Protokoll der Sitzung vom 17.02.2011

Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Josef Jochem das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gesetzesvorlage des Gesetzes zur Regelung der Zuständigkeiten im Schornsteinfegerwesen, Drucksache 14/314, wurde vom Plenum in seiner 15. Sitzung am 18. November 2010 in Erster Lesung einstimmig angenommen und zur weiteren Beratung an den zuständigen Ausschuss für Umwelt, Energie und Verkehr überwiesen.

Das bisherige Schornsteinfegerrecht wurde aufgrund eines Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission im November 2008 grundlegend reformiert. Hierbei musste die unabdingbare Aufhebung des Schornsteinfegermonopols mit dem zumindest übergangsweise erforderlichen Schutz des bisherigen Schornsteinfegerhandwerks in Einklang gebracht werden.

(Zurufe aus den Regierungsfraktionen: Die haben dir das Mikro abgestellt. - Heiterkeit.)

Es wurde deshalb festgelegt, dass bis zum 31.12.2012 in vielen Punkten das bisherige Schornsteinfegerrecht weiter gilt. Ab dem Jahr 2013 wird es im Bereich des Schornsteinfegerwesens endgültig einen freien Wettbewerb geben. Die neu eingeführten Vollzugsaufgaben werden den Gemeinden als mit fachlichem Wissen sowie Vollstreckungserfahrung ausgestattete Stellen zugewiesen.

Die Regelung des im Rahmen des Konnexitätsprinzips erforderlichen finanziellen Ausgleichs zur Deckung der Kosten der Gemeinde kann in der An

(Präsident Ley)

passung des Allgemeinen Gebührenverzeichnisses Berücksichtigung finden. Dieses ist zurzeit in Vorbereitung. Die Zuständigkeitsverteilung selbst stellt sich im Wesentlichen so dar, wie es auch das Gesetz über Zuständigkeiten im Schornsteinfegerwesen bislang vorsieht. Die Mehrheit der auszuführenden Aufgaben hat sich durch die Reform nicht wesentlich geändert. Als vollziehende Stelle ist, wie bereits bundesgesetzlich vorgesehen, die Handwerkskammer des Saarlandes neu hinzugekommen. Für die Vertretungsanordnung im Falle einer vorübergehenden Verhinderung eines Bezirksschornsteinfegermeisters beziehungsweise später bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeisters ist nunmehr eine alleinige Zuständigkeit des Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr vorgesehen. Soweit zu den wesentlichen Inhalten des Gesetzentwurfs.

Der Gesetzentwurf wurde vom Ausschuss gelesen und es wurde eine Anhörung unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände sowie der berufsständischen Organisationen durchgeführt, die die neuen Regelungen insgesamt begrüßten und für eine rasche Umsetzung des Gesetzes plädierten.

Die SPD-Fraktion hat sich bei der Abstimmung im Ausschuss der Stimme enthalten, jedoch erklärt, dass sie bereit sei, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, sofern bis zur Zweiten Lesung das Allgemeine Gebührenverzeichnis entsprechend angepasst werde. Zwischenzeitlich hat das Ministerium mitgeteilt, dass die Änderungen im Gebührenverzeichnis in der 51. Ministerratssitzung am 08.02.2011 verabschiedet wurden und nun schnellstmöglich veröffentlicht werden sollen. Dort seien auch die neuen Gebühren nach dem Schornsteinfegergesetz festgesetzt.

Ebenfalls enthalten hat sich die Fraktion DIE LINKE. Der Ausschuss für Umwelt, Energie und Verkehr empfiehlt dem Plenum mithin einstimmig die Annahme der Gesetzesvorlage des Gesetzes zur Regelung der Zuständigkeiten im Schornsteinfegerwesen 14/314 in Zweiter und letzter Lesung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 14/314 in Zweiter und letzter Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 14/314 in Zweiter und letzter Lesung einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, angenommen ist.

Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den vom Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung eingebrachten Antrag betreffend: Entscheidung über die Gültigkeit der Landtagswahl vom 30. August 2009 (Drucksa- che 14/404)

Zur Begründung des Antrags erteile ich Frau Abgeordneter Dagmar Heib das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 unserer Landesverfassung ist der Landtag dafür zuständig, eine Landtagswahl zu prüfen und über ihre Gültigkeit zu befinden. Der Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung hat sich in dieser Wahlperiode in einer Vielzahl von Sitzungen mit der Landtagswahl am 30. August 2009 befasst und die heute vom Plenum zu treffende Entscheidung vorbereitet.

Von der Landeswahlleiterin ließ sich der Ausschuss über Organisation, Durchführung und Verlauf der Wahl berichten. Die Wahl selbst sei ohne besondere Vorkommnisse verlaufen. In den zirka 1.200 Wahlbezirken hatten insgesamt 544.220 Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgegeben. Für die Auszählung der Stimmen waren insgesamt 10.000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt. Bereits um 20.15 Uhr konnte die Landeswahlleiterin das vorläufige amtliche Endergebnis bekannt geben.

Das endgültige Wahlergebnis hat der Landeswahlausschuss in seiner Sitzung am 09. September 2009 festgestellt. Die Landeswahlleiterin hat das endgültige Gesamtwahlergebnis und die Verteilung der Sitze im Amtsblatt des Saarlandes vom 10. September 2009 bekannt gegeben.

Bei den gewählten Abgeordneten hat es eine Reihe von personellen Veränderungen gegeben. Der Abgeordnete Jürgen Schreier verzichtete auf sein Mandat. Es folgte der Abgeordnete Thomas Schmitt. Ebenso verzichtete der Abgeordnete Georg Weisweiler auf sein Mandat. Es folgte der Abgeordnete Christian Schmitt. Der Abgeordnete Martin Karren und der Abgeordnete Georg Jungmann verzichteten wegen der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat auf ihr Abgeordnetenmandat. Auf die frei gewordenen Mandate folgten der Abgeordnete Bernd Wegner und der Abgeordnete Edmund Kütten. Die Abgeordnete Gabi Schäfer gab ebenfalls wegen der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat ihr Mandat auf. Ihr folgte der Abgeordnete Hans-Gerhard Jene. Schließlich hat auch die Abgeordnete HoffmannBethscheider die Niederlegung ihres Abgeordnetenmandats zum 31.03.2011 erklärt. Hier läuft das Nachrückverfahren.

(Abg. Jochem (FDP) )

Eine Wahlanfechtung ist durch insgesamt fünf Bürger erhoben worden. Die Anfechtungen bezogen sich teilweise auf einzelne und teilweise auf mehrere Anfechtungsgründe. Die tatsächliche und rechtliche Komplexität einiger Anfechtungsgründe war in parteiübergreifendem Konsens Anlass für ergänzende gesetzliche Regelungen.

Der saarländische Landtag hat zu Beginn der Legislaturperiode ein wesentliches Instrument zur Durchführung derzeitiger und zukünftiger Wahlprüfungsverfahren auf den Weg gebracht. Das Saarländische Wahlprüfungsgesetz füllt eine Lücke bei der gebotenen Untersuchung von Wahlfehlern und schafft die Grundlage für die Ausgestaltung des parlamentarischen Wahlprüfverfahrens und auch des Verfahrens bei nachträglichem Mandatsverlust, wie es - das ist bereits in den Lesungen hier festgestellt worden - in nahezu allen anderen Bundesländern und im Bund der Fall ist. Der Bedarf für ein solches Gesetz ist im Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung von allen Fraktionen befürwortet worden. Es war ein Anliegen des Ausschusses, dieses für die Gültigkeit dieser wie auch kommender Wahlen zum saarländischen Landtag elementare Gesetz im Konsens zu erarbeiten. Dieses ist mit dem Saarländischen Wahlprüfungsgesetz gelungen, welches am 25. August 2010 verabschiedet wurde.

Die Arbeit im Ausschuss hatte auch das letzte Urteil des Verfassungsgerichtshofs zu berücksichtigen. Der saarländische Verfassungsgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 31. Januar 2011 erstmals Anforderungen und Bedingungen, die an das Wahlprüfungsverfahren des Landtags zu stellen sind, konkretisiert. Aus Anlass einer Verfassungsbeschwerde eines die Wahl anfechtenden Bürgers hat der saarländische Verfassungsgerichtshof Anforderungen dargelegt, die für die Dauer der Wahlprüfung maßgeblich sind.

