„… wird die Landesregierung gebeten, eigene Initiativen zur Sicherung der maritimen Wirtschaft zu entwickeln und umzusetzen.“
„… muss die Landesregierung eigene Initiativen zur Sicherung der maritimen Wirtschaft entwickeln und umsetzen.“
Da kommt es uns nicht auf Wortklauberei an. Wenn wir mit den Koalitionsfraktionen in der Sache einig sein könnten, dann wäre das am Ende dieser Debat
Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat hat es heute Vormittag eine eindrucksvolle Demonstration von 300 Kolleginnen und Kollegen aus dem Schiffbau hinter dem Landeshaus gegeben, denen es derzeit wirklich schlecht geht. Die Lage um den Schiffbau in Deutschland ist insgesamt dramatisch, zum Beispiel um die Werften, die bis zum Februar oder März 2020 vor Gesundheit strotzten, wie zum Beispiel die Meyer Werft in Papenburg in Niedersachen, die die Kreuzfahrer gebaut hat. Wir haben in vielen Teilen für diese Schiffe zugeliefert. Die sind durch die Pandemie reichlich in Schwierigkeiten geraten und müssen jetzt staatlich gestützt werden.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Wichtigkeit dieser Branche für die Industrie dieses Landes Schleswig-Holstein deutlich zu machen. 18.000 bis 20.000 Arbeitsplätze mit dem, was an Zulieferern dabei ist, hängen an diesem Schiffbau, der für Schleswig-Holstein nicht nur traditionell eine wichtige Bedeutung hat, sondern - ich habe es heute Vormittag gesagt und sage es für die gesamte Landesregierung - deshalb für uns so wichtig ist, weil er, wenn er innovativ betrieben wird und die Potenziale der Zukunft ausschöpft, wenn er nicht auf dem Alten verharrt, eine Zukunftsbranche ist und eine Hightech-Branche sein kann, in der man mit vielen Innovationen in einem Markt unterwegs ist, den man allerdings auch mit definieren muss. Das sind keine großen Märkte, wie sie in China oder Südkorea bedient werden, sondern man braucht Nischenmärkte, die man sich aussucht. Da muss man in die besonderen Bereiche gehen, in die aber auch die Werften in Schleswig-Holstein sich vom Grundsatz her hineinbewegt haben. In der Regel waren die Werften da bis zum Frühjahr dieses Jahres auch gut unterwegs.
Es ist aber auch nicht zu leugnen, dass es Werften in diesem Land gibt, die schon vor der Coronapandemie deutlich unter Druck gestanden haben. Es
mag sein, Herr Stegner, dass Sie mit dem Antrag für sich in Anspruch nehmen, das Thema auf die Tagesordnung gesetzt zu haben. Für mich steht das Thema seit meinem ersten Tag als Wirtschaftsminister auf der Tagesordnung, denn um die FSG in Flensburg kümmere ich mich seit dem Juni des Jahres 2017 mit schönster Regelmäßigkeit und bin immer noch froh und glücklich darüber, dass es uns beim letzten Mal gelungen ist, mit einem Eigentümer dafür zu sorgen, dass durch eine weitere Kapitalspritze dort wenigstens die Hälfte der Belegschaft in eine neue FSG überführt werden konnte und insbesondere die Auszubildenden eine Möglichkeit der Verlängerung der Ausbildung bekommen haben, die Ausbildungsplätze gesichert wurden und nicht in einer Transfergesellschaft gelandet sind. Ich bin sehr dankbar, dass das gelungen ist.
Es gehört aber auch zur Ehrlichkeit, dass nicht nur bei der FSG, sondern auch bei Nobiskrug in den letzten Jahren durchaus offensichtlich gewesen ist, dass, obwohl man sich in einem guten Nischenmarkt bewegt hat, nicht die richtigen Geschäftskonzepte verfolgt worden sind, was die Werft insgesamt in Schwierigkeiten gebracht hat, die sie heute ausbaden muss. Das hat dann dazu geführt - Herr Stegner, da bitte ich, dass wir redlich miteinander diskutieren -, dass wir für solche Werften, die in Schwierigkeiten waren, als die Pandemie begann, eben auch keinerlei Wirtschaftsstabilisierungsfondsmittel in Anspruch nehmen können.
