Protokoll der Sitzung vom 25.08.2010

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deshalb darf ich festhalten, dass ungeachtet dessen, wie der Weg mit dem fünften Grundschuljahr sein wird, für uns feststeht, das grundständige Gymnasium bleibt erhalten. Es macht sicherlich Sinn Annegret Kramp-Karrenbauer war schon auf diesem Weg -, Lehrpläne und Stundentafeln des verkürzten Gymnasiums zu überarbeiten. Das war auch Konsens hier im Hause.

Zum fünften Grundschuljahr will ich deutlich Folgendes sagen. Zunächst einmal - dazu steht die CDULandtagsfraktion - sieht der Koalitionsvertrag vor, dass das gemeinsame Lernen aller Kinder eines Jahrgangs über die bisherige Grundschulzeit hinaus um ein weiteres Jahr verlängert werden soll. Ich sage genauso deutlich an die Adresse derer, die berechtigt nachfragen, was das mit Blick auf das Gymnasium bedeutet, dass das nur dann akzeptabel sein kann - das ist mit dem Bildungsminister so besprochen -, wenn dieses fünfte Grundschuljahr - ich darf es laienhaften einmal so ausdrücken - faktisch auch das erste Gymnasialjahr sein wird.

Das ist in der Ausgestaltung nur dann zu erreichen darin besteht Einigkeit -, wenn Fachlehrerunterricht von Lehrpersonen aus weiterführenden Schulformen erteilt wird und wenn die Stundentafel so gemacht wird, wie es Klaus Kessler heute dargelegt hat, nämlich 30 Stunden - so, wie es am Gymnasium heute der Fall ist. Ich denke, dass das fünfte Grundschuljahr dann auch mit Blick auf die Kritik von gymnasialer Seite mehr als vertretbar ist.

Es sind natürlich zu Recht neben den pädagogischen Fragen die organisatorischen Fragen angesprochen worden. Das wird in den kommenden Wochen zu klären sein. Das ist sehr ernst zu nehmen. Wir können den Schulträgern vor Ort nicht zumuten, im Rahmen der demografischen Entwicklung Schulräume zubauen zu müssen. Das wissen wir. Insofern müssen mögliche Lösungen diskutiert werden.

(Abg. Meiser (CDU) )

Ich will zum fünften Grundschuljahr ein Weiteres sagen. Ich finde, dass es gerade mit Blick auf den Geist dieser Schulstrukturreform - ich wiederhole es: Wahlfreiheit, Schulfrieden und gemeinsame gesellschaftliche Akzeptanz - eine kluge Entscheidung des Bildungsministers ist, deutlich zu machen, dass er in der Frage des fünften Grundschuljahres mit einer klaren Meinung in die Diskussion geht, aber auch ergebnisoffen. Wir werden gemeinsam - natürlich auf ernsthafter Grundlage - zu evaluieren haben, ob es eine breite Akzeptanz für dieses fünfte Grundschuljahr gibt - ja oder nein.

Kollege Commerçon, Sie selbst sollten bei der Frage, dass es in den einzelnen Parteien und Fraktionen unterschiedliche Auffassungen gibt, die derzeit in den Willensbildungsprozess einfließen, mit etwas Zurückhaltung agieren. Wenn ich sehe - was von mir absolut geteilt wird -, dass die SPD-Opposition bei der geplanten Schulreform der Landesregierung uneins ist und der Landtagsabgeordnete Magnus Jung - Kreisvorsitzender der SPD in St. Wendel - Ihnen widersprochen hat, dann ist das in einem Meinungsbildungsprozess ganz normal. Wenn Sie mit Blick auf die Person Magnus Jung twittern mit dem Inhalt Sommerloch beziehungsweise Hinterbänkler, dann ist das nicht mehr so ganz normal.

(Sprechen und vereinzelt Lachen.)

