Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

Zugegeben, die FDP hat die Polizeibeauftragte seit Beginn ihrer Tätigkeit kritisch, aber stets konstruktiv begleitet. Bei aller Verschwiegenheitspflicht hätten wir uns aber auch mehr Substanz und vor allen Dingen mehr Aktualität gewünscht. Aber - ich komme zum Schluss - in Zeiten, in der sich die Polizei zum Beispiel mit pauschalen Vorwürfen strukturellen Rassismus auseinandersetzen muss, ist dieser Bericht sehr wohl dazu geeignet, zur Versachlichung der Debatte beizutragen.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Dies wäre ein Nebeneffekt, den ich persönlich mir sehr wünschen würde. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall FDP und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Uns liegt nach gut dreieinhalb Jahren Tätigkeit der Polizeibeauftragten nun der erste Bericht für die Polizei in SchleswigHolstein vor. Dieser Bericht umfasst den Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018. Der nun vorliegende Bericht ist überfällig. Der Kollege Brockmann hat das ausführlich ausgeführt. Das möchte ich hier nicht noch einmal breittreten.

Aber über die Verspätung muss man vielleicht doch sprechen. An zu vielen Eingaben allein kann sie nicht liegen, denn die Anzahl liegt weit unter dem, was die Landesbeauftragte in ihrem weiteren Tätigkeitsfeld als Bürgerbeauftragte zu absolvieren hatte. Aber vielleicht ist es die Kombination aus beiden Aufgaben, die hier zu einer Überlastung führte.

Dann wären hieraus Konsequenzen zu ziehen, um dieses für die Polizei wirklich wichtige Tätigkeitsfeld nicht zu vernachlässigen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Der Blick zurück ist nicht ganz verkehrt. Ich selbst stand nämlich auch der Polizeibeauftragten von Beginn an skeptisch, ja sogar ablehnend, gegenüber. Meine Skepsis teilte ich seinerzeit mit den Polizeigewerkschaften. Denn auch ich als Polizeibeamter befürchtete damals die Einziehung einer Misstrauensinstanz, umso mehr deswegen, weil die Position mit einer gewissen Nähe zur SPD bekleidet wurde.

(Lachen SPD)

Spätestens seit der letzten Woche dürfte jeder Polizeibeamte wissen, wie wenig polizeifreundlich sich die SPD tatsächlich aufgestellt hat.

Aber schon der Zwischenbericht im Innen- und Rechtsausschuss überraschte mich, und er zeigte mir, dass ich mich an diesem Punkt tatsächlich geirrt habe. Das bestätigt auch der jetzige Bericht.

In dem Berichtszeitraum sind 85 Beschwerden wegen angeblichen Fehlverhaltens der Polizei aufgeführt, die in die Zuständigkeit der Polizeibeauftragten fielen. Dort wurden sie bearbeitet, und es gab Ergebnisse. 281 Eingaben sind von den Beschäftigten in der Polizei selbst erfolgt. Der Bedarf für eine neutrale Beschwerdeinstanz innerhalb der Polizei ist offenbar größer als außerhalb. Das ist auch mit dem Blick auf die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses inzwischen umso deutlicher geworden.

Schauen wir einmal rein: Aus dem Bericht lässt sich entnehmen, dass die weit überwiegenden Anschuldigungen gegenüber unseren Polizeibeamten wegen vermeintlicher rechtswidriger polizeilicher Maßnahmen, Probleme bei der Aufnahme oder bei der Bearbeitung von Strafanzeigen oder auch Kommunikationsdefizite, wie beispielsweise der Tonfall bei Verkehrskontrollen, unbegründet waren.

Bei Eingaben aus dem Inneren der Polizei wurde zum Beispiel die als zu lang empfundene Bearbeitungszeit beim Landespolizeiamt bemängelt. Es wird als Empfehlung ausgeführt, dass überprüft werden sollte, ob die personelle Ausstattung beim Landespolizeiamt zur Bewältigung der Aufgaben ausreichend ist. - Das ist eine durchaus nachvollziehbare Empfehlung für die Landespolizei, aber eben auch eine, die ich gern an Ihren Bereich zurückgeben möchte.

