Denn eines ist klar trotz aller Ungewissheit, die wir dieser Tage erleben: Wir sind krisenfest, handlungsfähig und entschlossen, und wir werden ermöglichen, was es braucht, um gut durch diese Zeit zu kommen. Das gilt finanzpolitisch, gesundheitspolitisch, wirtschaftspolitisch. Unsere Aufgabe als Haushälter ist, den Rahmen dafür zu schaffen und zu ermöglichen, was es braucht. Wir sind handlungsfähig und krisenfest. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Coronapandemie wirft ihren Schatten auf unser wirtschaftliches und auch immer mehr auf unser gesellschaftliches Leben. Das geht auch an den öffentlichen Kassen natürlich nicht spurlos vorüber. Es ist eigentlich die bittere Ironie, dass wir im ersten Jahr der Schuldenbremse bereits ihre temporäre Aussetzung beschließen müssen. Es ist bitteres Schicksal, dass wir nach jahrelanger Rosskur in unserem Land wieder in die roten Zahlen rutschen, weil uns hohe Steuerausfälle und finanzielle Verpflichtungen mehr als hart treffen. Wir haben uns diese Herausforderung beileibe nicht ausgesucht, aber wir nehmen sie selbstverständlich an.
Mit der vorliegenden Fassung zur Erweiterung des Nothilfeprogramms Corona stellen wir die haushaltspolitischen Weichen nicht nur für das nächste, sondern für die nächsten Jahre. Wir stellen in diesem Land erstmals die Weichen dafür, dass Land und Kommunen in dieser Krise handlungsfähig bleiben.
Wir stellen zweitens die Weichen für einen verbindlichen Einsparpfad, der sich über mehrere Jahre erstreckt und dadurch brachiale Haushaltskürzungen vermeidet.
Aber Wasser in den Wein: Diese elementaren Ziele erkaufen wir uns mit weiteren Notkrediten von bis zu 4,5 Milliarden €. Hinzu kommt natürlich auch noch die erste Coronamilliarde, die wir bereits vor dem Sommer beschlossen haben, sowie weitere konjunkturelle Kredite bis 2024 in Höhe von rund 1,7 Milliarden €, wenn sich die September-Steuerschätzung bewahrheiten sollte. In der Summe wird sich unser Schuldenberg also um bis zu 7,2 Milliarden € erhöhen. Umgerechnet auf jeden SchleswigHolsteiner sind das 2.500 €. Damit hat die Coronakrise für unser Land die finanzielle Dimension des Kapitels HSH Nordbank erreicht. Das ist eine mehr als bittere Erkenntnis, aber doch unterscheiden sich die beiden Sachverhalte grundlegend.
Mit den HSH-Milliarden mussten die Steuerzahler für Größenwahn und Inkompetenz bluten. Kein Cent dieses Geldes ist bei den Menschen in unserem Land angekommen. Ganz anders jetzt bei diesen Coronamilliarden, die wir heute beschließen: Dieses Geld kommt unseren Bürgern tatsächlich zugute, denn es stärkt die Konjunktur, sichert Arbeitsplätze und ermöglicht es uns, weiter in Bildung und Infrastruktur zu investieren. Und doch hoffen wir, dass wir am Ende so wenig Volumen dieser Kredite wie irgend möglich in Anspruch nehmen müssen. Dieses Ziel hat auch den uns vorliegenden Antrag mitgeprägt. Der Beschlusstext beschränkt die Kreditaufnahme auf bestimmte Zeiträume und - was noch wichtiger ist - auf konkrete Zwecke. Wir Parlamentarier - das ist mir ganz wichtig - erteilen heute dieser und auch folgenden Regierungen - das möchte ich wirklich einmal betonen - keinen Blankoscheck über 4,5 Milliarden €.
Da erzähle ich allen nichts Neues, denn das gibt bereits unsere Landesverfassung nicht her: Die Verwendung von Notkrediten muss in Bezug zu einer außergewöhnlichen Notlage stehen. Deshalb bin ich froh, dass wir hier präzise Regelungen gefunden haben, die einer Inanspruchnahme der Notkredite wirksam Grenzen setzen.
