Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

(Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD).)

Dazu sage ich in aller Deutlichkeit: Das ist immer noch besser als Unterrichtsausfall oder als völlig unqualifizierte Hausfrauen oder sonstwen in die Schule zu schicken, wie das andere Bundesländer machen, zum Teil auch mit Ihrer Regierungsbeteiligung!

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Oh-Rufe und Lachen bei den Oppositionsfraktionen. - Abg. Huonker (DIE LINKE) : Wie peinlich!)

Ja, andere Bundesländer haben das zum Teil getan. Das dürfte Ihnen bekannt sein.

(Anhaltende Zurufe von den Oppositionsfraktio- nen.)

Ich habe es für die Grundschulen nachgeprüft. In den Grundschulen gibt es aktuell 127 befristete Einstellungen im Vertretungsbereich. Ganze vier Lehrkräfte mit erstem Staatsexamen sind dort tätig. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der befristeten Einstellungen entspricht das einer Quote von 3 Prozent. Das sind die Fakten. Lassen Sie bitte die Pauschalurtei

le, die nur dazu führen, Verängstigung und Verunsicherung in diesem Land hervorzurufen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Bezogen auf die Situation an den beruflichen Schulen, die immer angeführt wird, räumen wir ein, dass es dort einen strukturellen Unterrichtsausfall gibt. Den gibt es im Übrigen an den allgemeinbildenden Schulen nicht. Im berufsbildenden Bereich bauen wir diesen strukturellen Unterrichtsausfall durch einen Stellenplan ab, mit dem von 2009 bis 2012 70 zusätzliche Planstellen eingerichtet werden. Der Ausfall ist von ehemals 1.800 Stunden auf jetzt noch 1.500 Stunden zurückgegangen. Das ist die Situation. Dazu erhöhen wir die Zahl der Anwärter, der Referendare in den Studienseminaren. Dort hatten wir seit 2005 bis zum Jahr 2010 einen Zuwachs von 73 auf heute 130 Referendarstellen. Das ist der richtige Weg!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich wundere mich - aber das wird vielleicht noch kommen, Frau Ries -, dass die Inklusion noch nicht angesprochen worden ist.

(Abg. Ries (SPD) : Doch! - Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich freue mich auf die Diskussion. An der Stelle wird sicherlich gesagt: Wir gehen zu langsam und zu inkonsequent vor. Insgesamt sei die Anzahl der Kinder, die in unseren Regelschulen integriert werden, rückläufig oder stagnierend. Das ist natürlich falsch.

(Sprechen und Lachen bei den Oppositionsfrak- tionen.)

Dazu ist zu sagen, dass die Integrationsquote an saarländischen Regelschulen steigend ist. Im Schuljahr 2009/2010 hatten wir eine Integrationsquote von 34,47 Prozent. In diesem Schuljahr erreichen wir mit einer Quote von 37,35 Prozent eine Spitzenposition im Bundesländervergleich. Darauf sind wir stolz, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Noch stolzer bin ich darauf, dass uns die Bertelsmann-Stiftung dies bestätigt hat. Sie hat eine Studie zur gemeinsamen Unterrichtung von Behinderten und Nichtbehinderten in Regelschulen vorgestellt. Dafür ist Professor Dr. Klaus Klemm verantwortlich, der wohl nicht im Verdacht steht, der CDU anzugehören.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Nee, der gehört der SPD an.)

Er sagt in aller Deutlichkeit: 87 Prozent der Kinder mit Förderbedarf lernen und spielen im Saarland gemeinsam in den Kindertageseinrichtungen. Der Bundesdurchschnitt beträgt nur 61,5 Prozent. In der Grundschule beträgt der Anteil der gemeinsam un

