Protokoll der Sitzung vom 17.02.2011

Wir alle wissen doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Abgrenzung zwischen zulässiger Information auf der einen Seite und dem Verstoß gegen das Neutralitätsgebot auf der anderen Seite klarer Vorgaben bedarf. Die hat das Verfassungsgericht erst im vergangenen Sommer neu geschaffen.

Tatsache ist, dass die Öffentlichkeitsarbeit der CDULandesregierung im Jahre 2009 nicht anders war als die Öffentlichkeitsarbeit der SPD-geführten Landesregierung im Jahre 1999, und sie war auch nicht anders als die der SPD-geführten Landesregierung in Rheinland-Pfalz im Jahre 2011. Ich bin sicher, dass in diesem Raum niemand anwesend ist, der das nicht ebenso sieht, dass Hunderte von Pressemitteilungen, Dutzende Veranstaltungen und Broschüren, eine Vielzahl weiterer Publikationen immer dem Neutralitätsgebot im Sinne des Verfassungsgerichtes von 1980 entsprachen. Es waren, wie gesagt, Hunderte Veranstaltungen und Dutzende Pressemeldungen.

Für den Brief an die Bediensteten, aber auch für die Broschüre zur Innenpolitik und die Anzeigen in den Nachrichtenblättern gilt, dass der informationelle Charakter so eindeutig im Vordergrund steht, dass von unzulässiger Wahlwerbung nicht ernsthaft die Rede sein kann. Diese Bewertung gilt im Übrigen auch für die Gestaltung des Wahlzettels und den viel diskutierten Orientierungspfeil. Es glaubt doch niemand in diesem Raum ernsthaft, dass damit eine konkrete Möglichkeit der Wahlbeeinflussung verbunden ist! Noch weniger, so meine ich, kann ernsthaft davon die Rede sein, dass mit den genannten Informationsträgern die Zusammensetzung des saarländischen Landtages unmittelbar und entscheidend beeinflusst werden konnte.

Selbst wenn wir unterstellen, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung tatsächlich gegen das Neutralitätsgebot verstoßen hat und zu Recht als verfassungswidrig angesehen worden ist, bietet das für sich genommen noch keinen hinreichenden Grund für eine Annullierung der Landtagswahl. Eine solche könnte überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn ein derartiger Verstoß das Ergebnis der Landtagswahl und die Sitzverteilung in direkter Weise beeinflusst hätte. Dies ist sicherlich nicht der Fall, Frau Kollegin Willger-Lambert hat darauf bereits hingewiesen. Wir alle wissen, dass selbst bei Vorliegen eines Verstoßes gegen Wahlvorschriften nur dann die Wahl mit Erfolg angefochten werden kann, wenn es sich um einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften handelt und die Möglichkeit besteht, dass durch diesen Verstoß die Sitzverteilung wirklich

beeinflusst worden ist. Dabei darf es sich nicht nur um eine abstrakte, eine rein theoretische Möglichkeit handeln, es muss sich vielmehr um eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung reale und konkrete Möglichkeit handeln. Darauf hat der Kollege Theis bereits intensiv hingewiesen.

Der Wahlprüfungsausschuss beantragt daher zu Recht, die Publikationen der Landesregierung im Jahr 2009 nicht als Grund für eine Neuwahl des Landtages gelten zu lassen. Dies ergibt sich aus meiner Sicht allein schon daraus, dass es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass durch die Anzeigen und die Broschüren der Landesregierung das Wahlverhalten in irgendeiner Weise beeinflusst wurde. Im Gegenteil! Die demoskopischen Befunde weisen im Vorfeld der Landtagswahl einen Rückgang der Zustimmung zur Landesregierung und CDU aus.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Ja!)

Und das hat Sie doch alle hier auf der linken Seite des Hauses gefreut. Es wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein, glaube ich, wenn schlechte Umfragewerte und negative Trends durch ein paar regierungsamtliche Informationen über Abwrackprämie, Solaranlagen auf dem Dach oder über den Ablauf des Tags der Deutschen Einheit plötzlich bewirken würden, dass man die entscheidenden Mandate in null Komma nix für sich zurückgewinnt. Glaubt denn ernsthaft jemand, dass die Wähler so dumm sind und dass dies tatsächlich zutrifft?