Ich halte das für keinen guten und stilvollen Umgang. Ich jedenfalls habe keine Probleme damit, wenn in meiner Fraktion und in den Koalitionsfraktionen über Einzelfragen in diesem Willensbildungsprozess diskutiert wird, allerdings mit Sachargumenten und nicht mit Abwertung von Personen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Insofern tun wir uns gegenseitig einen Gefallen, wenn diese Diskussion von Sachlichkeit geprägt ist und nicht von persönlichen Angriffen. Ich sage es noch einmal, ich unterstelle jedem hier im Hause, dass die Ziele gemeinsame sind und dass wir nur über den Weg streiten. Es ist klar, dass dieses ZweiSäulen-Modell nur Erfolg haben kann, wenn es gut ausgestattet wird. Das ist keine Frage. Ich will darin auch die beruflichen Schulen, die bei uns eine hervorragende Qualität haben, bewusst einbeziehen und nicht vergessen. Sie sind wichtiger Bestandteil des Schulsystems. Dass wir im Rahmen der schwierigen Haushaltssituation unseres Landes mit allen Kräften dem Rechnung tragen, wird niemand ernsthaft in Abrede stellen. Wenn ich mir anschaue, wie wir uns in diesen Fragen entwickelt haben, was wir im Haushalt eingestellt haben und was schon geschehen ist, dann ist es zwar richtig, dass noch viel getan werden muss - das sind auch die Ziele für die kommenden Jahre -, aber es kann niemand in Abrede stellen, dass wir alle Register gezogen haben, um personell und pädagogisch aufzurüsten und die

Umfeldbedingungen in den Schulen zu verbessern. Wenn ich mir außerdem anschaue, was über das Konjunkturprogramm mit dem klaren Schwerpunkt 65 Prozent Bildung bewegt worden ist, dann komme ich zu dem Schluss, dass die Städte und Gemeinden sehr froh sind, dass das so ist. Deshalb sollten wir heute sagen: Das sind gute Ansätze, auf die wir aufbauen. Kollege Commerçon, deshalb verkneife ich mir auch den Hinweis - wenn Sie Ganztagsschulen und so weiter bewerten - auf die Frage, wie es vor 1999 aussah, denn wir sollten nach vorne schauen.

(Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir sind schrittweise vorgegangen. Wir sind in die Ganztagsbetreuung eingestiegen, natürlich zunächst mit bescheidenen Mitteln. Dort haben wir verstärkt Nachmittagsstunden mit Lehrern. Wir wissen, dass das noch verbessert werden muss. Wir alle wollen eine Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation. Wir hoffen, im Rahmen der Schulentwicklungsplanung die Zügigkeit abzuschaffen, um der demografischen Entwicklung und dem gemeinsamen Willen, die Schulstandorte zu erhalten, Rechnung zu tragen. Darin besteht Einvernehmen. Ich habe das Vertrauen, dass unser Bildungsminister dort auf bestem Wege ist.

Heute ist angesprochen worden - das ist sicherlich eine der schwierigsten Fragen für die kommenden Wochen -, dass die Schaffung des Zwei-Säulen-Modells, wie wir es anstreben, einer Verfassungsänderung bedarf. Die Verfassungsänderung, wie sie jetzt vorgeschlagen ist, lautet: „Das öffentliche Schulwesen besteht aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. Allgemeinbildende Schulen, an denen die allgemeine Hochschulreife erworben werden kann, sind Gemeinschaftsschulen und Gymnasien. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.“

