Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

Seriöse Regierungsarbeit ist da schon schwieriger. Die Jamaika-Regierung nimmt Einschnitte vor, aber nur dort, wo sie ohne Qualitätsverlust zu verkraften sind. Und trotz der äußerst schwierigen Haushaltssituation im Jahr 1 der Schuldenbremse setzt die Landesregierung bei der Bildung eine Priorität.

Lassen Sie sich zum Schluss eines gesagt sein: Es gab noch keine Regierung, die so viel in Bildung investiert hat, und darauf können wir zu Recht stolz sein! - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat die Abgeordnete Claudia Willger-Lambert.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vonseiten der Opposition ist es zur gewohnten Rhetorik geworden, dass uns im Bereich Bildung Kahlschlag und Chaos vorgeworfen werden, obwohl wir an den verschiedensten Punkten deutlich machen, dass das nicht der Fall ist. Die Kollegin Rink hat sich heute Morgen auch noch einmal in beeindruckender Weise bemüht, indem sie hier Zahlen und Fakten genannt hat. Auch durch die anderen Debatten zieht es sich hindurch. Trotzdem wird der Vorwurf gebetsmühlenartig wiederholt.

(Zuruf der Abgeordneten Rehlinger (SPD).)

Ich denke, dass Sie an bestimmten Punkten absolut unverantwortlich handeln, weil Bildung die entscheidende Lebensgrundlage von Kindern darstellt und deshalb ein zentrales Thema ist. Daher gilt das, was gestern noch einmal deutlich gemacht worden ist: Es wäre wünschenswert, einen gewissen Schulfrieden herzustellen, der einen hohen gesellschaftlichen Wert für alle darstellt, egal welche Verantwortung man hier im Lande gerade trägt.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Auch wenn beim Thema Gebührenfreiheit - das ist ja ausführlichst diskutiert worden - immer wieder in pauschaler Form gesagt wird, die Gebührenfreiheit wird abgeschafft, dann stimmt das nicht. Teilweise finden Veränderungen statt, teilweise müssen Eltern etwas tragen, aber die Gebührenfreiheit wird nicht abgeschafft.

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Es ist auch nicht so - das wird auch immer wieder falsch dargestellt -, dass die Ganztagsschulen nicht mehr beitragsfrei sein sollen. Auch das ist einfach so in den Raum gestellt worden.

Was die demografische Rendite betrifft, so will ich versuchen, es noch einmal ganz einfach zu erklären.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Wenn die Schülerzahlen zurückgehen und die Lehrerzahlen steigen, dann ist, so meine ich, die demografische Rendite im System geblieben. Ich hoffe, Sie verstehen wenigstens diese einfache Formel. Das ist meine letzte Hoffnung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich glaube, man muss sich auch irgendwann entscheiden, wem man hier das Wort redet und für wen man sich einsetzt. Das betrifft auch das Thema längeres gemeinsames Lernen. Wenn ich das nehme, was sich in Hamburg abgespielt hat, dann gehe ich einmal davon aus, dass sich dort Bildungseliten durchgesetzt haben. Sie haben sich in dieser Dis

(Abg. Schmitt (FDP) )

kussion teilweise mit diesen Bildungseliten zusammengeschlossen.

(Weitere Zurufe des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Das sind nicht diejenigen, die vor allem unsere Solidarität brauchen. Es sind nicht diejenigen, die unsere Unterstützung brauchen, wenn wir über Bildung sprechen und das zentrale Problem, das wir in unserem Bildungssystem haben, nämlich das Problem der Chancengleichheit. Wir müssen insbesondere etwas für diejenigen tun, die sich nicht zu Wort melden. Wir müssen etwas tun für diejenigen, deren Eltern sich nicht in der Schule blicken lassen, deren Eltern eben nicht zum Elternabend kommen.

Frau Kollegin Willger-Lambert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Commerçon?

Bitte, Herr Kollege.

