Da es sich der Landtag aber zur Aufgabe gemacht hatte, die Listenaufstellung der LINKEN zu überprüfen, nehmen wir zu den erhobenen Vorwürfen wie folgt Stellung. Die Vorwürfe sind teilweise bereits rechtlich nicht relevant, weil sie keinen Wahlfehler begründen.
Dies wurde auch vom Verfassungsgerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung deutlich gemacht - ob Sie das zur Kenntnis nehmen wollen oder nicht, Herr Kollege Schmitt. Ich wollte ja gerade auf die Einzelheiten eingehen, wenn Sie erlauben.
Der Vorwurf der geheimen Wahl wurde aus der Sicht des Kreiswahlleiters und des Landeswahlleiters entkräftet. Der mehrmalige Hinweis, die Stimmzettel in den vorhandenen sechs Wahlkabinen auszufüllen und zu falten, habe ich selbst miterlebt; ich war vor Ort. Es ist auch von Herrn Rechtsanwalt Dr. Warken mehrfach wiederholt worden, ich habe es damals auch vor der Kamera gesagt. Ein Vorwurf wird nicht besser und nicht richtiger, wenn man ihn mehrmals wiederholt. Ich verweise hier auf die räumlichen Gegebenheiten des Bürgerhauses in Neunkirchen. Es dürfte jedem bekannt sein, dass man dort rausgehen kann und geheim sein Kreuzchen machen kann. Das dürfte unbestritten sein.
Auch der Vorwurf, die Gleichheit der Wahl sei verletzt, ist nicht begründet. Hier verweise ich auch auf die Landeswahlleiterin. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar oder vorgetragen worden, dass ein bestimmter Teilnehmer an einem bestimmten Wahlgang tatsächlich zwei oder mehr Stimmen abgegeben hat. Unstreitig ist auch, dass ein nicht wahlberechtigter türkischer Staatsangehöriger nach dem Vortrag der Vertrauensperson und vor allem nachweislich der Aktenlage - ich betone das -, der vorgelegten Mandatsprüfungsliste sowie mehrerer eidesstattlicher Versicherungen, ebenfalls keine Stimmkarte erhalten und auch nicht an der Wahl teilgenommen hat.
haben uns ja geeinigt, hier keine Namen zu nennen - haben eine gültige Meldebescheinigung vorgelegt, in der als Wohnsitz eine Adresse in Homburg ausgewiesen ist. Die Vertrauensperson hat auch hier überzeugend dargelegt, dass sich das Ehepaar länger als drei Monate vor der Versammlung gewöhnlich im Saarland aufgehalten hat. Aber auch hier ist der Vorwurf rechtlich nicht relevant; denn ein Wahlfehler würde nur dann vorliegen - das war auch Thema im Ausschuss -, wenn die Mandatsprüfungskommission zumutbare organisatorische Maßnahmen unterlassen hätte, um die Stimmberechtigung näher zu prüfen. Das ist aber zweifelsfrei nicht der Fall.
Im Übrigen ist der Tatbestand der Wahlfälschung bei einer Listenaufstellung einer Partei nicht einschlägig. Auch der Vorwurf der nicht ausgewogenen Personen entbehrt jeglicher Grundlage. Wenn die Bevorzugung weiblicher Kandidaten gerügt wird, weise ich darauf hin, dass Quotierungsvorschriften im Rahmen des autonomen Satzungsrechts von Parteien grundsätzlich zulässig ist. Eine Verletzung dieser Vorschriften wäre im Übrigen nicht geeignet, die Ungültigkeit der Wahl zu bewirken, denn die Einhaltung des Satzungsrechts einer Partei ist für die Beurteilung der Gültigkeit der Landtagswahl eben nicht maßgeblich.