Neben lobenden Worten findet sich auch Kritik am Vorgehen der Polizeibeauftragten in einer Veröf

(Jörg Hansen)

fentlichung der Gewerkschaft der Polizei. Ich zitiere - mit Ihrer Erlaubnis - aus der dortigen Veröffentlichung:

„Andere Beteiligte beklagten in ihrer dienstlichen Rolle eine spürbare ,anwaltliche‘ Verhaltensweise von Frau El Samadoni. Sie fühlten sich angegriffen und teilweise vorgeführt, hätten gleichzeitig die ungute Erkenntnis, sich gegen eine nur gegenüber dem Gesetz verantwortliche, somit unantastbare Polizeibeauftragte, nicht verteidigen zu können. Das sorge für Abwehrhaltung und erhebliche Schwierigkeiten im eigentlich notwendigen Dialog.“

Nur gegenüber dem Gesetz verantwortlich - das wirft eine alte Kritik am Konstrukt der Landesbeauftragten erneut auf. Denn während die Dienstaufsicht beim Landtagspräsidenten liegt, gibt es offenbar keinerlei Fachaufsicht. Das ist vor allen Dingen dann problematisch, wenn vertrauliche Informationen den Vertrauenskreis der Polizeibeauftragten verlassen und veröffentlicht werden.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Hanebüchener Un- sinn ist das, was Sie da sagen!)

Ich möchte Sie auf etwas Bemerkenswertes hinweisen. Es ergibt sich eindeutig aus dem Bericht, dass keinerlei Hinweise auf einen strukturellen Rassismus in der Landespolizei vorliegen. Das Polizeibashing der zurückliegenden Wochen aus den Reihen der SPD, Herr Dr. Stegner, allen voran durch die Bundesvorsitzende Saskia Esken, ist damit als infame Hetzkampagne gegen die Polizei entlarvt.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ihre Widerworte in die eigenen Reihen habe ich dort vermisst, Herr Dr. Stegner.

Wir alle in diesem Plenum stehen in der Verantwortung, darauf zu achten, dass hier kein falsches Bild von unserer Polizei entsteht. Derartige Kampagnen schaffen und befeuern Hass auf die Polizei. Dieser linke Hass führt auch zur linken Gewalt gegen unsere Einsatzkräfte. Das haben die Ereignisse in zahlreichen Städten in unserem Land deutlich gezeigt. Das darf es unter gar keinen Umständen geben. Die Männer und Frauen der Landespolizei machen einen tollen Job, auch das geht aus dem Bericht der Polizeibeauftragten hervor. Ich danke Ihnen dafür, und ich freue mich auf den kommenden Bericht. - Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Positiv sind zunächst einmal generell die Eingabe- und Beschwerdezahlen herauszustellen nicht, weil es so schön ist, wenn Beschwerden reinkommen, sondern weil sich an ihnen zeigt, wie gut die Stelle angenommen wird. Von Oktober 2016 bis September 2017 gab es 181 Vorgänge; von Oktober 2017 bis September 2018 waren es schon 215 Vorgänge; und im darauffolgenden Jahr waren es sogar 247 Vorgänge. Es bestätigt sich, wie richtig es war, dass wir in Zeiten der Küstenkoalition diese Stelle eingerichtet haben.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei ist ja auffallend, dass der größte Teil der Beschwerden nicht von Bürgerinnen und Bürgern über die Polizei an die Polizeibeauftragte herangetragen wird, sondern dass vor allem Polizistinnen und Polizisten selbst Gebrauch von der Arbeit der Polizeibeauftragten machen. Das ist übrigens etwas - vielleicht können Sie sich noch daran erinnern -, was uns in den Anhörungen auch die Rheinland-Pfälzer gesagt hatten: Wartet einmal ab, es werden die Polizistinnen und Polizisten sein, die kommen! Das hat sich bestätigt.

Im Berichtszeitraum sind nur 105 Bürgerinnen und Bürger an die Polizeibeauftragte herangetreten. In 85 Fällen davon war die Polizeibeauftragte auch zuständig. Im gleichen Zeitraum haben sich 281 Polizistinnen und Polizisten an die Polizeibeauftragte gewandt.

174 Eingaben davon waren vertraulicher Art. Der mit Abstand am häufigsten genannte Grund dafür war die Sorge vor dienstlicher Benachteiligung oder einer Verschärfung des Konflikts. Das ist für mich auch nicht so überraschend. Ich denke, das liegt in der Grundstruktur hierarchischer Organisationen begründet.

