Protokoll der Sitzung vom 29.10.2020

Wer einmal oder auch öfter in einem Hospiz gewesen ist, der hat eine Ahnung davon, mit welchem Engagement, mit welcher Empathie diese Menschen, übrigens fast immer mit einem Lächeln im Gesicht, versuchen, Menschen in ihrer letzten Lebensphase nicht nur zu begleiten, zu pflegen und zu umsorgen, sondern versuchen, ihnen diese letzte Lebensphase so schön und so menschenwürdig wie nur irgend möglich zu gestalten.

(Beifall FDP und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Hospizbewegung wird heute wesentlich von der Überzeugungskraft zahlreicher freiwillig engagierter Bürgerinnen und Bürger getragen. Jahr für Jahr sind in Schleswig-Holstein immer mehr von ihnen dazugekommen. Rund 2.000 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Hospiz- und Palliativbewegung in Schleswig-Holstein tätig. Dieses Engagement ist durch die Coronakrise nicht abgerissen. Im Gegenteil, es sind neue Wege gegangen und digitale Möglichkeiten genutzt worden, um Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu begleiten.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen sehr deutlich: Wer von uns - mir geht es auf jeden Fall gelegentlich so - schon manchmal genug davon hat, mit sogenannten Telefonspinnen oder in der Videoschaltung zu telefonieren, sodass wir uns nur auf Leinwänden sehen, der kann sich vorstellen, wie das eigentlich auf Menschen wirkt, die sich in einer so unglaublich schwierigen Situation befinden, und zwar sowohl Betroffene als auch deren Angehörige. Umso höher ist das Engagement all derjenigen einzuschätzen, die trotzdem versuchen, mit den Menschen in Kontakt zu bleiben und ihnen Kraft, Mut und Hoffnung zu geben.

(Beifall FDP, CDU und SPD)

Im Bericht der Landesregierung zur Hospiz- und Palliativsituation wird deutlich, dass SchleswigHolstein bereits über ein verhältnismäßig dichtes

(Präsident Klaus Schlie)

Versorgungsnetz stationärer und ambulanter Hospiz- und Palliativangebote verfügt. Seit dem letzten Hospizbericht aus dem Jahr 2014 ist die Zahl der palliativmedizinischen Planbetten von 57 auf 115 nahezu verdoppelt worden. Hierbei ist mit einer weiteren Erhöhung zu rechnen, da weitere Anträge wie beispielsweise die von der imland Klinik Rendsburg vorliegen.

Angesichts des demografischen Wandels, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist und bleibt die Weiterentwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung ein zentrales Anliegen dieser Landesregierung. Ich will aber auch ausdrücklich sagen, dass dies bereits in der letzten Legislaturperiode der Fall war. Sie haben damit angefangen, entsprechend aufzustocken und die Situation zu verbessern. Wir führen das weiter. Ich finde es gut so, dass hier das Parlament an einem Strang zieht.

(Beifall FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Jamaika-Koalition hat dieses Ziel in den Koalitionsvertrag aufgenommen, und wir setzen das auch konsequent um. Ich hoffe, das zeigt der Bericht der Landesregierung auch.

Für die Bauförderung von stationären Hospizen stellen wir für den Zeitraum 2018 bis 2022 jährlich Mittel in Höhe von einer halben Million Euro bereit. Für die Förderung von Hospizplätzen ist geplant, dass mein Haus bis zum Jahr 2024 jährlich ebenfalls 500.000 € zur Verfügung stellt. Das Ziel der Landesförderung ist dabei klar und eindeutig. Wir wollen damit einen bedarfsgerechten Ausbau von Hospizplätzen in Schleswig-Holstein mit einer ausgewogenen regionalen Verteilung sicherstellen. Diesem Ziel kommen wir zum Glück alle gemeinsam immer näher. So ist die Zahl der Hospizplätze in diesem Jahr von 66 auf 93 Plätze gestiegen, die sich landesweit auf acht Hospize verteilen. Zwei weitere Einrichtungen werden in Kürze eröffnet, sodass wir Anfang kommenden Jahres über 119 Plätze verfügen. Eine Einrichtung mit zwölf weiteren Plätzen in Itzehoe befindet sich im Bau und wird im Jahr 2021 ihren Betrieb aufnehmen.

Der bedarfsgerechte Ausbau nimmt also in dieser Legislaturperiode, wie Sie das im Übrigen auch erwarten können, weil vereinbart und zugesagt, Formen an.

Die Hospiz- und Palliativarbeit lebt aber neben diesen Investitionen vor allem vom ehrenamtlichen Engagement. Wir brauchen ein eng verzahntes aufeinander abgestimmtes Versorgungsnetz und eine gute Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlich

Tätigen. Deshalb hat das Land 2017 die Landeskoordinierungsstelle Hospiz- und Palliativarbeit Schleswig-Holstein eingerichtet. Für den Betrieb der Koordinierungsstelle haben wir die Mittel in diesem Jahr auf knapp 900.000 € aufgestockt, sodass bis zum Jahr 2023 dafür etwas mehr als 1,5 Millionen € zur Verfügung stehen.

