Protokoll der Sitzung vom 25.08.2010

wird. Das bedeutet, eine konsequente Umsetzung ist völlig beliebig. So etwas werden wir selbstverständlich nicht mitmachen. Deswegen werden wir darauf beharren, dass es eine gesetzliche Festlegung der Klassenteiler gibt, die einen unmittelbaren Anspruch für alle Eltern in diesem Land bedeutet.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir brauchen eine ausreichende Personalisierung mit Lehrerinnen und Lehrern, Sozial- und Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen. Sie sagen, Schulen mit besonderen Belastungen bekommen zusätzliche Lehrerstunden. Ich sehe daran, dass wir uns angleichen. Ich gehe davon aus, wir werden darüber sehr detailliert reden können. Wir werden auch darüber zu reden haben, wie wir das absichern können. Wir brauchen dringend Maßnahmen, um den dramatischen strukturellen Unterrichtsausfall im Land zu beenden. Wir müssen dringend darangehen, die Lehrerausbildung insbesondere im Hinblick auf die notwendige Individualisierung des Unterrichtes zu verbessern. Wir haben im Kern Konsens, aber ich erwarte auch, dass wir klare verbindliche Vereinbarungen treffen und diese festgehalten werden.

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren und sind weiterhin aus unserer Sicht die Kernpunkte für die dringend notwendigen Reformen im Bildungssystem des Saarlandes. Deshalb gilt auch nach wie vor das, was wir vor der Landtagswahl gesagt haben: Qualitätsverbesserungen müssen Vorrang vor Strukturdebatten haben. Die jetzige Koalition hat sich auf eine etwas andere Schwerpunktsetzung geeinigt. Sie hat eine Schulstrukturreform in den Mittelpunkt oder zumindest an den Anfang gestellt. Dafür brauchen Sie eine Verfassungsänderung. Wobei dahingestellt sein mag, für welche Teile diese Verfassungsänderung wirklich erforderlich wäre. Das will ich jetzt nicht bewerten. Jetzt muss geklärt werden - dazu sind wir bereit -, ob und wie aus diesen unterschiedlichen Ansätzen Gutes entsteht. Für uns ist von zentraler Bedeutung dabei, dass wir bei all den Veränderungen auf eine breite Beteiligung setzen.

Wir haben deswegen zum Jahresbeginn eine Beteiligungs- und Dialogkampagne gestartet mit zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, mit Anhörungen und mit einer interaktiven Internetplattform. Ich kann die Damen und Herren, die vor dem Fernseher sitzen, nur auffordern, sich unter www.macht-bildung.de daran zu beteiligen. Wir haben vielfältige weitere Aktivitäten entwickelt. Die enorme Resonanz, die wir erfahren, bestärkt uns darin, dass dieser beteiligungsorientierte Weg weitergehen muss und wir daran festhalten müssen, Qualität in den Vordergrund zu stellen. Deshalb ist es für uns unabdingbar, dass es eine Verfassungsänderung mit unserer Zustimmung nur geben kann, wenn garantiert

(Abg. Commerçon (SPD) )

ist, dass die Reform wirklich zur Verbesserung der Qualität in unseren Schulen führt. Das wiederum impliziert, dass es eben kein isoliertes Gesetz zur Änderung der Verfassung geben kann, sondern - übrigens wie bei der Reform 1996 auch - nur ein Paket, in dem neben der Verfassungsänderung auch Einvernehmen über schulrechtliche und schulordnungsrechtliche Vereinbarungen getroffen werden.

Was wir brauchen, meine Damen und Herren, sind nämlich nicht in erster Linie Schulen, die länger oder kürzer dauern oder anders heißen, sondern wir brauchen bessere Bedingungen für unsere Schülerinnen und Schüler.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich bin dem Kollegen Schmitt der FDP-Fraktion sehr dankbar, dass er diese Woche in einem Interview in der Saarbrücker Zeitung deutlich gesagt hat, es sei richtig, dass wir diese Qualitätsdebatte in den Mittelpunkt stellen. Ja, das muss wirklich der Kern unserer Bemühungen sein. Herr Minister, Sie haben heute in Ihrer Regierungserklärung das Schwergewicht auf die Qualitätsverbesserungen gelegt. Insofern glaube ich, dass wir da miteinander ins Gespräch kommen. Ich betone das deswegen so ausdrücklich, weil der Kollege Fraktionsvorsitzende der CDU noch in einem Sommerinterview zumindest bei einigen den Eindruck erweckt hat, darüber nicht mit der Opposition reden zu wollen. Ich entnehme jetzt Ihren Äußerungen anderes. Dazu sind wir, das kann ich nur nochmals betonen, selbstverständlich bereit.

