Protokoll der Sitzung vom 26.10.2010

Land betreffen. Die landespolitischen Auswirkungen und Implikationen haben zum Teil aber auch bundespolitische Hintergründe. Ich will in diesem Zusammenhang wenigstens zwei kurze Bemerkungen zu Themen machen, die in den letzten Tagen die Bundespolitik beschäftigt haben. Wir haben Veränderungen im Bereich der ökosteuerlichen Regelungen auf Drängen der Koalition, der Landesregierung und der sie tragenden Parteien. Es sind Veränderungen im Interesse energieintensiver Unternehmen. Diese Veränderungen verfolgen den Anspruch der Nachhaltigkeit und berücksichtigen gleichwohl, dass der Umwelt keinen Gefallen getan wird, wenn Produktion, die hier umweltverträglich erfolgt, in Länder verlagert wird, in denen das nicht der Fall ist.

Deshalb braucht beispielsweise unsere Stahlindustrie Rahmenbedingungen, die die Wettbewerbsfähigkeit nicht infrage stellen. Was jetzt an Veränderungen vorgenommen worden ist, ist auch und gerade im Interesse der Arbeitsplätze in der saarländischen Stahlindustrie. Deshalb begrüßen wir diese Regelung. Das ist gut für Menschen, die in diesem Bereich in unserem Land Arbeit haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zweite Bemerkung. Zum Thema Steinkohle. Auch da ist es gut, dass die Bundesregierung sich klar darauf verständigt hat, wir wollen am Steinkohlefinanzierungsgesetz und am Ausstiegsszenario im Steinkohlefinanzierungsgesetz festhalten und wollen dies in der Form auch in Brüssel vertreten. Das ermöglicht sozialverträgliche Lösungen. So klar wir etwa im Widerspruch zur Linkspartei in diesem Lande immer gesagt haben, wir sind für den sozialverträglichen Ausstieg, genauso klar sagen wir auch: „Pacta sunt servanda“. Das darf nicht infrage gestellt werden, das ist jetzt auf Bundesebene geeinigt. Das ist die Grundlage des Handelns der Bundesrepublik Deutschland. Damit ist die Kuh nicht vom Eis.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Richtig!)

Das muss jetzt in Brüssel durchgesetzt werden. Wir haben dort nicht nur Leute, die diese Position vertreten, sondern es gibt auch andere Bestrebungen. Ich sage von dieser Stelle aus, alles, was in unserer Macht steht, werden wir tun, damit es bei diesen Verabredungen bleibt. Wir wollen sozialverträgliche Regelungen. Wir wollen keine betriebsbedingten Kündigungen. Wir wollen aber auch keine Politik mit Illusionen, wir wollen Leuten nicht Dinge versprechen, die wir nicht halten können. Das ist unsere Linie, verantwortlich gegenüber den Bergleuten und den Bergbaubetroffenen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Das war keine Leistung von Ihnen, das war Glück. - Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Genau auf dieser Grundlage gestalten wir die Politik im jetzt vorliegenden Landeshaushalt. Wenn ich mir anschaue, was an Kritik heute mit Blick auf den Landeshaushalt geäußert worden ist, dann muss ich feststellen, das war alles wenig substanziell. Deshalb, lieber Kollege Maas, sage ich Ihnen ganz offen, es ist ja in Ordnung, wenn Sie meckern, wenn Sie nörgeln, und es ist in Ordnung, wenn Sie Sprüche machen.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wie Sie jetzt auch.)

Machen Sie das! Das stört nicht weiter. Wir machen das nicht, sondern wir definieren verantwortliche Politik für die Menschen in unserem Lande. Das ist unsere Maxime und nicht die Frage, wer den besten Gag landet.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Natürlich ist dieser Haushalt ein Haushalt, der durch die Schuldenbremse geprägt ist. An der einen oder anderen Stelle ist in der Debatte zu Recht darauf hingewiesen worden, dass unabhängig von der Frage, wie das Saarland und die saarländische Landesregierung sich positioniert hätten, die Schuldenbremse in jedem Fall beschlossen worden wäre. Es hätte dann keine oder weniger Konsolidierungshilfen gegeben.