Die Aufnahme der Wahlprüfungstätigkeit hat unmittelbar nach der konstituierenden Sitzung des Landtages zu erfolgen. Die Regierungsbildung ist nicht abzuwarten. Die Verabschiedung des Saarländischen Wahlprüfungsgesetzes hätte nicht abgewartet werden dürfen. Möglicherweise befangene Mitglieder hätten frühzeitig durch unbefangene ersetzt werden können. Der Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit gelte nicht. Bei Anfechtungsgründen im Zusammenhang mit der Aufstellung von Wahlvorschlägen durch die Parteien seien eidesstattliche Versicherungen sowie andere Dokumente verwertbar.

Der Ausschuss hat hieraus die gebotenen Konsequenzen gezogen und hat eine Beschlussempfehlung zu allen fünf Anfechtungen vorgelegt. Die Anfechtungen der Eheleute Johann betrafen eine Auseinandersetzung im Wahllokal darüber, ob eine Stimmabgabe mit Kugelschreiber zulässig ist. Die

Wahlanfechtung des Anfechtungsführers Blaes rügte die Ausgestaltung des Orientierungspfeils auf dem Stimmzettel. Die Anfechtung der Anfechtungsführer Rodewald, Schillo, Kleis, Baltes und Seeberger betraf angebliche Wahlfehler bei der Aufstellung der Kreiswahlvorschläge bei der Partei DIE LINKE im Wahlkreis Neunkirchen. Die Anfechtung Richter schließlich umfasste die auch von den anderen Anfechtungsführern vorgebrachten angeblichen Wahlfehler und verwies zusätzlich auf die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung im Vorfeld der Wahl, die Fünf-Prozent-Sperrklausel, die Reihenfolge der Parteien auf dem Wahlzettel, einen Schreibfehler beim Landeswahlvorschlag Nr. 5 der NPD sowie eine Twittermeldung, die gegen 16.30 Uhr am Wahltag mit ersten Prognosen erschienen ist, als Anfechtungsgrund.

Der Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung hat sich unter Berücksichtigung des saarländischen Wahlprüfungsgesetzes und den neuen Bedingungen und Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes intensiv mit allen Wahlanfechtungen befasst und abschließend in der Ausschusssitzung vom 10. Februar 2011 den Beschluss gefasst, dem Landtag unter Zurückweisung aller Wahlanfechtungen zu empfehlen, die Gültigkeit der Landtagswahl festzustellen. Die Einzelheiten zu den Anfechtungsgründen sowie die für die Entscheidung des Ausschusses tragenden rechtlichen Gründe sind der Drucksache 14/404 des Landtages zu entnehmen, welche Ihnen vorliegt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach Prüfung der Sachlage ist der Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung mit der Mehrheit der Stimmen der Abgeordneten von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN bei Gegenstimmen der Abgeordneten der SPD zu der Auffassung gelangt, dass die Landtagswahl vom 30. August 2009 gemäß der Bekanntmachung der Landeswahlleiterin vom 09. September 2009 rechtmäßig und damit gültig ist. Der Ausschuss bittet daher das Plenum, seinem Antrag Drucksache 14/404 die Zustimmung zu erteilen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU.)

Vielen Dank, Frau Kollegin Heib. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Roland Theis von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion wird Sie heute bitten, der Empfehlung des Ausschusses zu folgen. Ich möchte dies zu den Themen, über die wir im Wahlprüfungsausschuss keine Einigung erzielen konnten,

(Abg. Heib (CDU) )

auch begründen. Lassen Sie mich aber vorab zu dem Verfahren des Wahlprüfungsausschusses das eine oder andere hinzufügen, was teilweise meine Vorrednerin bereits angesprochen hat.