Das finanzielle Engagement dient dazu, die Bildungs- und Qualifikationsarbeit sowie das Ehrenamt zu stärken.

Ein sehr ähnliches Ziel verfolgen wir mit der Förderung des Neumünsteraner Modells. Dort werden Ehrenamtliche durch die Hospizinitiative eng begleitet und weiter qualifiziert. Auch die Pflegekräfte erhalten regelmäßige „Impuls“-Schulungen. Hierzu haben sich die Palliativstationen des Friedrich-Ebert-Krankenhauses in Neumünster, die spezialisierte ambulante Palliativversorgung Neumünster und die Hospizinitiative Neumünster im November 2017 zusammengeschlossen. Das Land fördert das Projekt mit über 110.000 € aus dem Versorgungssicherungsfonds.

Solche vernetzten Modelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeigen, dass es gelingen kann und wie es gelingt, das ehrenamtliche Engagement im Bereich der Hospizarbeit für die Menschen noch gewinnbringender einzusetzen. Ich würde mich über weitere erfolgreiche Beispiele im Sinne der Menschen freuen. - Ich bedanke mich fürs Zuhören.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Der Herr Minister hat die im Ältestenrat vereinbarte Redezeit um 3 Minuten überzogen. Diese steht nun zusätzlich auch allen Abgeordneten, die reden wollen, zur Verfügung.

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Andrea Tschacher das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war der 15. November 2017 - ein Tag, den ich nicht vergessen werde. Landtagspräsident Klaus Schlie hat mich als Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages vereidigt, ich hatte meine Premiere als Schriftführerin im Präsidium und hielt hier im Hohen Haus meine erste Rede zu dem Antrag „Wohnortnahe stationäre Hospizplätze weiter ausbauen“. Das war ein besonderer Tag für mich.

(Minister Dr. Heiner Garg)

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich begann meine Rede mit einem sehr persönlichen Erlebnis, einer netten und liebenswerten Nachbarin, zu der ich ein freundschaftliches Verhältnis pflegte. Sie erzählte mir eines Tages, dass es ihr gesundheitlich nicht gut gehe und sie Magenprobleme habe. Sie ließ sich schließlich untersuchen, und dann ging alles ganz schnell. Sie kam in ein Krankenhaus und von dort direkt in ein Hospiz, in dem ich sie besuchte. In tiefer, positiver Erinnerung ist mir geblieben, wie fürsorglich die Menschen auf ihrem letzten Lebensweg in einem Hospiz betreut werden.

Heute, fast genau drei Jahre später, spreche ich zu dem Bericht der Landesregierung zur Palliativ- und Hospizversorgung in Schleswig-Holstein, und es hat sich viel getan. Dafür gilt mein und unser ausdrücklicher Dank Minister Dr. Heiner Garg und Staatssekretär Dr. Matthias Badenhop und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sozialministerium für das bislang gemeinsam Erreichte.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, niemand beschäftigt sich gern mit dem Tod, schon gar nicht mit dem Tod nahestehender Menschen. Die Palliativ- und Hospizarbeit leistet in diesen Fällen wertvolle Arbeit. Diejenigen, die haupt- und ehrenamtlich in gemeinnützigen Vereinen und Organisationen, in Kirchen und Stiftungen und weiteren Einrichtungen für die Palliativ- und Hospizarbeit tätig sind, verdienen unsere Aufmerksamkeit und Anerkennung. Ohne sie wäre eine Palliativ- und Hospizversorgung nicht möglich. Sie widmen sich den Angehörigen der Erkrankten, sie unterstützen diese, geben ihnen Zeit für kleine Verschnaufpausen und spenden Fürsorge. Ihnen gilt unser uneingeschränkter Dank und unser Respekt für ihre Arbeit und ihr Engagement.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Dr. Frank Brodehl [fraktionslos])

Wie ist nun aber die derzeitige Situation in Schleswig-Holstein? Was bringt der Bericht im Wesentlichen hervor? Derzeit stehen uns 83 stationäre Hospizplätze zur Verfügung. Weitere 48 Plätze befinden sich in der Bauphase und werden bis zum Jahr 2022 zur Verfügung stehen. Entsprechend des Koalitionsvertrages wird bis 2024 der Bau von stationären Hospizplätzen gefördert. Für diese Bauförderung stellen wir jährlich jeweils Mittel in Höhe von bis

zu 500.000 € zur Verfügung. Ziel der Landesförderung ist die Unterstützung eines bedarfsgerechten Ausbaus von Hospizplätzen in Schleswig-Holstein mit einer ausgewogenen regionalen Verteilung. So werden voraussichtlich bis zum Jahr 2024 insgesamt 152 stationäre Hospizplätze in Schleswig-Holstein zur Verfügung stehen. Damit wird die in der Bertelsmann-Studie genannte Anzahl an Hospizplätzen nach derzeitigem Stand deutlich erreicht werden. In der ambulanten Hospizversorgung befinden wir uns derzeit mit 55 Diensten auf dem dritten Platz unter allen Bundesländern.