Ich will von meiner Seite aber auch sagen, ich halte nach wie vor eine politische Konzeption, die sagt, wir können nicht so weitermachen wie in der Vergangenheit, dass wir Jahr für Jahr neue Schulden anhäufen, und zwar völlig unabhängig davon, wie gut die Konjunktur ist, wie gut das Wachstum ist, eine Politik, die sagt, wir müssen diesen Marsch in den Schuldenstaat im Interesse nachfolgender Generationen stoppen und deshalb den Anstieg der Schulden bremsen - das ist Schuldenbremse -, unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit für richtig. Alles andere wäre gegenüber nachfolgenden Generationen verantwortungslos, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Da helfen, Kollege Bierbaum, auch Unterscheidungen zwischen guten und schlechten Schulden nichts. Denn sie haben eines gemeinsam, sie müssen irgendwann zurückgezahlt werden, und zwar nicht von uns, sondern von denjenigen, die nach uns kommen. Da helfen auch Hinweise nicht, dass die Kommunen, Herr Kollege Bierbaum, davon besonders betroffen sind.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Wodurch?)

Nur informationshalber, für die Kommunen gilt die Schuldenbremse gar nicht. Die sind davon überhaupt nicht betroffen. Da hilft auch, Kollege Maas, der Hinweis auf Schleswig-Holstein nichts, denn

(Ministerpräsident Müller)

Schleswig-Holstein sagt zwar, wir sind nicht der Auffassung, dass die Schuldenbremse im Grundgesetz stehen soll. Gleichzeitig hat Schleswig-Holstein gesagt, wir schreiben sie in die Landesverfassung das ist der richtige Ort -, und sich damit zur Schuldenbremse bekannt. Mit Hinweis auf Schleswig-Holstein hier gegen die Schuldenbremse zu argumentieren, kann man nur, wenn man sich mit der Sache wirklich nicht vertraut gemacht hat.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wahr und richtig ist, dass Annahmen, die bei den Vereinbarungen zu den Konsolidierungshilfen gemacht worden sind, sich ein Stück weit überholt haben. Erste Annahme, ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 3 Prozent. Das war die Erfahrung der vergangenen Dekaden, keine aus der Luft gegriffene Zahl. Aber dass es eine Wirtschafts- und Finanzkrise in dieser Dimension geben würde, war zu dem Zeitpunkt nicht absehbar. Die Ausläufer der Krise deuteten sich an, die Dimension war nicht erkennbar. Zweitens. Wir haben auf dieser Grundlage Steuermindereinnahmen. Der Kollege Schmitt hat es gesagt. Wir reden von über 500 Millionen, die das im Jahr kostet. Drittens, wir haben zusätzliche Mindereinnahmen durch politische Entscheidungen - Bürgerentlastungsgesetz der Großen Koalition, Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarz-gelben Koalition gegen die Stimmen der saarländischen Landesregierung -, die uns die Einnahmeseite verändern. Und wir haben sinnvolle Vereinbarungen, zusätzliche Investitionen im Betreuungs- und Bildungsbereich zu tätigen, die aber auch haushaltswirksam sind.

Deshalb ist es und bleibt es richtig festzuhalten, die Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung der Konjunkturhilfen hat sich verändert. Dadurch wird die Schuldenbremse nicht falsch, aber die Frage, wie der Weg zu ihrer Einhaltung ist, wird dadurch beeinflusst. Darauf weisen wir hin, das diskutieren wir. Das kann in der Sache gar nicht anders sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vor diesem Hintergrund brauchen wir zwei Dinge. Wir brauchen eine vernünftige Entwicklung der Einnahmeseite. Da ist die eine Frage, was die Konjunktur uns bringen wird, und die andere Frage - der Diskussion verstellen wir uns gar nicht -, was strukturell an Mehreinnahmen im Haushalt generiert werden kann.