Es gab viele Diskussionen um die Fragen: Wie hat ein Wahlprüfungsverfahren stattzufinden? Wie hätte der Wahlprüfungsausschuss seine Arbeit schneller betreiben können? Brauchte man ein Wahlprüfungsgesetz? Wie zügig wurde dieses Wahlprüfungsgesetz im Gesetzgebungsverfahren beraten? Wie umfangreich darf beziehungsweise muss in einem solchen Verfahren eine Beweisaufnahme durchgeführt werden?

Die Ausschussvorsitzende hat bereits dargestellt, dass sich der Wahlprüfungsausschuss in den vergangenen Monaten dabei insbesondere daran orientiert hat, was die Verfassung des Saarlandes dazu sagt, was andere Länder tun, in denen ähnliche Verfassungstexte Gültigkeit haben. Er hat sich orientiert an der vergleichbaren Rechtslage in anderen Ländern, an der vergleichbaren Praxis in anderen Ländern und an der des Bundesrechts. Daher haben wir ein Verfahren betrieben, gemeinsam mit allen Fraktionen, das zum einen ein Wahlprüfungsgesetz als Rechtsgrundlage eines gerichtsähnlichen Verfahrens für erforderlich gehalten hat, das zum anderen aber auch eine Beweisaufnahme erforderlich gemacht hätte.

Dieser Weg wurde mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 31. Januar 2010 korrigiert. Der Verfassungsgerichtshof hat aus den Aussagen der Verfassung des Saarlandes andere, klare Maßstäbe entwickelt für die Durchführung der Wahlprüfung im Saarland. Dies war in den vergangenen Wochen nach dieser Entscheidung dann Handlungsmaxime und Richtschnur für die Arbeit des Wahlprüfungsausschusses und wird es auch in künftigen Wahlprüfungen sein.

Festzuhalten ist aber, dass alle Verfahrensschritte, die zu der vom Verfassungsgerichtshof gerügten Länge des Verfahrens geführt haben, von allen Fraktionen in diesem Haus zu jedem Zeitpunkt mitgetragen wurden. Ich will das noch mal im Detail darstellen.

Der Verfassungsgerichtshof hat folgende Verzögerungen angemahnt: das Abwarten der Koalitionsbildung und die damit verbundene späte Konstituierung des Wahlprüfungsausschusses, die Notwendigkeit eines Wahlprüfungsgesetzes zur Durchführung einer Beweisaufnahme, die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens, die Tatsache, dass der Ausschuss keine parallelen Vorbereitungshandlungen neben dem Gesetzgebungsverfahren zur Wahlprüfung durchgeführt hat und die Ungeeignetheit der Auswahl der Sachverständigen bezüglich des Orientierungspfeils.

Daher wundere ich mich dann schon, dass die SPD in den vergangenen Wochen hier im Land versucht hat den Eindruck zu erwecken, als ob sie damit nichts zu tun hätte. Das ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, denn alle diese Punkte, alles, was der Verfassungsgerichtshof dieses Landes gerügt hat in der Frage des langen Verfahrens, sind Punkte, die die SPD zu jedem Zeitpunkt mitgetragen hat. Weder Herr Maas, Mitglied dieses Ausschusses, noch Frau Rehlinger haben während der Koalitionsverhandlungen, auch während ihrer Sondierungsgespräche auf einer Wahlprüfung bestanden. Weder Herr Maas noch Frau Rehlinger haben die Notwendigkeit eines Wahlprüfungsgesetzes in Frage gestellt. Weder Herr Maas noch Frau Rehlinger haben zu irgendeinem Zeitpunkt im Verfahren darauf gedrängt, dass parallel zum Gesetzgebungsprozess des Wahlprüfungsgesetzes einzelne Wahlanfechtungen vorzuberaten seien. Weder Herr Maas noch Frau Rehlinger haben dies getan. Im Gegenteil, bei der Auswahl der Sachverständigen zum Orientierungspfeil, die das Verfassungsgericht kritisiert hat, sind wir sogar auf den Vorschlag der SPD eingegangen. Ich finde, das war in den vergangenen Wochen der ziemlich billige Versuch, aus einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes parteipolitischen Honig zu saugen. Das lässt den Respekt vor dem Verfassungsgerichtshof vermissen, und das weise ich an dieser Stelle zurück, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Lassen Sie mich nun ein paar Bemerkungen zu den einzelnen Gegenständen der Wahlanfechtung machen, bei denen wir unterschiedliche Meinungen im Wahlprüfungsausschuss hatten. Zunächst zum Orientierungspfeil. Diesbezüglich hat die Beweisaufnahme ergeben, dass bereits das Vorliegen eines Wahlfehlers an sich verneint werden muss. Darüber hinaus war gemäß der Stellungnahme der von der Opposition benannten Sachverständigen der Pfeil ohne nachweisbaren und nach der allgemeinen Lebenserfahrung anzunehmenden Einfluss auf das Verhalten einzelner Wähler. Vielmehr wurde ausgeführt, dass die bereits im Vorfeld der Wahl geführte politische Debatte einen unterstellten Einfluss des Pfeils gänzlich zunichte machen oder gar ins Gegenteil verkehren könnte.