Der Vorwurf, einige Kandidaten hätten keine ausreichende Redezeit gehabt, weise ich ebenfalls entschieden zurück. Wir haben dafür 300, 400 Zeugen, die das alles vortragen können. Der Vorwurf des Stimmenkaufs lässt sich bereits aus den Akten nicht konstruieren. Es gibt auch keinerlei Beleg für einen derartigen Verdacht, sondern das basiert lediglich auf unsubstantiierten Behauptungen. Aus den dargelegten Gründen weisen wir alle Wahlanfechtungen zurück.
Mit der heutigen Abstimmung machen wir den Weg frei zum Verfassungsgerichtshof, denn die Beschwerdeführer haben unserer Meinung nach ein Anrecht darauf, dass wir den Weg zum Verfassungsgerichtshof unverzüglich und schleunigst freigeben. Auf weitere Polemik Ihrerseits einzugehen, erspare ich mir. - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Huonker. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Willger-Lambert von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Saarländische Verfassungsgerichtshof hat mit seiner Entscheidung im Januar deutlich gemacht, welche Anforderungen vonseiten des Landtags an ein Wahlprüfungsverfahren zu stellen sind. Für alle, die sich mit dieser Frage ernsthaft beschäftigt haben, war es etwas Neues,
dass der Verfassungsgerichtshof gesagt hat, dass wir es hier nicht mit dem Unmittelbarkeitsgrundsatz zu tun haben. Das war für mich überraschend, weil ich in einem Hauptsacheverfahren noch nie erlebt habe, dass man sich lediglich mit eidesstattlichen Versicherungen und dem Akteninhalt zu beschäftigen hat. Es ist aber auch eine Erleichterung. Auch das möchte ich an dieser Stelle festhalten. Aber gerechnet habe ich damit nicht. Ich habe auch niemanden sonst vernommen, der damit gerechnet hätte. Ich denke, dass es gerechtfertigt war, sich Gedanken darüber zu machen, wie ein Wahlprüfungsgesetz aussehen sollte und welche Grundlagen geschaffen werden sollten, um dieser Fragestellung nachzugehen.
Genauso sehe ich das in der Frage von befangenen Abgeordneten. Wir haben versucht im Konsens eine Lösung herbeizuführen. Wir haben sie erst relativ spät herbeigeführt. Natürlich hätten wir auch anders vorgehen können, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir damit das Verfahren nicht verzögert hätten, weil das unter Umständen andere Klagemöglichkeiten eröffnet hätte. Von daher möchte ich an dieser Stelle noch einmal festhalten, dass es bis zum Schluss einen parteiübergreifenden Konsens darüber gab, dass wir uns ein Wahlprüfungsgesetz schaffen und es auch verabschieden.
Ich bin deshalb schon etwas erstaunt, wenn man sich hier vonseiten der SPD von diesem gemeinsamen Weg verabschiedet. Es war immer Konsens gewesen - auch vonseiten der SPD -, dass genauso verfahren wird. Die SPD ist von daher sozusagen in der Mithaft. Das ist kein Versuch von uns, Sie in die Mithaft zu nehmen; Sie sind es einfach. Sie haben bei allen Beweisfragen innerhalb des Ausschusses zugestimmt. Dies war bei allen Beweisfragen so bis auf die eine Beweisfrage, die die Listenaufstellung bei den LINKEN betraf. Das war der letzte Punkt, den wir hier als Beweisthema zu beantworten hatten. In der Sitzung, in der die einzelnen Berichterstatterinnen und Berichterstatter berichtet haben, was in den einzelnen Wahlanfechtungen drinsteht und in der wir gemeinsam beraten haben -
Frau Rehlinger, Sie hatten auch eine Berichterstattung. Da ging es darum, wie wir bestimmte Sachverhalte aufklären. Sie waren auch damit einverstanden, dass wir gerade in dieser Frage Orientierungsfall eine Beweisaufnahme machen, dass Sachverständige gehört werden. Sie haben auch entsprechende Sachverständige hier vorgetragen.
