Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

(Abg. Commerçon (SPD) : Zulasten der kommunalen Träger.)

Nein, das stimmt nicht.

(Abg. Commerçon (SPD) : Der kommunalen Ebene.)

Auch nicht der kommunalen Ebene. Auch das Land steigt stärker in die Finanzierung ein. Sehen Sie bitte in den Gesetzestext. Dort steht ganz klar, dass das Land bei den Betriebskosten 26 Prozent der Beiträge übernimmt. Früher waren es einmal 25 Prozent. Und der Anteil wird weiter zulasten des Landes steigen. Wir investieren in diesen Bereich, obwohl wir jetzt diese Veränderung bei der Beitragsfreiheit

(Abg. Rink (CDU) )

vornehmen müssen. Aber nehmen Sie zur Kenntnis: Der Anteil der Kosten für die frühkindliche Bildung wird nicht abgesenkt, sondern er wird sich nicht zuletzt auch durch die Einführung des Kooperationsjahres weiter verstärken. Dies sind Investitionen, die wir für ganz wichtig erachten, und wir werden sie auch weiterhin durchführen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Lassen Sie mich noch einmal die Zahlen verdeutlichen. Wir haben ganz klar gesagt - es wurde schon mehrmals angesprochen -, wann eine Familie von den Kosten des Kindergartenbeitrags weiterhin freigestellt wird. Ich nehme einen Vierpersonenhaushalt, eine Familie mit zwei Kindern. Für die Beitragsfreistellung darf das Nettoeinkommen 2.424 Euro betragen. Ich denke, dies ist kein Betrag, der im Saarland lediglich eine kleine Bevölkerungsschicht betrifft, sondern ein Betrag, bei dem auch die Durchschnittsfamilie noch von der Beitragsfreistellung profitieren kann. Dies gilt insbesondere, wenn ich jetzt die Summe nenne, die zur hälftigen Beitragsfreistellung führt. In diesem Fall kann das Nettoeinkommen einer Familie mit zwei oder eines Alleinerziehenden mit drei Kindern 3.024 Euro im Monat betragen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube nicht, dass dies Summen sind, bei denen wir von Geringverdienern sprechen. Wir wollen in der Tat den Durchschnittsfamilien weiterhelfen, damit sie diese Kosten ersetzt bekommen. Bei 3.024 Euro für einen Vierpersonenhaushalt haben wir also die hälftige Beitragsfreiheit. Ich glaube nicht, dass das sozial ungerecht ist. Wir wollen die Freistellung und Ermäßigung bei den Beiträgen sozial gerecht gestalten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn heute Morgen Aussagen aus dem Jahr 2000 zitiert wurden, dann darf auch ich mit Erlaubnis des Präsidenten aus einer Plenardebatte im Jahr 2000 zitieren. Leider ist Frau Kollegin Ries im Moment nicht im Saal. Sagen Sie ihr bitte, sie soll sich noch einmal das vor Augen führen, was sie am 05. April 2000 hier ausgeführt hat. Sie sagte: „Anstatt alle freizustellen, hätte man die Freigrenzen anheben können. Oberhalb dieser Grenzen hätte man auch Staffelungen einführen können, in der Erkenntnis, dass starke Schultern mehr tragen und schwache weniger tragen.“

(Zuruf.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist doch genau das, was wir wollen. Starke Schultern können mehr tragen, schwache Schultern können weniger tragen. Daher haben wir eine Staffelung der Beiträge eingeführt.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Zurufe.)

Es geht noch weiter. Kollegin Isolde Ries sagte damals: „Ich frage Sie in der Tat. Es kann mir niemand einen Grund nennen, warum zum Beispiel unser Ministerpräsident oder warum Eltern seiner finanziellen Gewichtsklasse keine Kindergartenbeiträge mehr zahlen sollen. Die Beiträge derjenigen, die auf eine Entlastung nicht angewiesen sind, könnten wir sehr gut zur Sicherung, zur Erhaltung und zum Ausbau der Qualitätsstandards in den Kindertageseinrichtungen gebrauchen.“

(Abg. Meiser (CDU) : Die Frau hat recht.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist es, was wir weiterhin wollen. Starke Schultern tragen mehr, schwache Schultern tragen weniger.

Wir werden die Kinderbetreuungseinrichtungen weiter ausbauen, wir werden aber anders als in Berlin auch schauen, dass wir qualitativ gute Einrichtungen haben. Wir werden den Bildungsauftrag des Kindergartens stärken, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dies wurde vorhin schon mehrfach angesprochen. Dagegen werden Sie vonseiten der Opposition wahrscheinlich keine Einwände haben. Der Bildungsauftrag des Kindergartens wird gestärkt. Die Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Grundschulen wird verbindlicher gestaltet. Das ist ein wichtiger Punkt. An dieser Schnittstelle und in diesem Bereich, in dem unterschiedliche Professionen Erzieher und Lehrer - arbeiten, wird eine wesentlich engere Verzahnung der Zusammenarbeit gewährleistet. Das ist ein guter Punkt. Dies müssen wir stärken. - Herr Kollege Jung, Sie schütteln den Kopf. Ich weiß nicht, warum.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Jung (SPD).)