Es ist heute zu Recht gesagt worden, dass sich die Opposition sicherlich in vielen Punkten dieses ZweiSäulen-Modells wiederfinden kann. Ich bin auch davon überzeugt, dass es die Basis für eine gemeinsame Lösung sein kann. Ich sage hier öffentlich: Es ist unser Ziel, dass es eine gemeinsame Lösung gibt und nicht nur eine breite gesellschaftliche Akzeptanz im Saarland insgesamt, sondern auch hier im Parlament.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dennoch erlaube ich mir festzuhalten, dass wir sicherlich so wie 1996 über inhaltliche Fragen sprechen - das ist so geschehen -, dass wir aber auch, wie 1996, den Hinweis geben dürfen, dass nicht alle Einzelfragen des Schulordnungsgesetzes Teil dieser Verhandlungen sein können. Insofern unterscheiden wir dann immer noch. Herr Lafontaine hat damals zu Recht gesagt, dass eine Regierung in der Ausgestaltung dieser Dinge einen gewissen Spielraum ha

(Abg. Meiser (CDU) )

ben kann und man eine Verfassungsänderung nicht in allen Details davon abhängig machen kann, ob alle Forderungen der Opposition in das Schulordnungsgesetz hineingeschrieben werden.

Die Ziele, die Sie formuliert haben - möglichst kleine Klassen et cetera -, sind gemeinsame Ziele, aber es ist nun einmal einfacher, in der Opposition alles zu fordern, als es in der Regierung umzusetzen und zu bezahlen. Auch dort gehört Ehrlichkeit in die Debatte. Die will ich schon heute hier demonstrieren und auf Folgendes hinweisen: Wenn Sie die Messlatte zu hoch legen und sagen „wenn nicht, dann“, macht es keinen Sinn zu verhandeln. Lassen Sie uns ergebnisoffen in die Gespräche gehen, das Terrain abstecken und schauen, ob die Basis für einen Kompromiss, einen gemeinsamen Weg da ist oder nicht.

Deshalb sage ich heute genauso klar: Ich will eine gemeinsame Lösung. Ich will Gemeinsamkeit in diesem Hause, aber ich denke, es wäre nicht verantwortbar, in eine solche Diskussion ohne den Plan B zu gehen. Wenn nämlich keine Verfassungsänderung mit Zweidrittelmehrheit zustande kommt, sind wir dennoch gefordert, eine Lösung zu bieten. Deshalb habe ich schon öffentlich gesagt: Wenn die Verfassungsänderung nicht zustande kommt, dann bleibt es bei vier Grundschuljahren und dem darauf aufbauenden Gymnasium, dann bleibt es dabei, dass wir die Prinzipien „Chancengleichheit“, „Wahlfreiheit“, „Durchlässigkeit“ und „längeres gemeinsames Lernen“ im Zuge von Teilreformen im Rahmen des rechtlich Möglichen realisieren wollen und dass wir die Erweiterte Realschule und die Gesamtschule aufeinander zu entwickeln wollen. Aber ich sage es noch einmal: Ich hoffe, ein gemeinsamer Weg ist möglich.

Ich will abschließend allen, aber vor allen Dingen das ist mir auch persönlich ein Anliegen - unserem Bildungsminister, für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Fortentwicklung unseres Bildungssystems danken. Ich denke, es ist eine spannende Ausgangssituation, wenn eine Jamaika-Koalition mit einem Bildungsminister, der lange Jahre Vorsitzender der GEW war und sich jetzt in einer neuen Rolle wiederfindet, die Schulstrukturreform auf den Weg bringt und den Nachweis erbringt: Wir sind schon einmal in der Lage, untereinander eine breite Basis herzustellen und wirklich aufeinander zuzugehen, mit einem Vorschlag, der, wie ich meine, in unserer Gesellschaft tragen kann. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich fest davon überzeugt: Die Weiterentwicklung unseres Systems der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen über das Kooperationsjahr und das vorgestellte Zwei-Säulen-Modell ist eine hervorragende Basis, um die eingangs genannten Ziele - Wahlfreiheit und langfristiger Schulfrieden in unserem Land auf der Grundlage breiter

gesellschaftlicher Akzeptanz - zu erreichen. - Vielen Dank.