Abg. Commerçon (SPD) mit einer Zwischenfrage: Liebe Kollegin Willger-Lambert, Sie haben selbst Hamburg angesprochen. Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass in Hamburg, anders als bei den Vorschlägen hier im Saarland, auf Druck der SPD allerdings, das stimmt, ein rechtsverbindlicher Klassenteiler festgelegt worden ist? In Hamburg ist beispielsweise festgelegt worden, dass die Stadtteilschulen - anders als das hier der Fall ist - an jedem Standort eine eigene Oberstufe bekommen. Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass die Stadtteilschule die Normalschule ist, zu der man vom ersten bis zum dreizehnten Schuljahr gehen wird und dass uns alle diese Qualitätsverbesserungen, die wir bis heute einfordern, leider seitens der saarländischen Landesregierung und der Koalitionsfraktionen eben nicht zugestanden werden? Und genau das sind die Punkte, für die wir streiten, nämlich kleinere Klassen, eine wohnortnahe Ganztagsschule und die Qualitätsverbesserungen, die damit verbunden sind.

Ich bin bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass in Hamburg vieles anders ist als im Saarland und auch vieles anders geplant war.

(Unruhe und Zurufe von den Oppositionsfraktio- nen.)

Sie müssen mir zumindest zugestehen, dass ich auf Ihre Frage antworte, und ich bitte Sie, einfach zuzuhören. Ich bin bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass es bestimmte Unterschiede gibt. Aber trotzdem ging es mir um die Diskussion, die es in Hamburg gab, und um die Stimmung, die es bezogen auf den

Volksentscheid gegeben hat. Es geht auch darum, wie Sie das längere gemeinsame Lernen begleitet haben, was das fünfte Grundschuljahr betrifft. Wenn man sagt, Solidarität sieht anders aus oder sozial sieht anders aus, dann muss man sich seiner sozialen Verantwortung doch insgesamt stellen. Und das wird die entscheidende Frage sein. Es hilft uns nicht weiter, wenn Sie zu den Qualitätsverbesserungen, die wir tatsächlich haben, einfach sagen, wir hätten sie nicht. Das versuche ich Ihnen hier noch einmal deutlich zu machen. Wenn es um die Gemeinschaftsschule geht, dann ist das auch eine soziale Herausforderung. Dann geht es auch darum, länger gemeinsam zur Schule zu gehen. Es geht um mehr Durchlässigkeit, es geht um mehr Wahlfreiheit und es geht um mehr Chancengleichheit. Von daher sind Sie hier gefordert. Es geht hier nicht um Spielchen. Und deswegen möchte ich diese Fragen mit Ihnen ganz ernsthaft inhaltlich diskutieren. Ich hoffe, dass wir irgendwann zu einem Punkt kommen, an dem wir diese Dinge am Thema orientiert ganz konkret miteinander diskutieren.

(Abg. Commerçon (SPD) : Sie sollten sich vielleicht einmal unabhängig berichten lassen.)

Herr Commerçon, ich darf Sie bitten, dass wir auch im Plenum am Thema orientiert diskutieren und Sie mir nicht vorwerfen, dass ich vielleicht nicht in diesem kleineren Kreis bin, wo nur bestimmte Leute und wahrscheinlich auch Sie - diese Dinge auskaspern und wo Sie bestimmte Probleme, die das ganze Land betreffen, in Ihren Telefonkonferenzen lösen. Was soll das eigentlich? Ich möchte mit Ihnen hier am Thema orientiert sprechen.

(Abg. Commerçon (SPD) : Wir kaspern nichts aus. - Weitere Zurufe.)

Es geht darum, wie wir in verschiedenen Teilbereichen unsere Forderungen und Vorstellungen durchsetzen und umsetzen, die zu mehr Qualität in der Bildung führen können. Aber offensichtlich sind Sie weiterhin nicht zum Zuhören bereit. Das ist sehr bedauerlich. Ich kann zusammenfassend feststellen, dass wir in diesem Bildungshaushalt sehr deutlich machen, dass Bildungspolitik für uns ein Schwerpunkt ist. Ich denke, die Zahlen sprechen für sich, auch wenn Herr Commerçon weiterhin nicht bereit ist zuzuhören.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat der Bildungsminister Klaus Kessler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über den Bildungshaushalt diskutieren und ihn verabschieden - und ich bin sicher, dass wir ihn, so wie er vorliegt, verabschieden