Sie können sich von daher nicht vom Acker stehlen. Das Problem, das Sie jetzt haben, ist, dass Sie das Ergebnis einer Beweisaufnahme, die Sie selbst mit beantragt haben und wo auch der Sachverständige gehört worden ist, der von Ihnen benannt worden ist,
nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Sie haben sich auch heute noch nicht einmal damit auseinandergesetzt, dass in der Beweisaufnahme beispielsweise gesagt worden ist: Jemand, der zur Wahl geht, weiß normalerweise, dass er die Wahl hat. Er lässt sich nicht durch einen Orientierungspfeil daran hindern zu denken, dass er bei einer Wahl die freie Wahl hat.
Frau Rehlinger, ich brauche meine Presseerklärungen gar nicht zu lesen. Diese Dinge mit dem Orientierungspfeil und auch die Frage der Wahlwerbung wurden in der Presse so breit aufgestellt, dass das politisch denkenden Menschen, die zur Wahl gingen, nicht ganz verborgen geblieben ist. Von daher kann ich das, was der Kollege Horst Hinschberger gesagt hat, dass das einfach ein Beipackzettel mit entsprechenden Nebenwirkungen war, durchaus unterstreichen. Man wird seiner Aufgabe nicht gerecht, wenn man sagt, okay, das war so nicht in Ordnung -
Dass dieser Stimmzettel anders hätte gestaltet werden müssen und dass diese Briefe nicht hätten mitverschickt werden dürfen, das ist zwischen uns eigentlich unstreitig. Aber dann ist immer noch kein Wahlfehler festgestellt, der zur Ungültigkeit der Wahl führt. Das haben Sie nicht entsprechend begründet.
Und Sie äußern sich noch nicht einmal dazu! Sie verweigern sich denjenigen, die hier rechtliches Gehör haben wollen. Indem Sie ein Wahlprüfungsverfahren anfechten, verweigern Sie genau dieses rechtliche Gehör. Soll denn das der NPD-Funktionär klären? Warum sagen Sie denn dazu nichts? Soll das entsprechend vor dem Verfassungsgericht geklärt werden?
Das ist keine Klarheit für die Demokratie, für die Sie sich ja so gerne hinstellen. Das ist auch kein Zeichen für Glaubwürdigkeit innerhalb der Politik. Das zeigt auch nicht, dass Sie die Rechte der Wählerinnen und Wähler tatsächlich ernst nehmen. Daher kann ich dem Vorschlag des Ausschusses nur zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Willger-Lambert. Das Wort hat nun der Minister für Bundesangelegenheiten, Kultur und Chef der Staatskanzlei Karl Rauber.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Antrag des Wahlprüfungsausschusses, die Gültigkeit der Landtagswahl von 2009 festzustellen, findet statt vor dem Hintergrund der Verfassungsbeschwerde eines wahlberechtigten Bürgers, der sich wegen der Dauer des bisherigen Verfahrens in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt sah. Sie als SPD sehen sich nun plötzlich auch, nach anderthalb Jahren, in Ihren Grundrechten verletzt. Nach anderthalb Jahren! Der Verfassungsgerichtshof hat ja in seinem Urteil vom 31. Januar festgestellt, der Beschwerdeführer, Mitglied einer rechtsextremen Partei, sei in seinen Rechten beschnitten worden. Nicht die SPD! Auch nicht nach anderthalb Jahren!
Weiterer Beweiserhebung bedürfe es nicht, so die Meinung des Verfassungsgerichtshofes. Das hat sich der Wahlprüfungsausschuss zu eigen gemacht und den vorliegenden Entscheidungsvorschlag vorgelegt. Die Landesregierung begrüßt dies ausdrücklich.
Selbstverständlich respektiert die Landesregierung die Rechtsprechung des saarländischen Verwaltungsgerichtes. Dies gilt auch und insbesondere für das Urteil vom 01. Juli des vergangenen Jahres, ergangen zur Öffentlichkeitsarbeit. Dieses Urteil hat neue und engere Maßstäbe für die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung und generell der Verwaltungen im Saarland gesetzt und eine wesentlich größere Zurückhaltung in zeitlicher Nähe zu Wahlkämpfen verordnet.