Gerade aufgrund der medial stark geführten Diskussion im Vorfeld der Landtagswahl sei deshalb auch so eine Sachverständige - ein kumulativer Effekt aus verschiedenen Wahlfehlern gerade nicht anzunehmen. Mithin konnte dieser Anfechtungsgrund also nicht zu einer Begründetheit der Wahlanfechtung führen.

Ich möchte jetzt zum Themenkomplex der vom Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 01. Juli 2010 für unzulässig erklärten Öffentlichkeitsar

(Abg. Theis (CDU) )

beit der Landesregierung kommen, der auch zu Wahlanfechtungen Anlass geboten hat. Wesentlich für die Frage, welche Rechtswirkungen diese Entscheidung für das Wahlprüfungsverfahren und damit für die Gültigkeit der Landtagswahl entfaltet, ist auch darüber besteht unter Juristen und auch im Wahlprüfungsausschuss Einigkeit - die Mandatsrelevanz. Denn angesichts des Charakters von Bundesund Landtagswahlen steht außer Zweifel, dass nicht jeder formale Verstoß gegen Wahlvorschriften oder Wahlgrundsätze die Aufhebung einer Wahl begründen kann.

Die Regelungen zur Anfechtung einer Wahl sind das ist vom Bundesverfassungsgericht so aus dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes abgeleitet von dem Gedanken des Vertrauensschutzes in das Wahlergebnis geprägt. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in einer Entscheidung zur Anfechtung einer hessischen Landtagswahl aus dem Jahr 2001 festgehalten, dass die Ungültigkeitserklärung einer gesamten Wahl einen „Wahlfehler von solchem Gewicht voraussetzt, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erschiene“.

Das Wahlprüfungsverfahren hat also die Kontrolle der Wahl als solcher zum Gegenstand. Es dient von seiner Zielrichtung her primär und unmittelbar dem Schutz des objektiven Wahlrechts und damit vor allem der Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Zusammensetzung einer Volksvertretung. Die Überprüfung eines Wahleinspruches bezweckt also vor allem die Sicherstellung der richtigen Zusammensetzung der neu gewählten Volksvertretung. Maßgeblich ist also die Relevanz der festgestellten Wahlfehler für die Zusammensetzung des Landtages. Hierfür reicht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht eine nur abstrakte, rein theoretische Möglichkeit; es muss vielmehr eine nach allgemeiner Lebenserfahrung konkret nahe liegende Möglichkeit bestehen. Eine solche Mandatsrelevanz der konkreten verfassungswidrigen Maßnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung konnte jedoch im Ausschuss nicht festgestellt werden.

Ausgehend vom Leitbild des mündigen Bürgers und des mündigen Wählers und ausgehend von der allgemeinen Lebenserfahrung ist im Kontext des im Sommer 2009 von allen Parteien mit hohem Aufwand geführten Wahlkampfs gerade nicht nahe liegend, dass die gerügten Maßnahmen eine derart hohe Wirkung auf Wählerinnen und Wähler entfaltet haben könnten, die zu einer wahrnehmbaren Verschiebung der Wahlentscheidung führen konnte.

Insbesondere durch die in der Öffentlichkeit über einen Monat hin mit hoher medialer Intensität geführte Diskussion über die bereits im Wahlkampf kritisierte Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung