Protokoll der Sitzung vom 15.09.2010

(Abg. Maas (SPD) : So entwickelte sich die Meinung im Rahmen des Koalitionsvertrages. - Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Ich weiß nicht, wie sich die Meinung entwickelt hat. Es gibt Meinungsbildungsprozesse -

(Weitere Zurufe des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Wer spricht denn gerade?

Das Wort hat Frau Dr. Peter. Wenn Sie etwas zu äußern haben, können Sie sich zu Wort melden oder Ihren Clinch draußen austragen.

(Abg. Schmitt (CDU) : Frau Präsidentin, vielleicht können Sie auch die andere Seite ansprechen, die haben angefangen. - Oh-Rufe von den Oppositionsfraktionen. - Zuruf: Sind wir hier im Kindergarten?)

Ich schaue in beide Richtungen, auch zu Herrn Maas.

(Erneuter Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU). - Unruhe und Sprechen.)

Ich denke, wir werden das Thema Energie häufiger und intensiv diskutieren. Bezogen auf die erneuerbaren Energien, die Atomfrage und die Kohlefrage ist im Koalitionsvertrag nicht nur festgelegt, dass wir uns gegen den Ausstieg aus dem Ausstieg wenden, sondern auch, dass wir den Vorrang der erneuerbaren Energien voranbringen wollen. Das Kabinett hat letzte Woche verabschiedet, die Ausschlusswirkung für Windkraft jenseits der Vorranggebiete aufzuheben. Wir sind dabei, ein flächendeckendes Solarkataster zu erheben. Im Rahmen des Masterplans Energie wird derzeit dieser Vorrang festgelegt, aber gleichzeitig auch der Zustand des Kraftwerksparks analysiert, um ihn in seiner Gesamtheit zukunftsfähig zu gestalten und zu analysieren, welche Ersatzund Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen sind. Dabei ist ganz wichtig, welchen Hintergrund das Energiekonzept der Bundesregierung liefert.

Ich freue mich, dass wir die Diskussion heute hier gestartet haben. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten das Thema Energieversorgung im Saarland mit Sicherheit noch viel massiver diskutieren müssen, weil einige Entscheidungen anstehen. Wir wollen konkrete Antworten von den Energieversorgern zum Standort Ensdorf haben. Wir wollen wissen, wie sich Evonik weiter aufstellt. Wir wollen mit den Energieversorgern - mit den kommunalen, mit den regionalen - vor Ort diskutieren, um den Kraftwerkspark zukunftsfähig gestalten zu können. Ich bin ganz optimistisch, weil bisher viele Beteiligte zusammengekommen sind und noch zusammenkommen werden, um die erneuerbaren Energien und die zukunftsfähige Versorgung der Kraftwerksparks voranzubringen. Wir haben viele Gespräche geführt. Es wurde eben von runden Tischen gesprochen; sie sind ganz wichtig, um die Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Energiewirtschaft sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher zusammenzubringen und eine zukunftsfähige Energiepolitik zu etablieren. Wir sind auf einem guten Weg. - Danke schön.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort hat nun der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Heiko Maas. Die Fraktion DIE LINKE hat der SPD ihre Redezeit übertragen, sodass Sie 10 Minuten und 22 Sekunden haben, Herr Maas.

Ich danke ganz herzlich. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will eines vorwegschicken, ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn der Kollege Heinrich oder jemand von der CDU sagt: Das ist nicht unsere Position, eigentlich halten wir das für richtig, was in Berlin beschlossen wurde. Das Gleiche gilt für die FDP. Bei der FDP ist Herr Jochem in dieser Frage nicht repräsentativ, das wissen wir auch. Es ist allgemein bekannt, dass zu diesem Thema in beiden Parteien eine andere Position vertreten wird.