Apropos Sommerinterview. Ich bin Ihnen auch sehr dankbar, Herr Minister, dass Sie das Thema Schulschließungsdebatte heute einmal etwas anders angefangen haben als im Sommer. Ich gehe davon aus, es waren vielleicht unglückliche Formulierungen oder meinetwegen Missverständnisse. Ich kann ja nur das sehen, was in den Zeitungen gestanden hat und in den Medien berichtet wurde. Ich kann Ihnen an dieser Stelle - das sage ich auch den Eltern nur eines versichern: Eine zusätzliche Schulschließungswelle in diesem Land wird es mit Zustimmung der SPD nicht geben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Lassen Sie die Schule im Dorf. Das Zügigkeitskriterium muss gestrichen werden. Sie haben das in Bezug auf das Einvernehmen mit dem Schulträger eben klargestellt. Wir gehen auch davon aus, dass Sie bereit sind, einen Schritt weiterzugehen. Wo Eltern und Schulträger dies wünschen, muss es auch möglich sein, dass geschlossene Grundschulen wiedereröffnet werden. Es muss wieder - wir haben aktuelle Beispiele in Niederwürzbach, in Bliesransbach und an vielen anderen Stellen - zu dem Prinzip kommen: „Kleine Kinder, kleine Klassen; kurze Beine, kurze Wege“.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Zum fünften Grundschuljahr. Dazu hat der Minister sich sehr ausführlich geäußert. Die Koalition muss zunächst einmal intern klären, ob sie das überhaupt will. Es gibt da einen vielfältigen Chor. Ich brauche gar nicht zu zitieren. Da heißt es in allen Lokalteilen: „CDU-Fraktion: Längere Grundschule verschieben, „Widerstand gegen Jamaika-Pläne“, „Saarländische FDP stellt Schulreform zur Disposition“. - Ich will das einmal beiseite legen. Klären Sie das, dann können Sie darüber reden.

Ich sage Ihnen aber, auch ich bin bislang nicht überzeugt, weder durch die dünne Vorlage der Regierung noch durch die Ausführungen in dieser Regierungserklärung. Ich habe große Zweifel und viele offene Fragen. Die müssen in den Gesprächen erörtert werden. Die müssen von Ihnen beantwortet werden. Ich spreche sie nur stichwortartig an. Wie sieht es mit den Reformen aus, wo ist da der Zusammenhang mit den Grundschulschließungen? Es ist nicht wahr, dass wir die Plätze hätten. Wir haben eine Menge Grundschulen geschlossen. Die Räume gibt es so nicht mehr. Die sind leider mittlerweile anderweitig verwendet. Es geht um die Frage der Kosten für die Schulträger. Das kann man nicht einfach so wegwischen. Es geht um ein ordentliches Standortkonzept. Wir wollen wirklich standortbezogen ganz genau wissen, wie so etwas aussieht.

Wir haben aber auch vor allem pädagogische Zweifel, sehr verehrter Herr Minister, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich kenne bis heute keine Studie, die belegt, dass ein fünftes Grundschuljahr Verbesserungen bringt und soziale Selektion verhindert oder zurückführt. Der Schlüssel gegen frühe Selektion ist frühkindliche Bildung. Wenn es diese Studie gibt, können Sie uns die einmal gerne vorlegen. Die TIMSS-Studie sagt genau das eben nicht, die sagt anderes. Aber das ist auch egal. Wir können darüber reden. Wir schlagen vor: Lassen Sie uns unabhängige Experten damit befassen. Lassen Sie uns unabhängige Experten beauftragen, das einmal für uns zu überprüfen und zu evaluieren. Dann sind wir gerne bereit, mit Ihnen darüber zu reden.