Meine Damen und Herren, von daher ist es gut, dass wir die Möglichkeit der Polizeibeauftragten haben und sie auch wahrgenommen wird. Sonst hätten diese Menschen niemanden, den sie ansprechen könnten.

(Beifall SSW, SPD und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Claus Schaffer)

Grundsätzlich, so habe sich feststellen lassen, sei das polizeiliche Handeln rechtlich nicht zu beanstanden gewesen - so die Polizeibeauftragte. Die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern hingegen sei des Öfteren missglückt. Da scheint bei dem einen oder anderen noch eine ein wenig obrigkeitsstaatliche Sichtweise vorzuliegen. Aber man muss auch feststellen - auch das kann man in dem Bericht sehen -, dass die Führungsebene der Polizei doch sehr offen für Gespräche ist. Auch das ist ein Effekt der Einrichtung der Stelle, dass sich in diesem Bereich jetzt durch Kommunikation und Entgegenkommen tatsächlich etwas bewegt.

Die Aufgabe unserer Polizeibeauftragten ist es, das Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Polizei zu stärken. Wie viel das mit Kommunikation zu tun hat, haben Sie sicher den vorliegenden 111 Seiten entnehmen können.

Unsere Polizeibeauftragte arbeitet nicht etwa gegen die Polizei, wie es besonders die CDU ja 2016 mit ihrer damaligen Misstrauensrhetorik behauptet hat, sondern sie macht sich für sie stark. Anders kann man die Forderung im Vorwort, die Landespolizei bis 2023 um 500 Stellen zu verstärken, wohl wirklich nicht deuten.

Auch angesichts der öffentlichen Debatten zu Polizeigewalt sind die Erkenntnisse in diesem Bereich positiv. Im Bericht werden einige wenige Fälle, insgesamt sechs, genannt, in denen mögliche Polizeigewalt moniert wurde. Doch nur wenige hiervon enthielten tatsächlich Ansätze, die eventuell darauf hindeuten könnten, dass Polizeigewalt vorlag. Eine systematische Polizeigewalt oder Ähnliches lässt sich anhand des Berichtes nicht feststellen. Ich finde, das ist ein tolles Zeichen. Natürlich muss nicht alles bei der Polizeibeauftragten gelandet sein, aber trotzdem können wir feststellen, dass wir hier in Schleswig-Holstein keine Anhaltspunkte für systematische Polizeigewalt haben. Das ist etwas, was wir durchaus nach außen tragen sollten.

An dieser Stelle möchten wir als SSW unseren Polizistinnen und Polizisten unseren Dank aussprechen. Schleswig-Holstein hat eine starke, auf den Grundlagen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung handelnde Bürgerpolizei. Das ist in dieser Zeit wirklich ein wichtiges Signal. Das scheint nicht überall so zu sein, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Peter Lehnert [CDU])

Ich möchte Frau El Samadoni und ihrem Team noch einmal für ihre wertvolle Arbeit danken. Aus diesem Bericht lassen sich - wie man in dieser De

batte auch merkt - wirklich bemerkenswerte Erkenntnisse ziehen. Ich freue mich auf den kommenden Bericht, an dem sich ablesen lassen wird, wie sich die Eingaben entwickeln.

Wir haben ja schon im Haushalt eine personelle Verstärkung der Polizeibeauftragten beschlossen. Wie ich höre, verzögert sich die Umsetzung etwas, aber wenn diese Stelle besetzt ist, wird sich zeigen, ob das Büro mit steigendem Bekanntheitsgrad seinen Aufgaben noch gerecht werden kann, oder ob wir noch einmal nachjustieren müssen. So ehrlich müssen wir sein. Wenn wir dort Personal brauchen, müssen wir das auch zur Verfügung stellen.

(Beifall SSW und SPD)

Meine Damen und Herren, abschließend: Ich meine es ganz ehrlich, wenn ich sage, dass es wirklich eine der klügsten Entscheidungen der Küstenkoalition war, dieses Amt einzuführen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag hat sich die Abgeordnete Kathrin Bockey gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau El Samadoni! Anfang der 90er-Jahre war ich junge Polizistin. Ich war stolz, meine Uniform zu tragen, und die innere Verbundenheit zur Polizei, die daraus erwachsen ist, verspüre ich noch heute und lasse sie mir auch von niemandem absprechen. Mein Dank geht deshalb an alle Polizistinnen und Polizisten, die ihren Job engagiert und mit Herz und Verstand ausüben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt FDP)