Natürlich bekommen die Lehrer und Erzieher Geld dafür. Sie machen es nicht in ihrer Freizeit, sondern während ihrer Tätigkeit in den Kindergärten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich würde mir wünschen, dass wir diese Diskussion mit mehr Sachkenntnis führen. Das würde uns weiterbringen. Die Erzieherinnen werden das im Laufe ihrer täglichen Arbeit durchführen. Beide Einrichtungen werden miteinander kooperieren. Durch die im Modellprojekt gesammelten Erfahrungen ist klar, dass wir zu einem guten Miteinander kommen. Es gibt bereits gute Erkenntnisse, die in die weitere praktische Umsetzung des Projektes fließen. Zusammenfassend kann ich nur sagen, die frühkindliche Bildung ist für uns weiterhin ganz wichtig. Wir werden weiter hier investieren. Wir werden schauen, wie wir die Träger weiter entlasten können. Es ist festgelegt, dass bis zum Jahr 2013 die Träger nur noch zehn Prozent der Betriebskosten übernehmen. Der Rest erfolgt vonseiten des Landes. Auf diesem Weg wollen wir ein Dankeschön an die beiden großen Träger im Saarland, die Kirchen, sagen. Die

(Abg. Rink (CDU) )

Vertreter sind heute anwesend. Wir wollen die Qualität in den Einrichtungen stärken.

Eines aber ist uns ganz wichtig: Kein Kind wird aus finanziellen Gründen vom Besuch einer Kindertageseinrichtung ausgeschlossen. Mit der Staffelung der Beiträge ist gewährleistet, dass aus finanziellen Gründen kein Kind vom Kindergartenbesuch, von seiner frühkindlichen Bildung ausgeschlossen wird. Ich bitte um Zustimmung für diesen Gesetzentwurf, den wir im Ausschuss weiter beraten werden. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Claudia Willger.

Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jamaika spart nicht im Bildungsetat. Das haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen, die noch nicht so lange zurückliegen, sehr deutlich gemacht.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben Bildung als ganz klaren Schwerpunkt gesetzt. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit, sondern vielmehr eine ganz besondere Leistung, gerade im Hinblick auf die Haushaltssituation in unserem Land. Es ist eine Leistung, auf die wir besonders stolz sein können. Von daher ist das, was Sie behaupten, wir würden die Bevölkerung täuschen, jederzeit zu widerlegen. Die Zahlen sprechen eine völlig andere Sprache.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir die Beitragsfreiheit insgesamt ausgeweitet haben. Die Beitragsfreiheit gilt jetzt zum Teil auch für die Schulen. Wir haben die Qualität und die Angebote ausgeweitet. Von daher kann von einer Verschlechterung mitnichten gesprochen werden. Wir haben sehr viele, sehr gute Angebote. Der Übergang von der Kindertagesstätte oder der Kindertagesbetreuung zur Schule wird völlig neu gestaltet. Auch das ist wichtig. Aber auch das ist nicht umsonst. Es ist eine ganz entscheidende und wirklich gute Weiterentwicklung für unsere Kinder.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Natürlich hätten wir die Beitragsfreiheit gerne komplett erhalten. Das steht außer Frage. Natürlich wäre es allen lieber, wenn Bildung völlig kostenfrei zur Verfügung stünde. Das geht im Hinblick auf die Haushaltssituation, in der wir uns befinden, aber nicht. Deshalb ist es uns wichtig, gerade das zu verbessern, was das größte Problem in der Bildung ist, nämlich die noch unzureichende Chancengerechtigkeit. Mit diesem Gesetzentwurf ist völlig klar, dass

Bildung auch in dieser Frage nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Das ist uns wichtig. Das machen wir deutlich.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir führen eine soziale Staffelung ein, weil wir davon überzeugt sind, dass stärkere Schultern einen entsprechenden Beitrag tragen können. Viele Eltern müssen zahlen, aber nicht diejenigen, die die Entlastung dringend brauchen, wie es die Kollegin Spaniol vorhin behauptet hat. Gerade sie müssen es nicht. Wir kürzen nicht bei den Schwächeren. Das ist vorhin durch die Zahlen, welche die Kollegin Rink vorgetragen hat, ganz eindrücklich belegt worden. Der hervorragenden Begründung der Kollegin Isolde Ries aus dem Jahr 2000 schließen wir uns einfach an.

Wir sind ein Haushaltsnotlageland. Wir haben es mit der Schuldenbremse zu tun. Vonseiten der Opposition und gerade der SPD muss geklärt werden, ob sie die Schuldenbremse mitträgt oder nicht. Geld kann eben nur einmal ausgegeben werden. Natürlich macht es Sinn, über die Einnahmensituation der öffentlichen Haushalte neu nachzudenken. Das tun wir. Wir haben etliche Forderungen auf Bundesebene. Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn Sie so tun, als könnten wir hier im saarländischen Landtag über Einnahmen der öffentlichen Haushalte entscheiden. Wir können auch nicht so tun, als hätten wir irgendeinen Einfluss darauf. Herr Commerçon, um auf Ihre Bemerkung einzugehen: Die Schuldenbremse auf Bundesebene ist von Ihrer Partei mitgetragen worden. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Das hat etwas damit zu tun, wie man sich verhält, wenn es um die Einnahmesituation geht.