Im Vergleich zu dem, was wir in den letzten Tagen und Wochen gehört haben - insbesondere die Wirrungen des Ministerpräsidenten -, würde ich mir wünschen, dass Sie sagen: Ja, es ist so, wir haben in dieser Frage eine andere Auffassung, aber aus Gründen des Machterhaltes haben wir im Koalitionsvertrag darauf verzichtet. Darüber müsste sich dann jeder ein Urteil bilden. Es ist nicht das erste Mal, wenn es um landespolitische Themen geht, dass Dinge beschlossen oder abgelehnt werden, die Sie, je nachdem, für richtig oder nicht für richtig halten, weil Sie einen Koalitionsvertrag haben, in dem Sie Dinge preisgegeben haben, die Sie zehn Jahre in der Regierungsverantwortung praktiziert haben. Ich stelle mir bei den Problemen dieses Landes nachhaltig die Frage, ob diese Spielereien, die wir immer wieder vorgeführt bekommen - es sind nichts anderes als Spielereien! -, die Grundlage einer konsistenten Politik sein können, mit der wir die Probleme wirklich lösen und dieses Land in die Zukunft führen können. Ich bin der Meinung, das wird auf Dauer nicht funktionieren.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich glaube, dass Sie das eigentlich auch wissen.

(Zurufe von der CDU.)

Sagen Sie es, das ist Ihre Position, das ist auch vollkommen in Ordnung.

(Oh-Rufe und Sprechen bei der CDU.)

Damit kann man sich wenigstens auseinandersetzen. Ich stelle mir die Frage, welche Position wird letztlich von der Landesregierung vertreten?

(Unruhe und Sprechen.)

Ich habe zur Kenntnis genommen und finde es vollkommen in Ordnung, dass darüber nachgedacht wird. Erst muss ein Gesetz vorliegen, bei dem man

prüfen kann, ob dagegen geklagt wird. Für mich ist die Entscheidung, die von der Landesregierung getroffen wird, schon eine bedeutende. Was ist wirklich ernst zu nehmen, wenn die GRÜNEN in diesem Land sich Anti-Atom-Buttons ans Revers heften oder wenn am Samstag auf der Demonstration große Reden gegen die Atomenergie geschwungen werden? Es muss vollkommen klar sein - die Kollegin Rehlinger hat schon darauf hingewiesen -: Abstrakt darüber zu reden, dass man einem Gesetz widerspricht oder es im Bundesrat ablehnt, ist völlig gehaltlos, Herr Schmitt, weil es im Moment die Planung der Bundesregierung ist, den Bundesrat damit gar nicht zu beschäftigen. Die Voraussetzung dafür - wenn die Bundesregierung bei ihrer Haltung bleibt, und das wird sie -, dieses Gesetz im Bundesrat ablehnen zu können, ist, verfassungsrechtlich feststellen zu lassen, dass der Bundesrat beteiligt werden muss, weil das Gesetz zustimmungsbedürftig ist. Das halten viele Experten für notwendig, es ist eben ausgeführt worden.

Die GRÜNEN können nicht sagen, wir werden das ablehnen, obwohl es gar nicht in den Bundesrat kommen wird. Sie müssen dafür sorgen - wenn sie ernsthaft alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen, die sich eine Anti-Atom-Partei auf die Fahne geschrieben hat -, dass auch die saarländische Landesregierung gegen die Nichtbefassung des Bundesrates bei diesem Deal klagt. Wenn Sie das nicht tun, stellen sich einige Fragen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich will Ihnen noch ein Argument auf den Weg geben. Es geht nicht nur um das, was in diesem Gesetz verabredet werden soll, bisher ist es nur ein Deal, ein Vertrag. Im Übrigen ein Vertrag - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen -, zu dem der zuständige Bundesumweltminister Herr Röttgen heute Morgen im Ausschuss des Bundestages gesagt hat, er sei weder dabei gewesen, als der Vertrag ausgehandelt wurde, noch habe er ihn unterschrieben. Er weiß gar nicht, wer ihn unterschrieben hat. - Der zuständige Bundesminister hat das heute Morgen im Ausschuss des Bundestages so gesagt! Wenn die Restlaufzeiten verlängert werden, wird es nicht nur dazu kommen, dass Atomkraftwerke bis 2050 laufen können. Uns ist gesagt worden, eine besondere Errungenschaft sei die Einrichtung des Öko-Energie-Fonds, aus dem die Förderung regenerativer Energien finanziert werden soll. Ich habe heute gelesen, das, was in diesen Öko-EnergieFonds eingezahlt wird - was man den Energiekonzernen abgerungen hat -, soll steuerlich absetzbar sein.