(Abg. Willger-Lambert (B 90/GRÜNE) )

werden -, dann ist das ein guter Tag für das Saarland und ein guter Tag für die Bildung im Saarland.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Thema Bildung - und das passt sehr gut in die aktuelle Debatte - wird auch bundesweit diskutiert. Und wenn wir wahrnehmen, dass die aktuellen PISA-Ergebnisse, die gestern der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, für Deutschland insgesamt gut ausfallen, also besser ausfallen als die letzten PISA-Ergebnisse, dann ist das unter dem Strich auch ein guter Tag für Deutschland, wenn es um die Bildungsfrage geht. Das betrifft alle Bundesländer. Insofern war ich froh, dass die Bildungsminister und die Ministerpräsidenten aller Bundesländer, die die Ergebnisse zur Kenntnis genommen haben, das ist in Berlin so wie in Rheinland-Pfalz, in Bayern, in Hessen und in der gesamten Republik, tendenziell das gute Abschneiden Deutschlands begrüßt haben. Ich musste aber zur Kenntnis nehmen, dass beide Oppositionsfraktionen in diesem Landtag die Ergebnisse nicht begrüßt haben. Insofern stelle ich fest, dass die Oppositionsparteien in diesem Landtag es nicht gut finden, dass sich Deutschland in der Bildung verbessert hat. Und das bedauere ich außerordentlich.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Bezug nehmend auf die PISA-Ergebnisse können wir feststellen - das sind doch die Fakten und ich bitte Sie, orientieren Sie sich doch in der gesamten Bildungsdebatte, ob sie bundesweit geführt wird oder ob sie im Land geführt wird, an den Daten, Zahlen und Fakten -, dass sich Deutschland von 34 OECDLändern von Platz 21 auf Platz 16 hochgearbeitet hat. Es ist doch gut so, dass wir jetzt endlich deutschlandweit sozusagen in der Bundesliga spielen. Und unser Ziel muss es sein, dass wir in die Champions League kommen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deutschlandweit - und das betrifft im föderalen System natürlich auch alle Bundesländer - haben wir uns in einem Bereich verbessert, den wir immer gemeinsam kritisiert haben. Das war die hohe Abhängigkeit, die in Deutschland zwischen Bildungschancen und sozialer Herkunft besteht. Auch da sind wir ein Stück weit besser geworden. In der PISA-Studie ist festgestellt worden, dass weit mehr Schülerinnen und Schüler als bisher höhere Schulabschlüsse erreichen und auch aufs Gymnasium kommen. Auch darauf sollten wir stolz sein.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das ist einerseits eine Qualitätsfrage und andererseits ist es eine Frage des Lehrens und Lernens, der Lehr- und Lernkultur. Aber es ist auch eine Strukturfrage. Insofern habe ich mit großer Genugtuung in der Pressemitteilung der SPD, als Reaktion auf die PISA-Studie, gelesen, dass die starke Zergliederung

des Schulsystems den Kindern die Zukunft verbaut. Ich habe mich aber heute in der Debatte und auch gestern darüber gewundert, Herr Commerçon, dass Sie einerseits die Strukturfrage in der Presse thematisieren, andererseits aber in dieser Debatte und auch bei den Verhandlungen um unsere Schulreformprojekte sagen, die Schulstruktur spielt eigentlich keine so große Rolle.

(Abg. Commerçon (SPD) : Nein, das habe ich nicht gesagt.)

Sie müssen sich einmal entscheiden, Herr Commerçon, welchen Weg Sie einschlagen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zur Kritik an der Migrantenförderung. Dazu möchte ich in aller Deutlichkeit sagen, dass wir bereits 2006, als es einen Bundesländervergleich zur Benachteiligung der Migranten gab, am besten abgeschnitten haben. Das Saarland liegt also, wenngleich eine Benachteiligung der Migranten vorliegt, dabei besser als alle anderen Bundesländer.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dass wir besser geworden sind, das hat natürlich Ursachen. Ich will, die PISA-Ergebnisse vor Augen, nun auf unsere aktuelle Haushaltsdiskussion überleiten und einmal einige Maßnahmen aufzählen, die dazu geführt haben, dass wir besser geworden sind. Diese Maßnahmen sind, und zu dieser Aussage stehe ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, richtigerweise auch von der Vorgängerregierung eingeleitet worden.