Wir investieren in die Zukunft. Wir wollen die Mittel, die wir noch zur Verfügung haben, ausgeben, um gerade sozial Schwächere zu unterstützen und entsprechende Bildungsangebote zu machen, damit gerade in schwierigem sozialen Umfeld etwas in Richtung Chancengerechtigkeit geschieht. Herr Commerçon, wenn Sie über gebrochene Wahlversprechen reden, dann möchte ich ganz kurz daran erinnern, dass die SPD in dieser Legislaturperiode einige Wahlversprechen gebrochen hat - gerade was den Bildungsbereich anbelangt.

(Abg. Commerçon (SPD) : Dann zitieren Sie bitte mal. Sie behaupten, ohne zu belegen. Das ist schäbig!)

Sie haben vor, daraus eine Fortsetzungsgeschichte zu machen. Es ist eine besondere Leistung, wenn man Wahlversprechen in der Opposition bricht. Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Anhal- tendes Sprechen des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

(Abg. Rink (CDU) )

Das Wort hat Herr Bildungsminister Klaus Kessler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entwurf der Regierungsfraktionen bezieht sich einerseits auf Änderungen im Gesetz zur Betreuung und Bildung in saarländischen Kindergärten vom Juni 2008 und die dazugehörige Ausführungsverordnung vom September 2008, andererseits auf notwendige Änderungen im Schulpflichtgesetz, die sich insbesondere durch die Einrichtung des Kooperationsjahres Kindergarten-Grundschule ergeben.

Die wesentlichen Änderungen im Gesetzentwurf betreffen die Einführung einer einkommensabhängigen Staffelung der Elternbeiträge für das letzte Kindergartenjahr, die Verbesserung der Personalausstattung in altersgemischten Gruppen, die Einführung einer Öffnungsklausel zur weiteren Förderung von Einrichtungen mit einer besonderen Konzeption sowie eine Neuregelung der Schuleingangsuntersuchung.

Bezogen auf die Einführung einer einkommensabhängigen Staffelung der Elternbeiträge für das letzte Kindergartenjahr ist zu sagen, dass dies entsprechend einem Beschluss der Landesregierung auf der Haushaltsklausurtagung im Juli des vergangenen Jahres erfolgt. Angesichts der wirklich dramatischen Haushaltslage des Landes und des notwendigen Defizitabbaus im Landeshaushalt und mit Blick auf Geberländer, die sich solche Standards nicht leisten, ist eine solche Maßnahme zwar schmerzlich, aber dann zumutbar, wenn sie sozial ausgewogen ist. Sozial ausgewogen heißt, eine Regelung muss so gestaltet sein, dass sie dem Prinzip folgt „Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache“.

Der Entwurf der Landesregierung folgt diesem Prinzip. Durch die Einführung des Drei-Stufen-Modells soll je nach Einkommen eine Beitragsfreistellung für die Eltern, die Zahlung des hälftigen Beitragssatzes oder des vollen Beitragssatzes erfolgen. Die Einkommensgrenzen sind basierend auf den Vorgaben des SGB VIII unter Hinzuziehung einer Pauschale und unter Berücksichtigung der jeweiligen Familienverhältnisse so festgelegt, dass nach wie vor - das möchte ich ausdrücklich betonen - 40 Prozent der Eltern von der Beitragszahlung befreit sind.

In Zahlen ausgedrückt heißt das - das ist schon mehrfach gesagt worden -, dass beispielsweise ein Vier-Personen-Haushalt bis zu einer Einkommensgrenze von netto 2.424 Euro eine vollständige Beitragsbefreiung erhält und bei einem Einkommen von rund 3.000 Euro netto immerhin noch eine hälftige Beitragsfreistellung beanspruchen kann. Einschließlich der Gebührenbefreiung im Rahmen der wirt

schaftlichen Jugendhilfe gehen wir davon aus, dass von etwa 7.200 zurzeit betroffenen Kindern im dritten Kindergartenjahr knapp 3.000 Kinder keine Gebühren bezahlen müssen. - An dieser Stelle möchte ich mich einmal ausdrücklich bedanken, dass sich die Gemeindeverbände, Frau Spaniol, dazu bereit erklärt haben, die organisatorische Umsetzung der Einkommensprüfung zu übernehmen. Im Gegenzug dafür übernimmt das Land weiterhin die Kosten der wirtschaftlichen Jugendhilfe für die Regelbetreuung im letzten Kindergartenjahr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Einführung der Gebühren, wenn auch sozial gestaffelt, löst mit Sicherheit - auch in diesem Hause - keine Begeisterungsstürme aus, aber sie ist vertretbar und folgt dem Gerechtigkeitsprinzip, dass bei knappen Mitteln diejenigen einfach mehr bezahlen müssen, die es sich auch leisten können.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)