(Sprechen und Unruhe.)

Welch eine Errungenschaft, die Energieversorgungsunternehmen dazu zu zwingen, in einen Öko

Energie-Fonds einzuzahlen und ihnen gleichzeitig zuzusichern, es von der Steuer abschreiben zu können.

Es ist außerdem vereinbart worden, dass die betrieblichen Investitionskosten in die Sicherheit pro Atomkraftwerk auf 500 Millionen Euro gedeckelt werden.

(Lachen des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Wenn diese Investitionskosten darüber hinausgehen, wird das auf den Öko-Energie-Fonds angerechnet, der ohnehin von der Steuer absetzbar ist. Das kann jeder inhaltlich bewerten, wir er will. Ich halte das für eine noch nie dagewesene Veralberung des Bundestages. Der Gesetzgeber ist für die Sicherheit in Atomkraftwerken zuständig. Diese hat er durch Gesetze und Verordnungen zu regeln und ist damit natürlich auch mittelbar zuständig für die daraus entstehenden Kosten. Wenn in Verträgen zwischen einer Regierung und der Wirtschaft dem Bundestag und dem Gesetzgeber die Kompetenz entzogen wird, ist das auch eine Sache, die vor dem Bundesverfassungsgericht eingeklagt wird. Ich bin froh, dass die SPD-Bundestagsfraktion gesagt hat: Auch diesen Punkt wollen wir gerichtlich überprüfen lassen. So können Parlamente und damit die Bevölkerung in dieser Frage nicht entmachtet werden!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zurufe von den Regierungsfraktionen. )

Der zuständige Minister für die Reaktorsicherheit hat nicht unterschrieben und war an den Verhandlungen nicht beteiligt! Wo kommen wir denn da hin? All das wäre meiner Meinung nach für die GRÜNEN, für eine grüne Partei Veranlassung zu sagen, unabhängig von verfassungsrechtlichen Streitereien, von rechtlichen Einschätzungen, allein die Art und Weise, wie da im Ergebnis zugunsten der vier großen EVUs gedealt worden ist, ist für uns Grund genug, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, auch eine Klage einzuleiten, um gegen das vorzugehen, was hier verabredet worden ist.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Deshalb sage ich Ihnen, wir werden Ihnen diese Zeit geben. Es ist richtig, Sie müssen erst einmal wissen, was da genau vorgelegt wird. Aber ich sage Ihnen auch, wenn die saarländische Landesregierung nicht gegen dieses Gesetz klagen wird, wenn die GRÜNEN sich in ihrer Koalition hier nicht durchsetzen werden, dann werden sich die GRÜNEN im Saarland von der Speerspitze der Anti-Atom-Bewegung verabschieden. Das ist eine Erkenntnis, die sicherlich viele in diesem Land interessieren wird.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Maas. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Klaus Meiser.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ja ein temperamentvoller Beitrag des Kollegen Maas gegen Ende des Debattentages. Betrachtet man sich das Thema und lässt die Debatte Revue passieren, haben die einzelnen Parteien sehr offen dargelegt, dass querbeet durch die Parteien in den letzten drei Jahrzehnten das Thema Atomkraftwerke und alles, was damit zusammenhängt, ein äußerst schwieriges Thema ist, ein emotionales Thema, das mit Gefahren zu tun hat. Es ist ein Thema, das nach dem Störfall von Tschernobyl eigentlich für alle Parteien geeignet war und zu dem es in den Volksparteien recht unterschiedliche Meinungen gibt. Ich denke, das war ein Beitrag, der hier das Motto „Krise in der Koalition“ auf den Punkt bringen wollte und völlig ausblendet, wie Ihre Partei agiert hätte und agiert hat, wenn es um Fragen geht, über die man sich in Koalitionen einigen muss oder in potenziellen Koalitionen hätte einigen müssen.