Deshalb ist es hübsch, wenn Sie hier sagen, Mecklenburg-Vorpommern hätte 500 Millionen € irgendwo beantragt. - Beantragt! - Was Mecklenburg-Vorpommern bekommt, ist ein Bruchteil von der Summe, das wissen Sie auch. Man bekommt nicht, was man beantragt. Aber da herrscht bei uns im Land mit zwei großen Werften eine andere Situation, weil die gar nicht in der Lage sind, am Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu partizipieren, und dort nicht teilhaben können.
Dass wir uns gleichwohl für sie einsetzen, dass wir gleichwohl als Landesregierung versuchen, alles zu tun, das Überleben dieser Werften und das Erhalten möglichst vieler Arbeitsplätze voranzutreiben, ist doch gar keine Frage. Das haben wir bei der FSG genauso betrieben, wie wir es eben mit dem massiven Einsatz für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds für German Naval Yards geschafft haben. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, diesen mittleren zweistelligen Millionenbetrag für German Naval Yards tatsächlich auch gestern endlich unterschrifts
reif hinzubekommen, denn er ist die Sicherung der Zukunft von German Naval Yards, und da bin ich dankbar dafür, dass das gelungen ist.
Ich will an dieser Stelle auch ausdrücklich mein herzliches Dankeschön an den maritimen Koordinator der Bundesregierung, mit dem ich in ständigem Kontakt bin - und zwar nicht nur deshalb, sondern auch wegen vieler anderer Fragen -, zum Ausdruck bringen. Herr Stegner, manchmal ist es dann auch ganz gut, wenn man die Pläne, die man ursprünglich hatte, um irgendwelche großen Gipfelveranstaltungen zu machen, vielleicht selbst hinterfragt und fragt: Ist ein Gipfel jetzt eigentlich so günstig, ist nicht das Wirken im Hintergrund jetzt wichtiger, als einen Gipfel zu veranstalten? - Ich bin jedenfalls zu dem Schluss gekommen zu raten, dass derzeit das Wirken im Hintergrund insbesondere im Bereich des militärischen Schiffbaus sinnvoll ist, wo wir die Konsolidierung der Werften in Deutschland weiter vorantreiben müssen.
Es darf auch eine Konsolidierung zwischen Naval Yards und Lürssen nicht der letzte Punkt sein, um das ganz deutlich zu sagen, damit wir in Deutschland, wenn wir es als Schlüsselindustrie definiert haben, nicht auch noch an dieser Stelle eine Konkurrenzsituation zwischen unterschiedlichen Werften haben. Es wäre mir sehr daran gelegen, dass ein weiterer Merger - auch unter Einschluss der TKMS - zu einem großen Werftverbund führt, der dann auch in der Lage ist, in diesem Bereich zu agieren.
Aber da gehört es dann eben auch zur Ehrlichkeit dazu - lieber Herr Stegner, dazu können auch Sie etwas tun -, dass wir dann auf den Werften, die wir im militärischen Schiffbau haben, die entsprechenden Ausfuhrgenehmigungen für die Produkte, die dort produziert werden, auch bekommen. Sagen Sie dem Kollegen Außenminister im Auswärtigen Amt in Berlin gern Bescheid. In vielen Fragen habe ich mich im letzten Jahr sehr intensiv im Hintergrund darum bemühen müssen, dass das, was bei TKMS produziert worden ist, dann tatsächlich auch ausgeliefert werden durfte. Das scheiterte oft an fehlenden Ausfuhrgenehmigungen. Sie wissen, dass das ein Punkt ist, an dem wir uns auch zu dieser wehrtechnischen Industrie bekennen müssen.