Wie sieht nun diese Regelung konkret aus? - Die 1,425 Milliarden € zur Abfederung der Steuermindereinnahmen dienen ausschließlich dazu, die strukturellen Defizite der Jahre 2021 und 2022 vollständig und für die beiden Folgejahre hälftig zu finanzieren. Dieses hat zwangsläufig zur Folge, dass
die andere Hälfte der strukturellen Defizite bereits in den Jahren 2023 und 2024 durch Einsparungen ausgeglichen werden muss. Ich finde, das ist noch gar nicht so richtig deutlich geworden, gerade bei denen, die uns immer vorwerfen, dass wir keinen Einsparpfad wollen oder einschlagen werden.
Außerdem - das ist sehr wichtig - legen wir heute verbindlich fest - auch das ist meines Erachtens bei den Vorrednern noch nicht deutlich genug zutage getreten -, dass strukturelle Verbesserungen zukünftiger Steuerschätzungen die erlaubte Inanspruchnahme der Notkredite in derselben Höhe eins zu eins reduzieren. Einfacher ausgedrückt: Sind die Steuereinnahmen besser als geplant, stehen entsprechend weniger Kreditmittel zur Verfügung.
Strukturelle Mehreinnahmen, die sich in den Jahren 2021 bis 2024 ergeben sollten, verringern somit die erlaubte Kreditaufnahme. Folglich kann der Landeshaushalt nicht kreditfinanziert aufgebläht werden, wenn sich die Einnahmesituation strukturell aufhellen sollte, wie uns viele zu erzählen versuchen. Etwaige Mehreinnahmen fließen dann zwingend in die Haushaltskonsolidierung.
Kommen wir zu den 2,5 Milliarden € zur Absicherung unserer geplanten Investitionen bis 2030. Wofür stehen diese Mittel konkret zur Verfügung? Diese Mittel dürfen ausschließlich zur Absicherung des IMPULS-Programms sowie die konkret in Umdruck 19/4606 festgestellten zusätzlichen Investitionsbedarfe in Anspruch genommen werden. Um auch hier deutlich zu werden: Auch diese Mittel sind eindeutig zweckgebunden.
Selbstverständlich steht es zukünftigen Parlamenten frei, auf die Umsetzung dieser geplanten Investitionen zu verzichten. Sollten diese Parlamente auf diese Investitionen verzichten, erlischt die Kreditermächtigung in der Höhe, in der sie für diese Maßnahmen vorgesehen war. Es ist ganz wichtig, dass wir das heute nach außen tragen.
Ferner stellen wir 150 Millionen € für den Infektions- und Gesundheitsschutz zur Verfügung. Diese Mittel dienen überwiegend der Sicherstellung ausreichender Impf- und Testkapazitäten sowie der Finanzierung weiterer im Moment sehr großer Herausforderungen unseres Gesundheitswesens. Die 425 Millionen € für den Stabilitätspakt mit unseren Kommunen sind unser Beitrag, damit auch unsere Städte und Gemeinden in der Krise leistungsfähig bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Jamaika gut mit Geld umgehen kann, hat es bereits in den letzten drei Jahren bewiesen. Dank der genannten Regelungen ist ein verantwortungsvoller Umgang mit den riesigen Kreditermächtigungen auch rechtlich abgesichert. Dafür haben wir uns als Freie Demokraten im Vorfeld ganz besonders eingesetzt.
Mit dem Beschluss über die Notkredite schlagen wir einen verbindlichen Einsparpfad ein. Dieser Einsparpfad erstreckt sich vernünftigerweise über mehrere Jahre, um die konjunkturelle Erholung nicht sofort wieder abzuwürgen. Spätestens 2025 wollen wir wieder zu strukturell ausgeglichenen Haushalten zurückkehren.
Durch die ab 2024 einsetzende Tilgung der Notkredite wird das Land dann sogar wieder im Plus sein. Doch so einfach auch die Theorie ist, so schwierig wird die Umsetzung. Mittelfristig werden wir gegenüber der Finanzplanung rund eine halbe Milliarde Euro im Landeshaushalt einsparen müssen, und das trotz aller Notkredite. Der Konsolidierungsdruck bleibt also hoch, und der Spielraum für zusätzliche Wünsche ist praktisch nicht vorhanden. Daraus ziehen wir Freie Demokraten zwei Schlüsse.
Erstens fühlen wir uns in unserer Position bestärkt, dass sich der Staat auf seine Kernaufgaben konzentrieren sollte, anstatt sich allzuständig zu fühlen und eigenverantwortliche Bürger zu entmündigen. Das muss sich dann auch im Haushalt in Form einer klaren Priorisierung auf Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung, Polizei und Justiz widerspiegeln.
