Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

(Unterbrechung: 13:06 bis 14:02 Uhr)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf:

Bericht zum Umsetzungsstand des Onlinezugangsgesetzes in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2283

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Es ist einstimmig so beschlossen.

Ich erteile für die Landesregierung dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht, das Wort.

(Unruhe)

- Ich würde Sie bitten, jetzt zur Ruhe zu kommen, weil wir wieder mit dem Plenum anfangen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Kennen Sie das: Sie wollen Ihren Pkw an- oder ummelden, die Hundesteuer bezahlen oder einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung stellen? Und nachdem Sie viele Papierformulare ausgefüllt haben, merken Sie, dass der nächste freie Termin bei der zuständigen Behörde erst in ferner Zukunft liegt?

(Zuruf SPD: Ja!)

Dafür gibt es eine einfache Lösung mit einem sperrigen Wort: das Onlinezugangsgesetz.

(Beifall Ole-Christopher Plambeck [CDU])

Der Gedanke: Anträge und Verfahren bequem von zu Hause und ohne Papierchaos abwickeln.

Das Onlinezugangsgesetz - kurz: OZG - ist eines der zentralen Digitalisierungsvorhaben unserer Zeit. Die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sollen innerhalb der kommenden zwei Jahre alle der bundesweit 6.000 Verwaltungsdienstleistungen auch online in Anspruch nehmen können.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Meine Damen und Herren, Digitalisierung ist allgegenwärtig. Wir alle leben in einer digitalen Gesellschaft. Das kann man im Einzelnen gut oder schlecht finden; entziehen kann man sich dieser Entwicklung aber nicht. Umso wichtiger ist es, digitale Teilhabe für alle zu ermöglichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Es ist an uns, den Bürgerinnen und Bürgern einen möglichst einfachen Zugang zu digitalisierten Verwaltungsdienstleistungen zu geben. Besonders in den vergangenen Monaten ist die Bedeutung einer orts- und zeitunabhängig erreichbaren Verwaltung deutlich geworden. Deshalb ist das OZG ein echter Meilenstein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Und: Es löst die Erwartungen vieler Bürgerinnen und Bürger an eine moderne Verwaltung ein. Mittlerweile ist es schwer vermittelbar, dass man für alltägliche Verwaltungsdienstleistungen - wie die Pkw-Ummeldung, die Hundesteuer oder einfache Bauanträge - erst den Weg in das nächste Amt oder Rathaus antreten und dort im Zweifelsfall noch lange Wartezeiten in Kauf nehmen muss.

Die Aufgabe ist nicht trivial: 6.000 Verwaltungsdienstleistungen bis 2022! Das ist nicht von jedem Bundesland alleine leistbar. Die Länder haben sich deshalb auf ein arbeitsteiliges Vorgehen verständigt: Jedes Land digitalisiert Verwaltungsdienstleistungen bestimmter Themengebiete selbst und stellt die Arbeitsergebnisse allen anderen Ländern zur Nachnutzung zur Verfügung.

Daraus ergeben sich für uns in Schleswig-Holstein vier zentrale Handlungsfelder, die wir nun bereits im zweiten Jahr mit hoher Motivation und in bundesweit vorbildlicher Form angehen.

Erstens: Schleswig-Holstein hat 2018 die bundesweite Federführung für die Umsetzung von Umweltleistungen in digitalen Verfahren übernommen. Wir konnten als eines der ersten Bundesländer unsere Arbeitsergebnisse online stellen. Erfolgreich digitalisiert wurden Verwaltungsdienstleistungen etwa beim Strahlenschutz, der Anlagengenehmigung und -zulassung sowie in der Fischerei.

Diese Erfolge führen wir fort. In mehreren Projektphasen werden nun kontinuierlich und parallel rund 20 Verwaltungsdienstleistungen digitalisiert. Wir kommen damit unserer bundesweiten Verantwortung für die Digitalisierung unserer öffentlichen Verwaltung nach.

Zweitens: Wir tragen Sorge dafür, dass die in anderen Bundesländern erstellten Leistungen hier in Schleswig-Holstein einsetzbar werden. Dies muss frühzeitig geplant und vorbereitet werden. Wir haben deswegen ein Importkonzept erarbeitet und dieses bereits im Verbund der Dataport-Länder erprobt. Gerade für die Umsetzung des OZG ist dieser starke Länderverbund eine wichtige Ressource. Wir nutzen dieselben Infrastrukturen und können so eine Vielzahl von Onlinediensten einfach übernehmen. So, meine Damen und Herren, funktioniert effiziente Digitalisierung im echten Norden und gemeinsam mit unseren Nachbarländern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Drittens: Wir exportieren die hier erstellten Digitalleistungen in andere Länder. Neben dem Themenfeld Umwelt haben wir bereits lange digitalisierte Verfahren, etwa beim Einheitlichen Ansprechpartner, für die wir eine Transferinfrastruktur mit Dataport aufbauen. Als ersten Dienst wollen wir das in Schleswig-Holstein entwickelte Verfahren „OnlineWohngeld“ nach Nordrhein-Westfalen exportieren. Damit haben wir übrigens bereits 2019 eines der ersten OZG-Verfahren bundesweit online gestellt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Mit dem Export sind wir Taktgeber bei der Umsetzung von Einer-für-alle-Leistungen in der Verwaltungsdienstleistung. Schleswig-Holstein, meine Damen und Herren, ist das Estland der Bundesrepublik.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Viertens: Wir arbeiten eng mit dem IT-Verbund Schleswig-Holstein sowie den Kammern im Land zusammen, um auch die Verwaltungsdienstleistungen der Kommunen erfolgreich und entlang der Bedürfnisse unserer Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Verbände zu digitalisieren. Gemeinsam mit den Kommunen entwickeln wir die notwendigen Infrastrukturen fort und sorgen für den störungsfreien Betrieb digitalisierter Verfahren.

