a) Regierungserklärung zum Thema „In der Krise zusammenhalten - Corona-Pandemie erfolgreich bewältigen!“
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2492
Alternativantrag des Abgeordneten Jörg Nobis (fraktionslos) und der Abgeordneten der AfD Drucksache 19/2534
Ich muss kurz etwas erklären: Ein Antrag ist noch auf dem Weg, er ist aber rechtzeitig eingegangen. Ich werde dies anschließend nachtragen. Ich will das hier nur schon einmal angemerkt haben.
Wir beginnen. - Das Wort zur Regierungserklärung hat der Ministerpräsident des Landes SchleswigHolstein, Daniel Günther.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Coronalage in unserem Land ist ernst. Die Fallzahlen allein bei uns in Schleswig-Holstein sind von Dienstag auf Mittwoch auf das Doppelte angestiegen. Die Inzidenz bei uns in SchleswigHolstein liegt bei 46. Auch aus diesem Grund war es richtig, dass wir uns gestern darauf verständigt haben, ein bundesweit einheitliches Regelwerk zu verabreden.
stellvertretende Ministerpräsidentin Monika Heinold und ich haben gestern, bevor die Entscheidung getroffen wurde, bewusst mit unserem Expertenrat gesprochen. Ich will sehr deutlich sagen: Bei dem Weg, den wir gehen und den ich schon am Dienstag angekündigt habe, geht es darum, möglichst viel Leben zu ermöglichen, möglichst viele Kitas und Schulen offen zu halten, die Wirtschaft laufen zu lassen und zu ermöglichen, dass Menschen ihre Angehörigen in Pflegeeinrichtungen besuchen können.
Wir haben das alles in einem sorgfältigen Abwägungsprozess gestaltet. Wir haben am Dienstag schärfere Schritte angekündigt. Aber es war gestern, als wir uns die herrschende Dynamik angeguckt haben, klar, dass wir in Deutschland insgesamt zwischen Bund und Ländern solidarisch sein müssen. Die Situation ist dramatisch. Das RKI hat festgestellt, dass mittlerweile drei von vier Fällen nicht mehr nachverfolgt werden können, um festzustellen, woher die Infektion kommt. Wir befinden uns auf dem Weg in eine nationale Gesundheitsnotlage. Wir merken das an Engpässen, die schon in anderen Ländern in Krankenhäusern, aber auch bei uns in Deutschland bestehen.
Ja, ich sage es an dieser Stelle sehr deutlich: Die Lage ist in Schleswig-Holstein besser. Das liegt an den Menschen in unserem Land, die sich an die Regeln halten. Es halten sich übrigens auch viele Betriebe an diese Regeln. Das liegt an den Menschen, die auf vielen Ebenen Verantwortung tragen. Das liegt an denjenigen, die in unseren Gesundheitsämtern einen großartigen Job leisten. Ich sage auch ein bisschen mit Stolz: Ich glaube, das liegt auch daran, dass wir in Schleswig-Holstein insgesamt mit Parlament und Regierung gemeinsam einen guten Job machen. Und ja, das liegt auch daran, dass wir im Gesundheitsministerium mit Heiner Garg und Matthias Badenhop eine hervorragende Führung haben, die uns gut durch diese Krise führt, meine Damen und Herren.
Wir haben in Schleswig-Holstein einen Vorsprung von vielleicht zehn Tagen. Ich will einräumen, dass unser Expertenrat, als wir gestern mit ihm darüber gesprochen und ihm die Vorschläge vorgelegt haben, die auf Bundesebene vereinbart werden sollen, auch gesagt hat, dass er in Schleswig-Holstein derzeit nicht alle Maßnahmen in der Dramatik für erforderlich hält. Ich sage aber auch: Wenn man sich auf Bundesebene verständigen will, wenn man der Auffassung ist, und das hat der Expertenrat gesagt,
dass wir einheitliche Regelwerke brauchen, dann wird es nicht funktionieren, wenn wir bei uns in Schleswig-Holstein einige Maßnahmen nicht mitmachen.
Deswegen sage ich ganz deutlich, und das sage ich für alle Koalitionspartner: In dem, was wir heute beschließen, sind für alle Zumutungen enthalten. Darunter sind Dinge, von denen man sich nicht hätte vorstellen können, dass wir sie im Moment entscheiden müssen. Aber ich sage auch sehr deutlich: Wir stehen zu unserer staatspolitischen Verantwortung, und das ist der Grund dafür, dass wir das gemeinsam mittragen können, meine Damen und Herren.
Natürlich haben wir dabei auch Kompromisse machen müssen. Ich sage aber sehr deutlich: Es gab einen Bereich, bei dem wir nicht bereit gewesen sind, Kompromisse zu machen. Ich sage sehr deutlich: Ja, wenn wir so harte Maßnahmen treffen müssen, dann ist uns das für den Bereich der Gastronomie sehr schwergefallen, weil wir diese zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich nicht für vertretbar gehalten haben, denn dort wird in Schleswig-Holstein eine großartige Arbeit geleistet. Dort sind viele Menschen unterwegs, die extrem verantwortungsbewusst gehandelt haben. Deswegen hatten wir uns am Dienstag auch dazu entschieden, zu sagen: Nein, wir wollen die Gastronomie offen halten.
Ich sage an der Stelle aber auch: Wenn 15 andere Länder Gastronomie und Hotels schließen, dann kann es für unser Land nicht richtig sein, diese als einziges Land offen zu halten. Kein Mensch versteht es, wenn Hotels und Gaststätten in Ahrensburg geöffnet sind und in Hamburg geschlossen. Kein Mensch versteht, wenn sie in Lübeck geöffnet, in Mecklenburg-Vorpommern aber geschlossen sind. Ich sage sehr deutlich: Es hätte auch niemandem in diesem Bereich geholfen, wenn wir so entschieden hätten, denn entweder hätte es dadurch einen Run auf Schleswig-Holstein gegeben, was wir in diesen Zeiten nicht hätten verantworten dürfen, oder, und das halte ich für wahrscheinlicher, es wäre durch dieses Signal dennoch zu Leerständen gekommen, und dann hätten unsere Betriebe in Schleswig-Holstein nicht von den Leistungen profitiert, die wir verabredet haben.