Ich komme zu einem zweiten Aspekt der geplanten Strukturreform, zu dem Sie sehr wenig gesagt haben, zu dem wir aber noch sehr viel mehr Fragen haben. Das ist die Gemeinschaftsschule. Da hatte ich mir wirklich mehr erhofft. Die Vorlage, die Sie im Sommer vorgelegt haben, ist wirklich sehr enttäuschend. Ich formuliere es einmal so: Im Extremfall kann die Umsetzung dieser Vorlage faktisch darauf hinauslaufen, dass wir anschließend lediglich die Erweiterten Realschulen umbenannt haben und faktisch die Gesamtschulen abgeschafft haben. Sie können sicher sein, das ist eine Position, die die

(Abg. Commerçon (SPD) )

SPD in keinem Fall mitmachen wird. Ich sage Ihnen deshalb, wir haben viele Fragen an dieser Stelle.

Es muss klare Präzisierungen geben, aber wir brauchen auch substanzielle Veränderungen in diesem Bereich. Das betrifft insbesondere die Frage der Gleichwertigkeit der Schulformen, die Durchlässigkeit der Bildungsabschlüsse nach oben. Ich sehe beispielsweise nicht ein, dass es eine Privilegierung von Gymnasien auf der einen Seite mit einer garantierten eigenen Oberstufe geben kann, auf der anderen Seite aber im Zweifel einen Kooperationszwang für die Gemeinschaftsschulen, um anschließend die Kinder nach dem 10. Schuljahr ans Gymnasium zu schicken. Das könnte nach dieser Vorlage im Zweifelsfall passieren. Wenn Sie sagen, wir haben sehr viel weniger Gymnasien als Erweiterte Realschulen und Gesamtschulen, dann muss ich Ihnen entgegenhalten, wir haben natürlich auch sehr viel mehr Schülerinnen und Schüler an den Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen.

Insofern ist es richtig, dass wir da sehr viel mehr haben. Für uns ist Gleichwertigkeit in jedem Fall gleichbedeutend damit, dass es möglich sein muss, unabhängig von den klassischen Gymnasien eine eigene Oberstufe aufzubauen und dafür zu sorgen, dass die Kinder auch an einer Gemeinschaftsschule bis zum Abitur geführt werden können, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Es gibt eine Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit der Fachleistungsdifferenzierung und der Unterrichtung im Klassenverband, es gibt eine Ungleichbehandlung, was die Prüfungen und Qualifizierungen beim mittleren Bildungsabschluss, aber auch schon beim Hauptschulabschluss anbelangt. Es kann nicht so sein - eigentlich sind wir da auf einer Linie, Herr Minister -, dass in den Gemeinschaftsschulen wie in den letzten Jahren nur noch auf Prüfungen hin gepaukt wird, sondern in den Gemeinschaftsschulen muss das gleiche Recht gelten, das auch in den Gymnasien gilt. Sie dürfen nicht nur reine prüfungsorientierte Klassenstufen haben. Das ist aus meiner Sicht und aus Sicht vieler anderer - ich nenne beispielsweise die Position der GEW, die in dieser Woche nachzulesen war - bisher nicht gewährleistet. Deswegen werden wir darüber sehr intensiv zu reden haben.

Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen, die zentralen Bildungsziele - so haben Sie es in Ihrer Regierungserklärung formuliert - dieser Landesregierung seien die Herstellung von mehr Gerechtigkeit im Bildungssystem sowie qualitative Verbesserungen des Unterrichts in den Schulen. Sie sagen, Sie wollen eine stärkere Entkopplung der Bildungschancen junger Menschen von der sozialen Herkunft und den Aufbau einer neuen Lehr- und Lernkultur

mit mehr individueller Förderung in unseren Schulen. Ich sage Ihnen, Herr Minister, das klingt sehr schön. Es ist leider nicht klar erkennbar in den schriftlichen Vorlagen. Es kommt aber unseren Positionen entgegen. Deshalb wird es sicherlich in den Gesprächen zu klären sein, ob wir da wirklich auf einer Linie sind. Es wird allerdings erheblichen Präzisierungsbedarf geben.