Nur, Kollege Bierbaum, weil Sie wieder die Vermögenssteuer zitiert haben, sage ich Ihnen, wenn Sie dort strukturell Mehreinnahmen in der von Ihnen immer wieder behaupteten Größenordnung von 200 Millionen Euro generieren wollen, geht das nur, wenn Sie in die Vermögenssteuer kleine Vermögen

einbeziehen und an „der Oma ihr klein Häuschen“ gehen.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Rechnen Sie einmal vor! - Abg. Huonker (DIE LINKE): Stimmt ja gar nicht!)

Das wollen wir nicht. Deshalb ist die Vermögenssteuer nicht die Lösung der Einnahmeprobleme im saarländischen Landeshaushalt und in den sonstigen Haushalten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn mit Blick auf die Ausgabenseite eingefordert worden ist, dass striktes Sparen natürlich bei denjenigen anfangen muss, die die politische Verantwortung tragen, dann ist das richtig. Ich will aber darauf hinweisen, Kollege Maas, im Unterschied zu der Zeit, als Sie Regierungsverantwortung im Saarland getragen haben, ist es mittlerweile so, dass Mitglieder der Landesregierung, die gleichzeitig Abgeordnete sind, keine zusätzlichen Diäten mehr bekommen. Im Unterschied zu der Zeit, als Sie Regierungsverantwortung im Saarland getragen haben, ist es mittlerweile so, dass die Minister und der Ministerpräsident keinerlei Weihnachtsgeld mehr bekommen und es auch schon nicht mehr bekommen haben, als bei den Beamten noch überhaupt keine Einschnitte vorgenommen worden sind.

Es ist richtig, man muss bei sich selber anfangen. Genau das haben wir gemacht. Da halten wir jedem Vergleich stand. Wenn wir jetzt eine Koalitionsregierung mit drei Partnern haben, die immer noch kleiner ist als das eine oder andere Kabinett Lafontaine zu Zeiten seiner Alleinregierung, dann zeigt auch dieses, dass hier vernünftig, bescheiden und überschaubar gehandelt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

In einem Punkt, Kollege Bierbaum, haben Sie ja recht. Sie sagen, alle Sparnotwendigkeiten dürfen nicht dazu führen, dass notwendige Investitionen in die Zukunft unterbleiben. Genau daran orientiert sich dieser Landeshaushalt. Dort, wo es notwendig ist, in Zukunft zu investieren, wird nicht gespart, sondern dort wird draufgelegt, zum Teil ganz erheblich draufgelegt. Wenn wir trotz einer Rückführung des Haushaltsvolumens um 1,6 Prozent im Bereich der Investitionsquote über 10 Prozent liegen, wenn wir im Baubereich umfängliche Investitionen, etwa an der Universität oder am Klinikum in Homburg, weiterführen, dann zeigt dies, dass wir trotz aller Sparnotwendigkeit das tun werden, was notwendig ist, damit dieses Land eine selbstbewusste Zukunft eigenständig gestalten kann. Das ist unser Ziel und dem werden wir auch unter den Bedingungen der Schuldenbremse Rechnung tragen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

(Ministerpräsident Müller)