(Anhaltender starker Beifall bei den Regierungs- fraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Barbara Spaniol.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überschrift zur heutigen Debatte muss lauten: Die Kinder gehören in den Mittelpunkt, und was müssen wir tun, damit jedes Kind und jeder junge Mensch optimal lernen kann? Das ist die zentrale Frage, um die es in der Debatte heute geht und um die es in den kommenden Wochen gehen muss. Schule muss sich künftig nicht nur nach den Abschlüssen ausrichten auch das ist mir ganz wichtig -, sondern viel stärker muss sie auf die Anschlussfähigkeit achten. Das heißt, es sind Fragen wie diese zu beantworten: Wie soll und kann es nach der Grundschule weitergehen? Wie kann es nach der Schullaufbahn im weiterführenden Bereich weitergehen? Wie kann der Einstieg in eine qualifizierte Berufsausbildung gesichert werden? Diese Fragen brauchen die richtigen Antworten.

Herr Minister, vieles, was Sie in Ihrer Regierungserklärung heute skizziert haben, ist bildungspolitisch geboten. Wir brauchen mehr Investitionen in Bildung; das wissen wir alle. Wir wollen eine engere Verzahnung von Kindergarten und Grundschule. Wir begrüßen die Abschaffung der verpflichtenden Schullaufbahnempfehlung, die Sie dargestellt und umgesetzt haben. Frühes Sprachenlernen ist unerlässlich. Wir unterstützen weitere Qualitätsverbesserungen zum Beispiel im Französischunterricht. Auch das haben Sie alles genannt, und auch hier stimmen wir zu. Sie sprechen viele Maßnahmen und Rahmenbedingungen an, und ich habe hier an dieser Stelle schon mehrmals gesagt, Herr Kessler: Sie haben oftmals die richtigen bildungspolitischen Ideen, sitzen jedoch in der falschen Koalition, und das ist der größte Stolperstein für echte Qualitätsverbesserungen, die dringend notwendig sind.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vieles wurde angekündigt, und die Verunsicherung unter den Eltern ist groß. Ich nenne Ihnen zwei Punkte. Da gibt es zum einen die Befürchtung vieler Eltern, dass nach dem unsäglichen G-8-Desaster eine erneute Schulreform zulasten ihrer Kinder gehen wird. Diese Befürchtung konnten Sie mit Ihren Vorschlägen bisher nicht unbedingt zerstreuen, um es einmal vornehm auszudrücken, ganz im Gegenteil. Ein weiterer zentraler Punkt sind die rückläufigen Schülerzahlen. Sie dürfen nicht automatisch zu wei

(Abg. Meiser (CDU) )

teren Schulschließungen führen. Diese politische Fehlentscheidung unter der CDU-Regierung der letzten Jahre ist hinlänglich bekannt, Kolleginnen und Kollegen. Viele Gemeinden und Ortsteile haben ihre Schule verloren. Die Kinder wurden mit längeren Fahrtwegen, die Eltern mit höheren Kosten belastet. Alles das sind Tatsachen. Und ausgerechnet Sie, Herr Kessler, ein Hauptkämpfer gegen die Schulschließungen eines Herrn Schreier, haben leider im Sommerloch - vielleicht unglücklicherweise, gebe ich zu - eine erneute Diskussion über angeblich gefährdete Schulstandorte entfacht. Sie lassen in dieser Frage zum Beispiel das Vetorecht der betroffenen Kommunen offen. Da fragen wir: Warum? Es ist doch völlig klar, dass bei einer weiteren Schulkonzentration immer weniger Kommunen Bildungsangebote machen können. Das ist genau der Punkt, meine Damen und Herren. Das wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb ist eine sorgfältige Schulentwicklungsplanung unabdingbar. Sie darf sich nicht nur bis zum Ende einer Legislaturperiode erstrecken.