Herr Minister, Sie haben mit dem Motto abgeschlossen „Gemeinsam geht Bildung besser“. Sie haben dies auch als Überschrift gewählt, um eine eigene Kampagne zu starten. Ich finde es sehr schön, dass Sie sich da quasi der SPD angeschlossen haben und jetzt eine eigene Internetplattform eingerichtet haben. Es ist ein bisschen bedauerlich, dass die Beteiligungsmöglichkeiten an dieser Stelle recht gering ausgefallen sind. Aber vielleicht kann man das noch verbessern, damit man dort Bewertungen vornehmen kann, wie das bei uns der Fall ist.

Aber auf zwei Dinge auf Ihrer Internetplattform, die ich dort nachgelesen habe, möchte ich Sie einmal hinweisen. Es gibt zwei Vorschläge aus der Bevölkerung - von bisher insgesamt sechs Vorschlägen -, die dort gemacht werden, die absolut an der Spitze der Forderungen der Bevölkerung sind. Das eine ist Individualisierung statt äußerer Fachleistungsdifferenzierung. Der Teilnehmer erklärt dort: „Wenn es wirklich um mehr Bildungsgerechtigkeit gehen soll, dann muss in den Gemeinschaftsschulen wirklich Individualisierung stattfinden. Die jetzigen Möglichkeiten einer äußeren Fachleistungsdifferenzierung verschärfen ja sogar die Selektion und Spaltung.“

Es gibt einen anderen Vorschlag. Da steht: „Klassenteiler an allen Schulformen verringern“. Es wird geäußert: „Meine Idee wäre, in der Grundschule und den weiterführenden Schulen den Klassenteiler zu verringern. Noch sind an vielen Schulen die Klassen zu groß und so kann kein vernünftiges individuelles Lernkonzept für die Schülerinnen und Schüler umgesetzt werden.“ - Ich gehe davon aus, Sie werden auch das sehr ernst nehmen. Es deckt sich hundertprozentig mit den Forderungen, die wir erheben. Deswegen sind wir gespannt auf das, was uns in den Gesprächen erwartet. Ich sage Ihnen noch einmal deutlich: Klären Sie in Ihren eigenen Reihen die Dinge, die dort geklärt werden müssen. Wenn das der Fall ist, können wir in gemeinsame Gespräche für eine bessere Bildung in diesem Land eintreten. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall von der SPD und Beifall von der LINKEN.)

Das Wort hat Herr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser.

(Abg. Commerçon (SPD) )

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Koalitionsvertrag haben wir als allgemeine Ziele der Schulstrukturreform, als allgemeine Ziele in der Bildung formuliert, dass wir eine qualitativ gute Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen haben wollen, dass es uns um gleiche und gerechte Chancen geht, einmal für den Besuch von Bildungseinrichtungen, zum Zweiten für den Erwerb von Kompetenzen für ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben in einer demokratischen Gesellschaft. Ich denke, in dieser allgemeinen Zielsetzung sind wir uns alle einig.

In den Bildungsdebatten der letzten Jahrzehnte bis heute ist aber immer wieder zu beobachten, dass über diesen Weg in einer Art gestritten wird, die schon etwas Besonderes hat. Ich habe bei den Bildungsdebatten immer feststellen müssen, dass zu sehr die alleinige Wahrheit beansprucht wird. Für mich ist auch spannend zu sehen, wenn man sich mit den Fachleuten befasst, dass es solche Gutachten gibt, die nachweisen wollen, dass das gegliederte Schulsystem das allein seligmachende ist, und andere Gutachten, die nachweisen wollen, dass nur die Einheitsschule mit längstem gemeinsamem Lernen das allein seligmachende ist.