(Beifall FDP, vereinzelt CDU, Beifall Dr. Frank Brodehl [fraktionslos] und Jörg Nobis [fraktionslos])
Wenn wir Dinge in Auftrag geben und produzieren, müssen wir bereit sein, uns dafür einzusetzen und auch die Ausfuhr zu ermöglichen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle aber sagen: Es ist wichtig - ich habe es auch heute Vormittag betont -, dass wir dafür sorgen, dass die öffentliche Hand die Dinge in die Hand nimmt, die sie in die Hand nehmen kann, um jetzt ein bisschen die Konjunktur in dieser schwierigen Zeit zu stützen. Da bin ich durchaus dafür, dass die öffentliche Hand den einen oder andern Auftrag vorzieht, jedenfalls nicht Reparaturen und Instandhaltungen sogar verschiebt, weil man Angst um das eigene Budget hat, sondern auch die Aufträge, die vielleicht für die nächsten Jahre geplant sind, eher ein Stückchen vorzieht, um antizyklisch an dieser Stelle für ein Stück Konjunktur im Schiffbau zu sorgen. Diese Möglichkeit hat die öffentliche Hand, und ich wäre dankbar, wenn das in Berlin, insbesondere im Verteidigungsministerium, aber auch überall dort, wo Behörden Schiffe in Auftrag geben oder Schiffe repariert oder instandgehalten werden müssen, gehört wird. Das würde allen Beteiligten helfen.
Lassen Sie mich an der Stelle aber auch sagen: Herr Stegner, wir werden uns im norddeutschen Verbund auch mit solchen Hinweisen, da hätte Frau Schwesig mehr oder dort hätte Herr Weil mehr gemacht, nicht mehr auseinanderdividieren lassen. Wir als norddeutsche Küstenländer betreiben gerade, was im Bereich des Schiffbaus angeht, im Schulterschluss - über die unterschiedlichen politischen Farben hinweg - mit Mecklenburg-Vorpommern, mit Niedersachsen, mit Hamburg und auch mit Bremen als Land Schleswig-Holstein einen gemeinsamen gut funktionierenden Verbund, um unsere Interessen in Berlin überhaupt richtig artikulieren zu können, denn ansonsten sind wir als einzelnes Bundesland in diesem Spiel zu klein. Da macht es überhaupt keinen Sinn, darauf zu verweisen, dass der 2 € mehr bekommt als der andere.
Wir haben zum Beispiel die Initiative ergriffen, das Großbürgschaftenprogramm auch für den Schiffbau nutzbar zu machen. Da hat sich Mecklenburg-Vorpommern draufgesetzt. Wir haben auf der anderen Seite mal eine Initiative von Mecklenburg-Vorpommern unterstützt. Ich bin froh, wenn es dem Kollegen Harry Glawe in Mecklenburg-Vorpommern gelingt, da auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds für seine Genting-Werften in Mecklenburg-Vorpommern nutzbar zu machen, weil das den Schiffbau in Norddeutschland insgesamt stärkt. Das muss eine Aufgabe sein, die wir gemeinsam angehen.
(Beifall FDP, vereinzelt CDU, Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Doris Fürstin von Sayn-Witt- genstein [fraktionslos])
Lassen Sie mich, weil meine Redezeit leider schon lange abgelaufen ist - aber ich habe zu dem Thema schon reichlich draußen geredet -, nur noch eines zum Thema Flensburg sagen. Lieber Herr Stegner, ich habe das ganz bewusst gesagt, weil es auch darum geht, dass wir alle mit vereinten Kräften darum kämpfen, dass Arbeitsplätze jetzt für diejenigen neu geschaffen werden können, die wir in eine Transfergesellschaft aus der FSG schicken mussten. Ich glaube, wir sind uns einig darin, dass dort, wo das möglich ist, das auch stattfinden soll.
Wenn es nicht die 180 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse sind, sondern dafür nur 100 sind, dann bitte, dann sind es 100. 100 Leute, die früher auf der FSG gearbeitet haben, hätten dann die Chance, in Flensburg einen guten und übrigens tarifgebundenen Arbeitsplatz zu haben - bei einer anderen Firma, die auf ihrem Gelände eine neue Montagehalle errichten will. Ich mag ehrlich gesagt das Thema Grundstücksspekulationen da gar nicht in einen Zusammenhang bringen. Die wollen auf ihrem Gelände eine Montagehalle bauen. Dafür brauchen sie eine Genehmigung. Auf diesem Stück gibt es leider auch ein Stückchen Wald. Da haben sie gesagt: Wir sind gern bereit, notfalls auch die doppelte Größe des Waldes außerhalb aufzuforsten, damit wir auf dem Gelände die Montagehalle errichten können, aber wenn wir dafür keine Genehmigung bekommen, dann werden wir diese Montagehalle in Hessen errichten müssen, weil wir den Auftrag im nächsten Jahr fertig abwickeln müssen, und da müssen wir die Montagehalle haben. - Ich wäre so dankbar dafür - das meine ich nicht als Vorwurf, manchmal gibt es kommunalpolitisch das eine oder andere, und der SSW ist mit den Grünen und auch der SPD da aus bestimmten Gründen unterwegs, aber es ist in unser aller Interesse -, wenn wir in Flensburg dafür sorgen, dass diese Arbeitsplätze dort entstehen können.
