annehmbare Situation herstellen. Wenn die Schulbusse so überfüllt sind, dass die Kinder dicht an dicht stehen, wird natürlich die Schutzwirkung der Maske herabgesetzt.

Ehrlich gesagt ist das doch auch kein neues Problem der Schülerbeförderung. Wir wissen seit Lan

(Anita Klahn)

gem - ich bin seit zehn Jahren hier im SchleswigHolsteinischen Landtag, und ich weiß das -, dass die dicht besetzten Busse bei der Schülerbeförderung immer ein schwieriges Thema waren. Da habe ich die Opposition bislang auch noch nicht mit guten Lösungsvorschlägen erlebt.

Meine Damen und Herren, auch ich weiß, dass es keine einfache und schnelle Lösung geben kann, denn vielfach findet die Schülerbeförderung im Rahmen des ÖPNV statt und ist damit auch auf die Bedarfe von Pendlern ausgerichtet, die eben Anschlüsse an Bus und Bahn benötigen. Die Idee, Schulen zeitversetzt anfangen zu lassen und damit die Verkehre zu entzerren, passt nur für den Individualverkehr, aber nicht für den ÖPNV-Takt.

Dazu kommt, dass der ÖPNV über die Kreise und Kommunen geregelt wird. Ich sehe diese hier auch in der Verantwortung, auf der regionalen Ebene Lösungen zu suchen, um die Situation zu entschärfen. Gestatten Sie mir einen Hinweis: Die Kommunen erhalten erhebliche Landesmittel, um coronabedingte Defizite im ÖPNV ausgleichen zu können.

(Beifall FDP und Tobias Koch [CDU])

Ich finde, dass das Angebot der privaten Busunternehmen, für einen begrenzten Zeitraum beim Schultransport einzuspringen, von den Kommunen ernsthaft geprüft werden sollte. So könnte man das Problem der Überfüllung lösen und auch einer besonders in Bedrängnis geratenen Branche helfen. Ehrlicherweise ist das aber nicht allein Aufgabe des Landes.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, je näher wir dem Herbst rücken, desto mehr wird die Frage aufkommen, wie wir mit den Erkrankungen abseits von Corona umgehen wollen. Wenn wir die Kinder bei einem Schnupfen vorsichtshalber zurzeit 48 Stunden zu Hause lassen, werden wir uns mit der Frage beschäftigen müssen, wie die derzeitige Anzahl der Kinderkrankentage für die Eltern dazu passt. Auch wenn ich es sehr begrüße, dass heute Nacht der Beschluss gefasst wurde, dass man den Eltern fünf zusätzliche Krankentage gibt, so muss man doch sagen: Fünf und für Alleinerziehende zehn zusätzliche Tage, das ist zwar der richtige Schritt, aber das wird ist - wie wir Kinder kennen - nicht reichen. Das sage ich Ihnen als Mutter von drei Kindern, die in jüngeren Jahren permanent erkältet und krank waren. Diese Situation kenne ich. Auch habe ich Nichten und Neffen, die in der Schule sind und

Quarantänetage zu Hause verbringen müssen, weil sie eine Schnupfnase haben.

Ich setze also an dieser Stelle auf die Bundesfamilienministerin und darauf, dass sie hier weiter interveniert und die entsprechenden gesetzlichen Initiativen einbringt, um eine familiengerechtere Lösung zu schaffen.

Meine Damen und Herren, an den Schluss möchte ich meinen Appell stellen: Wenn wir weiter mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand, aber ohne Angst, in sorgevoller Verantwortung unsere Entscheidungen treffen, dann bin ich sicher und zuversichtlich, dass wir Schule so organisieren können, dass für alle die Freude am Lernen und Lehren wieder im Vordergrund steht. Lassen Sie uns das gemeinsam schaffen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, wie geht das mit Schule und Unterricht denn nun weiter? Diese einfache, aber zentrale Frage stellen sich Schüler, Eltern, Lehrer ja nicht erst seit den Sommerferien, sondern schon viel länger, und sie alle verdienen endlich eine klare und eindeutige Antwort darauf. Aber leider verweisen Sie, Frau Ministerin, bis heute immer nur darauf, dass wir in der Pandemie ein lernendes System sein müssten. Die von allen gewünschte Klarheit wird es demnach wohl erst einmal nicht geben - genau genommen so lange nicht, wie die Pandemie noch andauert. Stattdessen wird das Hin und Her der vergangenen Wochen wohl weitergehen. Unser Appell lautet: Schaffen Sie überall dort Klarheit, wo es geht.