(Minister Kessler)

terrichteten Kinder immer noch 65 Prozent. Der Bundesanteil liegt lediglich bei 34 Prozent. Das heißt, das Saarland ist an dieser Stelle auf einem guten Weg, und den werden wir weitergehen, allerdings ohne die Förderschulen zu vernachlässigen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich komme noch zu dem Thema Ganztagsschulen. Auch hier setzen wir den Koalitionsvertrag 1 : 1 um. Wir haben gesagt, wir werden das System der Freiwilligen Ganztagsschulen weiter ausbauen, wir werden das System der Ganztagsklassen weiter ausbauen und wir werden zusätzliche gebundene Ganztagsschulen in diesem Lande einrichten. Zum Ausbau der Ganztagsschulen - schauen Sie bitte in den Haushaltsplan - nimmt das Land 22 Millionen Euro in die Hand. Das ist richtig gut angelegtes Geld.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir haben alleine im Bereich der FGTS einen Zuwachs von 11.000 Plätzen im vergangenen Jahr auf 16.000 Plätze in diesem Jahr, die wir zusätzlich zur Verfügung stellen. Wir werden nach einem Eckpunktepapier - das war doch auch immer Ihr Wunsch das System der gebundenen Ganztagsschulen weiter ausbauen, allerdings nicht, wie Sie sagen, flächendeckend und zwangsweise, sondern wohnortnah, Herr Commerçon.

(Abg. Commerçon (SPD) : Wohnortnah, wo steht das denn?)

Wohnortnah, wie die Schulträger, die für den Bau der Gebäude und die Sachausstattung verantwortlich sind, das beantragen werden. Die Anträge der Schulträger basieren auf Beschlüssen der Gesamtkonferenz, weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir Ganztagsschulen nur dann machen können, wenn die Kollegen durch Beschlüsse in der Gesamtkonferenz auch dahinterstehen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Commerçon (SPD) : Wir machen einmal eine öffentliche Veranstaltung, dann können wir darüber reden.)

Eine Sache möchte ich an dieser Stelle auch ankündigen. Wir haben festgestellt, dass die Eltern bei der Nachmittagsbetreuung unterschiedliche Bedürfnisse haben. Einige Eltern wollen die Kinder früh abholen, andere spät. Dem werden wir durch ein neues variantenreiches System im nächsten Schuljahr Rechnung tragen. Dies dürfen Sie bewerten und prüfen, aber eines kündige ich hier schon an. Das ist ja kritisiert worden. Wir werden im nächsten Schuljahr wieder Mittel für Projekte an den Ganztagsschulen anbieten. Das sollte Ihren Applaus doch wert sein.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Schnitzler (DIE LINKE) : Warum haben Sie sie denn gekürzt, wenn das notwendig ist?)

Ich möchte jetzt noch Bezug nehmen auf die Forderung der Linkspartei, dass eine Kindergartenpflicht in diesem Land einzuführen sei. Da sage ich hier in aller Deutlichkeit, dies werden wir nicht tun. Wir werden keine Kindergartenpflicht in diesem Land, auch nicht für das dritte Kindergartenjahr, einführen, weil die Einführung der Kindergartenpflicht gegen Art. 7 Abs. 6 Grundgesetz verstoßen würde. Die Einführung der Kindergartenpflicht hieße, die Schulpflicht in die Vorschule vorzuverlagern. Dies bedarf einer grundgesetzlichen Änderung. Fordern Sie doch bitte in diesem Land nicht etwas, wo man an dieser Stelle eigentlich das Grundgesetz ändern müsste.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zum Schluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich Ihnen bezogen auf die Diskussionen der Schulreform sagen: Nach wie vor bin ich der Auffassung, die Koalitionsfraktionen der JamaikaKoalition und auch ich als zuständiger Minister sind offen für Gespräche mit der SPD und für Gespräche mit der Linkspartei. Wir haben auch Bereitschaft signalisiert, über die Klassengrößen zu reden und auch hier eine gesetzliche Festlegung zu treffen. Aber ich bin der Meinung, diese Verhandlungen und diese Gespräche brauchen wir in diesem Parlament nicht öffentlich zu führen. Das ist auch mein Appell an Sie, Herr Commerçon, weil Sie gestern in der Debatte gesagt haben, wir würden keine Angebote machen. Die werden wir in diesem Parlament so nicht machen.

(Zurufe. - Abg. Commerçon (SPD) : Sie sagen abgekaspert. - Abg. Willger-Lambert (B 90/GRÜ- NE): Das hat sich auf eure Telefonkonferenz bezogen.)