Die Kommunen stellen für uns bei der Verwaltungsdigitalisierung zentrale Partnerinnen dar. Wir wissen: Nur gemeinsam mit allen an Bord werden wir unsere ambitionierten Ziele erreichen. Deshalb, meine Damen und Herren, setzen wir uns beim Bund dafür ein, dass er die zugesagten Konjunkturmittel für die Umsetzung des OZG auch direkt den Kommunen zugutekommen lässt. Wir brauchen kei

(Minister Jan Philipp Albrecht)

nen bundesweiten Wasserkopf, der seine Unterstützung nur durch enge Flaschenhälse in die zahlreichen kommunalen Behörden verteilt. Wir brauchen starke Ansprechpartnerinnen vor Ort, die auch direkt Verantwortung für die Digitalisierung unserer Verwaltung übernehmen.

Meine Damen und Herren, mit der beherzten Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes werden wir unsere Verwaltung für die Zukunft aufstellen. Sie fügt sich nahtlos in die Digitalisierungsaktivitäten der Landesregierung ein. Vorhaben wie die Erarbeitung eines Digitalisierungsgesetzes und die Fortschreibung unseres Digitalisierungsprogramms flankieren und unterstützen diesen Prozess und manifestieren unsere Vorreiterposition in diesem Bereich. Schon jetzt richten sich andere Länder in ihren Digitalisierungsvorhaben an uns hier im digitalen Norden aus.

Parallel modernisieren wir fortlaufend unsere Landes-IT, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten und dabei natürlich auch sicherzustellen, dass unsere Bemühungen in Sachen Klimaschutz nicht konterkariert werden.

Meine Damen und Herren, ohne Zweifel ist die Umsetzung des OZG - und damit die vollständige Digitalisierung der Verwaltung - eine echte Mammutaufgabe. Umso freut es mich, dass SchleswigHolstein im Konzert der Länder ganze vorn mitspielt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um eineinhalb Minuten verlängert. Diese Zeit steht jetzt auch allen Fraktionen zu.

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Ole Plambeck.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kfz-Zulassungsstelle - das ist ein Wort, welches wir heute vielleicht noch öfter hören werden, aber auch ein Wort, welches seine eigene Geschichte erzählt. Wer einmal sein Auto bei der Kfz-Zulassungsstelle anoder abmelden wollte, dem ist das Problem bekannt. Entweder geht es nur mit einem Termin oder mit langer Wartezeit. Wer dann nach langem Warten feststellt, dass er eine Unterlage vergessen hat, bleibt dann meist nur ein erneuter Anlauf.

Etwas spontan im Amt zu erledigen ist meistens schwer. Dies ist aber keine Kritik an unserer Verwaltung, sondern zeigt vielmehr die Fülle an Aufgaben und Anfragen, die dort immer noch persönlich erledigt werden müssen. Wer hier auf Nummer sicher gehen muss, kann schon mal einen Tag Urlaub einplanen. Das ist besonders jetzt in der Coronazeit sehr deutlich geworden. An diesem Zustand wollen wir etwas ändern.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Daher ist es richtig, dass Bund, Länder und Kommunen gemeinsam im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes ihre Verwaltungsdienstleistungen digitalisieren wollen. Wir sprechen - das hat der Minister eben angesprochen - über mehr als 6.000 Prozesse und 575 Fachverfahren, die künftig auch online angeboten werden sollen. So könnte der Pkw 24/7 online an- beziehungsweise abgemeldet oder das Wohngeld beantragt werden. Das bietet die Chance, Abläufe zu beschleunigen, insbesondere dann, wenn es sich um Standardverfahren handelt. Damit sparen wir sowohl die Zeit als auch den Weg. Ökologisch und ökonomisch ist das auf jeden Fall für uns der richtige Kurs.

Mit dem OZG werden Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen bis spätestens Ende 2022 auch in digitaler Form anzubieten. Dabei soll nicht jedes Land oder jede Kommune für jede Verwaltungsleistung das Rad neu erfinden, sondern im OZG ist ein arbeitsteiliges Vorgehen vereinbart.

Jedes Land hat für bestimmte Themenfelder die Federführung, wie der Minister das eben angesprochen hat. Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit Rheinland-Pfalz für den Bereich Umwelt die Federführung und arbeitet im Themenfeld „Engagement und Hobbies“ mit.

Das arbeitsteilige Vorgehen zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sieht vor, dass alle Bundesländer ihre Arbeitsergebnisse zur sogenannten Nachnutzung zur Verfügung stellen. Somit profitieren wir von der Vorarbeit anderer Bundesländer und die natürlich auch von unserer Vorarbeit.

Daran erkennt man aber auch, dass der Erfolg des OZG eine Gemeinschaftsaufgabe ist. Jedes Land trägt für seinen Bereich eine hohe Verantwortung.

Der Dienst „Wohngeld online“ wurde federführend von uns entwickelt und ist bereits bundesweit online geschaltet. Ich finde, das ist bereits ein großer Erfolg, für den ich mich einmal ganz herzlich be

(Minister Jan Philipp Albrecht)