Das gilt dann auch für einen Bereich, der sicherlich für die Zukunft des Landes von entscheidender Bedeutung sein wird, nämlich für den Hochschulbereich. Ich empfehle einmal sich anzuschauen, was in anderen Bundesländern geschieht, die zum Teil Geberländer im Länderfinanzausgleich sind. Da werden die Haushaltsansätze im zweistelligen Millionenbereich zurückgefahren. Wenn das Saarland in dieser Situation nicht nur eine Vollkompensation für die Hochschulen mit Blick auf die Studiengebühren umsetzt, sondern wenn wir darüber hinaus eine Zielund Leistungsvereinbarung mit den Hochschulen geschlossen haben, die zu zweistelligen Millionenbeträgen in der Besserstellung führt, die dazu führt, dass alleine der Universität mehr als 10 Millionen Euro zusätzlich, zum Teil leistungsabhängig, zur Verfügung stehen, dann ist das ein Kraftakt im Interesse der Zukunft dieses Landes. Das hat diese Landesregierung geleistet und dazu stehen wir auch.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Nichts anderes gilt für den Bereich der Bildung. Da ist ja vieles, was hier gesagt wird, in einer Diktion, die am Ende ausgesprochen hohl klingt. Auch da sollte man sich einfach an den Fakten orientieren. Wenn wir auf der einen Seite sehen, dass vor 1999 in Zeiten sozialdemokratischer Regierungsverantwortung, in Zeiten des Ministerpräsidenten Lafontaine bei steigenden Schülerzahlen -

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Dass Sie das immer noch so beschäftigt.)

Weil es ein Verbrechen an der Zukunft dieses Landes war, was Sie da gemacht haben. Deshalb beschäftigt mich das, Herr Kollege Lafontaine.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Lachen bei der LINKEN.)

Es freut mich, dass Sie wieder grinsen. Dann wissen wir ja, woran wir sind. Sie haben bei steigenden Schülerzahlen über 1.000 Lehrerstellen -

(Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD).)

Liebe Frau Kollegin Ries, wenn mit Ihrer Stimme mehr als 1.000 Lehrerstellen abgebaut worden sind und wenn mittlerweile die Schülerzahlen um mehr als 12 Prozent zurückgegangen sind und dennoch die Zahl der Lehrerstellen um fast 300 angestiegen ist, dann sehen Sie, wer in diesem Lande für Kahlschlag steht und wer in diesem Lande für Zukunft steht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Linsler (DIE LINKE) : 7 Milliarden Teilentschuldung!)

Auf diesem Weg, Kollege Linsler, gehen wir konsequent weiter. Wir erhöhen die Mittel im Bereich der Betreuung. Wir schaffen Angebote im gebundenen Ganztagsbereich. Wir erweitern die Angebote im Be

reich der Freiwilligen Ganztagsschule. Wir setzen die Idee der Wahlfreiheit um. Die Eltern sollen auch unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entscheiden können, welches Betreuungsmodell sie annehmen möchten. Wenn Sie ergänzend dazu sehen, dass die Wiederbesetzungssperre für den Bereich der Lehrer nicht gilt, wenn Sie ergänzend dazu sehen, dass die demografische Rendite bei uns - auch im Unterschied zu anderen, finanzstarken Ländern - im System verbleibt, dann sage ich, Bildung hat Priorität in der Arbeit dieser Landesregierung. Das dokumentiert auch dieser Landeshaushalt genauso wie der Vorgänger-Landeshaushalt. An diesem Punkt arbeiten wir weiter, weil das Wichtigste, was dieses Land hat, seine Kinder sind und wir deshalb für gute Bildungschancen sorgen werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Eine Randbemerkung will ich machen, Herr Kollege Commerçon, mit Blick auf einen Punkt, den Sie gestern angesprochen haben. Sie haben gestern gesagt, die UN-Konvention zur Inklusion beinhalte den Anspruch jedes Kindes auf einen Platz in einer Regelschule. Das heißt ja, die Förderschulen müssen abgeschafft werden. Ich will Ihnen meine ganz persönliche Meinung sagen. Bei der Frage, wie wir diese Bereiche strukturieren, muss am Ende das Wohl des Kindes und die Möglichkeit, ein Kind zu fördern, entscheidend sein. Da nutzt Ideologie überhaupt nichts.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es gibt sicherlich Fälle, in denen die Förderung in einer Förderschule mit Blick auf das Kindeswohl gegenüber der Integration in eine Regelschule auch und gerade mit Rücksicht auf das Kind die richtige Entscheidung ist. Das ist jedenfalls meine Überzeugung.