Ihr Schattenminister Knauber, der für diese Fragen im Saarland zuständig werden sollte, ist ein ganz wichtiger Mann als Lobbyist bei einem der vier Großen. Schaut man sich an, was er so vertreten hat, was er im Wahlkampf verkündet hat und wieder einkassieren musste, würde ich mit etwas Demut in diese Debatte gehen und einfach einmal feststellen, dass auch die SPD in diesen Fragen bei Rot-Grün in der Großen Koalition viele Kompromisse hat schließen müssen. Ich denke, das ist etwas völlig Normales.

(Beifall bei den Regierungskoalitionen.)

Lieber Kollege Maas, wenn ich dann den Vergleich zur Energiepolitik und hier zum Thema Kohle ziehe und mich an die Zeit erinnere, als Sie noch die Hoffnung hatten, Ministerpräsident dieses Landes zu werden und Sie über Rot-Rot-Grün verhandelt haben, wo es hieß, dass es für SPD und LINKE kein Problem gebe, bei dieser Frage mit den GRÜNEN eine gemeinsame Position zu finden - ich glaube, da sind Sie Lichtjahre voneinander entfernt -, dann sind das Dinge, die man eigentlich nur noch als Glosse rüberbringen kann. Herr Linsler hat damals gesagt, die Verträge müsse man erst einmal lesen, wahrscheinlich seien die Verträge so gestaltet, dass es kein Problem sei, sich mit den GRÜNEN zu einigen. Wer auf diese Art und Weise Energiedebatten geführt hat und wer so viel Flexibilität gezeigt hätte, um eine Regierung zu bilden - Rot-Rot-Grün ist ja Gott sei Dank nicht zustande gekommen -, der möge doch heute die Debatte nicht in der Weise führen, wie Sie das tun, mit absolutem Anspruch vom Po

(Abg. Maas (SPD) )

dest herunter nach dem Motto: Wir haben eine klare und absolute Position, und die anderen ergehen sich in Beliebigkeit. Halten wir doch eines gemeinsam fest: In der Energiepolitik sind in den vergangenen Jahrzehnten zwischen allen Parteien viele Kompromisse geschlossen worden. Und halten wir fest: Wir haben eine ehrliche Position; Günter Heinrich hat sie beschrieben. Ehrliche Position bedeutet -

(Abg. Maas (SPD) : Wie ist denn die? - Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD). - Unruhe.)

Herr Commerçon, vielleicht hören Sie es sich einmal an und dann können Sie es beurteilen. Wir sind ja hier nicht im Kindergarten, sondern im Landesparlament.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Weitere Zurufe von der SPD.)

Wir haben eine ehrliche Position, wobei Günter Heinrich für die CDU-Fraktion klargestellt hat, dass quer durch die Parteien im Lande und im Bund die Auffassungen zum Thema Atomenergie unterschiedlich sind. Das könnte ich Ihnen mit Zitaten von Gerhard Schröder bis zu Herrn Knauber auch in Bezug auf Ihre Partei darlegen. Er hat zweitens gesagt, dass wir uns dennoch - wie es in einer Koalition eben notwendig ist - in dieser Frage im Koalitionsvertrag geeinigt haben, dass es beim Atomausstieg bleiben soll. Was daran ehrenrührig sein soll, wo hier angeblich unklare Positionen sind, kann ich nicht erkennen.

(Abg. Maas (SPD) : Das hat auch keiner gesagt.)

Deshalb sind auch die Sprüche in Richtung Ministerpräsident dieses Landes absolut überflüssig. Auch Peter Müller hat in diesen Fragen immer eine klare Position bezogen.

(Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Maas (SPD) : Wie bei der Wehrpflicht.)