(Abg. Kugler (DIE LINKE) : Dann war das Verschwendung von Steuergeldern.)

Ich glaube, das denkt auch im Ernst keiner von uns. Nein, ich unterstelle vielmehr, dass die Grundregeln politischer Kommunikation hier allgemein auch bekannt sind. Dazu gehört auch die aus der Wahlforschung und Werbeforschung bekannte Regel, dass ein einmaliges Übersenden von Botschaften nicht schon gar nicht automatisch - etwas bewirkt. Jeder weiß, erst durch ständiges Wiederholen von Botschaften wird ein erhöhter Werbedruck, werden Einstellungs- und Verhaltensänderungen erzeugt. Und dieses für erfolgreiche Werbung notwendige Erfordernis hat bei den kritisierten Informationsmitteln durchweg gefehlt.

Dies gilt auch für die Anzeigen, die zwar in Serie, aber immer zu verschiedenen Themen für verschiedene Zielgruppen geschaltet wurden. Hinzu kommt, dass in keiner dieser Publikationen nicht mal im Ansatz zur Wahl einer bestimmten Partei aufgerufen wurde.

Was ebenfalls, glaube ich, nicht übersehen werden darf: Eine Wirkung solcher Publikationen verläuft nach allen Regeln der Werbewirkungsforschung keinesfalls automatisch immer nur in eine Richtung, nämlich vom Absender zum Adressaten, und dies

(Minister Rauber)

mit dem als gewünscht unterstellten Ergebnis, nämlich der positiven Wahlbeeinflussung. Wenn Werbung so einfach wäre, dann hätten wir uns schon lange vom Postulat des mündigen Wählers verabschieden müssen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Anfechtung der hessischen Landtagswahl - darauf hat der Abgeordnete Theis ja ausführlich hingewiesen - gesagt, dass die Annullierung einer Wahl einen - ich zitiere - „Wahlfehler von solchem Gewicht voraussetzt, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erschiene". Es hat sich auch dazu geäußert, wann eine unzulässige Wahlwerbung geeignet ist, eine erfolgreiche Wahlanfechtung zu begründen. Dabei wird darauf hingewiesen, dass es dazu zum Beispiel an der Möglichkeit zur Abwehr etwa mit Hilfe der Gerichte oder zum Ausgleich etwa mit den Mitteln des Wahlwettbewerbs hätte fehlen müssen. Mit Blick auf den hier vorliegenden Fall kann es wohl keine Zweifel geben, Frau Kollegin Rehlinger, dass es an diesen beiden Eingriffs- und Beeinflussungsmöglichkeiten erkennbar nicht gemangelt hat. Es wurde ja darauf hingewiesen, dass dies in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert worden ist. Und in diesem Zusammenhang erfolgte die Presseberichterstattung und die öffentliche Diskussion über diese Vorgänge. Sie haben damit auch eine Gegenöffentlichkeit geschaffen. Diese Gegenöffentlichkeit war in den letzten Wochen vor der Landtagswahl für die Bürgerinnen und Bürger uneingeschränkt wahrnehmbar.

Der Wahlprüfungsausschuss hat daher recht, wenn er feststellt, dass insbesondere die durch die Öffentlichkeit über einen Monat hin mit hoher Intensität geführte Diskussion über die kritisierte Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung die mögliche Einflusswirkung der gerügten Maßnahmen egalisiert oder sie gar ins Gegenteil verkehrt hat. Es kann daher aus meiner Sicht festgestellt werden, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung oder besser gesagt eine ausgewählte Maßnahme nicht mandatsrelevant war. Selbst in diesem Fall wäre die Auflösung des Parlaments keine notwendige Rechtsfolge.