Wir haben uns als LINKE zu vielen Fragen klar positioniert. Hier können Sie auch in das Internet schauen. Wir bieten dort eine Zukunftswerkstatt „Bildung“ an. Aber die beste Zukunftswerkstatt nutzt nichts, wenn ich nicht auf die Menschen zugehe, mit ihnen persönlich spreche und sie persönlich auf den Weg zur Zukunft der Schule mitnehme.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb haben wir, um die Schritte auf diesem Weg möglich zu machen, ein Bündel von Maßnahmen vorgestellt. Die sollten Sie sich anschauen; wir müssen sie konstruktiv diskutieren. Es sind Maßnahmen, die kurzfristig machbar, mittelfristig erreichbar und langfristig anzustreben sind. Dazu gehört an allererster Stelle eine Offensive für kleinere Klassen an allen Schulen. Wir hatten bisher an der Saar mit 27 und 28 Schülern pro Klasse an Gymnasien und Gesamtschulen übergroße Klassen. Auch das haben Sie, Herr Kessler, im letzten Jahr noch als GEWVorsitzender bestätigt. Das ist ein negativer Spitzenwert. Und auch 35 Schüler in der siebten und achten Klasse an Erweiterten Realschulen sind keine Ausnahme. Auch das mussten wir uns von Elternvertretern sagen lassen. Selbst die Klassengröße an Grundschulen bleibt trotz gegenteiliger Ankündigungen unverändert, und dies ausgerechnet in der wichtigsten Schulform, Herr Minister, die das unverzichtbare Fundament für die Bildungslaufbahn der Kinder ist, wie Sie selbst sagen. Es ist einfach klar, dass große Klassen ein Lernhindernis sind. Da kann heutzutage niemand mehr widersprechen. Deswegen muss der Klassenteiler herunter, und zwar an allen

Schulen, vor allem in sozialen Brennpunkten, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir brauchen weiterhin eine nachhaltige Personalplanung an den Schulen. Was heißt das? Das heißt ordentliche Planstellen und keine befristeten Verträge. Wenn Sie diesen unrühmlichen Trend nicht aufhalten, dann ist klar, dass es mit der Abwanderung junger Lehrerinnen und Lehrer weitergehen wird. Das können wir uns im Saarland absolut nicht mehr leisten. Es muss betont werden, dass wir keine Zweiklassengesellschaft im Lehrerberuf wollen. Die Lehramtsstudiengänge müssen an die Schulwirklichkeit angepasst werden, was auch in eine einheitlichere Besoldung mündet. Es ist bedauerlich, dass wir dazu heute von Ihnen kein Wort gehört haben, Herr Minister.

Ein weiterer Punkt ist der völlig inakzeptable Stand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Ich muss kritisch anmerken, dass Sie sich in der Regierungserklärung auf zwei Seiten wortreich positiv darüber geäußert haben, was Sie alles tun wollen. Das hilft aber nicht, denn wir haben im Sommer erlebt, dass Elternvertreter und Lehrerverbände in diesen wichtigen Fragen außen vor geblieben sind. Das war der Fall. Sie gehören dem neuen Beirat nicht an. Das Bildungsministerium war erst im Urlaub, dann angeblich nicht eingeladen. Es war also gar nicht dabei. Ein ernsthafter Ausbau der Integration von Schülern mit Behinderungen an Regelschulen sieht wirklich anders aus, Herr Minister.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich komme zu einem weiteren Punkt, bei dem man sich die Kritik nicht verkneifen kann. Vom Kollegen wurde eben schon erwähnt, dass endlich Schluss sein muss mit dem extremen Unterrichtsausfall und dem strukturellen Lehrermangel an beruflichen Schulen. Zum Trost sage ich Ihnen, dass wir Ihre Bemühungen sehr begrüßen. Sie sind auf dem richtigen Weg, aber das ist noch lange nicht die echte Trendwende, die dringend notwendig ist. Dazu gehört eine spürbare Erhöhung der Stellen an den Schulen und Ausbildungsseminaren. Wir warten immer noch auf ein flächendeckendes, wohnortnahes Konzept für echte Ganztagsschulen. Leider investieren Sie munter weiter in freiwillige Lösungen mit vielen Etiketten, die mit sinnvoller Ganztagsbetreuung wenig zu tun haben. Auch müssen Unterstützungssysteme mit Schulsozialarbeitern und Schulpsychologen an allen Schulen fest installiert und funktionsfähig sein.