So sehr wir aber auch das Urteil als Beitrag zu mehr Klarheit und mehr Rechtssicherheit mit Blick auf die künftige Öffentlichkeitsarbeit begrüßen, so nachdrücklich betonen wir auch heute noch einmal unsere Überzeugung, uns im Jahre 2009 innerhalb der Grenzen zulässiger Informationspolitik bewegt und insofern die Vorgaben der bisherigen Rechtsprechung beachtet zu haben, also entsprechend dem Urteil des saarländischen Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 1980 verfahren zu sein. Das Urteil vom 01. Juli 2010 hat nach unserer Auffassung diese Rechtsprechung grundlegend weiterentwickelt. Das Verfassungsgericht selbst hat ja darauf hingewiesen, dass die Abgrenzung zwischen einerseits
zulässiger, in einem demokratischen Gemeinwesen sogar notwendiger Öffentlichkeitsarbeit und andererseits verfassungswidriger Wahlbeeinflussung im Einzelfall schwierig sei.
Wie schwierig das tatsächlich ist, das weiß niemand besser als Sie, meine Damen und Herren der SPD, und insbesondere Ihr Vorsitzender Heiko Maas. Auch durch die Wiederholung verliert die Feststellung nichts von ihrem Wahrheitsgehalt: Der Kollege Maas selbst hat als Umweltminister, und zwar unmittelbar vor der Landtagswahl 1999, eine Broschüre herausgegeben. Die Wahl war am 05. September, die Herausgabe der Broschüre erfolgte laut Impressum im August, also vier Wochen vor der Wahl. Diese Informationsbroschüre zur Umweltpolitik der damaligen Landesregierung hat er für mehr als 220.000 D-Mark aufgelegt, vier Wochen vor der Wahl. Hinzu kommen Rechnungen für eine groß angelegte Anzeigenkampagne mit der Überschrift „Neues Unternehmen im Saarland“, adressiert von der Staatskanzlei-Öffentlichkeitsarbeit, mit einem Gesamtvolumen von mehr als einer Million D-Mark, und zwar drei Monate vor der Landtagswahl.
Vor diesem Hintergrund appelliere ich an Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, sich hier nicht als Gralshüter der politischen Kultur und der öffentlichen Moral aufzuspielen. Diese Rolle steht Ihnen nicht! Mit jedem Finger, mit dem Sie auf das verfassungswidrige Verhalten anderer zeigen, weisen vier Finger auf Sie selbst zurück. Dies gilt übrigens nicht nur für die SPD Saar, dies gilt auch mit Blick auf andere Länder und auch mit Blick auf andere Landesregierungen.
Ich möchte es nicht versäumen, Ihnen die Regierungsbilanz der rheinland-pfälzischen Landesregierung vorzulegen, die mit dem bezeichnenden Titel „Gut für unser Land“ überschrieben ist. Darin geht es um „Moderne Standtortpolitik für eine starke Wirtschaft“, „20 Jahre Konversion“, „Kostenfreie Bildung“ oder auch „Die Landesverwaltung - Vorbild als Arbeitgeber“. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass eine solche Bilanzbroschüre mit werblich-informationellem Gehalt ausgerechnet wenige Wochen vor der rheinland-pfälzischen Landtagswahl erscheint. Und es ist nicht „die Landesregierung“, die mit dieser Broschüre informiert, sondern es heißt wörtlich im Vorwort von Ministerpräsident Beck: „Die SPD-geführte Landesregierung schaut auf fünf Jahre Regierungsarbeit zurück.“ Und dies zehn Wochen vor der Wahl!
So ist es, Kollege Schmitt: Nach der Beurteilung des Kollegen Maas ist schon heute die Wahl in Rheinland-Pfalz ungültig.
Wir alle wissen doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Abgrenzung zwischen zulässiger Information auf der einen Seite und dem Verstoß gegen das Neutralitätsgebot auf der anderen Seite klarer Vorgaben bedarf. Die hat das Verfassungsgericht erst im vergangenen Sommer neu geschaffen.