Dies kommt insbesondere auch in der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gültigkeit der Bundestagswahl im Jahr 2005 zum Ausdruck. Darin hat es Wahlrechtsverletzungen von hoher Intensität festgestellt und eklatante Verstöße gegen die Prinzipien der Gleichheit und Unmittelbarkeit sowie offensichtliche Mandatsrelevanz. Trotzdem hat es dem Recht des Parlaments auf Bestandsschutz einen höheren Stellenwert eingeräumt. Der Wahlprüfungsausschuss hat in Ansehung dieser Prinzipien eine Abwägung getroffen zwischen dem Prüfungsmaßstab des Bestandsschutzes einer gewählten Volksvertretung und den festgestellten rele

vanten Wahlfehlern. Er ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Wahlfehler von solchem Gewicht vorliegen, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung geradezu unerträglich schiene. Dieses Urteil des Wahlprüfungsausschusses liegt dem heutigen Antrag zugrunde.

Ich glaube, es ist ein angemessenes Urteil. Die Landesregierung hält die Feststellungen des Wahlprüfungsausschusses für zutreffend. Aus diesem Grunde sollte der Landtag dem Votum des Wahlprüfungsausschusses folgen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache 14/404 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen bestehend aus CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Fraktion DIE LINKE gegen die Stimmen der SPD-Landtagsfraktion angenommen ist.

Wir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der SPD-Landtagsfraktion, der DIE LINKE-Landtagsfraktion, der FDPLandtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Der Landtag des Saarlandes weist die von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Hessen erhobene Forderung nach Kürzung des Finanzausgleichs zurück (Drucksache 14/399)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Abgeordnetem Reinhold Jost das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushalts- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung in der letzten Woche diesen Antrag mit den Stimmen aller Fraktionen auf den Weg gebracht, um ein deutliches Zeichen des Selbstbewusstseins, aber auch eines parlamentarischen Selbstverständnisses auf den Weg zu bringen, das sehr deutlich zum Ausdruck bringt, dass wir dieser unsachlichen und an der eigentlichen Diskussion vorbeigehenden Streiterei der Südländer Hessen, Baden-Württemberg und Bayern ein deutliches Zeichen entgegensetzen. Wir finden, dass die Art und Weise, wie hier mit dem Bund-Länder-Finanzausgleich umgegangen wird, der Sache in keiner Weise

(Minister Rauber)

dienlich ist und wir als Parlament dem eine entsprechende inhaltliche Aussage entgegenstellen sollten.

(Beifall von der SPD.)

Wir haben festzustellen, dass im Jahr 2001 - damals mit den Stimmen aller Bundesländer, und zwar basierend auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1999 und dem daraus abgeleiteten Maßstäbegesetz - einstimmig dieser Finanzausgleich beschlossen wurde. Wir stellen fest, dass die gleichen Leute, die damals die Hand für dieses neue Gesetz und diesen Finanzausgleich gehoben haben, sich jetzt plötzlich aus der Verantwortung stehlen zu können glauben, und das mit teilweise falschen Argumenten. So einfach darf man das nicht durchgehen lassen. Das, was dahinter steckt, hat nichts mit der Sache zu tun. Es ist insbesondere aus baden-württembergischer Sicht mit einer Landtagswahl zu erklären. Auch das bedarf einer Klarstellung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD.)

Es ist, wenn überhaupt, nicht etwa der Finanzausgleich als solcher als unsolidarisch zu titulieren, sondern die Art und Weise, wie hier diskutiert wird, ist als unsolidarisch anzusehen. Wenn man sich vor Augen führt, dass beispielsweise eines der Länder, die das jetzt mit am meisten kritisieren, selbst über 20 Jahre vom Finanzausgleich profitiert hat, nämlich das Land Bayern, dann ist das aus unserer Sicht auch heuchlerisch, meine sehr geehrten Damen und Herren. Auch das muss man bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck bringen.

Wir haben festgehalten, dass mit dieser angedrohten Verfassungsklage der drei Geberländer BadenWürttemberg, Bayern und Hessen der Weg der Solidarität verlassen würde und dass die Folge daraus eben nicht mehr eine angemessene Finanzausstattung für die finanzschwachen Länder als zentrale Voraussetzung für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet sei, dass also ein verfassungsgemäßer Auftrag nicht mehr hergestellt werden kann.

Wir bleiben dabei: Wir wollen nach Möglichkeit diese zentrale Voraussetzung der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet beibehalten. Das sage ich auch - denke ich - im Namen aller Kolleginnen und Kollegen. Wir brauchen eine angemessene Finanzausstattung; das ist eine Diskussion, die schon über viele Jahre geführt wird. Auch das muss an dieser Stelle deutlich zum Ausdruck gebracht werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD.)