Sie preisen die kostenpflichtige Schulbuchausleihe mit hohen Gebühren, statt echte Lernmittelfreiheit einzuführen. Ich kann Ihnen nicht ersparen, an dieser Stelle Kritik zu üben. Viel Geld wird in die Bürokratie des Ausleihsystems gesteckt, Geld, das bei

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

den Schulkindern, die es doch so dringend brauchen, nicht ankommt. Viele Eltern müssen an den weiterführenden Schulen, zum Beispiel den Gymnasien, weiterhin zwischen 90 und 110 Euro zahlen. Sie haben eben selbst gesagt, dass nur 62 Prozent von der Ausleihe Gebrauch machen. Sie werden also wohl selbst sehen, wo Lücken im System sind. Sie müssen den Blick darauf haben, dass die finanzielle Entlastung der Familien im Vordergrund steht und nicht sonstige Spielchen mit Gebührenmodellen.

Ich komme zu den zentralen Punkten, welche die Schule verändern. Es ist mir an dieser Stelle ganz wichtig zu sagen, dass wir stets das Beste für unsere Kinder im Blick haben müssen. Wir dürfen keine bildungspolitischen Scheuklappen tragen. Kommen wir zum virulenten, zentralen Punkt, der Gemeinschaftsschule. Die schulstrukturelle Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft ist die wohnortnahe Gemeinschaftsschule. Die Idee knüpft an das Erfolgsmodell Gesamtschule an. Also kann an der Saar das fortgesetzt werden, was in den Gesamtschulen in den letzten 25 Jahren erfolgreich auf den Weg gebracht wurde. Ich glaube, das ist unbestritten.

Wir sagen ganz deutlich, dass wir realistisch sind. Auch wir gehen davon aus, dass es bei den weiterführenden Schulen zwei Wege geben kann, mit der Gemeinschaftsschule einerseits, in der ERS und Gesamtschule zusammenkommen, und dem Gymnasium andererseits. Auf beiden Wegen sollte es möglich sein, alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse in 12 oder 13 Jahren zu erreichen. Dies muss aber auch gewährleistet sein. Hier liegt die Krux in Ihrem Konzept. Jedes Gymnasium, und das hat der Kollege eben bereits erwähnt, hat danach eine eigene Oberstufe, aber nicht jede Gemeinschaftsschule. Das ist eine Ungleichbehandlung, eine Privilegierung für die eine Seite. Das kann nicht hingenommen werden. Es muss eine Alternative geben. Das wissen Sie. Wir brauchen gleiche Chancen für alle, ansonsten müssen Sie sich dem Vorwurf aussetzen, dass Sie Schulen erster und zweiter Klasse zulassen, Herr Minister.

Nun sind wir bei den Punkten angelangt, über die wir uns politisch auseinandersetzen müssen. Da ist zum einen die Frage, ob Kinder länger gemeinsam lernen sollten. Herr Meiser hat vorhin deutlich gemacht, wie strittig er das Thema sieht. Mit Blick auf unsere Nachbarländer und mit Blick auf die Erziehungswissenschaft ist es aber nicht strittig. Längeres gemeinsames Lernen wird befürwortet. Es ist europa- und weltweit üblich, außer in Deutschland und Österreich. Herr Minister, das haben Sie zu Recht in Ihrer Rede festgestellt.

Bei uns werden Schüler bereits nach vier Jahren Grundschule auf mehrere Schulformen verteilt. Herr