Anhand der Schwerpunktsetzungen dieser Landesregierung im Bereich Bildung ist unschwer nachvollziehbar, wo die Prioritäten im Haushalt liegen. Wir nehmen mehr Geld für die Bildung in die Hand, als dies jemals eine Vorgängerregierung getan hat. Das trotz Schuldenbremse, trotz der schwierigsten Haushaltslage, die wir hier in diesem Lande jemals erlebt haben. Das heißt, auch in Zeiten knapper Kassen investiert diese Landesregierung in den Zukunftsbereich Bildung, weil wir wissen, dass es dazu keine Alternative für die Zukunft unseres Landes gibt. Für eine gute Bildungszukunft unseres Landes, für die auch die Opposition vom Grundsatz her eintritt, biete ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, nach wie vor eine konstruktive Zusammenarbeit an. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Isolde Ries.

(Minister Kessler)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Kessler, Sie haben Ihre Rede damit begonnen, dass Sie gesagt haben, Sie sind ganz sicher, dass der Haushalt so verabschiedet wird, wie er hier vorliegt. Diese Aussage ist unheimlich entlarvend.

(Lachen bei den Regierungsfraktionen. - Zurufe der Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) und Schmitt (CDU).)

Sie zeugt auch von Ihrem Demokratieverständnis. Ich frage mich wirklich, wozu wir hier debattieren, wozu wir hier Argumente bringen, wenn Sie sowieso schon wissen, dass sie nicht gewertet werden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Buh-Rufe aus den Regierungsfraktionen.)

Von einem grünen Bildungsminister im Allgemeinen, Herr Kessler, und von einem Minister, der vorher GEW-Vorsitzender war, im Besonderen hätte man sich zum einen mehr und zum Zweiten positivere Bildungsinhalte vorstellen können. Der Koalitionsvertrag hat Hinweise darauf gegeben. Es wäre nach 10 Jahren CDU-Regierung bitter notwendig gewesen. Man sieht aber, Sie sind nicht unbedingt als Tiger gestartet, wie Ihre Kollegin nebenan, aber als Bettvorleger sind Sie allemal gelandet.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Oh je, das ist so ausgelutscht, nehmen Sie wenigstens einmal neue Sprüche, wenn schon die alten Reden gehalten werden!)

Vielleicht hören Sie einmal zu. Man möchte es eigentlich gar nicht glauben, wenn man die Zielsetzungen von Ihnen sieht und wie schnell die Kapitulation eingetreten ist. Dazwischen liegt nicht nur ein Jahr. Frau Willger-Lambert, ein Chamäleon wechselt seine Farbe nicht so schnell wie Sie Ihre Überzeugung.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Frau Rink hat hier angesprochen, wir wären gegen das Zwei-Säulen-System. Es wurde eben noch einmal deutlich gemacht, dass wir das auch bei bestimmten Bedingungen wollen, bei kleineren Klassen, bei ausreichend Lehrern, bei wohnortnahen Ganztagsschulen, bei dem Ausbau der Lernmittelfreiheit. Wenn Sie das alles gewährleisten, sind wir selbstverständlich dafür, eine Schule für alle zu haben. Aber das müssen Sie erst einmal bringen.

Frau Rink weint hier Krokodilstränen, weil das kostenfreie dritte Kindergartenjahr abgeschafft wird. Vor ein bisschen mehr als einem Jahr ist der Koalitionsvertrag abgeschlossen worden. Dort war noch keine Rede davon. Sie haben die Wählerinnen und Wähler getäuscht. Sie haben damit Reklame gemacht. Sie haben nicht gesagt, wir haben die Schuldenbremse beschlossen, wir werden das abschaffen, sondern

innerhalb von einem Jahr haben Sie Ihre Meinung verändert, als hätten Sie nicht letztes Jahr schon gewusst, dass Sie knappe Kassen vorfinden.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Wer hat das Modell versprochen? - Abg. Scharf (CDU): Die Wirtschaftskrise ist in Gersweiler. - Heiterkeit.)

Nein, das ist sie nicht. - Ich möchte zu zwei Bereichen heute Stellung beziehen. Aber bevor ich dazu komme, noch zu der Zahlentrickserei des Herrn Minister mit seinem Durchschnitt. Ein schönes Beispiel, Herr Minister. Wir beide kaufen uns ein Hähnchen.