Frau Ministerin, zuerst sprechen Sie eine dringende Empfehlung aus, wonach Schüler ab der 7. Klasse im Unterricht Masken tragen sollten. Sie appellieren dabei an die Eigenverantwortung der Schüler und vermitteln so den Eindruck, dass diese tatsächlich frei entscheiden könnten, ob sie eine Maske tragen wollen. Tatsächlich erwarteten die Schüler, die die Maske im Unterricht nicht tragen wollten, dann aber pädagogische Gespräche, natürlich um der Empfehlung Nachdruck zu verleihen. Tatsächlich verfügten viele Schulen im Land selbst eine

(Anita Klahn)

Maskenpflicht, auch im Unterricht. Die Verwirrung war groß.

Dann kam die erfolgreiche Klage eines Kieler Schülers dagegen in einem Eilverfahren, und Sie erlassen daraufhin eine allgemeine Maskenpflicht für alle Schüler, ausdrücklich selbst für Fünfjährige, wobei der Unterricht für diese dann wieder von dieser Maskenpflicht ausgenommen wird. Dass Sie damit bei den allermeisten Schülern, Eltern und Lehrern und selbst bei der Presse für Verwirrung sorgen, ist doch mehr als verständlich, denn ein Konzept, das hinter all dem steht, ist schlicht nicht erkennbar - zumindest kein Konzept, das in sich schlüssig und widerspruchsfrei ist.

(Beifall AfD)

Bei alldem sagen Sie ja selbst, dass eine Maskenpflicht verfassungsrechtlich betrachtet nicht verhältnismäßig ist. Sie sagen selbst, dass eine Maskenpflicht medizinisch betrachtet nicht geboten sei. Als Begründung für die Ausnahme der Maskenpflicht im Unterricht verweisen Sie darauf, dass die Infektionszahlen in Schleswig-Holstein derzeit doch insgesamt sehr niedrig seien. Dadurch erwecken Sie den Eindruck, als käme es in der Frage der Verhältnismäßigkeit der Maskenpflicht auf das landesweite Infektionsgeschehen an. Genau das ist aber nicht der Fall, denn die Maskenpflicht in der Schule ist ein massiver Eingriff in die Grundrechte der Schüler. Es muss deswegen klipp und klar begründet werden, dass dieser Eingriff - rechtlich gesehen verhältnismäßig ist. Hierzu muss wiederum nachgewiesen werden, dass Masken geeignet und erforderlich sind, um die Grundrechte anderer zu schützen.

Daraus ergibt sich meine erste Frage: Ist die Maskenpflicht erforderlich, um eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben der Schüler und Lehrer abzuwenden? Dies wäre genau dann der Fall, wenn mit einer Coronainfektion die Gefahr einer schweren oder gar tödlichen Covid-19-Erkrankung für Schüler und Lehrer verbunden wäre. Eine solche Gefahr ist aber nach allem, was wir bis heute darüber wissen, nicht gegeben, denn Kinder gehören nicht zur Risikogruppe.

Schwere oder gar tödliche Krankheitsverläufe werden ausnahmslos nur bei Menschen beobachtet, die schwer vorerkrankt und/oder hochbetagt sind. Das Durchschnittsalter der sogenannten Coronatoten, die am rechtsmedizinischen Institut des Hamburger UKE obduziert wurden, liegt bei 82 Jahren.

Dass Kinder nicht zur Risikogruppe gehören, zeigen auch aktuelle Studien aus Schweden und Finn

land. Dort gab es in der Altersgruppe bis 20 Jahren bislang keine Todesfälle.

(Wortmeldung Anita Klahn [FDP])

Herr Abgeordneter Dr. Brodehl, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Und auch die Statistik der in Deutschland registrierten Todesfälle mit Coronavirus zeigt, dass von den rund 9.200 registrierten Fällen nur drei aus der Alterskohorte null bis 19 Jahren stammen.

(Martin Habersaat [SPD]: Das ist ja gut!)

Davon, dass von dem Coronavirus eine ernsthafte oder gar tödliche Gesundheitsgefahr für Schüler ausgeht, kann also keine Rede sein. Frau Klahn, wenn Sie den rund 37 Infektionsfällen von rund 400.000 beschäftigten Lehrerinnen und Lehrern an Schulen jetzt gute Genesung wünschen, dann ist das natürlich gut gemeint. Es ist aber überflüssig,

(Anita Klahn [FDP]: Was?)

denn diese 37 Personen sind nicht krank, sondern sie sind infiziert. Das ist der Unterschied.