Deswegen: So schwer es uns gefallen ist, so richtig ist es doch, dass wir das so gemacht haben. Aber
wir haben uns untereinander immer wieder abgestimmt und gesagt: Da, wo wir keine Kompromisse machen, ist, dass den Einrichtungen, die in den nächsten vier Wochen geschlossen sein müssen, nicht vollumfänglich geholfen wird. Ich sage sehr deutlich: Wir haben gemeinsam mit Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern nicht lockergelassen, weil wir die klare Zusage haben wollten. Teilweise musste die Bundeskanzlerin mit den Bundesministern aus der Sitzung gehen, um zu verhandeln, damit unsere Forderung wirklich durchstehen konnte. Das ist jetzt im Beschluss auch eindeutig festgehalten: Alle, die von der Schließung betroffen sind, bekommen 75% des Umsatzes von November 2019 als Entschädigung ausgezahlt. - Ich finde, das ist eine gute Maßnahme, die wir an dieser Stelle treffen. Sie wird unglaublich vielen Betroffenen helfen. Diese Regelung gilt für Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern. Für Betriebe mit über 50 Mitarbeitern ist fest zugesagt, dass es zwischen 60 und 75% des Umsatzes gibt. Das ist eine richtige Maßnahme.
Ich sage auch sehr deutlich - weil ich mich dafür eingesetzt habe -: Es wird nicht nur den Betrieben geholfen, die unmittelbar von der Schließung betroffen sind, sondern es wird auch ein Programm für Betriebe geben, die mittelbar betroffen sind, weil sie eben nur Kunden haben, die von der Schließung betroffen sind. Der Bund wird in dieser Woche ein Programm vorlegen. Ich finde, das ist im Sinne der Betriebe in unserem Land ein großartiger, wichtiger Verhandlungserfolg. Dieser war unabdingbar; sonst hätten wir dem nie zugestimmt, meine Damen und Herren.
Das gilt für alle Bereiche, die wir schließen. Ich sage das auch, weil ich in vielen Bereichen selbst, das heißt persönlich, unterstützend tätig gewesen bin. Für mich ist es nicht angenehm, dass in den Kinos in den vergangenen Wochen noch ein Spot lief, in dem ich mich für das Kino stark gemacht und die Menschen aufgerufen habe, dort hinzugehen. Ich verstehe auch manche Enttäuschung.
Allen Kinobetreibern in unserem Land sage ich aber auch: Wäre es - ganz realistisch gesehen - in diesen Zeiten, im November 2020, überhaupt möglich gewesen, 75 % des Umsatzes aus 2019 zu erreichen? - Deswegen, glaube ich, ist auch dieser Schritt verantwortbar. Wir können erhobenen Hauptes auch denjenigen gegenübertreten, für die wir diese Leistungen erreicht haben. Das ist ein Kraftakt. Der Bund schätzt, dass es 10 Milliarden € sein
werden. Ich glaube, es wird eher mehr Geld werden, das wir zur Verfügung stellen müssen, weil an dieser Stelle niemand leer ausgehen darf, meine Damen und Herren.
Es geht um vier Wochen. Wir müssen die Kontaktbeschränkungen minimieren und haben festgelegt: maximal zehn Personen.
Da wir auch über die Unverletzlichkeit der Wohnung miteinander sprechen, sage ich: Wir alle sind uns darin einig, dass das ein hohes Gut ist. Die Menschen in unserem Land können sich darauf verlassen, dass es jetzt nicht darum geht, einfach Kontrollen in den Privatwohnungen zu machen; das werden wir in Schleswig-Holstein nicht tun.
Aber ich sage an dieser Stelle auch: Diese Einschätzung zur Unverletzlichkeit der Wohnung teilt das Coronavirus ausdrücklich nicht. Deswegen sage ich sehr deutlich: Das ist keine Einladung dazu, in Privatwohnungen Feiern durchzuführen.
Mein herzlicher Appell ist, sich dort genauso diszipliniert zu verhalten und jetzt nicht zu sagen: Wenn wir nicht in die Gastronomie dürfen, feiern wir stattdessen zu Hause. - Das wäre genau die falsche Antwort darauf. Kontaktbeschränkung heißt: So wenig Besuche wie möglich! Das ist meine Bitte.
Ich weiß, dass das hart ist, wenn wir über vier Wochen reden. Aber so bitter es ist: Im Monat November 2020 ist der Lieblingsenkel einmal nicht derjenige, der zu Besuch kommt. - Das müssen wir alle im Moment respektieren.
Wir müssen uns bei alledem, was wir machen, vier Wochen lang erheblich disziplinieren, damit wir im Dezember sagen können, dass wir das Infektionsrisiko gehemmt haben. Deswegen ist meine herzliche Bitte: Halten Sie sich, wenn es verantwortbar und der Kontakt nicht zwingend notwendig ist, bei Kontakten zu anderen Menschen zurück! Das ist im Moment bedauerlicherweise das Gebot der Stunde, meine Damen und Herren.
Im Bereich der Gastronomie bleibt es dabei, dass der Liefer- und der Abholservice gewährleistet sind.
Freizeiteinrichtungen dürfen in diesen vier Wochen nicht öffnen. Es dürfen keine Veranstaltungen durchgeführt werden, die rein der Unterhaltung gelten.