Aus unserer Sicht darf dieser Anspruch, bundesweit gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen zu wollen, nicht von dem Willen derer abhängig gemacht

werden, die etwas abgeben müssen. Das ist die Grundvoraussetzung eines föderalen Systems. Wir wollen uns nicht mit Gefällen in der Finanzausstattung oder in der Lebensqualität abfinden. Wer sich mit den Ungleichheiten abgibt, würde tatsächlich den Föderalismus in Frage stellen. Das kann man aus unserer Sicht nicht befürworten, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD.)

Der Finanzminister hat gesagt: Wer den Finanzausgleich in Frage stellt, legt auch Hand an die Vereinbarungen zur Schuldenbremse. Ich gebe ihm auch im Namen des Ausschusses ausdrücklich recht. Man kann zu dieser Schuldenbremse stehen wie man will, sie ist nun mal Bestandteil der verfassungsmäßigen Wirklichkeit in Deutschland. Aber es ist geradezu widersinnig und schwachsinnig, wenn man einerseits den betroffenen Ländern sagt, ihr müsst die Schuldenbremse einhalten, ihnen aber auf der anderen Seite durch eine solche Diskussion, durch die Vorenthaltung des Finanzausgleichs zwischen den Ländern die Grundlage entzieht, um diese Schuldenbremse überhaupt einzuhalten zu können. Auch das ist ein Grund, warum wir sagen: Wer die Hand an den Finanzausgleich legt, der wirft diese föderale Ausgestaltung mit über den Haufen. Wer glaubt, die Schuldenbremse durchsetzen zu müssen, der muss auch den Finanzausgleich so bestehen lassen. Der Aussage des Finanzministers widersprechen wir ausdrücklich nicht, wir unterstützen diese Position, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Abhängigkeit des Landes in diesem Zusammenhang hat in der Diskussion immer wieder eine Rolle gespielt.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Es wurde insbesondere von den Südländern ausgeführt, dass der Finanzausgleich leistungsfeindlich und ungerecht sei und seine Funktion als Hilfe zur Stärkung der Eigenständigkeit nicht erfülle. Wenn man sich beispielsweise Art und Umfang der Förderung des Saarlandes anschaut, wird man feststellen, dass das Saarland in den letzten zehn Jahren eben nicht mehr, sondern weniger aus dem Finanzausgleich in Anspruch genommen hat. Dies ist insbesondere auf seine eigenen Anstrengungen zurückzuführen. Außerdem ist in den letzten Jahren von den Geberländern nicht mehr in den Finanzausgleich gezahlt worden, sondern weniger. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren wurde der Anteil von 8,3 Milliarden Euro für 2008 auf knapp 7 Milliarden für 2009 zurückgeführt. Dies zeigt deutlich, dass es dabei nicht um die Sache geht. Es ist billiger, Wahlkampfpopulismus zu betreiben, der den Landtagswahlen in Baden-Württemberg geschuldet ist. Das lassen wir uns nicht bieten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Abg. Jost (SPD) )

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wir haben darauf hingewiesen, dass diese Forderungen nach Kürzungen des Finanzausgleiches mit uns nicht zu machen sind und wir diese als Parlament nicht tatenlos oder schweigend hinnehmen werden. Wir sagen sehr deutlich, dass die geforderten Kürzungen des Finanzausgleiches die im Saarland und in anderen Ländern eingeleiteten Maßnahmen zum Abbau des strukturellen Defizits konterkarieren und einen ausgeglichenen Haushalt auf Dauer unmöglich machen. Die Verträge, wie sie 2000 und 2001 auf den Weg gebracht wurden, sind einzuhalten!