Wenn man die bildungspolitische Debatte im Saarland und im saarländischen Parlament betrachtet, sind wie auf dem richtigen Weg, wenn wir sagen: Lasst uns zunächst einmal eigentlich ganz banale, aber entscheidende Aussagen in den Vordergrund stellen. Jedes Bildungssystem, wenn es qualitativ gut sein will, lebt vor allen Dingen davon, dass wir gute Lehrerinnen und Lehrer haben und gute Schulen. Unsere Antwort auf die Herausforderungen soll heute sein: Wir wollen Wahlfreiheit und wir wollen einen großen gesellschaftlichen Konsens. Ich bin sicher, das wird der Bildungspolitik, das wird den Kindern und das wird dem gesellschaftlichen Klima im Lande guttun.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dazu gehört natürlich auch, dass Bildung nicht statisch sein kann, weil sich gesellschaftliche Rahmenbedingungen verändern und wir gar nicht umhinkommen, diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Sie sind bekannt: Demografischer Wandel, eine veränderte Gesellschaft, zum Beispiel im Familienbild, veränderte soziale Bedingungen und so weiter. Deshalb will ich an den Beginn meiner Ausführungen stellen, wo wir hauptsächlich in diesem Entwurf deutlich gemacht haben, dass wir selbstverständlich auf Wahlfreiheit mit klaren Regeln und Vorgaben für den Bildungsweg setzen. Das Zwei-Säulen-Modell, wie es vorgestellt wurde, enthält den klaren Vorschlag: Wahlfreiheit bei G 8 und G 9, das heißt, niemand wird zu einem Weg gezwungen.

Unser Vorschlag heißt freiwillige und pflichtige Ganztagsschule nebeneinander. Unser Vorschlag heißt Halbtags- und Ganztagsschule nebeneinander - also auch hier Wahlfreiheit. Unser Vorschlag heißt Freiheit der Eltern, natürlich unter fachlicher Beratung, und zwar Schulempfehlungsberatung und nicht mehr die verbindliche Schullaufbahnempfehlung. Es geht weiter mit dem Thema des größtmöglichen Konsenses mit Eltern, Schülern, Lehrkräften und Schulträgern bei der Frage der Differenzierung; ich werde darauf zurückkommen. Wir haben klar gesagt, schulstrukturrelevante Entscheidungen sollen im Einvernehmen mit den Schulträgern erfolgen. Das sind einige wenige Aspekte, an denen jeder nachvollziehen kann, dass diese Schulstrukturreform, die gemeinsam getragen ist von den drei Koalitionsfraktionen, einen Geist hat, der da lautet: Wahlfreiheit, gute Bildungschancen, breiter gesellschaftlicher Konsens und damit langfristiger Schulfrieden. Das ist das große Ziel.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Der Bildungsminister hat heute die Details dargelegt. Ich denke, ich kann es mir und Ihnen ersparen, sie alle zu wiederholen. Ich will nur ein paar Schwerpunkte nennen. Wir bauen - das ist hier von allen Fraktionen anerkannt - auf einem guten Schulsystem auf. Wir haben als Basis qualitativ gute Grundschulen. Ich will nur am Rande erwähnen, dass wir natürlich auch die Frage der Ausbildung der Grundschullehrer im Lande in den kommenden Jahren regeln wollen, um gute Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer im eigenen Lande ausbilden zu können. Auf den Grundschulen aufbauend wollen wir die beiden Säulen Gymnasium und Gemeinschaftsschule haben. Gemeinschaftsschule bedeutet die Zusammenführung von Erweiterter Realschule und Gesamtschule.

Aus dem Beitrag des Kollegen Commerçon ist schon deutlich geworden, dass wir bei der Willensbildung in den kommenden Wochen und Monaten vielen Befindlichkeiten Rechnung tragen sollten, gerade mit Blick auf das Ziel eines breiten gesellschaftlichen Konsenses. Im Lager der SPD wird diskutiert: Wird die Gesamtschule nicht zur Erweiterten Realschule? Wir werden verstärkt gefragt - das sage ich offen -: Wird nicht die Erweitere Realschule zur verkappten Gesamtschule? Gerade diese Ängste wollen wir abbauen. Unser Bildungsminister hat heute in aller Klarheit an einzelnen Elementen deutlich gemacht: Es wird keine Blaupause Gesamtschule/Erweiterte Realschule oder umgekehrt geben, sondern ein Modell, bei dem man klar sagen kann, dass diese Schulformen aufeinander zu entwickelt werden.