Zweitens müssen wir Wirtschaftswachstum wieder als zentrales Politikziel in unserem Land definieren, zumal wir nur dann Kraft und Mittel haben werden, um drängende Probleme wie Altersarmut oder den Klimawandel anzugehen. Mittlerweile sollten auch die, die Wachstum verteufelt haben, erkannt haben, dass wir unsere sozialen und - ganz wichtig - unsere ökologischen Standards auf Dauer ohne Wachstum nicht aufrechterhalten oder steigern werden können.
Umverteilungskämpfe würden zwangsläufig gesellschaftliche Gräben in unserem Land ziehen oder vertiefen. Der wirtschaftliche Einbruch in diesem Jahr ist unmittelbare Folge der Pandemie; daran besteht kein Zweifel. Als Mitglied einer optimistischen Partei bin ich jedoch überzeugt: Sobald wir die Einschränkungen unseres Alltags und die große Unsicherheit überwunden haben, wird sich unsere
Einen Moment, Frau Abgeordnete! - Ich bitte Sie wirklich darum, etwas ruhiger zu sein und der Rednerin hier vorn zuzuhören.
Aber wir dürfen nicht verdrängen, dass die deutsche Industrie bereits vor Corona in einer Rezession steckte. Das hat mit strukturellen Problemen zu tun, die sich auch nach der Pandemie nicht in Luft auflösen werden.
Ich nehme zunehmend Kritik aus unserer Wirtschaft wahr, die zu Recht eine aberwitzige Regulierungswut der Großen Koalition beklagt und Vorhaben wie beispielsweise das Lieferkettengesetz anführt, das an sich schon ein Irrweg ist, aber jetzt wirklich zur Unzeit kommt.
Was unsere mittelständischen Unternehmen jetzt brauchen, sind keine weiteren Knüppel zwischen den Beinen, sondern mehr Freiheiten, damit sie die Kraft darauf verwenden können, im Wettbewerb zu bestehen und ihre Beschäftigten in Lohn und Brot zu halten. Das ist eine Forderung, die weit über die hier einmütig beschlossene Stabilisierung in Not geratener Betriebe und Branchen hinausgeht.
(Beifall FDP, CDU, Dr. Frank Brodehl [frak- tionslos], Jörg Nobis [fraktionslos] und Vol- ker Schnurrbusch [fraktionslos])
Nur eine wachstumsfreundliche Politik sichert auf Dauer gute Steuereinnahmen und kann unsere Einsparzwänge in den Folgejahren lindern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, blicken wir nun auf den Haushaltsentwurf 2021. Selbstredend sind hier keine großen Sprünge zu erwarten. Umso erfreulicher ist es - das sagten auch meine Vorredner -, dass wir den Ansatz für Investitionen noch einmal auf knapp 1,4 Milliarden € erhöhen konnten. Bereits im Ist des Jahres 2018 haben die Investitionen die Marke von 1 Milliarde € überschritten. Wir halten also unsere Versprechen und gehen den Abbau des Sanierungsstaus tatkräftig weiter an.
Noch liegt eine lange Wegstrecke vor uns. Viele Verkehrsprojekte, aber auch andere Infrastrukturvorhaben benötigen eine jahrelange Vorlaufzeit, was unsere Geduld immer wieder auf die Probe
stellt. Deshalb bleibt die Vereinfachung des Planungsrechtes eine drängende Aufgabe, der sich die Bundesregierung endlich stellen muss.
Auch dem Letzten in unserem Land sollte bewusst sein, dass unser Planungsrecht mittlerweile zu einem richtigen Planungsverhinderungsrecht verkommen ist.
An der Mittelbereitstellung auf Landesebene wird die Modernisierung unserer Infrastruktur nicht mehr scheitern, denn mit dem Beschluss über die Notkredite stellen wir bis zu 2,5 Milliarden € zur Absicherung des IMPULS-Programms und für weitere Investitionen bereit. Wie wichtig dieser Beschluss ist, zeigt sich auch daran, dass sich IMPULS in den letzten Jahren aus Haushaltsüberschüssen speiste, die uns in absehbarer Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen werden.
Dank der Notkredite sind die heute festgestellten Sanierungsbedarfe bis zum Jahr 2030 auch ohne Haushaltsüberschüsse in der Zukunft ausfinanziert. Das ist ein starkes Signal für die Bürger und Unternehmen in Schleswig-Holstein: Corona tut der Modernisierung unseres Landes keinen Abbruch.