(Beifall FDP, CDU, Birte Pauls [SPD], Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Doris Fürstin von Sayn-Wittgen- stein [fraktionslos])
Mein einziges Thema ist, dass Sie bitte alle das unterstützen, denn wir sind heute leider sicher, dass wir aus der Transfergesellschaft der FSG nicht alle Leute wieder in die FSG zurückbekommen werden, sondern dass wir denen eine neue Perspektive schaffen müssen. Daran arbeitet diese Landesregie
rung mit Vehemenz, mit vollem Einsatz und übrigens - wenn ich das zum Abschluss sagen darf - immer auch im engen Schulterschluss zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister dieses Landes, immer auch mit dem vollen Einsatz von Daniel Günther, wenn es darum geht, gemeinsam mit den norddeutschen Ministerpräsidenten nicht nur Briefe zu schreiben, sondern vorstellig zu werden, gemeinsame Frühstücke in Berlin zu organisieren, mit den Beteiligten unterwegs zu sein, gemeinsame Gespräche mit den Eigentümern von Werften hier in der Staatskanzlei zu führen - all das macht Daniel Günther genauso intensiv und mit Vehemenz, weil er weiß, dass diese Branche für uns wichtig ist. Stellen Sie das nicht infrage! Wir als Landesregierung sind alle gemeinsam engagiert, dieser Branche zu helfen, denn sie muss durch diese schwierige Zeit und in eine bessere Zeit geführt werden. Das versuchen wir. - Herzlichen Dank.
Der Minister hat die vorgesehene Redezeit um 7 Minuten erweitert. - Ich sehe nicht, dass davon eine Fraktion noch Gebrauch machen möchte. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.
Mir liegt ein Antrag zur Geschäftsordnung vor. Ich schlage somit vor, dass wir jetzt nicht zur Abstimmung kommen, sondern mir ein gegebenenfalls geeinter Antrag vorgelegt wird und wir die Abstimmung zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufrufen. - Herr Dr. Stegner.
Frau Präsidentin, der Vorschlag, den wir gemacht haben, war ein anderer: dass wir wechselseitig den Anträgen zustimmen und wir in unserem Antrag zwei Passagen ändern. Ich lese das gern noch einmal vor, obwohl es protokolliert worden ist. Aber wenn Sie es wünschen, lese ich das gern noch einmal vor. Dann würden wir wechselseitig den Anträgen zustimmen.
Dann lese ich das noch einmal vor: In unserem Antrag würde unter Nummer 4 der letzte Satz jetzt lauten:
„Ziel muss sein, Arbeitsplätze und Standorte zu sichern und in innovative sowie klimafreundliche Technologien zu investieren.“
„Sollten die bestehenden Landes- und Bundesprogramme nicht ausreichen, um den Schiffbau in Schleswig-Holstein abzusichern, wird die Landesregierung gebeten, eigene Initiativen zur Sicherung der maritimen Wirtschaft zu entwickeln und umzusetzen.“
Das wären die beiden Änderungen. Ich hatte verstanden, dass wir mit diesen Änderungen dann wechselseitig den Anträgen zustimmen können.
Den Antrag auf Vertagung der Abstimmung hatte ich gestellt, weil ich dachte, dass wir vielleicht einen gemeinsamen Antrag hinbekommen. Wenn wir das jetzt so machen, ist das auch okay. Dann ziehe ich meinen Antrag zurück, und wir können in der Sache abstimmen.
Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/2511 (neu), in der Sache abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, CDU, der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein und Dr. Brodehl bei Enthaltung der Abgeordneten Schnurrbusch und Schaffer und keiner Abstimmung des Abgeordneten Nobis angenommen.