Nun kann man natürlich einwenden, dass Kinder und Jugendliche für Dritte, also etwa für Eltern, zur Gefahr werden können, wenn sie sich in der Schule infizieren. Die Studienergebnisse sprechen hier aber eine eindeutige Sprache. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis Gérard Krause, den Chef-Epidemiologen am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum: Schulkinder gehören nicht in dem Maße zu den Treibern der Epidemie, wie anfänglich angenommen wurde. Die verbreitete Sorge, dass Kinder ihre Großeltern anstecken und deren vorzeitigen Tod verursachen könnten, ist aus epidemiologischer Sicht unbegründet.

Viele andere Studien stützen diese Einschätzung und widerlegen außerdem die Befürchtung, dass Kinder sogenannte Superspreader und Schulen gefährliche Hotspots seien.

Wenn aber Kinder nicht zur Risikogruppe der Alten oder Vorerkrankten gehören und Kinder keine Superspreader sind, dann gibt es schlicht keine relevanten Gründe, die eine Maskenpflicht an Schulen medizinisch rechtfertigen können.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Das sind die Coronaleugner von der SPD. - Meine Damen und Herren, bei der Frage der Verhältnismä

(Dr. Frank Brodehl)

ßigkeit der Maskenpflicht ist immer auf die konkrete Situation vor Ort abzustellen und nicht auf das allgemeine Infektionsgeschehen in Schleswig-Holstein. Dass Sie, Frau Ministerin, dies ähnlich sehen, sehe ich daran, dass Sie, wenn Lehrer via Attest anzeigen, dass sie zur Risikogruppe gehören, dies nicht pauschal für eine Freistellung vom Präsenzunterricht anerkennen. Sie hatten es ausgeführt, das Verwaltungsgericht hat dies bestätigt. Frau Ministerin, damit haben Sie in dieser Frage vollkommen richtig entschieden. Die Anwürfe von der SPD, die von „herzlos“ sprachen, oder auch die der Presse, die Sie als härteste Ministerin Deutschlands titulierten, sind vollkommen fehl am Platz.

Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht selbstverständlich auf die Gesundheit unserer Lehrkräfte achten. Dazu gehört jedoch zuallererst, sich ein realistisches Bild von der Lage zu machen. Meine Damen und Herren, eine Studie von fünf Ärzteverbänden, darunter die Gesellschaft für Krankenhaushygiene, kommt zu dem Ergebnis, dass das Risiko für Lehrkräfte insgesamt gering ist. Für wirklich gefährdete Lehrer gilt natürlich, dass sie sich vom Präsenzunterricht befreien lassen können. Dass hierzu eine individuelle Risikofaktorenbewertung im Kontext einer arbeitsmedizinischen Begutachtung notwendig ist, ist nicht herzlos, sondern ein vollkommen regulärer Vorgang.

Noch eins in diesem Zusammenhang: Auch der Arbeitsort Schule unterliegt dem allgemeinen Lebensrisiko und damit der Eigenverantwortung. Wer das nicht sehen will und stattdessen auf der abstrakten Gefahr des allgemeinen Infektionsgeschehens rumreitet, kann auch gleich eine lebenslange Maskenpflicht für alle fordern.

Aber zurück zur Maskenpflicht an unseren Schulen. Die Frage nach der Erforderlichkeit haben wir mit einem klaren Nein beantworten können.

Kommen wir also zu meiner zweiten Frage: Sind Masken ein geeignetes Mittel zur Vermeidung von Ansteckung? - Alle Experten sind sich einig, dass Masken, wenn überhaupt, nur dann etwas bringen können, wenn sie richtig gehandhabt werden. Was dafür alles notwendig ist, finden wir in einer Broschüre der Unfallkasse, Fachbereich Bildungseinrichtungen - also von Experten. Dort heißt es:

1. Vor Anlegen der Maske Hände waschen!

2. Die Maske muss an den Seiten eng anliegen!

3. Beim Anlegen die Innenseite nicht berühren!

4. Maske tauschen, wenn sie durch die Atemluft durchfeuchtet ist! - Also nach 20 Minuten.

5. Beim Abnehmen der Maske nur die Bänder berühren!