Anfang des Jahres wurde dem Land SchleswigHolstein vom Deutschen Hospiz- und Palliativverband e.V. der Ehrenpreis in der Kategorie „Strukturen und Rahmenbedingungen“ verliehen. Das ist ein Kompliment und eine Motivation zugleich.

Danken möchte ich ebenso der Landeskoordinierungsstelle Hospiz- und Palliativarbeit SchleswigHolstein e.V. und ihrem Team für die bislang geleistete Arbeit, ihr Engagement, die gute Zusammenarbeit und die Art des offenen Austausches.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Viel wurde schon erreicht. Uns liegt es aber weiterhin sehr am Herzen, Menschen am Ende ihres Lebens die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Besonders hervorheben möchte ich den Einsatz, die Hilfsbereitschaft, Fürsorge und Herzenswärme von Menschen, die während der Coronapandemie Schwerstkranke nicht allein lassen und im Rahmen der jetzigen Möglichkeiten Beistand in Zeiten des Abschieds leisten. - Danke!

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP und vereinzelt SPD)

Neue Schwerpunkte im sozialen Miteinander wurden gesucht und gefunden. Die Begründerin der Hospizbewegung, Cicely Saunders, drückte das Gebot der Humanität prägnant aus:

„Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben!“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Birte Pauls.

(Andrea Tschacher)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich im Namen der SPD-Fraktion für den vorgelegten Bericht beim Ministerium, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und beim Minister. Nicht alleine sein, sich geborgen und sicher fühlen, respektvoll angenommen in Stärke und in Schwäche, in Angst und Zuversicht unter Berücksichtigung ihrer individuellen Wünsche, Persönlichkeit, Herkunft und Weltanschauung und ohne Schmerzen - das wünschen sich wohl die meisten Menschen für ihr Lebensende, und die meisten Menschen wünschen sich auch, dass sie in ihrer vertrauten Umgebung sterben können.

Das wird ihnen durch den fachlichen, hochqualifizierten und zutiefst menschlichen Einsatz der derzeit 55 ambulanten Hospizdienste im Land ermöglicht, die neben dem so wichtigen Ehrenamt zunehmend durch Palliativ Care erfolgen. Die Versorgung der letzten Lebensphase erfolgt durch interdisziplinäre Teams, in denen Ärzte, Pflegefachpersonen, Psychologen, Sozialarbeiter, Seelsorger, Pflegedienste und Ehrenamt den Wünschen der Menschen gerecht werden. Der Einsatz der regional verteilten zwölf Teams der Spezialisierten Ambulanten Palliativmedizinischen Versorgung, den sogenannten SAPV-Teams, lindert individuelle Symptome und Leiden und sichert Selbstbestimmung und Menschenwürde auch in der letzten Lebensphase.

Nicht immer aber ist dieser letzte Weg zu Hause möglich oder erwünscht. Dafür haben wir zurzeit 83 stationäre Hospizbetten, 48 Plätze kommen demnächst dazu, und 21 befinden sich in der Planung. Hinzu kommen aber auch 115 Palliativbetten. Grundlage dafür ist der Beschluss der Küstenkoalition, den Ausbau der stationären Hospizplätze bedarfsgerecht und wohnortnah mit der Bereitstellung von 500.000 € jährlich voranzutreiben.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich meine es ganz ernst und ehrlich, wenn ich sage, dass wir uns sehr freuen, dass die jetzige Regierung diesen Weg konsequent weitergeht.

Das gilt auch für die Unterstützung der Landeskoordinierungsstelle Hospiz- und Palliativarbeit Schleswig-Holstein. Diese Einrichtung ist auch 2017 auf den Weg gebracht worden. Sie hat sich mit dem hochmotivierten Team sehr bewährt. Die organisierte Unterstützung, Beratung und Koordinierung wird sehr gut angenommen, denn sie erleichtert die Arbeit der Ehrenamtlichen vor Ort ungemein. Der Umzug in größere Räumlichkeiten

macht die Nachfrage deutlich. Als Symbol, dass der Tod zum Leben gehört, befindet sich die neue Geschäftsstelle in freundlichen, hellen Räumen mitten in der Innenstadt Kiels.

Meine Damen und Herren, während der ersten Monate der Pandemie war die gewünschte Nähe oft nicht möglich oder sehr begrenzt. Ich bete zu Gott, dass sich das, was sich in Teilen dort abgespielt hat, bitte nicht wiederholen möge.