Wenn das nicht der Fall ist, sind wir der Auffassung, dass wir dieses Paket aus einer anderen Perspektive neu aufschnüren müssten. Deswegen haben wir gesagt, dass sich das Saarland im Falle einer Klage der Geberländer eine eigene Klage vorbehalten würde. Dann aber unter umgekehrten Vorzeichen, nämlich mit der Intention zu überprüfen, ob das, was dort geregelt ist, nicht zu unseren Gunsten verändert werden kann. Das Land hat eine strukturelle Unterfinanzierung, hat eine strukturelle Mehrausgabenbelastung und insbesondere eine Altschuldenproblematik, die es uns schier unmöglich macht, aus eigener Kraft aus dieser Situation herauszukommen. Wenn die Geberländer glauben, dieses Fass aufmachen zu können, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Länder, die aus dem Finanzausgleich Gelder bekommen, diese Diskussion ebenfalls führen, aber aus einer anderen Perspektive.

Wir sind keine Bittsteller, wir treten selbstbewusst auf. Wir haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten unter Beweis gestellt, dass wir uns mit den Mitteln, die wir aus dem Finanzausgleich bekommen haben, nicht bequem eingerichtet haben. Unser Anspruch ist, nach Möglichkeit ohne solche Ausgleiche auszukommen. Ich sage es ganz bewusst: Wenn man sich die Aussagen der vergangenen Wochen, Monate und Jahre anschaut, kommt man zu dem Schluss, dass es hier überhaupt nicht um die Sache geht, sondern - ich habe es eben schon erwähnt - um ein rein wahlkampftechnisches Manöver. Dafür sollte man sich zu schade sein. Der Länderfinanzausgleich ist für den einen oder anderen Bundesstaat existenziell, auch für das Saarland. Wir nehmen nichts in Anspruch, was uns nicht zusteht. Es ist gutes Recht, das 2001 geschaffen wurde, und das lassen wir uns nicht nehmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen, bei B 90/GRÜNE und bei der CDU.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jost. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Thomas Schmitt von der CDULandtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich den Fraktionen im Hause danken, insbesondere den Oppositionsfraktionen, dass wir trotz aller anderen Differenzen zu einem einheitlichen Antrag kommen konnten. Wenn es um Fragen der finanziellen Existenzsicherung dieses Landes geht, ist es gut zu wissen, dass man auf eine einhellige Rückendeckung aller Fraktionen im Landtag zählen kann. Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass wir uns in diesem Hause mit dem Länderfinanzausgleich befassen, und auch nicht das erste Mal, dass wir Forderungen der Geberländer ausgesetzt sind, dass diese Leistungen unbedingt zurückgeführt werden müssten. Auch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht sind nichts völlig Neues. Die Neuregelung des Länderfinanzausgleiches 2001 war unter anderem darauf zurückzuführen, dass eine andere Klage erfolgreich gewesen war.

Ich möchte in diesem Zusammenhang festhalten, dass wir bis zum jetzigen Zeitpunkt nur die Androhung einer Klage haben. Eine Klage der drei Geberländer ist entgegen mancher Erwartungen nicht eingereicht und noch nicht einmal beschlossen worden. Dies allein zeigt schon, auf welch dünnem Eis sich die Geberländer bewegen - das wissen die auch und wie gering die Aussichten auf Erfolg einer solchen Klage wären.

Nun kann man ein gewisses Verständnis für die Geberländer aufbringen, wer gibt schon gerne von seiner eigenen Finanzkraft an Ärmere ab? Dennoch muss an dieser Stelle festgehalten werden: Pacta sunt servanda. Einmal getroffene Vereinbarungen müssen eingehalten werden, auch von den Geberländern. 2001, Herr Kollege Jost sagte es schon, ist der Länderfinanzausgleich neu geregelt worden, und zwar mit einer Befristung bis 2020. Dem haben alle Geberländer so zugestimmt. Wenn heute von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg moniert wird, der Finanzausgleich sei leistungsfeindlich und ungerecht und erfülle nicht seine Funktion als Hilfe zur Stärkung der Eigenständigkeit, so muss festgehalten werden, dass der jetzige Finanzausgleich schon damals ein Kompromiss war. Ein Kompromiss, der den Nehmerländern einiges abverlangt hat und dem die Geberländer damals einiges abgewinnen konnten. Der Ausgleich ist gerade im Gegenteil gerechter und leistungsfreundlicher ausgestaltet worden und hat durchaus Wettbewerbselemente, die uns auch nicht so leichtgefallen sind.