Ich will ein paar Punkte nennen, die das belegen und die zeigen, dass wir mit dieser Schulform für die Berufsausbildung, für weiterführende, berufsbezogene und studienbezogene Bildungsgänge und natür

lich auch mit Blick auf die gymnasiale Oberstufe ausbilden wollen. Wenn der Bildungsminister heute sagt, sein Ziel sei durchaus, relativ spät zu differenzieren, auch ein Stück weit mit Blick auf die Gesamtschule, aber genauso klar sagt, die Schulkonferenz solle - natürlich im Rahmen des Budgets - über Beginn und Umfang der äußeren Fachleistungsdifferenzierung entscheiden, dann zeigt auch das, von welchem Geist diese Vorschläge getragen sind: Einbindung der Eltern, der Schüler, der Lehrer und größtmögliche Freiheit natürlich nach den Vorgaben der KMK und im Rahmen klarer Bildungsziele.

Ein zweiter Punkt. Die zentrale Abschlussprüfung bleibt erhalten. Wenn man sich anschaut, wie die Entscheidung über das Thema Versetzung fallen soll, dann wird bei all diesen Punkten deutlich: Hier wird nicht eine Schulform in die andere überführt, sondern es wird ein Dialog geführt mit dem Ziel, dass sich die Anhänger der einzelnen Schulformen nicht überfahren fühlen. Vielmehr werden sie am Ende der Diskussion sagen - davon bin ich überzeugt -: Hier hat man mit Blick auf die demografische Entwicklung, die das notwendig macht, diese beiden Schulformen zusammengeführt, ohne dass die Identität der einen oder anderen Schulform aufgegeben wurde.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

In dem Zusammenhang, Kollege Commerçon, erlauben Sie mir auch einige Anmerkungen zu den Einzelheiten, zum Beispiel zum warmen Mittagessen. Wir sollten die Aussage, hier herrsche soziale Kälte, so nicht im Raum stehen lassen. Die Wahrheit ist, dass wir es allen Bedürftigen in diesem Lande - es geht sicherlich nicht darum, dass wir Gutverdienenden das Mittagessen bezahlen - über einen Fonds, an dem sich die Schulträger und das Land beteiligen, ermöglicht haben, ein warmes Mittagessen zu erhalten. Das sollte auch öffentlich so stehen bleiben. Wenn wir schon Steuergelder dafür in die Hand nehmen, kann es doch nicht wahr sein, dass wir hier das Gegenteil verkünden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will in diesem Zusammenhang einen zweiten Punkt nennen, wenn Sie die eigene Oberstufe für die Gemeinschaftsschule ansprechen. Auch da habe ich die herzliche Bitte, nicht den Glaubenskampf zu führen, die Gemeinschaftsschule sei nur dann gleichrangig zum Gymnasium, wenn sie grundsätzlich eine eigene Oberstufe hat. Auch dort heißt verantwortete Bildungspolitik, sinnvoll mit den Ressourcen, die wir haben, umzugehen und die Struktur, wie sie im Lande besteht, in Rechnung zu stellen. Wenn man sich die Struktur anschaut, dann weiß man, dass wir Oberstufenverbünde und berufsbildende Schulen haben, die diese Aufgabe mit erledigen. Es wäre wenig sinnvoll, in dem einen oder anderen Fall

diese Strukturen zu gefährden, indem dieser Grundsatz festgeschrieben wird. Der Bildungsminister hat deutlich gesagt, dort, wo es sinnvoll ist, wo es in der Struktur passt und der Bedarf nicht gedeckt wäre, ist natürlich der Weg offen, eine Oberstufe direkt an der Gemeinschaftsschule zu schaffen. Ich halte das für einen sinnvollen Weg. Ich schließe mich Ihnen an das ist sicherlich richtig -, das noch im Detail zu diskutieren.

Ich komme zum Thema Gymnasium. Ich sage in aller Offenheit Folgendes. Für mich, für die CDULandtagsfraktion und für die Landesregierung insgesamt war und ist immer klar, dass die Verfassungsgarantie des grundständigen Gymnasiums nicht zur Diskussion steht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)